Ich glaube, dass es auch auf der kommunalen Ebene Wahlen gibt, beispielsweise die Bürgermeisterwahlen, bei denen uns eine niedrige Wahlbeteiligung durchaus umtreiben sollte. Insofern gilt das nicht nur für sich genommen für die Beiräte für Migration und Integration.
Wichtig ist aber, dass die Gründe für die niedrige Wahlbeteiligung – das zeigen auch einige Studien und Erhebungen – meines Erachtens vor allem struktureller Art sind und sie meines Erachtens nur bedingt etwas aussagen über die Bedeutung und Akzeptanz der Beiräte für Migration und Integration.
Am 27. Oktober finden die Wahlen statt. Ich vermute einmal, dass nicht jeder in diesem Raum in den letzten Wochen unterwegs war und alle aufgefordert hat, die er kannte, von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Es ist also wichtig, dass man dafür mobilisiert.
Natürlich ist die mediale Aufmerksamkeit – das wissen Sie alle – bei den Beiratswahlen eine andere, als dies beispielsweise bei den Bundestags-, den Landtags- oder auch bei den Kommunalwahlen und Europawahlen der Fall ist. Diese Kandidatinnen und Kandidaten sind zuweilen durchaus auch viel unbekannter als andere Kandidatinnen und Kandidaten, die beispielsweise für Kommunal-, Landtags-, Europa- oder Bundestagswahlen antreten.
Natürlich hat es auch etwas damit zu tun, dass das alles ehrenamtlich gestemmt wird und die verfügbaren Mittel natürlich ganz andere sind als bei anderen Wahlen. Wir
werden in den Kommunen nicht flächendeckend Wahlplakate vorfinden, weil es sowohl an den finanziellen Mitteln fehlt und es auch vom Engagement her überhaupt nicht leistbar wäre. Das hat aber natürlich etwas damit zu tun, dass die Mobilisierung, die getan werden muss, erschwert wird, wenn wir von den Rahmenbedingungen sprechen, die wir haben.
Aber wenn wir vor diesem Hintergrund feststellen, dass wir bei den Beiräten einen Zuwachs um über ein Drittel haben, dann zeigt mir das, dass es dieses Mal wirklich gelungen ist,
über die Kampagne, die gemeinsam von den kommunalen Spitzenverbänden und den entsprechenden Ministerien, aber vor allen Dingen auch von der AGARP geleistet wurde, Menschen zu mobilisieren, sich zur Wahl zu stellen. Dass es dieses Mal ein Drittel mehr Beiräte sind als beim letzten Mal, lässt bei mir auch ein Stück weit die Hoffnung aufkommen, dass wir es möglicherweise mit einer höheren Wahlbeteiligung als 2014 zu tun haben könnten.
Ich kann nur noch einmal appellieren, dass Sie vor Ort dafür werben, dass am Sonntag die Wahlen stattfinden und die Menschen entsprechend von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.
Mir liegen jetzt noch vier weitere Zusatzfragen vor. Danach betrachte ich die Mündliche Anfrage als beantwortet. Zunächst hat der Abgeordnete Schmidt das Wort.
Frau Ministerin, das Thema „Wahlbeteiligung“ ist sehr wichtig. Haben Sie Erkenntnisse darüber, wie hoch bei den letzten Migrationsbeiratswahlen im Jahr 2014 die Wahlbeteiligung unter den sehr zahlreichen Aussiedlern, speziell den Russlanddeutschen, war? Das interessiert mich auch deshalb, weil ich weiß, dass in dieser Gruppe extrem große Vorbehalte gegenüber diesen Wahlen bestehen, weil die Russlanddeutschen über das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz als Aussiedler hierher gekommen sind und sich durch diese Wahlen zu den Migrationsbeiräten in der Regel nicht angesprochen fühlen. Aber wenn Sie Daten aus dem Jahr 2014 zu den Aussiedlern, speziell zu den Russlanddeutschen, hätten, dann wäre ich dankbar.
Herr Abgeordneter, wir haben keine speziellen Daten zu den Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, weil wir die Wahlbeteiligung nicht noch einmal speziell danach aufschlüsseln, welche Personen zur Wahl gegangen sind oder nicht. Ich glaube, es würde im Übrigen für die Kommunen eine erhebliche Mehrarbeit bedeuten, so etwas noch einmal im Detail aufzuschlüsseln.
Wir werden aber selbstverständlich, wie bei den anderen Beiratswahlen auch, nach den Wahlen gemeinsam mit den
kommunalen Spitzenverbänden eine Auswertung vornehmen, um zu sehen, wie die Wahlbeteiligung war und ob es regionale Unterschiede gibt, ob es etwas gibt, was wir in den Blick nehmen müssen, um für die kommenden Beiratswahlen gut vorbereitet zu sein.
Ansonsten kann ich zu der Wahlbeteiligung sagen, dass sie seit 1999 relativ stabil bei etwa 10 % liegt.
Frau Ministerin, ein Gutteil der Listenvorschläge entfällt auf religiöse Gemeinschaften, und es wird dabei auch entsprechend Wahlkampf gemacht. Ich nenne beispielsweise DITIB, Millî Görü¸s etc., unter anderem unter dem Motto: Von Muslimen für Muslime, für die Interessen des Islam.
den Fall eines judenhassenden Antisemiten, der die Vernichtung Israels gefordert hat. Sind Ihnen solche weiteren Fälle bekannt?
Wir haben bei diesen Wahlen im Vorfeld zu verzeichnen, dass wir mehr internationale Listen und weniger nationale oder auch religiöse Listen haben. Internationale Listen bedeuten, dass sich Menschen unterschiedlicher Herkunftsstaaten, Kulturen oder Religionen zusammenschließen, weil sie eint, dass sie gemeinsam ihre Kommune gestalten wollen. Ich finde es vor dem Hintergrund, dass wir eine vielfältige Gesellschaft sind, auch eine gute Entwicklung, wenn es zunehmend zu bunten und internationalen Listen kommt. Dementsprechend haben wir weniger nationale und religiöse Listen.
Ich kann Ihnen aber sagen – das weiß ich auch aus meiner Heimatstadt Speyer –, dass dort traditionell beispielsweise
Frau Ministerin, könnten Sie uns bitte erläutern, wie die Wählerverzeichnisse aufgestellt werden, inwieweit man dabei die örtlichen Melderegister verwendet und in wessen Zuständigkeit das fällt? Hier und da war immer wieder einmal zu hören, dass auch nicht wahlberechtigte Personen die Wahlunterlagen bekommen hätten. Wie läuft das im Einzelnen ab bei der Vorbereitung der Wahl?
Mir ist bisher noch nicht zu Ohren gekommen, dass Personen, die nicht wahlberechtigt sind, entsprechende Dokumente bekommen hätten. Aber selbstverständlich gehen wir Hinweisen entsprechender Art gerne nach. Uns ist in der Vorbereitung dazu nichts zu Ohren gekommen.
Es gibt ein eingeübtes Verfahren. Ich hatte eingangs erwähnt, dass es die Beiräte mittlerweile zum Teil bereits im 25. Jahr gibt. Das heißt, es gibt ein eingeübtes Verfahren, dass natürlich vor allen Dingen die Kommunen dafür zuständig sind, die entsprechenden Wählerverzeichnisse zu führen. Es gibt auch einen Stichtag, an dem ermittelt wird, wie viele ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger in einer Kommune sind. Das war der 30. Juni letzten Jahres.
Ansonsten noch einmal zur Information: Über wen sprechen wir überhaupt? Wer ist überhaupt wahlberechtigt?
Wahlberechtigt sind ausländische Einwohnerinnen und Einwohner und damit auch die sogenannten Doppelstaatler und auch Staatenlose. Wahlberechtigt sind auch Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler und die Eingebürgerten und die Kinder der oben genannten Gruppen, wenn sie am Wahltag mindestens 16 Jahre alt sind. Also, der Geburtstag muss mindestens am 27. Oktober 2003 liegen oder früher. Die Wahlberechtigten müssen bis zum 27. Juli dieses Jahres in ihrem Wahlgebiet mit Erstwohnsitz angemeldet sein. Ich glaube, daran erkennen Sie, der Erstwohnsitz wird in den Kommunen vor Ort organisiert, und entsprechend ist es Aufgabe der Kommunen, auch die Listen zu führen und sie aktualisiert zu halten.
Frau Ministerin, wie kann denn aus Ihrer Sicht das Recht auf politische Beteiligung von Migrantinnen und Menschen mit Migrationshintergrund noch weiter ausgebaut werden?
Frau Abgeordnete, ich glaube, das ist eine ganz entscheidende Frage. Ich hatte soeben bereits gesagt – ich glaube, das gilt für alle politischen Ebenen –, dass sich eine Demokratie auch daran messen lassen muss, wie sie es schafft, dass möglichst viele Menschen in der Gesellschaft aktiv daran mitwirken und partizipieren können. Vor diesem Hintergrund halte ich es für eine wichtige Grundvoraussetzung für eine funktionierende Demokratie, dass wir auch den Blick darauf richten, wie Menschen mit Migrationshintergrund in unsere Gesellschaft und in unsere Demokratie eingebunden werden können.
Menschen, die dauerhaft hier leben, müssen meines Erachtens die Möglichkeit haben, sich auch demokratisch zu beteiligen. Ich glaube, dass es über die Beiräte für Migration und Integration vor Ort hinaus, die sich bewährt haben, noch weitere Hebel gibt, an denen wir meines Erachtens ansetzen sollten und in die richtige Richtung etwas tun sollten.
Dazu gehört, dass wir auf kommunaler Ebene auch ein Wahlrecht für die Drittstaatsangehörigen brauchen. Bei den Kommunalwahlen können schon jetzt Menschen mit einer EU-Staatsangehörigkeit von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen. Drittstaatsangehörige, also diejenigen, die nicht aus den EU-Staaten kommen, sind aber davon ausgeschlossen. Ich halte dies für einen Punkt, den wir dringend weiterentwickeln und verändern müssen in dem Sinne, dass wir Menschen aus anderen Staaten haben, die dauerhaft hier leben, die hier arbeiten, die hier ihre Steuern zahlen, sich im Sportverein engagieren. Ihre Kinder gehen hier zur Schule, und dann sollten sie konsequenterweise auf kommunaler Ebene auch ein Wahlrecht haben.
Es geht aber auch darum zu schauen, inwieweit EUStaatsangehörige auch das Wahlrecht für Landtagswahlen bekommen. Ich glaube also insgesamt, dass wir, was das Thema „Partizipation“ anbelangt, noch nicht am Ende der Fahnenstange sind.
Wir sollten auch selbstkritisch unsere Rahmenbedingungen überprüfen, ob wir es schaffen, dass sich auch genügend Menschen mit Migrationshintergrund insgesamt in unseren politischen Strukturen beteiligen. Es gibt hier erhebliche Anstrengungen seitens der Landesregierung, nicht nur im Integrationsministerium, auch den Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund in politischen Strukturen zu steigern. Das ist eine Daueraufgabe, der wir uns alle dringend stellen sollten.
Frau Ministerin, Sie haben eben ausgeführt, dass es bei Kommunalwahlen niedrige Wahlbeteiligungen gab oder
gibt. Können Sie konkrete Beispiele benennen, in denen es eine vergleichbar niedrige Wahlbeteiligung bei Kommunalwahlen gab, und sehen Sie nicht einen Unterschied zwischen einer durchschnittlichen Wahlbeteiligung und gegebenenfalls von Einzelfällen?
(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist so wie in Ludwigshafen! 9 %! Das wissen Sie doch, Herr Henter!)
Herr Abgeordneter Henter, ich hatte mich in meiner Antwort nicht auf die Kommunalwahlen insgesamt, so wie sie dieses Jahr am gleichen Tag wie die Europawahlen stattgefunden haben, sondern auf andere kommunale Wahlen bezogen, beispielsweise wenn es darum geht, eine neue Bürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister zu wählen.
Ich bin selbst in Ludwigshafen aufgewachsen. Ich kenne Wahlbeteiligungen. Diese können regional sehr unterschiedlich sein. Wir haben es – das wissen Sie auch –, gerade wenn es darum geht, eine neue Bürgermeisterin oder einen neuen Bürgermeister zu wählen, mit Wahlbeteiligungen von etwa 10 % zu tun. Das gilt vor allem dann, wenn es um die Stichwahl geht.