Protokoll der Sitzung vom 22.10.2019

(Abg. Michael Hüttner, SPD: Ich bin nachher auch noch da!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine Bemerkung vom Pult aus war, „In dem Fall ist es fast egal“; denn ich sage schon zu Beginn, wir werden dem zustimmen.

(Beifall des Abg. Alexander Schweitzer, SPD)

Meine Damen und Herren, die Staatssekretärin hat den Inhalt geschildert. Wenn sie sich allein schon den Zungenbrecher vornehmen: Es geht schon wieder um einen Glücksspieländerungsstaatsvertrag und diesmal um den Dritten, der endlich reguliert, was im Sportwettenmarkt

bisher illegal ist. Es ist nicht nur geduldet, sondern es ist eigentlich illegal. Illegales darf man eigentlich auch nicht dulden. Wir werden aber darüber hinwegschauen. Wir werden endlich in diesem Punkt etwas regulieren und es gemeinsam mit allen Bundesländern auf den Weg bringen, damit es Gott sei Dank von allen Bundesländern seine Zustimmung erfährt.

Dass wir wieder über eine Übergangsregelung sprechen, ist bedauerlich und kann, glaube ich, nur von jemandem erklärt werden, der die ganze Glücksspielgeschichte in der Bundesrepublik und die Ursachen kennt, wie sie sich in der Bundesrepublik entwickelt haben. Nur der versteht es, muss aber nicht unbedingt Verständnis dafür finden, dass wir so lange dafür gebraucht haben.

Bei uns sind – das ist durchaus richtig und das will ich erwähnen – Spielerschutz, Suchtbekämpfung und Jugendschutz ein besonderes Gut. Dass wir das in dieser ganzen Debatte immer im Fokus behalten, ist unbestritten und werden wir bei allen Veränderungen immer wieder fordern.

Meine Damen und Herren, ein Markt von über 8 Milliarden Euro wird legalisiert; denn über 8 Milliarden Euro werden in dem Bereich in der Bundesrepublik umgesetzt. Das halten wir für wichtig und jetzt notwendig. Ich möchte das schon bei dieser Gelegenheit ansprechen, weil wir bei diesem Gesetz nur von einer Facette sprechen: Es ist mit dem Gesetz nur ein Teil, den wir legalisieren. Wir werden es gemeinsam beschließen.

Der Sportwettenmarkt birgt viele andere Facetten. Ich mache überhaupt keinen Hehl daraus – das habe ich in der letzten Diskussion zu diesem Thema schon gesagt –, dass wir über dieses Gesamtkonstrukt erst einmal debattieren, es einführen und umsetzen – wir gehen schon wieder davon aus, dass wir eine Übergangslösung im Kopf haben –, bevor wir daran sich anknüpfende Länderregelungen vorwegnehmen.

Das möchte ich schon zu Beginn dieser Debatte sagen und darauf hinweisen, das ist das Ziel der CDU-Fraktion: Dinge, die im Land Rheinland-Pfalz umgesetzt werden, sind nicht schon beschlossen oder kommen erst noch zur Umsetzung. Zu diesem ganzen Glücksspielmarkt mit diesem Gesamtkonzept ist es noch nicht verabschiedet.

Ich möchte gern verhindert wissen, dass wir nachher wieder umsteuern müssen usw. Darum reden wir vielleicht sogar darüber, das eine oder andere in Rheinland-Pfalz auszusetzen, um es im Anschluss in dieses Gesamtgesetz einzufügen. Darum würde ich bitten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Beim Stichwort „Spielerschutz“ haben sich Geräte geändert. Wir sind heute viel moderner auf dem Markt und können viel mehr auch von der Branche verlangen, was sich an Schutzmöglichkeiten überhaupt auf dem Markt tut. Geräte können mit Kennzeichen ganz anders dargestellt werden. Dann kann ich auch viel anders mit Sperrungen umgehen. Wir in Rheinland-Pfalz sind durchaus erfolgreich bei dem, was über die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) und Kontrollen läuft. Also sind wir in diesem Teil

auch Vorbild für andere. Das möchte ich ausgebaut wissen und die Möglichkeit bieten, dass sich in der Branche Legales am Schluss besser kontrolliert und auch besser etabliert wiederfindet. Davon haben wir alle etwas.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt hat Abgeordneter Hüttner für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Spielen ist schon von jeher ein Bedürfnis für die Menschen gewesen. Daher ist es auch so facettenreich. Herr Licht hat ein Stück weit darauf hingewiesen.

Wenn man die Situationen sieht, über die wir alles regeln: Wir haben zum Beispiel die Onlinesituation, wir haben die Sportwettensituation, wir haben die Spielhallensituation und wir haben LOTTO. Der Geschäftsführer von LOTTO sitzt auf der Besuchertribüne. Wir haben also viele Bereiche. In der Summe geht es aber um ganz viel Geld. Das ist die Konsequenz, weswegen wir ein Regelungsbedürfnis haben oder die Menschen ein solches großes Interesse an diesem Spielsystem haben.

Heute haben wir das Thema „Sportwetten“. Herr Licht, ich würde mir auch wünschen, dass wir die anderen Segmente regeln, aber heute haben wir das Segment Sportwetten. Frau Staatssekretärin hat darauf hingewiesen: Eigentlich hatten wir alles schon einmal vor zwei Jahren. Insoweit arbeiten wir das nach, was damals nicht gewünscht war. Jetzt besteht mit allen Ländern eigentlich Klarheit. So hoffen wir zumindest, dass wir das bis zum 31. Dezember schaffen. Es ist gut, dass dann alle nachher eine Genehmigung haben.

Ich bin der Auffassung, wir haben heute einen geduldeten oder grauen Markt, weil es nicht genehmigt, aber auch nicht kontrolliert werden kann. Die Gerichte haben uns also quasi etwas gegeben, mit dem wir nicht umgehen können. Deswegen bleibt uns nur, dass wir die Situation schaffen, dass wir es auch kontrollieren können. Auf diesem Weg sind wir im Bereich der Sportwetten.

Sie haben 8 Milliarden Euro angesprochen, um die es bundesweit geht. Wenn Sie einmal in den Haushalt der Finanzministerin schauen: Ich glaube, wir haben für das nächste Jahr 33 Millionen Euro für uns in Rheinland-Pfalz. Das heißt letztendlich mal 5 % und mal Königsteiner Schlüssel. Wir kommen in der Prognose noch auf höhere Summen. Das bedeutet, wir haben in der Tat riesige Volumina, um die es in der Kernsituation geht.

Wir sollten genau das jetzt machen. Wir sollten das alle gemeinsam machen. Auch alle Länder sollten das gemeinsam machen. Wir sollten in der Tat nicht aus dem Blick verlieren, dass wir eigentlich – das ist meine persönliche Auffassung – ein Gesamtwerk auf Deutschlandebene benötigen, bei dem wir alle Segmente mitnehmen, eine klare

Aufsichtsbehörde haben, nicht jedes Bundesland das differenziert macht und wir klare Abstandsregelungen in den verschiedenen Bereichen – ob das terrestrisch im Sportwettenbereich oder in der Spielhalle oder wo auch immer ist – haben.

Wir sollten es online endlich regeln, woran die Ministerpräsidenten aber auch arbeiten. Das wird uns nächstes Jahr den Vierten Glücksspieländerungsstaatsvertrag bescheren. Insoweit haben wir eine große Vielfalt an Situationen. Nur wenn wir alles im Griff und zu allem Genehmigungen haben, dann können wir in allen Segmenten mit vernünftigem Spielerschutz oder Sperrsystemen arbeiten. Nur dann können wir unseren richtigen Auftrag für alle auch im Sinne von Gesundheit Sorge tragen. Deswegen sollten wir diesen Teil jetzt auf den Weg bringen; die anderen Teile holen wir dann nach.

So weit herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion hat Abgeordneter Dr. Bollinger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Uns liegt heute ein neuer Anlauf vor, den Glücksspielstaatsvertrag zu ändern.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Ich erinnere daran, dass wir bereits vor zwei Jahren über diesen Staatsvertrag abgestimmt haben. Die Mehrheit des Landtags hatte gegen unser Votum für die damals vorgeschlagenen Änderungen gestimmt. Es hat dieser Mehrheit nichts genützt. Die zweite Änderung zum Glücksspielstaatsvertrag fiel durch, weil die Landesparlamente von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ablehnten.

Der neue und nunmehr dritte Änderungsversuch des Staatsvertrags ist, so wie er uns heute von der Landesregierung vorgelegt wird, in weiten Teilen inhaltsgleich mit dem damals gescheiterten zweiten Änderungsversuch. Die vorgeschlagenen Änderungen betreffen wiederum lediglich das Gebiet der Sportwetten. Die Beschränkung der Zahl der Sportwettkonzessionen auf 20 in Deutschland soll während der sogenannten Experimentierphase entfallen.

Alle Anbieter bekommen die Möglichkeit, eine Konzession zu erwerben, sofern sie die Mindestvoraussetzungen an die erweiterte Zuverlässigkeit, die Leistungsfähigkeit des Anbieters sowie die Transparenz und die Sicherheit des Spiels erfüllen. Gleichzeitig wird die Experimentierphase neu befristet, nämlich bis zum 30. Juni 2021.

Meine Damen und Herren, seit 2012 versuchen die Landesregierungen, den Bereich der Sportwetten in den Griff zu bekommen, und sind damit bislang gescheitert. Das Problem war die Idee, die Zahl der Anbieter zu regulieren.

Die Länder konnten vor Gericht nicht begründen, warum ein Anbieter, der alle geforderten Bedingungen einhielt, eine Konzession für Sportwetten bekam, der andere aber nicht, nur weil er die Nummer 21 war.

Letztlich hat die Situation dazu geführt, dass es juristisch unmöglich war, unzuverlässige Anbieter vom Sportwettenmarkt auszuschließen. So ist seit 2012 eine Grauzone im Bereich der Sportwetten entstanden. Dies haben die Länder allein zu verantworten.

Diese Grauzone wird auch mit dem neuen Anlauf nicht beseitigt. Die EU-Kommission hat bereits in einem Brief an die Bundesregierung Zweifel daran angemeldet, Konzessionen für Sportwetten auf lediglich 18 Monate zu befristen. Die so verkürzte Experimentierphase führe womöglich dazu, dass Anbieter weiter ohne Lizenz Sportwetten anböten, da sich die Anreize für einen Wechsel vom unregulierten in den regulierten Bereich verringerten.

Mit anderen Worten: Die Sportwettenanbieter, gerade die vielleicht fragwürdigen, können und werden darauf setzen, dass sie diese 18 Monate irgendwie auch ohne Konzession überstehen.

Meine Damen und Herren, der zweite große – und eigentlich größere – Problembereich des Glücksspielstaatsvertrags wird im vorliegenden Änderungsvorschlag gar nicht erst behandelt. Ich meine das Totalverbot des Onlinegücksspiels in fast ganz Deutschland. Fast ganz Deutschland; denn während Onlineglücksspiel den RheinlandPfälzern verboten ist, ist es den Schleswig-Holsteinern erlaubt.

Meine Damen und Herren, das Internet kennt allerdings keine Ländergrenzen und keine Staatsgrenzen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist ja verrückt!)

Unter den 725.000 Menschen in Deutschland, die die Möglichkeiten zum Onlineglücksspiel nutzen, gibt es darum auch viele Rheinland-Pfälzer. Onlineanbieter kommen aus Schleswig-Holstein, aber auch aus anderen EUMitgliedstaaten, zum Beispiel Malta. Das ist nicht per se problematisch.

Für die Annahme, der Vertrieb über das Internet mache Glücksspiele gefährlicher, fehlt jeder wissenschaftliche Beleg. Ganz im Gegenteil gibt es beim Internetspiel zusätzliche und weitgehende Möglichkeiten des digitalen Jugendund Spielerschutzes, zum Beispiel Limitbegrenzungen, Auszeiten, Selbstsperren und Fremdsperren. Wenn man diese Möglichkeiten nutzen will, muss man aber ein reguliertes Onlineglücksspiel in Deutschland und RheinlandPfalz erlauben.

Ohne ein reguliertes Onlineglücksspiel in Deutschland wird der Glücksspielstaatsvertrag seinen Zielen nicht gerecht. Diese Ziele sind in § 1 des Staatsvertrags genannt, und dazu gehört – ich zitiere –, „durch ein begrenztes, eine geeignete Alternative zum nicht erlaubten Glücksspiel darstellendes Glücksspielangebot den natürlichen Spieltrieb der Bevölkerung in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken sowie der Entwicklung und Ausbreitung von

unerlaubten Glücksspielen in Schwarzmärkten entgegenzuwirken (...).“

Meine Damen und Herren, Frau Ministerpräsidentin Dreyer fährt morgen zur Ministerpräsidentenkonferenz. Auf dieser Konferenz soll über den Glücksspielstaatsvertrag debattiert werden. Es soll nun um die Regelungen für die Zeit nach dem 30. Juni 2021 gehen. Ich hoffe, dass es dabei neue Entwicklungen gibt, die auch in die Bewertung des vorliegenden Gesetzentwurfs einfließen können. Insofern stimmen wir als AfD-Fraktion bei aller Skepsis einer Überweisung an die Ausschüsse zu.

„Und täglich grüßt das Murmeltier“ – so heißt ein Film, in dem ein Egozentriker und zynischer Wetteransager

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bestimmt bei der AfD!)

in einer Zeitschleife festsitzt und ein und denselben Tag immer wieder erlebt, bis er als geläuterter Mann sein Leben fortsetzen kann. Ich bin gespannt, ob die Ministerpräsidenten aus ihrer Zeitschleife herausfinden werden, die darin besteht, immer wieder dieselben Defekte des Glücksspielstaatsvertrags debattieren zu müssen.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion hat die Abgeordnete Becker das Wort.