Protokoll der Sitzung vom 14.11.2003

(Lachen und Beifall bei CDU und FDP)

und dabei auch die Geschichte vom schwarzen Hasen und vom rot-grünen Igel zutreffend aktualisiert hat, könnte ich mich in einer vergleichenden Analyse der Verwaltungsstrukturbemühungen von Regierung und Opposition in Schleswig-Holstein eigentlich auf wenige Zeilen beschränken: Während Schwarz noch schwadroniert, hat Rot-Grün längst durchgeführt. CDU nimmt sich was vor, Heide seggt: Ick bün all dor!

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das würde genügen. Gestatten Sie mir trotzdem einige ergänzende Bemerkungen aus der Sicht der SPDLandtagsfraktion: Erstens zum Bericht der Landesregierung: Wir unterstützen die heute von Minister Stegner dargelegten Vorstellungen für weitere Schritte hin zu einer umfassenden Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein. Vielen Dank für den Bericht. Wir begrüßen, dass mit dem Ziel einer durchweg schlankeren, lediglich zweistufigen Landesverwaltung - insbesondere für die Finanz-, Natur-, Umwelt- und Landwirtschaftsverwaltung - konkrete Straffungs- und Reduzierungsvorschläge vorgelegt worden sind. Wir gehen davon aus, dass zum Beispiel für die Polizei-, Justiz- und Straßenbauver

(Klaus-Peter Puls)

waltung zeitnah weitere konkrete Entscheidungen folgen.

Der Minister hat darauf hingewiesen: Eine Verwaltungsstrukturreform ist ein Dauerprozess. Es kann nicht alles auf einmal erledigt werden. Alles, was durch die öffentliche Verwaltung zu erledigen ist, muss fortlaufend auf Zweckmäßigkeit, Zielgenauigkeit und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten hin untersucht werden. Wir unterstützen die Landesregierung auch in ihrem Bemühen, in Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden auf der Basis einer Zielvereinbarung alle Landesaufgaben hinsichtlich ihrer Übertragbarkeit in die kommunale Zuständigkeit zu überprüfen. Der Entwurf einer solchen Zielvereinbarung ist der Landesregierung von den kommunalen Landesverbänden bereits vor längerer Zeit zugegangen. Wir erwarten, dass der Entwurf möglichst zügig verhandelt und unterschriftsreif gemacht wird. Die Landesregierung hat das zugesagt.

Wir freuen uns, dass die Landesregierung die Kommunalisierung und die Neuorganisation der auf Landesebene verbleibenden Aufgaben durchgehend nach den mit uns gemeinsam entwickelten Maßstäben der Bürgernähe, Leistungsfähigkeit oder Professionalität und Wirtschaftlichkeit der öffentlichen Verwaltung betreibt. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass die CDU-Landtagsfraktion zwischenzeitlich diese Maßstäbe in ihre eigenen Überlegungen zur Verwaltunsmodernisierung inhaltlich voll übernommen hat.

Herr Kollege Schlie, damit bin ich zweitens bei dem heute von Ihnen vorgelegten CDU-Antrag. Ihre Vorschläge kommen als Landtagswahlprogramm ein bisschen zu früh, obwohl sie offenbar so formuliert und motiviert sind. Als Auftrag an die Landesregierung kommen sie - wie gesagt - zu spät. Minister Stegner hat heute mit seinem Bericht zum wiederholten Mal belegt, dass die Landesregierung nicht erst seit gestern damit beschäftigt ist, nach Maßgabe einer bürgerorientierten, effizienten und kostengünstigeren Aufgabenerledigung die Verwaltungsstrukturen in Schleswig-Holstein zu untersuchen und erforderlichenfalls umzugestalten. Das, was die CDU hier und heute noch einmal in einem profilneurotischen Alleingang vorlegt beziehungsweise nachlegt, ist nichts anderes als ein Wiederkäuen sattsam bekannter Maßstäbe, Grundsätze und Zielvorstellungen, die längst in die Arbeit der Landesregierung eingeflossen sind. Sie sind alle wenig konkret und auch zeitlich viel längerfristiger kalkuliert, als es sich die Regierung selbst auferlegt hat.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bedauerlich ist, dass die CDU damit die gemeinsame interfraktionelle Linie verlässt, die aus unserer Sicht wünschenswert wäre, um in absehbarer Zeit zu weiteren Ergebnissen zu kommen, auf die wir uns formell in der vergangenen Sitzung des Landtags auch eigentlich verständigt hatten, Herr Kollege Schlie. Die Landesregierung ist bereits durch einstimmigen Beschluss aller Fraktionen dieses Hauses beauftragt worden, noch in diesem Jahr weitere konkrete Vorstellungen über die Fortentwicklung der Verwaltungsstrukturreform in Schleswig-Holstein mit einem schriftlichen Bericht an den Landtag darzulegen. Minister Stegner hat angekündigt, dass dies in der Dezembersitzung geschehen wird.

Herr Kollege Schlie, wir haben bereits alle gemeinsam die Landesregierung beauftragt, in dem für Dezember angekündigten Bericht weitere konkrete Aussagen zu machen, zum Beispiel über die Möglichkeit der Übertragung von Landesaufgaben auf Kreise, Städte und Gemeinden, über Maßnahmen zur Reduzierung und grundsätzlichen zeitlichen Befristung von Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften, über die Beseitigung behördlicher Doppel- und Mehrfachzuständigkeiten und über die Schaffung weiterer gemeinsamer Einrichtungen der norddeutschen Bundesländer zwecks Optimierung der Aufgabenerfüllung und Reduzierung des Verwaltungsaufwands und der Verfahrenskosten. Das, was in Sachen norddeutsche Kooperation bisher von der Landesregierung geleistet wurde, wird nicht einmal in Ihrem Antrag bestritten. Sie bezeichnen die bisherige norddeutsche Kooperation in Ihrem Antrag ausdrücklich als erfolgreich. Dem schließen wir uns natürlich an.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

Insgesamt haben wir die Landesregierung beauftragt, im Dezember zu Fragen Stellung zu nehmen, für deren Erarbeitung und Formulierung Sie als CDUFraktion jetzt offenbar das Alleinvertretungsrecht reklamieren wollen. Wir hätten es besser gefunden, wenn es dabei geblieben wäre, dass wir über alle Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg unstreitige Reformziele gemeinsam formulieren und notwendige Verbesserungsmaßnahmen geschlossen nach innen und außen - auch gegenüber der Landesregierung - vertreten.

Fazit ist: Die Fortsetzung der Verwaltungsstrukturreform ist bei Rot-Grün in guten Händen. Der CDUAntrag ist so überflüssig wie ein Kropf. Die CDU will, was die Landesregierung längst tut: siehe oben! Den Bericht der Landesregierung nehmen wir zur Kenntnis. Den Antrag der CDU-Fraktion bitten wir,

(Klaus-Peter Puls)

weil es parlamentarischer Gepflogenheit entspricht, trotz seiner Überflüssigkeit an den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 11. November gilt von jeher als das Datum für den Beginn der karnevalistischen Saison. Nun liegen die Narrenhochburgen der Nation eher am Rhein und in Schleswig-Holstein eher in Marne als in Kiel. Seit dem 11. November dieses Jahres gelten hier aber andere Maßstäbe. Seit Dienstag müssen Jecken anderswo erst einmal das überbieten, was die Landesregierung geboten hat.

Das, was nämlich die Landesregierung zur Verwaltungsstrukturreform vorgelegt hat, nachdem sie es als großen Wurf angekündigt hat, ist nichts mehr als eine karnevalistische Lachnummer. Die aber hat es in sich. Insbesondere dem Umweltminister ist es gelungen, der Ministerpräsidentin in seinem Ressort die Pappnase aufzusetzen.

(Beifall bei der FDP)

Es ist genau das passiert, was der Landkreistag in seinem Schriftverkehr mit der Chefin der Staatskanzlei befürchtet hat. Müller blockiert, wo er nur kann. Er rückt nichts heraus. Dabei hätte man nach der Lektüre der ersten Spiegelstriche der Presseerklärung der Ministerpräsidentin geradezu in Verzückung geraten können. Steht dort doch schwarz auf weiß, dass die Landesregierung die Staatlichen Umweltämter auflösen will. Damit wäre eine jahrelange Forderung der FDP erfüllt worden, und ich erinnere mich noch genau, wie SPD, Grüne und SSW seinerzeit über meine Kollegin Happach-Kasan hergefallen sind, als sie diese Forderung von dieser Stelle aus erhob.

Nach näherem Studium der Presseerklärung muss allerdings auch der der Landesregierung geneigteste Leser feststellen, dass nicht die Staatlichen Umweltämter aufgelöst werden, sondern die Ämter für ländliche Räume, die in die Umweltämter integriert werden. Das alles bekommt dann noch ein neues Türschild, und fertig ist die Reform.

Die Standorte des neuen Landesamtes für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft (LUNL) sollen in Schleswig, Kiel und Itzehoe sein. Das sind zufälligerweise genau die Standorte der bisherigen Staatli

chen Umweltämter. Ich glaube nicht an Zufälle. Was der Umweltminister hier macht, ist die Zementierung der Umweltämter mit mehr Aufgaben als zuvor.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Landesamt für Natur- und Umweltschutz in Flintbek erhält auch einen neuen Namen. Es heißt demnächst Institut für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft, kurz IUNL. Die Aufgaben sollen auf die wissenschaftliche Grundlagenarbeit konzentriert werden. Falsch. Erst vor zwei Tagen hat der Umweltminister hier in der Debatte zum Landesnaturschutzgesetz erklärt, dass das LANU oder IUNL weiter die Vorkaufsrechte an Grundstücken überprüfen soll. Das ist erstens keine wissenschaftliche, sondern eine reine Vollzugsaufgabe und zweitens, wie wir festgestellt haben, bürokratischer Unsinn, wie er nur aus dem Hause Müller kommen kann.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wie sieht es mit der Übertragung von Aufgaben auf die kommunale Ebene aus? - Dazu schreibt die Landesregierung:

„Mit den Kommunen werden weitere Verhandlungen über die Übertragung von Aufgaben ohne Tabubereiche weitergeführt.“

Es ist also noch nichts passiert. Sollen Aufgaben im Umweltbereich gestrichen oder outgesourct werden? In welchem Bereich wird durch die neue Organisationsform auch eine höhere Effizienz organisatorischer Abläufe erreicht? Aussage dazu: Null. So funktioniert eine Verwaltungsreform nicht. Die funktioniert so:

Erstens. Wir müssen unsinnige Gesetze und Verordnungen abschaffen:

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Landesbeschaffungsordnung gehört entschlackt. Der dort vorgeschriebene Nachweis eines Frauenförderplanes für die Auftragsvergabe an Unternehmen muss weg.

Das Landesnaturschutzgesetz muss von diesem unsäglichen Vorkaufsrechtscheck des LANU befreit werden. Es gibt noch weitere Dinge, über die wir debattiert haben, bei denen wir völlig bedenkenlos und nahtlos sagen können, wo sie Aufgaben streichen und damit Verwaltungsressourcen freisetzen können.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Landesplanungsrecht muss dringend überarbeitet und entschlackt werden. Ich habe den Wirtschaftsminister noch im Ohr, der sagte, dass wir Probleme mit dem Landesplanungsrecht in Schleswig-Holstein haben. Deshalb dauert es bei uns viel zu lange. Wir

(Wolfgang Kubicki)

müssen viel schneller arbeiten. Beispielsweise die Planung von Straßen und Verkehrswegen in Schleswig-Holstein - -

(Dr. Henning Höppner [SPD]: Kommunale Ebene!)

- Es geht auch um die Landesebene, Herr Kollege Höppner. Dass Sie das nicht begreifen wollen, leuchtet mir ein. Sie müssten nämlich sonst erklären, dass die Gesetze und Verordnungen, die Sie in der Vergangenheit geschaffen haben, Unsinn sind.

(Beifall bei FDP und CDU)

Wir leisten uns Spielwiesen wie das Umweltranking der Kreise und kreisfreien Städte. Keiner will dieses grüne Gesellschaftsspiel. Die Mehrzahl der Kreise hat erst vor kurzem erklärt, dass sie keinen Wert auf Müllers Bewertungsskala und Preisverleihung legt.

(Beifall bei FDP und CDU)

Zweitens. Redundanzen müssen abgebaut werden, unter anderem durch Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene. Zur Beurteilung von Eingriffen in die Natur und Landschaft sowie der Festsetzung der Ausgleichsmaßnahmen werden sowohl auf kommunaler Ebene bei den unteren Naturschutzbehörden als auch im LANU und im Ministerium fachliche Kompetenz vorgehalten. Diese Aufgabe hat das LANU nicht mehr wahrzunehmen.

Die Aufgaben, die die bisherigen Staatlichen Umweltämter im Naturschutzbereich- wie Vertragsnaturschutz in der Landwirtschaft oder Umsetzung von NATURA 2000 und FFH-Richtlinie - hätten, müssen auf die kommunale Ebene übertragen werden. Der Kollege Schlie hat gerade erklärt, dass die kommunale Ebene das besser kann als die Leute aus Kiel. Dann wird auch kein Aldi-Markt, liebe Kolleginnen und Kollegen, mehr unter Naturschutz gestellt, weil die Behörden vor Ort wissen, wo der liegt und aktuelles Kartenmaterial benutzen.

Die Aufgaben der Staatlichen Umweltämter wie Grundwasserbewirtschaftung und Grundwasserschutz sind deckungsgleich mit der Aufgabenstellung der Kreise. Also können sie bei den Staatlichen Umweltämtern verschwinden. Gleiches findet man beim technischen Gewässerschutz.

Überschneidende Aufgabenstellungen sind auch im Bereich der Bewirtschaftung und Überwachung oberirdischer Gewässer festzustellen. Wasserrechtliche Genehmigungsverfahren werden sowohl von den Staatlichen Umweltämtern als auch von den Kreisen durchgeführt. Auch die Aufgaben der Kreise zur Gewässeraufsicht finden ihre entsprechende Aufgaben

stellung bei den Staatlichen Umweltämtern. Wir sollten diese den Kreisen und kreisfreien Städten überlassen und hätten dadurch zum Bürokratieabbau wesentlich beigetragen.

(Beifall bei der FDP)