Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Kollege Müller hat Recht. Ich möchte an manche schnelle Sprüche anknüpfen, die zu Beginn dieser Debatte gemacht worden sind. Am Schluss ist entscheidend: Wer von uns allen hat an welchen Stellen konkret dazu beigetragen, dass hier bei uns in SchleswigHolstein genügend Ausbildungsplätze für alle unsere Jugendlichen bereitgestellt werden? Dann, meine Damen und Herren kommt es darauf an, dass alle mitmachen: die Wirtschaft, die Arbeitsämter, die Landesregierung. Ich persönlich habe mir die Hacken abgelaufen. Ich sage das, weil Sie, Herr Garg, vorhin gemeint haben, ich solle einmal in die Unternehmen gehen.
(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ich habe das gar nicht bestritten! Ich habe Sie auf das nächste Jahr hingewiesen!)
Ich wäre froh, wenn ich manche Termine gemeinsam mit Ihnen gemacht hätte, und wir werden solche Termine auch noch machen. Lassen Sie uns gemeinsam Anstrengungen unternehmen, damit wir die Probleme ohne Ausbildungsplatzumlage lösen. Das muss unser Ziel sein. Meine Damen und Herren, das Ziel, allen jungen Menschen genügend Ausbildungsplätze
Ich sage an dieser Stelle und sage auch den Unternehmen, wenn ich sie besuche und wenn es solche sind: Es ist nicht akzeptabel, dass von den Betrieben, die ausbilden könnten, die also die Ausbildungsfähigkeit hätten, so viele jetzt überhaupt nicht ausbilden. Das ist eines unserer eigentlichen Probleme. Gerade deshalb ist es ungerecht, dass es, wie es der Kollege Müller gesagt hat, im Ergebnis viele kleine und mittlere Unternehmen in Schleswig-Holstein sind, die - auch aus den Gründen, die Herr Kubicki genannt hat - über Bedarf ausbilden. Deswegen sind wir gut beraten, dafür zu sorgen, dass man an die - man muss es ehrlicherweise so benennen - schwarzen Schafe herankommt, die häufig, aber eben nicht immer nur große Unternehmen sind. Wir müssen also alles dafür tun, dass die ausbildungsberechtigten Betriebe auch wirklich ausbilden.
Ich ergänze: Es wäre der falsche Weg, jetzt zu fordern, dass die staatlichen Einrichtungen diese Ausbildung übernehmen. Von Wolfgang Baasch ist zu Recht gesagt worden, wir dürften nicht einer Verstaatlichung des Berufsausbildungssystems das Wort reden. Etwas ganz anderes ist es, wenn wir berufsvorbereitende Maßnahmen durchführen. Solche Maßnahmen sind häufig erforderlich, damit Jugendliche überhaupt den Einstieg in eine duale Ausbildung finden können.
Nachdem ich dies vorweggeschickt habe, will ich nun auch die Frage beantworten, warum ich gegen eine Ausbildungsplatzumlage bin und warum ich mich in den letzten Wochen für eine regional differenzierte Lösung engagiert habe. Ich bin der Meinung, dass eine pauschale Ausbildungsplatzumlage unser Problem nicht lösen kann.
Erstens. Die Wirtschaft in Schleswig-Holstein hat zusammen mit den anderen Beteiligten in einer, wie ich meine, beispielhaften Gemeinschaftsaktion gezeigt, was möglich ist: bis Ende Oktober plus 3,7 % Ausbildungsplätze insgesamt. Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und freie Berufe: auch noch ein Plus von 0,7 %. Das heißt: Wir haben also unter schwierigen Bedingungen sogar einen Zuwachs erreicht.
Zweitens. Die Zahlen des Landesarbeitsamtes, auf die wir uns beziehen, dürfen nicht überschätzt werden. Wir wissen, dass ein Teil der von dort als unvermittelte Bewerber Genannten de facto gar nicht für Aus
bildungsplätze zur Verfügung stehen, und zwar aus unterschiedlichen Gründen. Teilweise haben sie bereits einen Platz gefunden, teilweise sind es Doppelmeldungen, teilweise sind die Bewerber für eine bestimmte Stelle nicht qualifiziert, teilweise erhalten sie Kindergeld und so weiter. Das wissen Sie alles. Das heißt, wir dürfen uns nicht alleine an diesen Zahlen orientieren.
Drittens. Vor allen Dingen habe ich Zweifel, und zwar sehr ernste Zweifel - ich habe sie immer wieder geäußert, auch in den letzten Tagen -, dass wir mit einer Ausbildungsplatzumlage überhaupt unser Ziel erreichen. Jene, die nicht ausbilden wollen, werden die Umlage zahlen und sich damit definitiv freikaufen. Jene, die ausbilden, werden aufgrund einer Umlage vermutlich nicht mehr ausbilden, in einigen Fällen zumindest weniger ausbilden,
weil sie das Gefühl haben, es wird mit einer Drohung gearbeitet, die sie in einer schwierigen Situation auch einmal treffen könnte. Das kann ja passieren.
Das heißt, auch ich bin der Auffassung, dass die Ausbildungsplatzumlage in dieser pauschalen Form ein falsches Signal wäre. Allerdings bin ich auch der Meinung, dass die Wirtschaft ihr Versprechen einhalten muss. Das haben Sie vorhin nicht gesagt. Es gibt eine klare Vereinbarung, an die Herr Baasch noch einmal erinnert hat. Die Wirtschaft hat nämlich erklärt, dass sie im Lichte der Diskussion um die Ausbildungsplatzumlage in diesem Jahr eine ausgeglichene Ausbildungsstellenbilanz vorweisen wird. In Schleswig-Holstein haben wir das erreicht, sogar mit einem Überschuss. Deswegen lautet für mich die Konsequenz: Wenn überhaupt eine Ausbildungsplatzumlage, dann muss sie konditioniert werden, und zwar bundesweit. Das ist der erste Punkt. Darüber haben wir gesprochen. Sie darf überhaupt nur in Kraft treten, wenn die Ziele nicht erreicht werden. Das ist ja auch im Eckpunktepapier vorgesehen.
Herr Kubicki, außerdem sage ich auch in Ihre Richtung, weil Sie die Regionalisierung angesprochen und gesagt haben, dies sei unzutreffend: Es kann doch nicht sein, dass eine Region, die sich in einzigartiger Weise anstrengt, dafür bestraft wird, dass dies anderswo nicht geschieht. Es wäre absurd, wenn ein schleswig-holsteinischer mittelständischer Betrieb, der gerade seine Ausbildungsmöglichkeiten nicht erreicht, für ein Unternehmen in Hessen oder Thüringen eine Ausbildungsplatzumlage zahlt. Das kann ich den Unternehmen nicht vermitteln. Sie müssen mir einmal erklären, warum ich das machen sollte. Das ist nicht vertretbar, meine Damen und Herren. Deswegen
sage ich: Wenn das Instrument überhaupt greifen soll, so werde ich mich mit allen - hoffentlich auch zusammen mit der Wirtschaft - dafür einsetzen, dass dieses Instrument gar nicht greifen muss. Ich werde dafür kämpfen, dass wir eine solche Regionalisierung bekommen. Ich bin mir, anders als Sie es gesagt haben, sicher, dass ich damit auch die Interessen der schleswig-holsteinischen mittelständischen Betriebe vertrete. Denn die haben für diese Position das Verständnis, das ich auch von Ihnen erwarte.
Ich bitte Sie deswegen alle, diesen Antrag, der von den die Regierung tragenden Fraktionen eingebracht wurde, der sehr ausgewogen ist und genau diese Position darstellt, zu unterstützen.
Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Roswitha Strauß.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte für die CDU feststellen: Das duale Ausbildungssystem ist nach wie vor ein Exportartikel deutscher Bildungseinrichtungen. Ich plädiere wirklich dafür, dass wir politisch alles unterlassen, was dieses System aus den Angeln heben könnte.
- Das, was Sie, Herr Kollege Baasch, gesagt haben, war dazu angetan, dass dies demnächst erfolgen wird.
Wir müssen etwas tun, hat der Kollege Hentschel gesagt. Herr Kollege Hentschel, ich kann Ihnen insoweit folgen. Aber was wir auf gar keinen Fall brauchen, ist eine Ausbildungsplatzabgabe in dem von meinen Vorrednern genannten Sinne. Wer Ausbildung in Deutschland erhalten will, muss die Betriebe stärken. Das heißt: weniger Belastung, weniger Steuern, weniger Abgaben, weniger Bürokratie. Die Ausbildungsplatzabgabe erreicht genau das Gegenteil.
Gestatten Sie mir auch noch ein Wort zu Ihnen, Herr Minister Rohwer. Ich habe mich sehr gefreut, als ich Ihre erste Pressemitteilung zu diesem Themenkomplex gelesen habe. Ich war begeistert: ordnungspolitisch und wirtschaftspolitisch klar. Als ich dann aller
dings am heutigen 14. November in den „Kieler Nachrichten“ lesen musste: „Mahnbrief an die SPDSpitze“, habe ich zum wiederholten Mal das ungute Gefühl gehabt: ein Mann mit theoretischen Fähigkeiten, aber ohne Rückgrat.
Im Interesse Ihres Landes, unseres Landes, erwarte ich einfach von Ihnen Stehvermögen und nicht, dass Sie zum wiederholten Male Ihre Überzeugung kampflos
Herr Kollege Müller, das, was Sie hier vorgetragen haben, war ja im ersten Teil ganz nett. Dann haben Sie auch den Schwenk zur Ausbildungsplatzabgabe elegant hingekriegt. Wenn Sie der Meinung sind, dass der Antrag, der hier vorliegt, irgendetwas zu verlässlichen Rahmenbedingungen, zur Entlastung der Betriebe oder zur Klarheit beiträgt, dann lesen Sie ihn bitte einmal in Ruhe durch.
Der Antrag ist genau das Abbild dessen, was wir auf rot-grüner Regierungsebene im Berlin pausenlos vorgesetzt bekommen: Rinn in die Kartoffeln, rutt ut die Kartoffeln - falls, vielleicht, vorsichtig, sollte, regional, dies und das.
Jetzt liegen uns noch ein Geschäftsordnungsantrag der FDP-Fraktion und eine Meldung zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor.
Herr Präsident! Wir möchten nur beantragen, über die beiden Anträge alternativ abstimmen zu lassen, was sich ja auch aus der Sache heraus ergibt.
Dabei möchte ich erstens die Gelegenheit nutzen, meiner Kollegin Spoorendonk dafür zu danken, dass sie hier eine hervorragende Rede gehalten hat.