Insofern lassen Sie uns zur sachlichen Politik zurückkehren. Im aktuellen Heft des Verbands Bildung und Erziehung heißt es übrigens im Leitartikel: Entschieden handeln statt bloß zu jammern. –
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Dank beginnen, und zwar an die Lehrerinnen und Lehrer der Bertha-von-Suttner-Schule: ein erster Dank dafür, dass sie über Jahre unter schlechten Bedingungen Hervorragendes leisten
Das ist auch das, was uns Kollege Wäschenbach aus seinen vielen persönlichen Gesprächen berichtet hat.
Ein weiterer Dank für die offenen Worte, die einzig und allein als das zu verstehen sind, was sie sind: ein Hilfeschrei.
Zu Recht sagen die Lehrerinnen und Lehrer, wir sind nicht mehr bereit, Fehler in der Bildungspolitik auszubaden und dabei gezwungenermaßen an unsere gesundheitlichen Grenzen zu gehen. – Die Ausführungen sind in jeder Hinsicht erschütternd: aus dem Blickwinkel der Eltern und aus dem Blickwinkel der Lehrer wie der Kinder. Dieser Brief ist ein erschütterndes Dokument staatlich vereitelter Bildungschancen für unsere Kinder und eines Dienstherrengebarens, das seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausbrennt.
Der Brief führt viele Problemfelder auf. Einerseits natürlich aus der Gesellschaft, die sich verändert, aber es werden auch ganz klar die Defizite und die Ergebnisse der SPDgeführten Bildungspolitik genannt. Es zeigt sich hier deutlich, dass Worte – genau wie eben von Frau Brück – und Taten auseinanderklaffen.
So wird ausgeführt, ein Großteil der Schüler hat große Schwierigkeiten im Bereich des Textverständnisses und beherrscht die Grundrechenarten besonders im Dezimalbereich teilweise nur rudimentär. Meine Damen und Herren, wir sprechen hier von Klassenstufe 7.
Besonders gravierend ist all das, was unter der Überschrift „Inklusion“ passiert. In einer 16-köpfigen Klasse mit 16 verhaltensauffälligen Schülerinnen und Schülern gibt es keinen Förderlehrer aus personellen Gründen.
Die Realität zur Inklusion zeigt folgende Zahlen: Im Jahr 1999 gab es vier Förderschullehrer auf zwölf Förderkinder. Im Jahr 2019: einen Förderschulelehrer auf 26 Förderkinder. Da liegt es doch auf der Hand, dass Inklusion nicht gelingen kann.
Meine Damen und Herren, in den 90er-Jahren gab es in Rheinland-Pfalz einen Schulversuch zur Inklusion unter Führung von Herrn Professor Krawitz. In der Rhein-Zeitung war ein großes Interview mit ihm, und ich habe mich mit ihm in Verbindung gesetzt.
Die damaligen Versuchsbedingungen lauteten: Klassenmesszahl 20 Kinder, drei behinderte Kinder, davon höchstens eines geistig behindert, und eine durchgängig doppelte Lehrerbesetzung.
Wahrscheinlich nicht, weil man nicht bereit war, die damit verbundenen Mehrkosten an Personal zu tragen.
Stattdessen entstanden Schwerpunktschulen, die nicht im Ansatz die Bedingungen hatten, wie sie im Schulversuch gegeben waren. Es gab politisch ein Versprechen an Lehrer wie Eltern, das nicht im Ansatz eingehalten werden konnte.
Sie haben die Schulen alleingelassen, und Sie haben damit billigend die Bildungsdefizite für diese Kinder in Kauf genommen!
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Schule in Betzdorf ist nur die Spitze des Eisbergs. Im Bildungsausschuss im Dezember war von 20 Briefen seit 2018 die Rede, und zwar nicht nur an Realschulen plus. Ich frage mich: Wie vielen Schulen, die sich bisher eine Überlastungsanzeige verkniffen haben, geht es ebenso?
Frau Hubig, wollen Sie immer nur dann tätig werden, wenn eine solche Anzeige auf den Tisch geht? Ist es Ihr Konzept, dann in die Schulen zu gehen und Personal im Gepäck mitzubringen?
Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Es ist nicht so, als hätten Sie keine Verbesserungsvorschläge bekommen.
In fast jeder Plenarsitzung reden wir darüber. Wir haben Anträge, die in Haushaltsdebatten zahlenmäßig unterfüttert dargelegt werden.
Es passiert nichts, und es ist kein Wunder, hier gärt etwas, und der Deckel ist nicht mehr auf diesem Fass zu halten. Deswegen sage ich ganz klar: Was in Rheinland-Pfalz passiert, ist kein Ergebnis einer kurzfristigen Entwicklung, es ist das Ergebnis einer jahrelangen Fehlentwicklung, das Sie, Frau Hubig, Ihre Vorgängerinnen und auch die Ministerpräsidentin wider besseren Wissens in Kauf genommen haben.
Ein letztes Zitat genau zu diesem Punkt: Was wir jedoch immer deutlicher sehen – sagen die Lehrer –, ist, dass ein großer Prozentsatz der Bevölkerung abgehängt wird, dass vor uns zukünftige Fürsorgeempfänger sitzen und unser Einsatz nicht ausreicht,