Frau Ministerin, das Angela-Merici-Gymnasium in Trier hat für den morgigen Freitag dazu aufgerufen, sich quasi als Schule am Demonstrationstag zu beteiligen.
Die Klassen 9 und 10 werden, sofern sich die Schüler nicht explizit abmelden, geschlossen dort hingehen. Der Oberstufe hat man es sogar freigestellt, individuell daran teilzunehmen. Das heißt, der Unterricht wird quasi für diese Zeit abgesetzt.
Lehrer werden aufgefordert, Klassenarbeiten, die terminiert waren, zu verlegen. Wie bewerten Sie vor dem Hintergrund der klaren Regelungen des Schulgesetzes und der Ausführungen, die Sie gerade getätigt haben, dieses Verhalten, und mit welchen Konsequenzen muss die Schule in diesem Fall rechnen?
Herr Abgeordneter, ich habe bereits gesagt, wie die rechtlichen Voraussetzungen sind und dass es am Ende eine Entscheidung im Einzelfall ist, sodass ich Ihnen nicht sagen kann, wie ich das hier und heute bewerte. Es sind durchaus auch Fallkonstellationen denkbar, in denen nicht die Teilnahme, aber der Besuch einer Demonstration
Grundsätzlich gilt die Schulpflicht, und es gilt grundsätzlich auch der Satz, dass die Pflicht zur Teilnahme an einer Demonstration nicht geregelt werden kann. Das ist klar. Eine Demonstration ist eine Frage der Meinungsfreiheit und der Meinung, die ich sozusagen als Mensch äußern kann. Eine schulische Pflicht zur Teilnahme an einer Demonstration kann deshalb nicht geregelt werden, um das deutlich zu sagen.
Es sind aber Konstellationen denkbar, in denen das als Unterricht ausgestaltet, es pädagogisch vor- und nachbereitet und an der Demonstration nicht teilgenommen, sondern eine Demonstration besucht und beobachtet wird. Ich hatte aber nicht den Eindruck, dass Ihre Fragestellung darauf abgezielt hat.
In Nordrhein-Westfalen gibt es eine entsprechende Regelung, die ich mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere. Dort haben die Schulen folgende Mitteilung erhalten: „Soweit ein geplantes und strukturiertes pädagogisches Konzept vorliegt, der Grundsatz schulischer Neutralität beachtet wird, die Schülerinnen und Schüler von Fachlehrkräften begleitet und betreut werden und die Schulleitung ihr Einverständnis erteilt hat, ist grundsätzlich auch der Besuch einer politischen Veranstaltung (‚Demonstration‘) im Klassenoder Kursverband im Rahmen des Unterrichts als Unterricht an einem außerschulischen Lernort denkbar. Dies kann jedoch nicht zu einer wiederholten Teilnahme an einer regelmäßig stattfindenden Veranstaltung führen.“
Frau Ministerin, vielen Dank für Ihre Ausführungen. – Sie haben dargestellt, dass auch Themen, die bei den Forderungen und Demonstrationen der Fridays for Future dargestellt werden, im Unterrichtskontext bearbeitet werden
können. Vielfach wird gefordert, den Klimaschutz in die Lehrpläne aufzunehmen. Wie stellt sich das denn dar? Ist das eine neue Aufgabe, oder gibt es das eventuell schon in den Lehrplänen?
Frau Abgeordnete Brück, wir haben schon heute den Klimaschutz überall in den Lehrplänen, nicht nur in den Fächern, die unmittelbar dazu berufen sind, wie zum Beispiel Biologie oder Chemie. Das ist ein Querschnittsthema, das sich durch alle Lehrpläne zieht. Ich denke, es ist auch gut und wichtig in diesen Zeiten, dass wir auch im Rahmen anderer Fächer lernen, wie man nachhaltige Entwicklungspolitik betreiben, nachhaltig leben oder nachhaltig Waren bestellen kann und all diese Dinge, die dazugehören. Das ist ein ganz breites Spektrum.
Ich sehe, dass in den Schulen sehr intensiv mit diesen Themen umgegangen wird und durch die Demonstration Fridays for Future das Thema noch einmal einen deutlich stärkeren Anteil und ein deutlich stärkeres Gewicht in den Schulen erhalten hat. Ich halte das auch für gut. Wenn man sieht, dass sich so viele junge Menschen ernsthaft mit ihrer Zukunft und der Frage beschäftigen, wie es in ihrer Zukunft weitergeht, dann muss man dem auch Raum geben und entsprechenden Respekt zollen, finde ich.
Die Schule ist ein Ort, in dem es eben auch ums Lernen geht. § 1 des Schulgesetzes sagt: Die Schule soll die Schülerinnen und Schüler zu mündigen Bürgerinnen und Bürgern erziehen. – Ich denke, dass diese Themen gerade in der heutigen Zeit ganz maßgeblich mit dazugehören.
Frau Ministerin, anknüpfend an Ihre Ausführungen stellt sich die Frage, wie die Landesregierung zu der Auffassung kommt, dass die Fridays for Future-Demonstrationen ein weltweites Phänomen sind.
Ist es nicht vielmehr so, dass sich diese auf den westlichen Teil Europas und Deutschland beschränken? Welche Erkenntnisse liegen Ihnen vor beispielsweise über ähnliche Demonstrationen im asiatischen Bereich, in Südamerika, in Afrika und dem Rest der Welt?
Herr Abgeordneter Schmidt, ich darf noch einmal zitieren, was ich eingangs gesagt habe: „eine weltweite Jugendbewegung“, und ich habe gesagt „eigentlich der ganzen Welt“. Ich denke, wenn man das beobachtet und sich anschaut, dass das Thema „Fridays for Future“ nicht nur auf dem Kontinent Europa, sondern auch auf dem Kontinent Amerika und in Asien eine Rolle spielt, würde ich das so
einschätzen. Ich schätze das so ein. Wenn Sie eine andere Einschätzung haben, dann bleibt das Ihnen überlassen.
Frau Ministerin, herzlichen Dank für Ihre Ausführungen. Sie haben die Rechtslage eindeutig dargelegt. Sie sprachen auch von Dienstpflichtverletzungen bei Zuwiderhandlung. Es gibt durchaus Fälle auch in Rheinland-Pfalz, in denen tatsächlich Lehrer und Schüler dieser Pflicht nicht nachgekommen sind. Welche Maßnahmen haben Sie als verantwortliche Ministerin bisher ergriffen? Gibt es Ermittlungen in diese Richtung?
Herr Abgeordneter Junge, ich möchte etwas ganz deutlich sagen. Uns geht es nicht darum, Schülerinnen und Schüler oder Lehrerinnen und Lehrer zu kriminalisieren.
(Abg. Dr. Sylvia Groß, AfD: Oh! – Abg. Uwe Junge, AfD: Sie müssen aber das Recht durchsetzen! – Glocke des Präsidenten)
(Abg. Michael Frisch, AfD: Wie bei anderen Pflichtverletzungen auch! – Abg. Martin Haller, SPD: Na, na, na! – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)
(Abg. Jens Guth, SPD: Bewahren Sie die Contenance! – Abg. Michael Frisch, AfD: Das fällt schwer! – Abg. Jens Guth, SPD: Das ist nichts Neues bei Euch!)
Wir haben klare rechtliche Regelungen, die ich dargelegt habe. Wir haben eine Verwaltung, die dafür zuständig ist,
in ihren Verantwortlichkeiten die Dinge zu regeln. Das werden wir tun und tun wir. Wenn Sie sich die rechtlichen Vorschriften zum Beispiel einmal anschauen, sehen Sie, dass das alles Vorschriften sind, die Ermessensvorschriften sind. In diesen steht, es können Maßnahmen getroffen werden, es müssen aber keine Maßnahmen getroffen werden. Gerade im Bereich der Schule ist es wichtig, dass man zunächst einmal erzieherische Maßnahmen trifft. Ich habe Ihnen in meiner Antwort dargelegt, welche das zum Beispiel sein können.
Ich denke, dass wir ein sehr kluges und sehr vernünftiges rechtliches System haben, von dem die Schulen sehr verantwortungsvoll Gebrauch machen, die ADD genauso wie das Bildungsministerium.
Mir liegen jetzt noch fünf weitere Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Anfrage als beantwortet. Zunächst einmal hat der Abgeordnete Joachim Paul das Wort.
Frau Staatsministerin, vielen Dank für die Ausführungen. – Glauben Sie nicht, dass damit, wenn ein Thema so thematisiert wird, dass man einfach den Klassenraum verlassen kann und nicht am Unterricht teilnimmt, Präzedenzfälle für alle möglichen anderen Themen geschaffen werden, die einige Schüler für wichtig halten – Massenzuwanderung, Islamisierung oder Tiertransporte –, die die gesamte Unterrichtsstruktur infrage stellen, wenn sich eine Gruppe anmaßt zu definieren, was wichtig ist, was so wichtig ist, dass man den ganzen Freitag nicht dem Unterricht in der Schule beiwohnen kann? Halten Sie das nicht für die Lernatmosphäre, für die gesamte Schule für fatal?
Herr Abgeordneter Paul, ich denke, ich habe deutlich gemacht, wie die rechtlichen Voraussetzungen sind. Die Schülerinnen und Schüler wissen, dass sie, wenn sie unentschuldigt nicht am Unterricht teilnehmen, mit Konsequenzen zu rechnen haben. Das wissen sie. Das ist so.
Ich habe den Eindruck, dass die Schülerinnen und Schüler sehr verantwortungsbewusst mit dieser Frage umgehen und für sich auch entsprechende Entscheidungen getroffen haben.
Ich bin überzeugt davon, dass wir rechtliche Regelungen haben, die funktionieren und durchgesetzt werden und nach denen die Verwaltung handelt. Ich sehe aber auch, dass wir eine Situation haben, bei der es jungen Menschen darum geht, dass sie ihre Zukunft als bedroht ansehen. Übrigens nicht nur die jungen Menschen. Wenn man sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhört, die nun
Ich denke, das ist eine Situation, die eine besondere ist. Ich habe den Eindruck, da kann man nicht mit Schwarz oder Weiß argumentieren, sondern ich habe den Eindruck, dass unsere Schulen, unsere Schulaufsicht und auch das Bildungsministerium mit dieser Situation, genau wie die Schülerinnen und Schüler, sehr verantwortungsbewusst umgehen.
Frau Ministerin, die emotionalen Reaktionen sind jetzt schon ein Stück weit der Fassungslosigkeit geschuldet, die sich hier zumindest bei mir breitmacht als Lehrer mit über 30-jähriger Berufserfahrung. Deshalb frage ich noch einmal nach: Habe ich Sie tatsächlich richtig verstanden, dass eine solche Demonstration und die Teilnahme daran Teil des Unterrichts sein können? Das haben Sie so gesagt.