Protokoll der Sitzung vom 22.08.2019

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Nieland.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kollegen! Ich möchte gern mit dem Dank für die gute Zusammenarbeit im Rahmen des Entlastungsverfahrens mit allen Beteiligten beginnen. Unser Dank gilt in besonderer Weise dem Rechnungshof und Herrn Präsidenten Berres.

(Beifall bei der AfD)

Im Jahr 2017 schloss der Landeshaushalt mit einem Finanzierungsüberschuss in Höhe von über 870 Millionen Euro ab.

(Unruhe im Hause – Glocke der Präsidentin)

Die Landesregierung verweist voll Selbstgewissheit und Eigenlob auf das gute Ergebnis. Die Steuereinnahmen sprudeln jedoch nun seit mindestens zehn Jahren mit einer jährlichen Steigerungsrate von mindestens 4 %. Auch der Landesrechnungshof verweist auf die Bedeutung dieses stetig angewachsenen Steueraufkommens für die gute Haushaltslage.

Sehr geehrte Damen und Herren, tatsächlich danken müssen wir daher – das tue ich an dieser Stelle ganz ausdrücklich – den Bürgern und den Unternehmern dieses Landes, die unermüdlich, fleißig und redlich arbeiten und Steuern zahlen und diejenigen sind, von deren Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit dieses Land lebt.

(Beifall bei der AfD)

Im Bewusstsein der Landesregierung muss ebenso sein, dass alle Flächenländer in Deutschland aufgrund der guten Steuereinnahmesituation in der Lage sind, Schulden abzubauen und einen ausgeglichenen Landeshaushalt vorzulegen.

Nun werfen wir noch einen Blick in den Bericht des Rechnungshofs für das Jahr 2017. Man mag nun annehmen, dass niemand mehr in einen Bericht über das Jahr 2017 hineinschauen würde,

(Abg. Martin Haller, SPD: Wenn er hier debattiert wird, natürlich!)

aber wir als Opposition nehmen diesen Bericht natürlich sehr ernst; denn viele Probleme werden hier außerordentlich deutlich.

Die Investitionsausgaben – es ist erwähnt worden – liegen in Rheinland-Pfalz außerordentlich unter dem Durchschnitt. Das ist aber leider seit Jahren nichts Neues. Die Zinsausgaben pro Kopf und die Verschuldung pro Kopf in Rheinland-Pfalz sind überdurchschnittlich hoch. Auch das ist seit Jahren nichts Neues.

Weitere Einsparungen bei den Personalausgaben sind notwendig. Der Rechnungshof erklärt, es lägen keine verlässlichen Erkenntnisse über die Entwicklung der Versorgungsausgaben vor.

Auch verweist der Rechnungshof in seinem Schlussbericht auf die strenge Ausgabendisziplin, die vorzuhalten sei, und empfiehlt, dass in den Jahren 2019 und 2020 weitere Netto-Schuldentilgungen

(Abg. Martin Haller, SPD: Wow!)

über die geplanten hinaus erbracht werden sollten und die konsumtiven Ausgaben zugunsten der Investitionen begrenzt werden sollten. – Empfehlungen des Rechnungshofs. In der vornehmen Sprache des Rechnungshofs ist das eine sehr ernste Mahnung.

Werfen wir nun noch einen Blick auf einige ausgewählte Prüfungsergebnisse. Beispiel 1: Mangelhafte Wirtschaftlichkeitsberechnungen – Frau Dr. Machalet, Wirtschaftlichkeitsberechnungen sind keine Erfindung des Jahres 2019 –, Mängel bei der Projektsteuerung beim Polizeidienstgebäude in Idar-Oberstein, das Land als Bauherr hat rund 7 Millionen Euro vermeidbare Ausgaben. Nicht abzusehen, ob das bis zur Schlussabrechnung überhaupt noch ausreicht.

Beispiel 2: Mangelhafte Prüfungen im Förderverfahren, Widersprüche und Unstimmigkeiten, unzureichende Prüfung der Förderanträge und Verwendungsnachweise im sozialen Wohnungsbau, geschehen bei der Cité Dagobert in Landau. Der Rechnungshof stellt fest, 1,4 Millionen Euro und damit der Großteil der Gesamtförderung sind nicht gerechtfertigt.

Beispiel 3: Unwirtschaftliche Organisation bei der vom Sozialministerium geförderten Landeszentrale für Gesundheitsförderung. Hier gab es Verstöße gegen zuwendungsrechtliche Bestimmungen. Das Ministerium höchstselbst nahm zum Teil die Bewilligungen vor. Ob die Notwendigkeit der Förderung geprüft war, blieb – ich zitiere den Rechnungshof – für den Rechnungshof leider auch unklar.

Beispiel 4: Kein tragfähiges Konzept und keine belastbaren Prognosen über die Zukunftsaussichten bescheinigt der Rechnungshof bei der Übernahme des Krankenhauses Ingelheim. Der Rechnungshof spricht – ich zitiere Seite 187 des Berichts – von „Erwartungen“ und beschreibt einen gewissen Zeitdruck im Zusammenhang mit dieser kostspieligen Übernahme. Ich habe in der nicht öffentlichen RPK-Sitzung danach gefragt. Die Antwort ist auch nicht öffentlich. Es wurden allerdings Leistungen freihändig vergeben. Das allein hat den Steuerzahler 1,5 Millionen Euro gekostet. Ich finde, der Steuerzahler hat eine Antwort verdient.

Ich beschränke mich auf diese Beispiele. Natürlich könnte ich noch über die Landesbeteiligung bei der SonderabfallManagement-Gesellschaft berichten. Für 33 Mitarbeiter hat man hier gleich zwei Geschäftsführer. Es gibt ein Einsparpotenzial von über 500.000 Euro; denn so viel kostet ein Geschäftsführer. Oder die Technologiezentren, die mit 1,2 Millionen Euro gefördert werden: In Trier hat man im gesamten Jahr 2017 gerade sieben Existenzgründer be

raten. In Kaiserslautern hat man für das gesamte Jahr 42 Arbeitsstunden abgerechnet. Das Land hat schon den Rückwärtsgang eingelegt.

Ein weiteres Beispiel mit zinsloser Vorfinanzierung, erheblichen Überzahlungen, Förderungen für Leistungen, die üblicherweise gar nicht gefördert werden: Eine Förderung in Höhe von 10,3 Millionen Euro für den Verkehrslandeplatz in Speyer, 10 Millionen Euro aber nicht für den öffentlichen Personennahverkehr. Nicht nur dass in diesen Ausgaben, diesen vielen Millionen Euro, ein sozialpolitisches Projekt, nämlich zum Beispiel die Förderung des Schülertickets für die Sekundarstufe II oder die Eingliederungsbrücke für ältere Langzeitarbeitslose, wie von unserer Fraktion vor einiger Zeit gefordert, guten Platz gehabt hätten: Nein, hier wird das Geld unglaublich leicht ausgegeben.

Blicken wir nach vorn: In der Antwort auf meine Kleine Anfrage, die ich heute bekommen habe, spricht die Landesregierung selbst von einer Abkühlungsphase. In Deutschland beginnt die Konjunktur zu schwächeln, so auch in Rheinland-Pfalz. Der Arbeitsmarkt gibt, auch in RheinlandPfalz, nach. Schauen wir nach Ludwigshafen und nicht nur dorthin: Unternehmen wandern ab, überall Eintrübungen.

(Glocke der Präsidentin)

Ich stelle fest, die Landesregierung versäumt es ganz klar, in guten Zeiten dieses schöne Bundesland für die Zukunft zu rüsten.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Abgeordneter Marco Weber.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zu Beginn möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs und allen Kolleginnen und Kollegen der Rechnungsprüfungskommission bedanken. Herr Berres, nehmen Sie diesen Dank mit. Es waren wiederum sehr ausführliche und sehr intensive Informationstage, die wir dort verbracht haben, aber eine angenehme Diskussion und eine ausführliche Sitzungsdarstellung; noch einmal vielen Dank für die Mitarbeit und Zuarbeit, die wir dort erfahren haben.

Zum vorliegenden Jahresbericht 2017 möchte ich kurz die finanzielle Lage des Landes skizzieren. Zunächst möchte ich die Konsolidierungsbemühungen und die strikte Haushaltsdisziplin des Landes hervorheben. Die erwirtschafteten Überschüsse im Jahr 2017 reichten nicht nur zur Finanzierung der Investitionsausgaben von 851 Millionen Euro, sondern gleichzeitig auch zur Schuldentilgung in Höhe von 872 Millionen Euro.

Nach dem vorläufigen Rechnungsergebnis 2018 wurde der Haushalt erstmals strukturell ausgeglichen. Diese positive Entwicklung haben wir vor allem den Steuermehreinnah

men, dem günstigen Zinsniveau, aber auch einer sparsamen Haushaltsführung zu verdanken. Damit befindet sich das Land auf einem guten Weg für einen solide finanzierten Haushalt und zur Einhaltung der Schuldenbremse.

Demgegenüber steht allerdings weiterhin die Verschuldung des Landes. Die Pro-Kopf-Verschuldung in RheinlandPfalz liegt trotz der Bemühungen unter dem niedrigen Zinsniveau deutlich über dem Durchschnitt der westlichen Flächenländer. So sind die Tilgung der Altschulden und der weitere Aufbau der Haushaltssicherungsrücklage wichtige Arbeitsfelder für die Zukunft.

Das Land muss seinen bisherigen Konsolidierungskurs weiterhin konsequent fortsetzen. Es bleibt viel zu tun. Zu dieser Arbeit zählt zukünftig auch die allseits unbeliebte Begrenzung der konsumtiven Ausgaben. Dazu zählen vor allem die Personalausgaben. Diese Ausgaben sind eine wichtige Investition in die Zukunft unseres Landes. Der öffentliche Dienst muss konkurrenzfähig gegenüber der Privatwirtschaft bleiben, damit wir auch zukünftig für gut ausgebildetes Fachpersonal attraktiv bleiben.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

So war die kürzlich verwirklichte Erhöhung der Beamtenbezüge zwar ein Kraftakt, aber auch eine Investition in eine gute Verwaltung. Wir haben uns damit auf den Weg gemacht, die Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst unseres Landes noch attraktiver zu gestalten. Trotzdem müssen wir sorgfältig dem auferlegten Stellenabbauprogramm weiter folgen. Die erfolgreiche Reduzierung von ca. 1.000 Stellen zeigt, dass die Landesregierung diesem schwierigen Kurs folgt und bereits große Schritte getan hat. Dabei ist es zukünftig besonders wichtig, dass wir die Stellen weiterhin sozialverträglich abbauen und dafür das Potenzial aus den Ruhestandsabgängen nutzen. Rheinland-Pfalz hat noch einiges vor sich, aber mit einer soliden Haushaltspolitik sind wir auf einem guten Weg.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Rechnungshof gibt in seinem aktuellen Jahresbericht mehrere Handlungsempfehlungen. Betrachtet man die Prüfungsergebnisse im Kontext der zugehörigen Stellungnahme der Landesregierung, wird deutlich, dass sich die Landesregierung kritisch und sorgfältig mit dem Bericht auseinandergesetzt hat und intensiv an einer Umsetzung arbeitet.

Nachdem bereits umfangreich über den Ablauf berichtet wurde, möchte ich mir nun das Prüfungsergebnis zur Durchführung von Bodenordnungsverfahren durch die Dienstleistungszentren Ländlicher Raum herausgreifen, da es mir nach meiner fachlichen Ausrichtung ganz besonders nahegeht. Es ist notwendig und richtig, dass den Empfehlungen des Rechnungshofs weitreichend gefolgt und ein neues Personalentwicklungskonzept bis zum Jahr 2030 umgesetzt wird. Allerdings ist auch an den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum eine Mindestausstattung an Fachpersonal vorzuhalten, um die Abwicklung und Betreuung der Flurbereinigungsverfahren, die für die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft wichtig sind, auf hohem Niveau fortzuführen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, im Namen mei

ner Fraktion, nämlich der FDP-Fraktion, möchte ich mich abschließend für die Arbeit und die Hinweise der Kommission bedanken.

Vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Fraktionsvorsitzender Dr. Bernhard Braun.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Präsident des Rechnungshofs, erst einmal vielen Dank für die Arbeit des Rechnungshofs. Natürlich gibt es in der Politik immer den Ansatz, möglichst viel Geld auszugeben, um gegenüber den potenziellen Wählerinnen und Wählern gut dazustehen. Deswegen ist der Rechnungshof in seiner Funktion zu überprüfen, dass das Geld, das natürlich Steuergeld und nicht unser eigenes Geld im Landtag ist, richtig ausgegeben wird, wichtig.

Ich kann zusammenfassen, Sie haben natürlich einige Punkte gefunden. Wenn ich mir aber alle Punkte gemeinsam so anschaue, dann ist es nicht so, dass wir sagen können, Skandale wären passiert, und wir würden nicht sorgfältig mit dem Geld umgehen.

Meine Damen und Herren, es ist eine Botschaft, die für uns wichtig ist: Wir haben die schwarze Null erreicht, und nicht nur die schwarze Null, sondern wir haben einen Überschuss im Haushalt, und wir können Schulden tilgen und zurückzahlen. Das ist für Menschen, die lange im Landtag sind – ich war im Jahr 1996 das erste Mal da –, tatsächlich etwas Neues. Es ist eigentlich ein ganz gutes Gefühl, dass man nicht das Gefühl hat, ja, schon wieder 1,5 Milliarden Euro mehr im Minus. Die Richtung stimmt zumindest, und wir haben eine Perspektive, gut zu wirtschaften.

Wir haben in den letzten Jahren viele Beschlüsse treffen müssen, die uns auch wehgetan haben, aber nicht nur uns, sondern auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Beamtinnen und Beamten des Landes. Weil wir da auch eingespart haben – das war einfach so mit den Beschlüssen von früher –, ist es jetzt richtig, dass wir in der Zeit, in der wir es konnten – so war es auch versprochen –, wieder nachgelegt und gesagt haben: Ja, natürlich müssen wir mehr in die Beamtinnen und Beamten investieren. Wir müssen die Gehälter erhöhen. Das haben wir getan, soweit das verantwortlich auch möglich war. Ich glaube, man kann von einem sehr guten Ergebnis sprechen.

Um das noch zu sagen: Wir haben natürlich nicht alle Beamtinnen und Beamte so bezahlen können wie offensichtlich die Geschäftsführung der Sonderabfall-ManagementGesellschaft. Es scheint mir doch etwas erklärungsbedürftig zu sein, dass man solche hohen Gehälter zahlt. Aber es ist wahrscheinlich. Ich kenne die ganzen Untersuchungsausschüsse von früher zu der Gesellschaft. Es ist natürlich auch wichtig, dass wir dort zuverlässige Menschen haben, die diese Gesellschaft steuern.