Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, Sprache ist der Schlüssel für erfolgreiche Integration in unsere Gesellschaft. Was ist die beste Voraussetzung zum Erlernen der deutschen Sprache? Deutsche Freundinnen und Freunde.
Geleitet von dieser eigentlich simplen Erkenntnis geht das Land Rheinland-Pfalz genau den Weg, dass die Förderung der deutschen Sprache innerhalb der Kindertagesstätten und innerhalb der Grundschulen stattfindet, damit Kinder, gerade auch solche, die neu zu uns zugewandert sind, eben auch deutsche Freundinnen und Freunde kennenlernen können.
Das Ergebnis gibt uns recht. Im aktuellen Bildungsmonitor der Bertelsmann Stiftung liegt Rheinland-Pfalz auf Platz 1 beim Thema „Integration in unserem Bildungssystem“.
Woran liegt das? Weil wir konsequent auf der einen Seite diesen Weg der gezielten Sprachförderung für solche Kinder gehen, die das notwendig haben, aber auf der anderen Seite gleichzeitig den Weg der gezielten Integration und Inklusion von Anfang an in die Regeleinrichtungen.
99 % der Kinder bei uns in Rheinland-Pfalz besuchen vor der Schule eine Kita. Wir haben dort entsprechende Sprachförderprogramme und Sprachförderpersonal.
Das Budget für Sprachförderung an den Schulen ist in den letzten Schuljahren auf nahezu 40 Millionen Euro verdoppelt worden. 600 Vollzeitlehrerstellen nur für die Sprachförderung. Damit werden in Rheinland-Pfalz fast 25.000 Schülerinnen und Schüler erreicht.
Meine Damen und Herren, nicht zuletzt nenne ich den muttersprachlichen Unterricht der Herkunftssprache in 17 Sprachen, weil die Sprachwissenschaft gezeigt hat, dass für all die Kinder, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, ein Beherrschen der Muttersprache notwendig ist, um dann Deutsch als Fremdsprache adäquat lernen zu können. Von daher sind wir bei allen Herausforderungen und Problemen, die es definitiv gibt, auf einem sehr guten Weg.
Ich möchte einmal etwas in Relation zu dem Ausmaß setzen, das die öffentliche Debatte annimmt. Die AfD hat von 242 Schülerinnen und Schülern gesprochen, die nach der Schuleingangsuntersuchung keine Deutschkenntnisse haben.
Die Zahl ist korrekt, aber ich möchte sie einmal in Relation zu allen Kindern setzen, die bei den Grundschuleingangsuntersuchungen da sind. Es sind nicht einmal 0,7 % aller Schülerinnen und Schüler, die bei uns in die 1. Klasse kommen. Die Tendenz ist in den letzten Jahren sogar wieder rückläufig.
Sie bauen einen Popanz auf, um ein Problem groß zu machen, das so groß gar nicht ist. Im gleichen Nachsatz kommt dann: Anteil von Migrationshintergrund und Kinder mit Migrationsgeschichte. Das ist das, was Sie eigentlich machen wollen. Sie wollen sagen, an den Herausforderungen und Problemen, die es auch bei Schülerinnen und Schülern in der Grundschule gibt, sind wieder die Migrantinnen und Migranten schuld. Das können wir Ihnen so nicht durchgehen lassen. Wir reden über eine kleine Gruppe und haben die Erfahrung gemacht – die Studien beweisen es –,
wenn die Kinder deutschsprachige Freundinnen und Freunde finden, lernen sie besser Deutsch, als wenn sie in Sonderklassen und Sonderförderungen separiert werden, wie es der Vorschlag der AfD ist. Das fördert doch die Parallelgesellschaften. Wir wollen alle integrieren und allen die gleichen Chancen geben.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben es zu Anfang alle betont, ich möchte das auch machen. Kinder, wenn sie in Deutschland leben, müssen Deutsch lernen. Kinder und Jugendliche müssen Deutsch können, weil sie sich sonst hier nicht integrieren können. Das ist wichtig. Deshalb müssen Sie das so früh wie möglich lernen, sobald sie hier sind.
In Rheinland-Pfalz lernen Kinder ohne oder mit geringen Deutschkenntnissen von Anfang an in der Schule die Sprache in Deutschintensivkursen – das ist hier schon gesagt worden, ich sage es gerne noch einmal – mit 20 Kindern bis zu 20 Stunden pro Woche. Das ist die Regel. Sie werden gleichzeitig in Fächern wie Sport zusammen mit den gleichaltrigen Mitschülerinnen und Mitschülern unterrichtet. Herr Abgeordneter Barth, das, was Sie geschildert haben, ist die Realität. Das, was Sie sich wünschen, ist Realität.
An den spracharmen Fächern nehmen die Schülerinnen und Schüler teil, so im Sport. In den Fächern, in denen man Sprachkenntnisse braucht, sind sie im Deutschintensivkurs, um möglichst schnell die Sprache zu lernen. Das ist das, worauf wir setzen: Sprachförderung und Integration. Es ist bereits mehrfach gesagt worden, wir sind darin so erfolgreich wie kein anderes Bundesland.
Separation, also der Weg, den Sie, die AfD, vorschlagen, ist falsch. Da sind wir uns übrigens auch mit den Expertinnen und Experten einig. Gestern wurden immer die Wissenschaftler zitiert. Vielleicht sollten Sie sich umgekehrt auch dafür interessieren, so wie wir uns auch für die von Ihnen zitierten Wissenschaftler interessieren.
Das Erlernen der deutschen Sprache funktioniert schneller und besser, wenn Kinder möglichst früh in vielen Situationen mit der deutschen Sprache und mit Deutsch sprechenden Menschen, und zwar Erwachsenen wie Kindern, in Kontakt kommen. Deshalb findet sprachliche Bildung bereits in den Kitas statt, und zwar in den Kita-Alltag integriert.
Die sprachliche Entwicklung der Kinder wird dort kontinuierlich erfasst und die sprachliche Förderung entsprechend darauf abgestimmt. Wir haben ein Konzept, das „Mit Kindern im Gespräch“ heißt. Es ist bundesweit anerkannt. Es ist von Frau Professorin Kammermeyer zusammen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt worden. Es beginnt in der Kita und geht weiter in der Grundschule. Alltagsintegrierte Sprachförderung ist das, was wirkt – das hat man festgestellt –, nicht die Separation.
Wir geben für die Sprachförderung in den Kitas jährlich 6,5 Millionen Euro aus. In dem Gesetzentwurf zum KitaGesetz – es hilft, ihn zu lesen – steht, dass wir den
Sprachanteil an jedem Platz verankern. Diese 6,5 Millionen Euro fließen komplett in die Finanzierung der Kitas. Wir haben sie sogar aufgrund der Konnexität verdoppelt, weil wir verpflichtend wollen, dass in jeder Kita Sprachförderung passiert, und zwar mit Blick auf jeden Platz, der dort angeboten wird. Deshalb sind es 13 Millionen Euro, die wir künftig den Kitas für die Sprachförderung zur Verfügung stellen.
Bei uns gehen rund 96 % der Kinder ab 3 Jahren in die Kita. Im letzten Jahr, bevor sie in die Schule kommen, sind es 99 %. All diese erreichen wir mit unseren Sprachfördermaßnahmen. Die wenigen schulpflichtigen Kinder, die tatsächlich keinen Kindergarten besuchen, sind im Rahmen der Schulanmeldung ein Jahr vor der Einschulung verpflichtet, ihre Sprachkenntnisse testen zu lassen und an einer Feststellung des Sprachförderbedarfs teilzunehmen.
Wenn ein solcher Sprachförderbedarf festgestellt wird, sind die Eltern verpflichtet, das Kind für das letzte verbleibende Jahr in den Kindergarten zu schicken. Wenn sie dieser Empfehlung nicht nachkommen, müssen sie Sprachförderangebote im Kindergarten für ihre Kinder wahrnehmen. Es müssen also die Kinder, und natürlich nicht die Eltern, diese Sprachförderangebote wahrnehmen.
In den Schulen setzen wir diese Sprachförderung zielgerichtet fort. Ich habe die Deutschintensivkurse schon erwähnt. Es geht hin bis zu zweistündigen Sprachfördermaßnahmen.
Wir haben als Sprachfördermaßnahmen Teamteaching begleitend zum Unterricht. Es gibt Feriensprachkurse, die wir machen. Wir haben eine qualifizierte Hausaufgabenhilfe. Wir haben in unserem Konzept auch noch die Berufsorientierung bzw. das Sprachförderangebot „2P plus“– das ist ein Analyse- und Diagnoseinstrument, damit man sieht, wo die Kinder stehen – und das Berufsvorbereitungsjahr „Sprache“.
Diese Sprachförderung findet nicht nur in der Grundschule statt. Es konnte hier fast der Eindruck entstehen, es geht nur um die Grundschule. Nein, dies findet natürlich auch in den weiterführenden Schulen statt. Sie findet natürlich auch in den berufsbildenden Schulen statt. Dafür sind die 600 Vollzeitäquivalente vorhanden. Es sind 600 Lehrkräfte, die sozusagen allein für die Sprachförderung zuständig sind.
Frau Abgeordnete Lerch hat schon gesagt, man kann nicht die Sprachförderkräfte einfach nur umswitchen. Herr Abgeordneter Barth, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie uns die Fälle aufzeigen, in denen das angeblich passiert ist. Dem gehen wir gerne nach. Aber es einfach zu behaupten und zu sagen, es würde reihenweise gemacht, ist einfach nicht zutreffend.
Was zum Beispiel die Grundschule Gräfenauschule mit den Kindern, die dort sind, anbelangt, so muss ich sagen – wir haben hier schon mehrfach darüber diskutiert –, Migrationshintergrund heißt noch lange nicht, dass Kinder einen Sprachförderbedarf haben, sondern das heißt, dass es Kinder sind, die einen oder zwei Elternteile haben, die im Ausland geboren sind. Herr Abgeordneter Paul, das wissen Sie, da bin ich sehr optimistisch.
Mit der Grundschule Gräfenauschule in Ludwigshafen sind wir sehr eng im Gespräch. Wir haben schon Gespräche Anfang dieses Jahres geführt. Sie haben allein fünf Lehrkräfte für Sprachförderung zusätzlich. Es sind fünf Lehrkräfte, die nur für Sprachförderung zuständig sind.
Vielleicht noch ein Punkt: Der Umstand, dass es immer mehr Kinder mit Sprachförderbedarf gibt, hat natürlich auch dazu geführt, dass die Landesregierung und die Regierungsfraktionen die Mittel für den Sprachförderbedarf ständig erhöht haben. Wir haben sie von 24 Millionen Euro auf 37 Millionen Euro auf 40,3 Millionen Euro erhöht, und im kommenden Haushalt 2020 sind es dann schon über 41 Millionen Euro, die wir für Sprachförderung in den Schulen und Kitas in Rheinland-Pfalz ausgeben.
Wir haben mitnichten wenige Lehrer fortgebildet. Herr Barth, wenn Sie die Mercator-Studie zitieren, kann ich Ihnen dazu sagen, dass wir in den Jahren 2015 bis 2018 über 650 Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz am Pädagogischen Landesinstitut und an der Uni Mainz weiterqualifiziert haben.
Wir haben eine „Qualitätsoffensive DaZ“ – Deutsch als Zweitsprache –, die alle Lehrer unterstützt; denn Deutsch lernt man natürlich nicht nur im Deutschunterricht, sondern auch in Mathe oder in Sport oder in jedem anderen Unterricht. All das tun wir. Diesen Weg werden wir weitergehen.
Wir werden nicht ausgrenzen, weil wir nämlich nicht wollen, dass sich die Kinder auf den Schulhöfen oder in den Separationsklassen zusammenfinden, sondern wir wollen, dass Kinder von Anfang an zusammen sind und den Regelunterricht besuchen. Das ist ein guter Weg, und das ist der richtige Weg, und den werden wir definitiv weitergehen.
Ich eröffne die zweite Runde. Als erster Redner hat sich der Abgeordnete Paul für die Fraktion der AfD gemeldet.
Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Frau Lerch, ich komme direkt auf Sie zu sprechen. Es ist ein Unterschied, ob ich einen Englisch-Urlaub in Malta mache, wo ich in angenehmer, entspannter Atmosphäre die Landessprache kennenlerne, oder ob ich in einer Grundschule in einem Ballungsgebiet bin, in dem zu inkludierende Kinder und Kinder mit sozialen Auffälligkeiten noch dazukommen, was das Lehrergeschäft immer schwieriger macht, weil wir quasi mit einer Heterogenität zu tun haben, die von oben verordnet ist.
(Heiterkeit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer – Abg. Alexander Licht, CDU: Da war er wieder, der Geist!)
chen Wasser in den Wein gießen. Rheinland-Pfalz hat 49 Punkte, ist also nur knapp vor dem Letzten, Berlin, mit 43 Punkten. Wissen Sie, wer enteilt ist? Sachsen mit 68 Punkten bzw. Bayern mit 61 Punkten. Das ist sozusagen die Aufstellung.
Integration? Laut Bildungsmonitor haben Ausländer in Rheinland-Pfalz eine Schulabbrecherquote von 17,6 %, in Hessen liegt sie bei 10,3 %. Wir liegen knapp unter dem Bundesdurchschnitt. Das sind sicherlich keine Lorbeeren für eine gute Integrationspolitik in der Schule. Das muss man ganz klar sagen.
Wir hatten in unserem Antrag „Von Österreich lernen – Deutsch vor Regelunterricht“ aus der Allgemeinen Zeitung vom 26. Januar 2018 eine Lehrerin aus dem Stadtteil Weisenau zitiert. Sie spricht davon, dass es ein riesiges Problem ist, dass Schüler in der Klasse sitzen, die überhaupt kein Deutsch können. Das sind natürlich nicht nur Zuwandererkinder. Das sind auch Kinder, die vielleicht eine andere Zuwanderungsgeschichte haben. Auch deutsche Kinder sprechen sicherlich nicht besonders gut Deutsch. Aber gar keine Deutschkenntnisse sind ein Hemmnis im Unterricht, das müssen Sie doch einräumen.
Vielleicht noch ganz kurz: Es wird immer von Sprachfördermaßnahmen gesprochen, die Sie begleitend machen. Ob die in der Realität immer so stattfinden und das Niveau haben, das wünschenswert ist, ist eine andere Frage. Aber Sie haben keine Standards. Sie haben keine Standards.