Protokoll der Sitzung vom 29.01.2020

(Abg. Marco Weber, FDP: Oh, oh, oh!)

Im Ergebnis sind es viele notwendige und viele sinnvolle Regelungen. Das hat das durchgeführte Anhörverfahren im Wesentlichen bestätigt, auch wenn sich diese Regelungen – das muss man ebenfalls sagen – erst in der Praxis bewähren müssen. Insoweit hätte meine Fraktion diesem Gesetzentwurf auch grundsätzlich zustimmen können.

Etwas anderes gilt jedoch hinsichtlich der vorgesehenen Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes. Im Rahmen des Anhörverfahrens hat der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz nachvollziehbar dargelegt, dass das Land den eigenen Haushalt auf Kosten der Kommunen verbessert und damit letztendlich den Kommunen in die Tasche greift.

Schließlich erfolgt die Ausweitung der Zuweisungstatbestände vorliegend im Wege der sogenannten Befrachtung, weil eine gleichzeitige Anhebung der Finanzausgleichsmasse unterbleibt. Wir haben es soeben von dem Kollegen gehört.

Im Ergebnis reduziert sich damit der regelgebundene Aufwuchs der Finanzausgleichsmasse um die Höhe der Befrachtung. Im Gesetzentwurf selbst ist dabei von erforderlichen Investitionen beim Brand- und Katastrophenschutz, beim Rettungsdienst und bei der Allgemeinen Hilfe in Höhe von 150 bis 200 Millionen Euro in den kommenden Jahren die Rede.

Meine Damen und Herren, diese zusätzliche Belastung der Kommunen macht uns eine uneingeschränkte Zustimmung zum vorliegenden Gesetzentwurf im Ergebnis trotz der zu Beginn genannten notwendigen und auch begrüßenswerten Regelungen unmöglich. Deshalb wird sich die Fraktion der AfD vorliegend enthalten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Ich erteile nun Frau Becker für die Fraktion der FDP das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst gilt mein Dank den Experten der Anhörung, die uns insgesamt einen sehr guten und fachlich fundierten Überblick über die Situation des Rettungsdienstes in Rheinland-Pfalz gegeben haben. Meine Damen und Herren, die Anzuhörenden bewerteten den Entwurf als überwiegend gelungen.

Der Entwurf schafft insbesondere – das ist hier schon mehrfach angesprochen worden, aber es ist wichtig – in EU-Fragen Rechtsklarheit und steigert die Qualitätssicherheit des Rettungsdienstes in Rheinland-Pfalz.

Einstimmig begrüßten die Anzuhörenden die Möglichkeit, auf den Geländen von Leitstellen in Rettungsbereichen mit Berufsfeuerwehr eigene Gebäude errichten zu können. Daraus resultieren sehr gute Synergieeffekte zwischen Rettungsdiensten und Feuerwehren.

Ein weiterer wichtiger Punkt des Gesetzes ist die Neuaufstellung des Berufsbilds des Notfallsanitäters und die Ausweitung der notfallmedizinischen Handhabung der präklinischen Versorgung.

Meine Damen und Herren, wir haben sehr häufig und intensiv über diesen Gesetzentwurf gesprochen, und deshalb kann man resümieren, dass mit diesem Gesetz – das hat auch die Expertenanhörung noch einmal bestätigt – der Rettungsdienst in Rheinland-Pfalz zukunftsfest aufgestellt wird und eine optimale medizinische Versorgung gewährleistet ist.

(Beifall des Abg. Marco Weber, FDP)

Vor diesem Hintergrund, meine Damen und Herren, schließen wir Freien Demokraten uns der Beschlussempfehlung des Innenausschusses an und stimmen dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall der FDP, bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Michael Hüttner, SPD: Guter Ausschuss!)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Blatzheim-Roegler.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Als Sprecherin meiner Fraktion für die Bereiche Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst habe ich an den Beratungen und der Anhörung im Innenausschuss teilgenommen und kann das, was Frau Becker vorhin ausgeführt hat, nur bestätigen. Auch in Gesprächen, in einzelnen Gesprächen, die man mit den Verbänden und den Interessenvertreterinnen und -vertretern führt, wurde von diesen bestätigt, dass es sich bei dem vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung um ein gutes und sinnvolles, auch um ein zeitlich jetzt notwendiges anstehendes Gesetz handelt.

Der Rettungsdienst dient dem gesundheitlichen Bevölkerungsschutz und ist eine öffentliche Aufgabe. Die Träger des Rettungsdienstes in Rheinland-Pfalz sind öffentlichrechtliche, aber auch nicht staatliche Organisationen. Tragende Säulen des Rettungsdienstes sind die Sanitäts- und Hilfsorganisationen mit ihren haupt- und ehrenamtlichen Kräften. Denen wurde schon gedankt, aber ich will es noch einmal betonen; denn letztendlich steht bei allen gesetzlichen Rahmenbedingungen, die wir schaffen, und bei allen technischen Voraussetzungen, die wir ermöglichen, immer noch der Mensch, der Notfallsanitäter, die Notfallsanitäterin oder entsprechend ausgebildete Menschen, wie zum Beispiel die First Responder, an der Stelle, wenn es darum geht, tatsächlich tagtäglich Menschenleben zu retten.

Wir wollen als Land an der Übertragung von Rettungsdienstleistungen als Konzessionsmodell festhalten. Das Rettungsdienstgesetz wird vor dem Hintergrund der neuen EU-Regeln im Vergaberecht und den uns damit eröffneten Spielräumen geändert.

Wir haben auch gesehen, dass die Änderung des Rettungsdienstgesetzes notwendig ist, weil mit dem novellierten Notfallsanitätergesetz ein neuer Tatbestand eingegangen ist, der im Rettungsdienstgesetz berücksichtigt wird.

Im Anhörverfahren haben wir alle relevanten Partnerinnen und Partner gehört. Der Eindruck, der in der Anhörung herauskam, war, der Gesetzentwurf wird ganz überwiegend begrüßt, auch die neue Regelung mit der Aufnahme der First Responder.

Es gab noch eine Diskussion – das möchte ich durchaus an dieser Stelle sagen –, ob die Verlegung innerhalb

eines Klinikverbundes unter das Rettungsdienstgesetz fallen soll oder nicht. In der Gesetzesbegründung heißt es, dass die Krankenhausverbünde durch die Regelung privilegiert würden, weil ihnen ein Wahlrecht zwischen eigener Patientenbeförderung und Beförderung durch den öffentlich-rechtlichen Rettungsdienst zustehe. Dieser Analyse schließen wir uns an.

Ein weiterer Aspekt, den ich hier noch einmal aufgreifen möchte, weil er in der Anhörung einen breiten Raum eingenommen hat, ist der Umgang mit einer möglicherweise landesweiten einheitlichen Notarztpauschale. Dazu möchte ich anmerken, dass in der Gesetzesbegründung darauf hingewiesen wird, dass wegen des in Rheinland-Pfalz geltenden Konzessionsmodells die Einführung einer Clearingstelle nicht möglich sei, aber – dafür vielen Dank – als Kompromiss hat man die Möglichkeit für die Bildung von Abrechnungsverbünden auf freiwilliger Basis geschaffen. Wir haben die Hoffnung, dass sich das bewährt.

Zum Landesfinanzausgleichsgesetz, das mit dem Gesetzentwurf zusammenhängt, nur so viel: Die Änderungen in den §§ 18 und 19 des Landesfinanzausgleichsgesetzes verursachen nach unserer Erkenntnis keine unmittelbaren zusätzlichen Kosten für das Land oder die Kommunen. Sie ermöglichen lediglich, künftig Zweckzuweisungen aus dem Landesfinanzausgleichsgesetz auch als Finanzierungsinstrument im Brand- und Katastrophenschutz sowie im Bereich Rettungsdienst nutzen zu können.

(Glocke des Präsidenten)

Insgesamt wird unsere Fraktion diesem Gesetzentwurf selbstverständlich zustimmen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und bei der SPD)

Für die Landesregierung spricht nun Staatsminister Lewentz zum Gesetzentwurf.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist ein guter Tag für die Menschen in Rheinland-Pfalz. Wir werden heute zwei wichtige Gesetze der Inneren Sicherheit und des Bevölkerungsschutzes auf den Weg bringen. Das sind gute Entscheidungen, die getroffen werden.

Ich möchte meinen Vorrednerinnen der Koalitionsfraktionen, Frau Scharfenberger, Frau Becker und Frau Blatzheim-Roegler, herzlich danken. Ich hätte mich an der Stelle auch gern bei Herrn Dr. Enders bedankt, mit dem wir sehr konstruktiv über die Dinge gesprochen haben – er ist ja auch ein Experte. Ich glaube, wir wären mit ihm einig geworden. Das wollten Sie nicht, aber in 14 Monaten gibt es ein Ereignis, da gestehe ich Ihnen das zu, das ist in Ordnung.

Inhaltlich ist es falsch, meine sehr geehrten Damen und Herren, alles dem Wahlkampf zu opfern. Gerade das Ret

tungsdienstgesetz im Wahlkampf durch Ablehnung zu opfern, ist eine falsche Entscheidung.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Ich will die zwei Gründe aufgreifen, die Sie genannt haben. Erstens, die Hilfeleistungsfrist. Frau Scharfenberger hat darauf hingewiesen, durchschnittlich liegt sie bei uns bei 7 Minuten.

Zweites: Sie kennen die Formulierung in § 8 Abs. 2. „Die Vorhaltezeiten und die Anzahl der für eine Rettungswache erforderlichen Krankenkraftwagen (...) werden im Benehmen mit den Sanitätsorganisationen oder den sonstigen Einrichtungen und im Einvernehmen mit den Verbänden der Kostenträger von der zuständigen Behörde (...)“. Zuständige Behörde, das sind die Landräte in unserem Land. Wir haben nicht einen Brief bekommen. Das ist bei Herrn Schartz, der für den Landkreistag spricht, schon etwas ganz Außergewöhnliches, an einem Tag einmal keinen Brief von ihm zu bekommen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Wir haben in der Sache weder von ihm, vom Landkreistag, noch von einem der Experten, nämlich der zuständigen Landräte, auch der Ihrer Partei, einen Hinweis bekommen, dass das falsch ist, was wir hier mit Experten besprochen haben. Von dem her denke ich mir, die, die Bescheid wissen – das sind nicht Sie –, haben hier richtig gehandelt, indem sie uns unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wollen nicht auf das neue Gesetz von Herrn Spahn eingehen. Das ist in 5 Minuten nicht machbar. Daran müssen wir gemeinsam arbeiten in der gemeinsamen Verantwortung in Berlin.

Mit dem neuen Rettungsdienstgesetz – davon bin ich überzeugt – schaffen wir einen Rechtsrahmen, der auch in Zukunft eine optimale Patientenversorgung – darum geht es uns – ermöglicht. Das haben uns alle Experten im Rahmen der Anhörung im Innenausschuss, in der Diskussion im Gesundheitsausschuss, aber auch – der Herr Präsident hat Herrn Gonzalez genannt – in den vielen, vielen Vorgesprächen so bestätigt. Dieses Gesetz ist nicht sozusagen aus dem freien Raum heraus geschaffen worden, sondern in intensiven Vorberatungen. Ich möchte Herrn Gonzalez als Person danken.

Mit der Bereichsausnahme – das darf ich für mich in Anspruch nehmen, weil ich die auf der europäischen Ebene und auf der Bundesebene mit den Verbänden durchgekämpft habe – haben wir ein Dankeschön an Organisationen durchsetzen können, die fantastische Menschen im Haupt- aber auch im Ehrenamt haben. Diese Kombination ist für Deutschland ein Gütesiegel. Daran haben wir gearbeitet, und das haben wir hinbekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den wichtigsten Eckpunkten des Gesetzentwurfs gehören die Einführung des neuen Berufsbildes Notfallsanitäter im Rettungsdienst, Stärkung der Notarztstandorte

durch Neugestaltung der Notarztfinanzierung und Einführung einer solidarischen Finanzierung von Rettungswagen – darauf komme ich gleich noch zu sprechen –, bei der alle Landkreise und kreisfreien Städte innerhalb eines Rettungsdienstbereichs einbezogen werden. Kreis- oder Stadtgrenzen spielen künftig bei der Planung keine Rolle mehr.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben viele Dinge in dem Gesetz, die schon genannt wurden. Das Verbundsystem von Rettungsdienst und Katastrophenschutz wird im Gesetz gestärkt und vergaberechtssicher gestaltet. Das ist ganz, ganz wichtig. Ich habe die Bundes-, ich habe die europäische Ebene genannt.

Die große Bedeutung der Sanitätsorganisationen für den Rettungsdienst und den Bevölkerungsschutz will ich ausdrücklich noch einmal unterstreichen. Qualitätssicherung, die gemeinsame Geschäftsstelle will ich ansprechen. Die Einheitlichkeit, flächendeckend gleich hohe Standards im Rettungsdienst in allen Teilbereichen unseres Landes vorzugeben, ist richtig. Das Stichwort „Bereichsübergreifende Versorgungsplanung“ will ich auch noch einmal aufführen.

Etwas intensiver – das habe ich im Innenausschuss schon getan – will ich mich dem Thema „Finanzierung von bedeutenden kommunalen Vorhaben“, also der Änderung des Landesfinanzausgleichsgesetzes widmen. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Feuerwehrdiskussionen können wir an einer anderen Stelle führen, zum Beispiel dann, wenn ich Ihnen das neue Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetz vorlege.

Ich will gerne einmal auf die Vergleiche eingehen, wie andere Bundesländer das machten von wegen 50 Millionen Euro Stau. Wir können natürlich unsere Kommunen mit Verwaltungsarbeit überziehen. Wir machen das in Rheinland-Pfalz aber nicht, und das ist gut. Darauf kommen wir noch einmal zurück.