Protokoll der Sitzung vom 22.08.2019

(Beifall der AfD)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Weber von der Fraktion der FDP.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Böhme, meine Haustiere brauchen jeden Tag 4 t Getreide.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Die wohnen aber auch nicht im Wohnzimmer!)

Das Internet hat den Absatzmarkt revolutioniert. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 68,1 Milliarden Euro umgesetzt. Nach einer Studie wird aktuell jeder achte Euro im E-Commerce ausgegeben, und der Onlinehandel

wächst weiterhin kräftig. Auf Amazon, eBay, Zalando & Co. kaufen wir fast täglich ein.

Wir als Liberale befürworten den digitalen Binnenmarkt; denn Onlinehandel gehört schon lange zur Grundversorgung. Ohne Onlineshops und E-Commerce geht es nicht mehr. Hier werden alle Waren weltweit gehandelt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, neben Bekleidung, Spielen und Lebensmitteln können auch Tiere gehandelt werden, vor allem Hunde und Katzen, aber auch exotische Tierarten. In Deutschland wurden 2.149 Onlineinserate und Posts für den Verkauf von ca. 6.000 Wildtieren und Wildtierprodukten auf Onlineplattformen gefunden. Heutzutage kann ich einen Löwen oder eine Schlange per Mausklick kaufen. Die Herkunft dieser Exoten ist oft unklar.

Somit ist es eine politische Aufgabe, für die digitale Wirtschaft bzw. für den Onlinehandel faire Wettbewerbsbedingungen für alle Unternehmen und Markteilnehmer durchzusetzen. Dazu gehört auch, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen an die Entwicklung des digitalen Handels angepasst werden.

Mit der heutigen Initiative möchten wir, die Ampelkoalition und die CDU, beim digitalen Handel mit Tieren die Besonderheiten regeln. Dabei geht es uns nicht um ein generelles Verbot von Onlinehandel mit Tieren, sondern um die Einhaltung des Tierschutzes beim Handel. Momentan ist es durch die mangelnde Transparenz den Onlineanbietern möglich, die Tierschutzstandards und artenschutzrechtlichen Vorgaben, die auch für Händler vor Ort gelten, zu unterlaufen. Diese Ungleichbehandlung gewährleistet keinen fairen Wettbewerb.

Wir fordern aus diesem Grund dazu auf, sich im Bundesrat dafür einzusetzen, dass auf Onlineportalen eine Verkäuferidentitätspflicht für den Handel mit Wirbeltieren eingeführt wird. Dazu gehört auch, für Verkaufsportale, auf denen mit Tieren gehandelt wird, eine Zertifizierung für die Aufklärung der Verbraucher zu etablieren. Das Bundestierschutzgesetz muss in diese Richtung dringend angepasst werden. Nur durch eine Steigerung der Transparenz werden Kontrollen ermöglicht, durch die die Einhaltung des Tierschutzstandards auch im Onlinehandel überwacht und gewährleistet wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU)

Nun hat Frau Abgeordnete Schellhammer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der grenzenlose Warenverkehr und ein florierender Onlinehandel haben zahlreichen Unternehmen sowie

privaten Anbietern Erleichterungen und Marktzugänge gewährt, aber sie bieten natürlich auch Kundinnen und Kunden ein großes Angebot, das sie schnell online verfügbar haben.

In der heutigen Debatte sprechen wir aber über die dunklen Seiten des Onlinehandels, nämlich über die kaum regulierten Portale, die groteske Auswüchse haben, wie zahlreiche erschreckende Fälle von illegalem Tierhandel verdeutlichen. Lebende Tiere – wir haben das in der heutigen Debatte gehört –, wie teilweise noch nicht einmal sechs Wochen alte Hundewelpen, werden winselnd ihren Müttern entrissen und ohne Wasser und Freilauf in einem turnschuhgroßen Käfig quer über den Kontinent transportiert. Das sind Zustände, die man sich nicht vorstellen möchte, aber mit denen wir uns gerade als politisch Verantwortliche konfrontieren müssen.

Wie bereits aus der Antwort auf unsere Kleine Anfrage zum illegalen Welpenhandel in Rheinland-Pfalz zu entnehmen ist, fallen tierschutzrechtliche Verstöße in der Regel nur zufällig und vereinzelt auf. Nach Angaben der Tierschutzorganisation VIER PFOTEN wurden allein im Jahr 2018 rund 70 Fälle von illegalem Tierhandel in Rheinland-Pfalz auf der eigens eingerichteten Meldeplattform berichtet. Allerdings liegt die Dunkelziffer vermutlich höher. Das sind nur die dort bekannt gewordenen Fälle.

Für die Vermehrung, den Transport und den Verkauf nutzen die mafiaähnlichen kriminellen Strukturen die unzureichenden Regelungen und die unzureichende Kontrolle in der EU und in Deutschland aus. Es werden dabei bewusst gesetzliche und ethische Vorgaben und Regularien umgangen und ignoriert.

In der Debatte haben wir gehört, dass verschiedene Tierarten dort angeboten werden, auch exotische Tiere. Beispielsweise werden streng geschützte Chamäleons illegal gehandelt und aus dem EU-Ausland importiert.

Die hohen Gewinnspannen, kombiniert mit der geringen Aufklärungsquote bei den Kontrollbehörden in Deutschland und der EU, fördern die Entwicklung von illegalen Strukturen zusätzlich. Es besteht also – da sind sich alle Fraktionen im Hause einig – dringender Handlungsbedarf.

Die Bundesregierung muss endlich aufwachen und ihre Verpflichtung, welche sich aus dem Grundgesetz ableitet, wahrnehmen. Dort heißt es in Artikel 20 a: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsgemäßen Ordnung (...).“ Viel zu lange wurde der illegale Handel ignoriert und somit zehntausendfaches Tierleid geduldet. Das muss ein für allemal ein Ende haben.

Wie dem gemeinsamen Antrag – ich freue mich sehr, dass es ein gemeinsamer Antrag von SPD, FDP, CDU und uns Grünen wurde – zu entnehmen ist, fordern wir unter anderem eine verpflichtende Identifikation und Registrierung aller Händlerinnen und Händler von lebenden Tieren auf Onlineportalen. Wir brauchen dafür eine bundesrechtliche Anpassung des Tierschutzgesetzes.

Aber auch die Tiere selbst sollen eindeutig registriert wer

den. Beispielsweise die Organisation VIER PFOTEN fordert schon seit sehr langer Zeit eine verpflichtende Registrierung und Chippflicht für alle Hunden und Katzen. Diese Registrierung ist dank digitaler Datenbanken und elektronischer Chips grenzübergreifend möglich. So können die Daten von gechipten Tiere unkompliziert durch einen Scanner beim Tierarzt ausgelesen werden, und ihre Herkunft vom Verkauf bis zum aktuellen Halter bzw. zur aktuellen Halterin ist ebenso nachvollziehbar.

Auch brauchen wir eine bundeseinheitliche Zertifizierung für solche Verkaufsportale. Sie müssen eingeführt und dann von einer unabhängigen Fachkommission kontrolliert werden.

Ich freue mich sehr, dass dieses Anliegen, das wir hier diskutiert haben, ein gemeinsames ist. Ich möchte mit einem Zitat von Gandhi schließen: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt.“

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich Frau Abgeordneter Bublies-Leifert das Wort. Sie haben eine Redezeit von bis zu 3 Minuten.

Herr Präsident, liebe Kollegen! Es ist eine absolute Schande für ein Land wie Deutschland, dass Tiere immer noch als Sachen gelten. Jedoch: Solange Geiz für einen Großteil der Tierkäufer, insbesondere bei Kunden, richtig geil ist, wird sich an der Verlockung und Hoffnung, für kleines Geld einen richtig tollen Rassehund erwerben zu können, nichts, aber auch gar nichts ändern.

Daran wird auch eine Begrenzung des Onlinehandels mit Tieren überhaupt nichts ändern. Im Gegenteil, seriöse Züchter inklusive ihrer guten Aufklärungsarbeit am Kunden werden durch diesen Schaufensterantrag unter Umständen erheblich benachteiligt, zum Negativen für die Tiere, wenn beispielsweise jetzt eine Bewerbung über Facebook nicht mehr im weiteren Zuge möglich wäre.

Die unseriösen Tierhändler werden komplett in den Untergrund getrieben, ohne dass hier überhaupt noch ein Fünkchen an Kontrolle durch andere Nutzer und Behörden durch Sichtbarwerden insbesondere auf den Onlineplattformen oder in sozialen Netzwerken möglich wäre.

Auf vielen Onlineplattformen wie dhd24 beispielsweise wird bereits dezidiert darauf hingewiesen, dass Verkäufer generell kritisch zu hinterfragen sind, so wie auch die Haltungsbedingungen, Zuchtformen wie Inzucht, Vorhandensein von Elterntieren etc. genauer in Augenschein genommen werden sollten, insbesondere wenn die Anbieter aus dem Ausland kommen.

Ähnlich wird hier, wie bei Verbrechen mit Schusswaffen, immer nach einer Verschärfung des Waffenrechts gerufen. Allerdings werden in der Regel diese Straftaten zu

einem Großteil auch mit illegalen Waffen durchgeführt. Effektive und regelmäßige Kontrollen sind selbstverständlich flächendeckend unumstritten nötig, aber auch natürlich bei den Kleintieren, die in der Regel in Zoogeschäften erworben werden. Hier blüht mit Sicherheit unsägliches Tierleid tagtäglich im absolut Verborgenen.

(Abg. Marco Weber, FDP: Starke Rede!)

Auch die liebevollen, regelmäßigen Hobby- und Familienzüchter von Hunden und Katzen, die nicht über den § 11 Tierschutzgesetz verfügen, sollten stärker in die Überprüfung durch die zuständigen Behörden einbezogen werden. Hier fordere ich ganz klar eine Aufstockung der Zahl der Mitarbeiter bei den Veterinärämtern zum Wohl unserer Tiere.

Auch eine Forderung nach einer verbindlichen Kennzeichnung wie beispielsweise die Chippflicht wie in NordrheinWestfalen wird nichts ändern, wenn nicht im weiteren Zuge eine verpflichtende Registrierung der Nummern bei einer zentralen Erfassungsstelle verbindlich wird, natürlich möglichst EU-weit.

Wie hinlänglich bekannt, können die Tierchips bei Onlinehändlern jederzeit legal erworben werden. Nachvollziehen kann man die Herkunft der Tiere ohne zentrale Registrierung dann trotzdem nicht. Einfuhrbestimmungen für legal aus dem Ausland importierte Tiere sind bereits jetzt

(Glocke des Präsidenten)

ausreichend gesetzlich geregelt. Grenzkontrollen unterstützen natürlich zusätzlich.

Fazit: Handlungsbedarf besteht auch hier im großen Stil, aber nicht durch ein Verbannen der Unseriösen aus dem Fokus der Öffentlichkeit.

Ich erwarte Ausschussüberweisung.

(Zurufe von der SPD: Geht doch gar nicht! Die zweite Beratung! – Abg. Martin Haller, SPD: Daran sieht man, wie interessiert Sie so etwas verfolgen!)

Für die Landesregierung spricht nun Frau Staatsministerin Höfken.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, es ist hinreichend von den Kolleginnen und Kollegen beschrieben worden, wie misslich die Situation im Onlinehandel ist. Dass eine strengere Reglementierung erfolgen muss, ist hier nicht mehr infrage gestellt. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern es geht nur noch um das Wie.

Natürlich haben wir einen solchen Bundesratsantrag für die nächste Sitzung des Bundesrats vorbereitet und werden

ihn nach Beratung im Ministerrat einbringen. Wir werden die Forderungen des Parlaments entsprechend aufgreifen.

Es ist auch wirklich wichtig, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, die Internetplattformen in die Pflicht zu nehmen: Anbieterkennzeichnung für jeden Händler, Eigenkontrolle und Sanktionsmöglichkeiten. Aber natürlich ist auch die Überwachung ein wirklich wichtiger Punkt, diese ist eine wirkliche Herausforderung.

Ich will darauf verweisen – so haben wir es dann auch vorgeschlagen –, dass es eine zentrale Stelle geben könnte, die den Internethandel systematisch nach illegalen Händlern durchsucht, zur vermehrten Aufdeckung des illegalen Handels. Dazu gibt es bereits Vorbilder, nämlich die gemeinsame Zentralstelle „Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse“. LFGB, das ist das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch.

Diese Zentralstelle führt im Bereich der Lebensmittel solche Recherchen durch. Sie könnte vielleicht ein Vorbild sein, um den Behörden den Vollzug tatsächlich möglich zu machen.