Protokoll der Sitzung vom 14.11.2003

(Minister Dr. Ralf Stegner)

fertigt an, hält aber die Verweisung in § 5 Abs. 1 nicht für eine ausreichende Rechtsgrundlage. Dieser Mangel soll durch eine Ergänzung des § 7 Abs. 2 des Landesministergesetzes behoben werden. Mit ihr wird lediglich die bestehende Rechtslage verdeutlicht.“

„Regelrecht hineingeschummelt“ nennt das ein Abgeordneter aus diesem Haus - so zitiert in der vorhin erwähnten Zeitung von heute. Ich überlasse Ihnen, meine Damen und Herren, das Urteil über eine solche Bemerkung eines Abgeordneten im Zusammenhang mit einer Haushaltsdebatte, dem „Königsrecht“ des Parlaments. Selbstverständlich hat sich auch der Finanzausschuss des Landtages, dem - wie ich weiß - Abgeordnete aller Fraktionen angehören, mit dieser Frage befasst.

Zehntens. Seit 1961, also auch in den Jahren vor 1988, wurde den Landesministerinnen und Landesministern wie den Beamtinnen und Beamten eine Sonderzuwendung gewährt. Heute haben die Regierung von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und das Parlament beschlossen, die Erhöhung der Bezüge der Kabinettsmitglieder auszusetzen und eine Nullrunde zu machen. Heute haben die Regierung und das Parlament beschlossen, den Ministerinnen und Ministern und im Übrigen auch den Staatssekretärinnen und Staatssekretären das Urlaubsgeld ab 2004 zu streichen und das Weihnachtsgeld ab 2003 auf 60 % zu kürzen. Wir befinden uns da in einer Linie mit allen anderen Ländern, so zum Beispiel mit Thüringen, wo der Ausdruck exakt der Gleiche ist wie in Schleswig-Holstein.

Ich fasse zusammen: Inhalt und Stil der in dieser Sache erhobenen Vorwürfe, gemachten Andeutungen und öffentlichen Beiträge lassen jedwede Seriosität vermissen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht hier nicht um unterschiedliche Rechtsmeinungen, die man - wie wir wissen - haben kann. Die Landesregierung weist die Vorwürfe, Minister hätten sich in Schleswig-Holstein rechtswidrig bereichert, mit Entschiedenheit zurück. Solche Anwürfe charakterisieren allerdings diejenigen überdeutlich, die einen solchen Stil in die politische Auseinandersetzung ohne Rücksicht auf die Folgen für das Ansehen der Politik eingeführt haben. Die Verantwortung dafür haben Sie dann allerdings allein zu tragen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Bevor wir in die Aussprache eintreten, erlauben Sie mir zwei geschäftsleitende Bemerkungen. Das eine ist, dass die Regierung die verabredete Redezeit von fünf Minuten um drei Minuten überzogen hat. Das ist keine Kritik. Ich weise nur darauf hin, dass unsere Geschäftsordnung damit jeder Fraktion für diesen Zeitraum die Überschreitung der festgesetzten Redezeit zur Verfügung steht.

Zum anderen möchte ich Gelegenheit nehmen, auf der Tribüne Gäste zu begrüßen: die Herren des Reservistenverbandes der Bundeswehr sowie den Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes, Otto-Dietrich Steensen, und seinen Generalsekretär, Herrn Paulsen. Ihnen allen herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Lothar Hay.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Kubicki, wenn Sie in Ihrer eigenen Partei einen menschlich fragwürdigen Umgang glauben pflegen zu müssen, dann ist das sicherlich ein parteiinternes Problem der FDP. Wenn die FDP aber versucht, diesen Stil auf das Parlament des Landes Schleswig-Holstein zu übertragen, dann werden sie auf unseren entschiedenen Widerstand stoßen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Die Art und Weise, wie Sie die Nachfrage eines Journalisten des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages kommentieren und gleichzeitig den Sachverhalt, um den es geht, bewerten, ist aus Sicht der SPDFraktion Populismus aus der untersten Schublade.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sie konnten wie wir wissen, dass im Lande Schleswig-Holstein Weihnachtsgeld für Ministerinnen und Minister nicht erst seit 1990, sondern bereits seit 1961 gezahlt wird, und seit 1961 war doch bekanntlich - wenn ich Ihnen da einmal helfen darf - die FDP zahlreiche Jahre in einer CDU-Regierung vertreten. Also auch Ihre Parteifreunde haben von dieser Regelung profitiert, deren Rechtmäßigkeit - darauf muss man ausdrücklich hinweisen - von allen früheren Landesregierungen und dem Landtag selbst nicht bezweifelt wurde.

(Lothar Hay)

Sie, Herr Kubicki, hätten ohne großen Aufwand den Sachverhalt durch Ihre kompetenten Mitarbeiter in kürzester Zeit recherchieren lassen können.

Nun haben Sie ganz offenbar die kleinen Leute entdeckt - welche Überraschung bei der FDP, wo Sie sich doch bisher ganz anders ausgerichtet haben. Sie wollen sich zum Fürsprecher der Geringverdiener machen, indem Sie die Neiddiskussion erneut kräftig schüren. Hierzu ist Ihnen offenbar jedes populistische Mittel recht. Wäre es Ihnen um die Sache gegangen, hätten Sie das Thema schon früher ansprechen können und müssen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Herr Abgeordneter Kubicki, ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie mit solchen Debatten lediglich zur weiteren Politikverdrossenheit beitragen? Wir sollten insgesamt doch ein Interesse im hohen Hause haben, dass sich die Menschen im Lande wieder mehr für Politik interessieren.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Einige Anmerkungen zur Sache! Das erste Landesministergesetz datiert vom 22. Dezember 1950. Herr Stegner hat darauf hingewiesen. Weihnachtsgeld erhalten die Ministerinnen und Minister seit 1961 aufgrund des Gesetzes über die Zahlung einer Weihnachtszuwendung an Beamte und Versorgungsempfänger des Landes Schleswig-Holstein. Das bedeutet, dass auch in den Jahren vor 1988 den Landesministerinnen und -ministern Sonderzuwendungen wie Beamtinnen und Beamten gewährt wurden. Mit dem Haushaltsgesetz 1997 ist die Rechtslage durch eine Ergänzung in § 7 des Landesministergesetzes klargestellt worden.

Herr Kubicki, Sie haben es seinerzeit, im Jahre 1996, nicht für nötig befunden, in der Debatte zum Haushaltsentwurf, die im Finanzausschuss, im Parlament im Zeitraum von September bis Dezember 1996 geführt worden ist, ein einziges Wort der Kritik zu äußern - ich war damals Finanzausschussvorsitzender -, obwohl Sie sich sonst in der gewohnten pointierten Weise zu den Haushaltsvorschlägen der Landesregierung geäußert haben.

Herr Kubicki, aus Sicht der SPD-Fraktion haben Sie mit Ihrem populistischen Angriff dem Parlament und sich selbst einen Bärendienst erwiesen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt ihrem Vorsitzenden und Oppositionsführer im SchleswigHolsteinischen Landtag, Herrn Martin Kayenburg, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bis heute war ich der Auffassung, dass wir uns in diesem Parlament mit Sachthemen auseinander setzen und es nicht zu einem Tribunal für möglicherweise auch Entgleisungen eines Einzelnen machen.

(Zurufe von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich glaube, dass wir gut daran täten, zur Sachdiskussion zurückzukehren. Der Minister hat dargestellt, wie die historische Entwicklung war, er hat aber auch genauso deutlich gemacht, dass es zu der Entwicklung unterschiedliche Auffassungen geben kann und die Rechtsauffassung dieser Regierung vom Landesrechnungshof zum Beispiel nicht geteilt wird.

Wenn der Kollege Hay zu Recht darauf hinweist, dass die Minister wie Beamte behandelt worden seien, wird damit schon deutlich, dass sie keine Beamten sind und möglicherweise auch eine andere Würdigung bei den Gehältern hätten erfahren müssen.

Aber unabhängig davon sehe ich mich im Moment nicht in der Lage, die rechtlichen Ausführungen, die hier vorgetragen worden sind, zu beurteilen.

Ich glaube - so hat es der Minister ja selbst auch formuliert; es mag unterschiedliche Auffassungen geben -,

(Konrad Nabel [SPD]: Es ist beschämend!)

dass es notwendig ist, dass wir uns mit diesem Bericht auseinander setzen, dass wir die Chance haben, ihn rechtlich abzuprüfen, und dass wir diesen Bericht auch dem Landesrechnungshof zur Prüfung vorlegen, um dann zu abschließenden Ergebnissen zu kommen.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU] - Unruhe)

Nun kann man einerseits sicherlich darüber streiten, ob ein Begriff wie „hineingeschummelt“ in der Tat solche Reaktionen erforderlich macht, wenn ich auf der anderen Seite höre, dass der Minister eben formuliert hat, dass sich die Ministerinnen und Minister rechtswidrig bereichert hätten, und damit insinuiert, dies sei gesagt worden. Genau dies hat der Kollege

(Martin Kayenburg)

Kubicki nicht gesagt. Deshalb sehe ich hier wirklich eine Vergleichbarkeit.

(Unruhe)

Wenn ich mich hier hinstelle und sage, man solle nicht den Eindruck erwecken, dass Ministerinnen und Minister sich bereichert hätten, dann wird hiermit im Grunde eine Tatsachenbehauptung insinuiert. Dies halte ich für einen Umgang, der in diesem Parlament nicht Einzug halten darf.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Vor diesem Hintergrund beantragen wir, dass uns der Bericht schriftlich vorgelegt wird. Anderenfalls nehmen wir auch gerne das Protokoll als Grundlage. Wir sollten uns mit dem Bericht ausgiebig auseinander setzen, ihn prüfen und im Anschluss erneut zu einer Würdigung kommen, um festzustellen, wie die konkrete Rechtslage in der Tat ist.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion der FDP erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe viel Verständnis dafür, dass Sozialdemokraten bei der Frage der sozialen Gerechtigkeit, bei der Frage des Umsetzens von hohen Ansprüchen in die Tat gelegentlich Probleme haben. Ich weiß, was ich gesagt habe. Zu dem, was ich gesagt habe, stehe ich nach wie vor.

(Beifall bei der FDP)

Ich bin der Auffassung, dass Ministerinnen und Minister des Landes Schleswig-Holstein, jedenfalls in der Zeit von 1990 - wenn Sie sagen, davor war es auch schon so, dann nehme ich das zur Kenntnis - bis 1997, bis wir die gesetzliche Regelung in § 7 Abs. 2 Satz 2 des Ministergesetzes geschaffen haben, ohne Rechtsgrundlage Weihnachts-, Urlaubs- und sonstige Sondervergütungen erhalten haben. Wir können die Diskussion im Ausschuss gerne fortsetzen.

Das Rekurrieren auf die allgemeine Regelung in § 5, Herr Minister, hilft schon deshalb nicht weiter, weil dort nichts beschrieben ist, was mit der Besoldung zu tun hat. Die Amtsbezüge der Minister sind ausdrücklich geregelt. Wir wissen aus der Gesetzestechnik, dass überall dort, wo es eine ausdrückliche Regelung gibt, für allgemeine Bezüge kein Raum mehr ist; denn

die allgemeinen Bezüge werden durch die konkreten Regelungen ersetzt.