Protokoll der Sitzung vom 29.01.2020

diese Schicksale abzuwenden.

(Beifall der CDU und der AfD – Zuruf von der SPD: Ei, ei, ei!)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Thomas Roth.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Realschule plus hat sich bei uns in Rheinland-Pfalz als Schulform bewährt. Sie ist eine wichtige Säule unseres Bildungssystems. Die Lehrerinnen und Lehrer in Rheinland-Pfalz leisten viel, um unseren Kindern beste Entwicklungschancen zu bieten. Für diesen Einsatz sind wir ihnen sehr dankbar. Sehr geehrte Frau Brück, vielen Dank, dass Sie darauf vorhin noch einmal hingewiesen haben.

(Beifall bei FDP und SPD)

Eine Überlastungsanzeige beim Bildungsministerium ist ein Instrument für einen Ruf nach mehr Unterstützung. Das Schreiben der Bertha-von-Suttner-Realschule plus in Betzdorf schlägt nun einige Wellen. Die Schule selbst beschreibt sich als Brennpunktschule, die mit unterschiedlichsten Problemen zu kämpfen hat.

Für die heutige Debatte ziehen die Antragsteller aus einem einzelnen Vorgang einen ganz generellen Schluss. Das kennen wir schon. Herr Paul, Sie sind vorhin mit zwei Sätzen auf die Schule selbst eingegangen und haben ansonsten die gesamte Sache nur pauschaliert.

(Abg. Joachim Paul, AfD: Wir haben konkrete Fragen zur Schulsituation gestellt!)

Aber ich sage Ihnen, eine Landesregierung, die sich so stark und vehement für gute und chancengerechte Bildung einsetzt wie in Rheinland-Pfalz, können Sie aus der AfDFraktion mit Ihrem Pauschalurteil nicht wirklich treffen.

(Beifall der FDP und der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn Probleme auftreten, wie offensichtlich jetzt in Betzdorf, dann ist das ein Anlass, hinzuschauen und zu unterstützen, und nicht ein völlig überzogenes Pauschalurteil zu fällen.

(Beifall bei FDP und SPD und des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nur ein Beispiel dafür nennen, dass sich nicht alles eins zu eins vergleichen lässt. Dieses Beispiel ist die Realschule plus in Cochem. Sie ist ebenso wie die Schule in Betzdorf eine Schwerpunktschule. 600 Schüler werden von 45 Lehrern betreut.

Der Leiter der Realschule plus in Cochem berichtet von ganz anderen Erfahrungen. Als 2015/2016 immer mehr Migrationskinder an die Schule kamen, erarbeitete die Schule ein sehr effektives System, um diesen Kindern Deutsch als Fremdsprache beizubringen.

Der Schulleiter spricht von einer gelungenen Integration. Auch beim Thema „Inklusion“ ist die Schule sehr gut aufgestellt.

(Abg. Dr. Tanja Machalet, SPD: Wo ist Cochem noch einmal, Frau Beilstein?)

Schwerpunktschule ist nicht gleich Brennpunktschule.

(Beifall bei FDP und SPD)

Dies bestätigt auch die Leiterin der Disibod-Realschule plus Bad Sobernheim. 36 Förderschülerinnen und Förderschüler werden an dieser Schule von fünf speziell dafür ausgebildeten Pädagogen unterstützt. Die Pädagogen arbeiten mit Realschullehrern zusammen. Die Teamarbeit funktioniert gut, berichtet die Schulleiterin.

Aber zurück zur Realschule plus in Betzdorf. Offensichtlich braucht sie externe Hilfe, und diese bekommt sie. Das Bildungsministerium handelt schnell und lösungsorientiert.

(Abg. Michael Wäschenbach, CDU: Seit wann?)

Bildungsministerin Dr. Hubig hat die Bertha-von-SuttnerSchule bereits besucht und sich vor Ort informiert. Sie hat zusammen mit dem zuständigen Referenten des Bildungsministeriums, der Schulaufsicht ADD sowie der Schulleitung und dem Kollegium der Realschule plus gesprochen, um eine rasche Lösung der Probleme zu bewirken.

Als erstes Ergebnis dieser Gespräche hat die Bildungsministerin zusätzliche Sprachförderkräfte zugesagt. Der Schulleiter schaut jetzt mit Optimismus nach vorne und erklärt sich bereit, gemeinsam mit dem Bildungsministerium, dem Landrat und allen Schulkräften weiter an der Verbesserung der Gesamtsituation zu arbeiten.

Die Bertha-von-Suttner-Realschule plus wird dabei kontinuierlich begleitet und bei der Erarbeitung von Lösungsmöglichkeiten unterstützt. Ein Maßnahmenkatalog ist in Arbeit, der kurz-, mittel- und langfristig wirkt. Damit werden bereits zum kommenden Schuljahr deutliche Verbesserungen eintreten.

Die Bertha-von-Suttner-Realschule plus ist eine gute Schule. Die Lehrkräfte und das Schulleitungsteam sind sehr engagiert. Mit einem neuen Konzept wird es auch dieser Schule gelingen, die Schülerinnen und Schüler gut auf das Leben und Arbeiten vorzubereiten.

Wie an jeder anderen Schule in Rheinland-Pfalz geschieht dies unter der Prämisse von Chancenvielfalt und individu

eller Förderung. Unterlassen Sie deshalb bitte pauschale Urteile. Sie können davon ausgehen, dass die Schule in Betzdorf durch das Bildungsministerium lösungsorientiert unterstützt wird.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Das ist ein Ansatz, den wir als FDP-Fraktion gerne mittragen. Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Daniel Köbler.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es ist richtig, Bildung ist der Schlüssel zur Gesellschaft. Aber genauso ist auch richtig, dass sich in der Realität an unseren Schulen auch die Realität unserer Gesellschaft widerspiegelt. Das gilt auch für die sozialen und gesellschaftlichen Herausforderungen, die wir haben. Ich glaube, man sollte ganz genau hinschauen, wie die Entwicklungen und die Realitäten sind.

Es ist vorhin angeklungen, es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Lehrkräfte insbesondere an unseren Schulen, die jeden Tag damit konfrontiert sind und jeden Tag beste Arbeit leisten.

Wir haben allein in Deutschland, um nur einmal eine Zahl zu nennen, bei den Erwachsenen über 6 Millionen Menschen, die Probleme mit Analphabetismus haben. Entgegen landläufiger Meinung sind über die Hälfte davon Menschen ohne Migrationshintergrund. Natürlich spiegeln sich solche Problemlagen auch in unseren Schulen wider.

Wir haben zum Teil Familienstrukturen, in denen der soziale Status vererbt wird, wo zu Hause nicht die Unterstützung im Bildungsbereich kommen kann und bei denen die Schulen in unserem Land unheimlich viel auffangen.

Es ist auch kein rheinland-pfälzisches Phänomen. Das Phänomen haben wir in ganz Deutschland, das haben wir teilweise in Europa, in anderen Ländern teilweise noch stärker. Hinzu kommen natürlich Menschen, auch junge Menschen, die erst in den letzten Jahren zu uns gewandert sind, die in ihren ersten Lebensjahren kein Deutsch gesprochen haben, weil sie eine andere Muttersprache haben, und jetzt mit viel Engagement und Herzblut in unsere Gesellschaft integriert werden.

Meine Damen und Herren, wenn dann Problemanzeigen von der Schule kommen, geht es nicht darum, diese Probleme zu negieren, sondern die Frage ist, wie man damit umgeht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Es ist bereits gesagt worden, im Fall von Betzdorf haben uns schon Anfang Dezember die entsprechenden Schreiben erreicht, und auch wir haben das Ministerium gebeten zu schauen, was los ist, was man tun und ob man helfen und unterstützen kann.

(Abg. Michael Wäschenbach, CDU: War einer da?)

Ich finde, das ist der richtige Umgang damit, wenn es einem verantwortungsvoll um die Zukunft der Kinder und Jugendlichen und um die Situation der Lehrkräfte vor Ort geht. Es geht darum, im konkreten Fall zu schauen, was man tun, wo man helfen und Abhilfe schaffen kann. Dann ist es unverantwortlich zu behaupten, wider besseren Wissens,

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

man habe die Informationen nicht bekommen, um hier parteipolitische Suppe zu kochen. Das hilft der Bildungspolitik in unserem Land nicht, und das hilft am allerwenigsten den Schülerinnen und Schülern und den Lehrkräften in Betzdorf, meine Damen und Herren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir alle wissen doch, dass wir in ganz Deutschland ein Bildungssystem haben, in dem der Bildungserfolg noch viel zu sehr von der sozialen Herkunft abhängt.

(Zuruf des Abg. Alexander Licht, CDU)

Wir sind da in Rheinland-Pfalz besser als andere Bundesländer, aber auch wir müssen immer weiter investieren, damit das weniger wird.

Das führt natürlich dazu, dass gewisse soziale Problemlagen an gewissen Schulen kumulieren. Wenn innerhalb dann noch nach mit Förderbedarf und ohne Förderbedarf getrennt wird, ist das eine ganz spezielle Herausforderung, auf die man trifft.

Da muss von allen Beteiligten, von Landesseite, von der Schulaufsicht, vom Schulträger und von der Schulleitung und dem Kollegium geschaut werden, wie man nach vorne kommen kann. Genau das ist in diesem Fall unmittelbar passiert.

Meine Damen und Herren, ich glaube, natürlich brauchen wir mehr Förderlehrkräfte in unserem Land. Das ist gar keine Frage. Deswegen ist es gut, dass entsprechende Kapazitäten ausgeweitet worden sind, wie jetzt in Wallertheim.

Ich finde es auch richtig, darüber zu diskutieren, ob wir in Zukunft am Standort der Uni Koblenz vielleicht zusätzlich Förderlehrkräfte ausbilden können.