Protokoll der Sitzung vom 29.01.2020

Die Eigentumsverhältnisse am Wohnungsmarkt in Rheinland-Pfalz sind sehr kleinteilig. Zwei Drittel der Eigentümer besitzen nicht mehr als ein bis zwei Wohneinheiten. Die persönliche Lebensplanung und Alterssicherung spielen bei den Investitions- und Nutzungsentscheidungen somit eine große Rolle.

Allerdings war die Stimmung unter den Vermietern noch nie so schlecht wie heute. Mehr als 20 % der Mitglieder des Verbands Haus & Grund Rheinland-Pfalz denken über einen Verkauf oder die Einstellung der Vermietung nach. Das geht dann natürlich auch zulasten der Investitionsneigung am Wohnungsmarkt und ist eine fatale Folge der auch mit diesem Gesetzentwurf betriebenen Überregulierung.

Zudem kann dieses Gesetz sogar eine negative Auswirkung auf die wirtschaftliche Entwicklung entfalten, da Selbstständigkeit und Firmengründungen oftmals in der eigenen Wohnung oder im Eigentum beginnen und stattfinden. Das funktioniert aber nicht, wenn man vom Staat zur Vermietung gezwungen wird.

Meine Damen und Herren, auch wenn der Vertreter des Städtetags bei der Anhörung den Gesetzentwurf begrüßte, wobei er gleichzeitig zugab, dass er von diesem Instrument keine größere Wirkung am Wohnungsmarkt erwartet, so ist das letztlich nichts anderes als der verzweifelte Griff nach dem letzten Strohhalm.

Die enormen Probleme am Wohnungsmarkt und vor allem in den großen Städten und Ballungsgebieten sind fast ausschließlich auf die ungeplante und ungeregelte Zuwanderung der letzten Jahre zurückzuführen. Hier helfen keine Überregulierungen und auch kein sozialistischer Dirigismus. Solange man die Ursachen der Wohnungsnot nicht klar benennt und adressiert, wird es keine Trendwende am Wohnungsmarkt geben.

(Beifall der AfD)

Die AfD-Fraktion fordert daher eine effiziente und zügige Rückführung von Wirtschaftsflüchtlingen ohne dauerhafte Bleibeberechtigung und -perspektive. Dies gilt auch für Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge, deren Fluchtursachen in den Heimatländern weggefallen sind. Außerdem müssen die Anstrengungen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus verstärkt werden, gerade auch im Hinblick auf die Bereitstellung von Bauland.

Wir fordern zudem, nun endlich das Versprechen auf Abbau von Bürokratisierung und Überregulierung beim Wohnungsbau und beim Wohnungsmarkt einzulösen und damit ein günstiges Investitionsklima zu schaffen. Der Gesetzentwurf geht hier aber genau den entgegengesetzten Weg. Er stellt damit keine Lösung dar. Mittelfristig wird er sogar dazu beitragen, die Probleme am Wohnungsmarkt noch zu verschärfen. Er ist damit schädlich, und deshalb lehnen wir ihn ab.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Nächster Redner ist der Abgeordnete Roth für die Fraktion der FDP.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Dr. Martin, wir reden hier über Wohnungspolitik und nicht über Wirtschaftspolitik. Gerade die Landesregierung fördert Start-up-Unternehmen doch in einem extremen Maß; denn Rheinland-Pfalz ist nun einmal ein Chancenland. Dazu leistet vor allem unser starker Mittelstand einen großen Beitrag. Er garantiert gute und sichere Arbeitsplätze.

Zugleich haben wir einzigartige und vielfältige Landschaften zu bieten, die für die Freizeitangebote der Bevölkerung, aber auch für Touristen und Erholungssuchende attraktiv sind. Beispielhaft nenne ich natürlich als Erstes den WesterwaldSteig, das Welterbe Mittelrhein, die Geierlay, den Vulkanpark Eifel oder die schöne Pfalz.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

So verwundert es nicht, dass wir in einigen rheinlandpfälzischen Regionen und Städten einen angespannten Wohnungsmarkt haben.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Da, wo die Nachfrage groß ist, steigen auch die Mieten stetig an. Im vergangenen Jahr lag der Anstieg in RheinlandPfalz bei durchschnittlich 3,4 %. Dies wirkt sich vor allen Dingen regional sehr unterschiedlich aus und verstärkt das Mietgefälle.

Die Bereitstellung bezahlbaren Wohnraums zu fördern oder zu ermöglichen ist eine große Herausforderung in

der heutigen Zeit und ein wichtiges Anliegen der Ampelkoalition. Der Staat kann durch sinnvolle Maßnahmen nur Rahmenbedingungen für sicheren und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Diese erforderlichen Maßnahmen müssen geeignet sein, um auf die regionalen Anforderungen des rheinland-pfälzischen Wohnungsmarkts eingehen zu können.

Der heutige, in der zweiten Beratung vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung gibt den Kommunen die Möglichkeit, bei erkennbarem Bedarf durch Erlass einer Satzung gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen und sie zu begrenzen.

In der Anhörung im Haushalts- und Finanzausschuss bewerteten die geladenen Experten diese regional differenziert einsetzbare Lösung äußerst positiv. Die Entscheidungshoheit der Kommunen trägt dem differenzierten Charakter des Wohnungsmarkts in Rheinland-Pfalz Rechnung.

Dieser Gesetzentwurf gibt den Kommunen ein flexibles Instrument an die Hand. Sie können die Entwicklung beobachten, einschätzen und gegebenenfalls reagieren, wenn es der Wohnungsmarkt vor Ort erforderlich macht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich aber auch festhalten, eine solch problematische Zweckentfremdung liegt in Rheinland-Pfalz keineswegs flächendeckend vor. Es wird deshalb nicht überreguliert, sondern den Kommunen lediglich ein Handlungsspielraum eröffnet. Somit ist gewährleistet, dass der wohnungspolitische Anwendungsrahmen des vorliegenden Gesetzentwurfs gleichermaßen erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesem Gesetzentwurf kommen wir auch Forderungen aus der Kommunalpolitik nach. Dabei denken wir Freien Demokraten an die mittelständische Wirtschaft in unseren Kommunen, zu der auch Hotellerie und Gastronomie in Rheinland-Pfalz zählen. Der Tourismus ist eine tragende Säule unseres Mittelstands.

Das Hotelgewerbe beklagt in Regionen mit einer hohen Quote der Privatvermietung an Kurzzeitgäste einen zunehmenden Wettbewerbsnachteil bei der Zimmerbelegung und die deutlich strengere Behandlung bei Auflagen und Anforderungen gegenüber ähnlichen Angeboten aus dem Privatbereich. So können mit dem vorliegenden Gesetzentwurf auch die durch anonyme Vermittlung von kostenpflichtigen Privatquartieren über das Internet verursachten Wettbewerbsverzerrungen wirksam eingedämmt werden.

Meine Damen und Herren, aus diesem Grund stimmt die Fraktion der Freien Demokraten dem vorliegenden Gesetzentwurf zu.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun erteile ich das Wort dem Abgeordneten Köbler für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wohnen ist ein Menschenrecht. Bei der Mietpreisexplosion, die wir in manchen Städten haben – so sind wir in Mainz beispielsweise bei der durchschnittlichen Kaltmiete mittlerweile bei über 12 Euro/m² angelangt –, ist es aber nicht mehr für alle Menschen selbstverständlich.

Deswegen sollte die Politik jedes, aber auch jedes Instrument ergreifen, um dieser Mietpreisexplosion entgegenzuwirken;

(Abg. Dr. Timo Böhme, AfD: Nichts als Strohhalme!)

denn wir wollen etwas tun, und wir tun in Rheinland-Pfalz auch schon einiges gegen steigende Mieten.

Es ist schon bemerkenswert zu sehen, dass das Thema „Steigende Mieten und Kampf gegen die Mietpreisexplosion“ der CDU in Rheinland-Pfalz offensichtlich herzlich egal ist.

Meine Damen und Herren, Wohnraum muss auch zum Wohnen da sein. Deswegen brauchen die Städte – gerade Städte, die auch sehr stark touristisch frequentiert werden wie Mainz, Trier, vielleicht auch Speyer – entsprechenden Handlungsspielraum. Es geht aber auch darum, spekulativem Leerstand entgegenwirken zu können. Dieser ist in Rheinland-Pfalz im Moment noch nicht gegeben.

Es ist ein Gesetz, das es Städten, die Wohnraummangel haben, ermöglicht, entsprechende Satzungen zu erlassen. Herr Kollege Dr. Martin, wenn Sie es im Landkreis Bad Kreuznach nicht brauchen, dann müssen Sie es nicht machen. Wir haben in Mainz aber eine ganz andere Situation, und deswegen wird von unserer Seite dieses Gesetz ausdrücklich begrüßt.

Es ist auch keine rheinland-pfälzische Erfindung. Bereits sieben Bundesländer – im Übrigen auch solche mit einer Regierungsbeteiligung der CDU – haben ein solches Landesgesetz über ein Zweckentfremdungsverbot. Das ist überhaupt keine parteipolitische Frage.

Sie haben nach der Anhörung nach Argumenten gesucht, warum Sie den Gesetzentwurf immer noch ablehnen, und dann haben Sie – das ist wirklich an den Haaren herbeigezogen – das Thema „Start-up-Gründung“ gefunden.

Meine Damen und Herren, ich habe mich einmal kurz zum Thema „Start-up-Gründungen in Deutschland“ informiert. Laut Ranking der Bundesländer sind im Jahr 2019 die meisten Start-ups in Nordrhein-Westfalen gegründet worden. Dort gibt es ein Zweckentfremdungsverbot.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Die zweitmeisten Start-ups sind in Berlin gegründet worden. Dort gibt es ein Zweckentfremdungsverbot. Die drittmeisten Start-ups sind in Bayern gegründet worden. Dort gibt es ein Zweckentfremdungsverbot. Die viertmeisten Start-ups sind in Baden-Württemberg gegründet worden, und dort gibt es ein Zweckentfremdungsverbot.

(Zuruf des Abg. Dr. Timo Böhme, AfD)

Herr Dr. Martin, ich glaube, dieses doch an den Haaren herbeigezogene Argument ist damit eindringlich widerlegt. Es ist einfach eine Behauptung, dass sich dieses Gesetz in irgendeiner Weisung negativ auf die Gründung von Startups auswirken würde. Sämtliche anderen Bundesländer, die schon lange ein solches Gesetz haben, haben nicht aufgrund des Gesetzes ein Problem bei der Gründung von Start-ups.

Da ist Ihnen wirklich nichts Besseres mehr eingefallen, um aus reinen – ich weiß es nicht – ideologischen Gründen

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Oh!)

heute dieses Gesetz abzulehnen. Es gibt viele CDUFraktionen gerade in städtischen Ballungsgebieten, die solche Gesetze fordern und zum Teil von Regierungskoalitionen in anderer Konstellation fordern, sie mögen sie verschärfen.

Das zeigt, wie sehr Sie doch das Mietpreisproblem, das wir in den Städten haben, mit allen sozialen Folgen einfach ignorieren. Das finde ich sehr, sehr schade. Ich bin froh, dass die Landesregierung und wir als Ampelkoalition den Städten ein weiteres Instrumentarium an die Hand geben, durch das die Mieten bezahlbar bleiben und damit das Wohnen in den rheinland-pfälzischen Städten bezahlbar bleibt.

Herzlichen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Für die Landesregierung spricht nun Herr Staatssekretär Dr. Weinberg.

(Zuruf aus dem Hause)