Protokoll der Sitzung vom 11.12.2019

Eine Erwiderung wird nicht gewünscht, wie ich sehe. – Dann erteile ich dem Abgeordneten Dr. Böhme für die Fraktion der AfD das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die zuständigen Ausschüsse haben sich nach der ersten Lesung im Plenum intensiv mit dem Gesetzentwurf zum Landesgesetz zur Änderung des Bestattungsgesetzes auseinandergesetzt.

Im Sozialpolitischen Ausschuss wurde im Oktober eine Anhörung durchgeführt, welche ausgesprochen kompetent, informativ und aufschlussreich war. Allerdings haben all diese Aktivitäten am ursprünglichen Gesetzentwurf nicht wirklich etwas verändert. Der vorliegende Änderungsantrag – Drucksache 17/10729 – ist zwar eine kleine logische Ergänzung, der wir gerne zustimmen, aber im Hinblick auf die beiden Hauptthemen – Verlängerung der Bestattungsfrist und Vermeidung von Kinderarbeit – wurde nichts verändert.

Ich stelle mir daher die Frage, warum. Haben die Beiträge der Anzuhörenden keine neuen Erkenntnisse gebracht? Meiner Ansicht nach haben sie das durchaus. War der Gesetzentwurf so perfekt, dass man nichts hätte verbessern können? Ich glaube nicht. Und so kann ich in den Jubel meiner Vorredner auch nicht wirklich einstimmen. Für mich und die AfD-Fraktion hat sich im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu wenig bewegt.

Natürlich unterstützen wir aus vollem Herzen den Wunsch, Kinderarbeit und vor allem die schlimmsten Formen der Kinderarbeit nach dem Übereinkommen Nr. 182 der Internationalen Arbeitsorganisation zu verhindern. Daran hat mein Kollege Friedmann bereits in der ersten Lesung keinen Zweifel gelassen. Ich persönlich hatte im Ausschuss den Entwurf aber erst einmal abgelehnt, weil er mir nicht weit genug ging.

Es stellte sich mir die berechtigte Frage, ob den betroffenen Kindern in der Dritten Welt mit diesem Gesetzentwurf tatsächlich geholfen wird. Meine Zweifel daran – es sind nicht nur meine Zweifel, das machen die Stellungnahmen von beispielsweise UNICEF, aber auch des Anzuhörenden Benjamin Pütter klar – sind bis heute nicht ausgeräumt und wurden durch die Anhörung eher verstärkt; denn nicht

allein der Wille, Kinderarbeit zu verhindern und ein daraus folgender Boykott von Produkten, welche möglicherweise durch Kinder unter erbärmlichen und gesundheitsschädlichen Arbeitsbedingungen geschaffen wurden, lösen alle Probleme und geben den betroffenen Kindern in den betroffenen Ländern wirklich eine Zukunft.

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass wir mit dem Gesetzentwurf eher uns selbst helfen wollen, indem wir unseren Glauben daran erhalten, dass es funktionieren könnte. Die AfD-Fraktion hat letztlich im Ausschuss, nachdem unser Änderungsantrag dort abgelehnt worden war, dem Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form zugestimmt und wird dies auch heute und an dieser Stelle tun. Wir hoffen, dass der Gesetzentwurf zumindest ein Anstoß sein kann, um letztlich ein entsprechendes Bundesgesetz auf den Weg zu bringen, also erst einmal in Deutschland die Wahrnehmung zu verändern, bevor dann tatsächlich auch außerhalb Deutschlands ein signifikanter Effekt eintritt.

Die Ankündigung von Minister Heil, ein Lieferkettengesetz, wie es beispielsweise in Frankreich schon seit zwei Jahren besteht, auf den Weg bringen zu wollen, begrüßen wir. Die Aufgaben dann aber nur auf große Unternehmen abwälzen zu wollen, ist zu kurz gesprungen. Hier müssen auch die Bundesbehörden selbst aktiv werden, und natürlich auch das Auswärtige Amt.

Fakt ist nämlich – auch das hat die Anhörung sehr klargemacht –, dass der Wille zu helfen nur durch einen stringenten und lückenlosen Produktzertifizierungsprozess in die Tat umgesetzt werden kann. Hier die entsprechende Bewertung und Kontrolle von Produkten und Zertifizieren auszuüben, können weder Träger von Friedhöfen noch die Landesregierungen leisten. Es braucht hier also in der Tat eine bundesgesetzliche Kontrolle und Überwachung.

Außerdem muss sichergestellt werden, dass es für die betroffenen Kinder auch vor Ort Hilfe gibt, einen anderen Lebensentwurf leben zu können

(Beifall der AfD)

als den, den Herr Pütter so treffend beschrieben hat mit der Aussage – wir haben das heute schon gehört –: Das Einzige, was sich im Leben verändert, ist die Größe des Hammers. –

Ein für mich sehr interessantes Ergebnis der Anhörung war zudem, dass die Herkunft des Gesteins, welches zu Grabmalen verarbeitet wurde, durch den Fachmann sehr wohl am Endprodukt erkannt werden kann. Daher an dieser Stelle auch ein Aufruf an die Landesinnung des Steinmetzund Steinbildhauerhandwerks: Nutzen Sie Ihre Kenntnis bei der Ausstellung entsprechender Nachweise und Zertifikate verantwortungsvoll, und setzen Sie sich jederzeit für den Einsatz von heimischem und deutschem Naturstein ein.

Noch ein Wort zur Verlängerung der Bestattungsfrist auf zehn Tage. Man macht es den betroffenen Angehörigen möglicherweise leichter und bequemer in einer Phase der Trauer und Belastung. Allerdings waren Verlängerungen und Verkürzungen der Bestattungsfrist auch bisher bereits möglich. Ausbaden müssen das Entgegenkommen des

Gesetzgebers nun die kommunalen und kirchlichen Träger bzw. Behörden, welche – das hat die Anhörung ebenfalls klargemacht – oftmals gar nicht die entsprechenden Lagerungsmöglichkeiten für Leichen haben, so makaber das klingen mag.

Konsequenterweise müsste die Landesregierung daher auch Hilfe bei der Schaffung von angemessenen und gekühlten Lagerungsmöglichkeiten anbieten – ein Punkt, über den es vielleicht einmal nachzudenken lohnt.

Vielen Dank, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Herr Abgeordneter Teuber, Sie haben das Wort zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Böhme.

„Entlastung“ war das Stichwort. Die Entlastung durch die Verlängerung der Frist liegt bei den Bürgerinnen und Bürgern und der Verwaltung, eben nicht im umgekehrten Schluss, wie Sie es dargestellt haben; denn bislang ist es so, dass die Bürgerinnen und Bürger in der Phase der Trauer sich auch noch darüber Gedanken machen müssen, ob sie einen Antrag auf Verlängerung der Frist bei der Behörde stellen, was tatsächlich einen Verwaltungsaufwand bedeutet.

Ich muss das a) überhaupt wissen, b) muss der Bestatter das mit mir besprechen, c) muss ich sozusagen die Genehmigung einholen. Ich glaube, in der Phase der Trauer macht es schon Sinn, dass man sich eher auf das konzentrieren kann, worum es wirklich geht, um das Abschiednehmen. Und es macht Sinn, dass die Bürgerinnen und Bürger dann nicht noch mit Gebühren durch die Verwaltung zusätzlich belastet werden, was auch immer ein wichtiges Argument ist.

Die Verwaltung wird dadurch von der Aufgabe entlastet, Anträge zu bearbeiten, die sie ohnehin immer genehmigt und die trotzdem sehr, sehr viel Zeit binden. Ich denke, das ist im Sinne aller. Auch Herr Kriese hat als selbstständig tätiger Bestatter noch einmal deutlich gemacht, dass das Problem der Lagerung und Kühlung überhaupt nicht das Thema ist, weil nur in einem Drittel der Fälle verlängert wird.

In diesem Sinne sollte man eher davon sprechen, dass die Verlängerung der Frist im Sinne aller Beteiligten ist und es in der Anhörung auch nicht ein Argument dagegen gab. Deswegen ist es wichtig, dass wir hier noch einmal herausstellen, es ist eine Entlastung für alle Beteiligten und keine Belastung. Das war mir noch einmal wichtig, weil wir in dem Zusammenhang schon deutlich machen müssen, dass wir sehr nahe an den Menschen sind und diese Regelung sehr bürgernah getroffen wurde.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu einer Erwiderung erteile ich das Wort dem Abgeordneten Dr. Böhme.

Herr Teuber, ich widerspreche Ihnen nicht, aber wir haben auch gelernt, dass es gegenteilige Fälle gibt, sogenannte Problemleichen – das gibt es tatsächlich, das Wort kannte ich vorher nicht –, die dann eher beerdigt werden müssen.

Was die Behörden betrifft, so haben wir gelernt, dass 50 % der Gemeinden gar keine eigenen Lagerungsmöglichkeiten für die Toten haben und dann mit anderen Gemeinden oder anderen Friedhofsträgern zusammenarbeiten müssen. Das macht die Sache natürlich nicht einfacher.

Deswegen bin ich auf diesen Punkt noch einmal eingegangen. Aber ich glaube, wir sind da nicht auseinander, sondern wir wollen alle gemeinsam, dass es den Angehörigen, den Gemeinden und den Behörden so einfach wie möglich gemacht wird.

Danke schön.

(Beifall der AfD)

Jetzt hat Frau Abgeordnete Becker für die Fraktion der FDP das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich vertrete bei dieser Rede unseren Kollegen Steven Wink, der in der ersten Beratung dazu gesprochen hat – es gehört zu seinem Sachgebiet – und auch die Anhörung im Ausschuss betreute.

Weltweit müssen nach Einschätzung der Internationalen Arbeitsorganisation etwa 152 Millionen Kinder arbeiten. Etwa 38 % der Kinder im Alter von 5 bis 14 Jahren befinden sich sogar in gefährlicher Arbeit. Meine Damen und Herren, unter die schlimmste Form von Kinderarbeit fällt auch die Arbeit in Steinbrüchen.

Die Anhörung im Sozialpolitischen Ausschuss hat gezeigt, was das für die Kinder und Jugendlichen in den Steinbrüchen bedeutet. Es wurden Bilder aus Steinbrüchen in Indien gezeigt, wo Kinder und Jugendliche ohne Schuhe, ohne Handschuhe und ohne Atemschutz Steinblöcke bearbeiten. Das heißt, Arbeitsverletzungen und Unfälle sind damit vorprogrammiert.

Viel gefährlicher ist allerdings darüber hinaus der Steinstaub beim Bearbeiten der Steine. Steven Wink hat in der ersten Beratung bereits darauf hingewiesen, und auch

Herr Teuber hat es heute gesagt. Man muss es noch einmal deutlich machen: Unsere Lebenserwartung steigt auf nahezu 100 Jahre. Diese Kinder und Jugendlichen, die in den Steinbrüchen arbeiten, werden in der Regel 30 Jahre alt. Der Staub beendet ihr Leben also vorzeitig.

Meine Damen und Herren, die Steine kommen dann nach Deutschland und werden hier auf unsere Friedhöfe gestellt. Mit dem vorliegenden Landesgesetz werden wir das ändern. Wir ermöglichen den Friedhofsträgern in RheinlandPfalz, dass sie mithilfe einer Satzungsänderung Grabsteine aus Kinderarbeit verbieten können. Ich denke, Herr Dr. Böhme, das ist auch der richtige Weg, es zu tun.

Dieser Vorschlag der Ampelkoalition hat in der Anhörung eine breite Zustimmung der Experten erfahren. Besonders möchte ich die Unterstützung der Steinmetze betonen. Sie nehmen ihre Verantwortung sehr ernst und handeln entsprechend. Es war uns als Freie Demokraten sehr, sehr wichtig, dass alle Gruppen, also auch die Betriebe des Steinmetzhandwerks, angehört werden und sich dazu äußern. Umso besser ist es, dass die vorliegende Änderung eine so breite Unterstützung erhält.

Die Ampelkoalition setzt sich darüber hinaus dafür ein, dass ausbeuterische Kinderarbeit über diesen Weg eingedämmt wird. Eine weitere Änderung des Gesetzes nimmt das ein, worüber sich Herr Dr. Böhme und Herr Teuber gerade noch einmal ausführlich unterhalten haben, nämlich die Verlängerung der gesetzlichen Bestattungsfrist von sieben auf zehn Tage. Damit, denke ich, geben wir den Angehörigen mehr Zeit zu trauern und die vielen notwendigen Entscheidungen zu treffen. Auch hierzu haben sich die Experten positiv geäußert.

Der vorliegende Änderungsantrag von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN konkretisiert nochmals – die CDU hat sich auch damit einverstanden erklärt – und macht dabei noch einmal die Gesetzesänderungen klar.

Aufgrund kultureller und religiöser Aspekte können Angehörige auch eine Verkürzung des frühestmöglichen Bestattungszeitpunkts beantragen. Dabei muss der Antragsteller – ich denke, das ist wirklich wichtig – für die Bestattungsgenehmigung ein berechtigtes Interesse versichern. Zudem müssen alle ordnungsbehördlichen und strafrechtlichen Belange gewahrt bleiben.

Die Ampelkoalition geht damit verstärkt auf die gesellschaftlichen und kulturellen Belange der Bürgerinnen und Bürger ein.

Meine Damen und Herren, ich freue mich über die breite Unterstützung für diese Gesetzesänderung und bedanke mich vor allen Dingen auch im Namen von Steven Wink.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie vereinzelt bei der CDU)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Köbler für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Veränderung des Bestattungsgesetzes, die wir heute beschließen, werden wir endlich die Grundlage dafür legen, dass Grabsteine auf rheinland-pfälzischen Friedhöfen nicht mehr aus Kinderarbeit stammen. Dem ist schon in der letzten Legislaturperiode eine lange Diskussion – auch aus den Reihen der Grünen-Fraktion angestoßen – vorausgegangen.

Ich denke, die Anhörung hat eindrucksvoll gezeigt, dass wir wirklich einen Beitrag für das leisten, was wir auch in der vorherigen Debatte diskutiert haben, nämlich die Umsetzung von Kinderrechten, die nicht nur in Deutschland oder Europa, sondern weltweit zu gewährleisten sind.

Wenn wir einen Beitrag und einen Anstoß dazu leisten, dass wir auch auf Bundesebene entsprechende Gesetze und Vorgaben bekommen – Stichwort „Lieferkettengesetz“ –, kann ich Ihnen sagen: Da haben Sie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an Ihrer Seite; denn es muss dann nur als erster Schritt verstanden werden. Ganz generell darf kein wirtschaftlicher Vorteil durch das Aushöhlen sozialer oder ökologischer Standards mehr toleriert werden.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)