- Kein Problem. Dementsprechend ist er natürlich dann auch dem Zugriff der irischen Justiz in Deutschland ausgesetzt. Ein deutscher Arzt, der in Deutschland eine Abtreibung vornimmt, wird von den irischen Behörden nicht verfolgt werden können und wird auch nicht ausgeliefert werden.
Beispiel Euthanasie. Ein niederländischer Arzt begeht in Deutschland aktive Sterbehilfe. Das ist nach unserer Rechtsordnung strafbar. Er wird es sich gefallen lassen müssen, dass er ausgeliefert wird an die Bundesrepublik Deutschland.
- Ich bin noch nicht ganz zu Ende mit dem Beispiel. - Begeht der Arzt die Handlung in Amsterdam, wird kein deutscher Staatsanwalt auf die Idee kommen, einen Haftbefehl auszustellen. Er kann es nicht und er wird es auch nicht tun.
Wir sind uns ja im Grundsatz einig. Aber stimmen Sie mir zu, Herr Kollege, dass in Deutschland kein deutscher Arzt, der eine Abtreibung vornehmen würde, auch unter Verstoß gegen 218 StGB, in U-Haft genommen werden würde, dass genau da der Punkt liegt, dass eine Tat, die auch bei uns entsprechend verfolgt würde, nicht mit U-Haft belegt werden könnte wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, in anderen Ländern aber wohl? Es darf diese Differenzierung nicht geben, weil wir sonst zwei unterschiedliche Rechtssysteme bekommen.
Es gilt aber auch der Grundsatz, Herr Kollege Kubicki: Wenn ich mich im Ausland aufhalte, bin ich der Rechtsordnung dieses Staates unterworfen.
- Jetzt ist man im Inland, aber man war im Zeitpunkt der Tatbegehung im Ausland und war der ausländischen Rechtsordnung unterworfen. Das haben wir zu
respektieren und in einem Europa, das zusammenwächst, sollte man dem dann auch Rechnung tragen, indem man das gegenseitig anerkennt.
Ein weiterer Punkt ist mir wichtig. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, abgedruckt im 3. Band, im 59. Band, im 63. Band, wird ausdrücklich in der Gesetzesbegründung erwähnt, Herr Kollege Kubicki, sie wird nicht außer Kraft gesetzt. Sie können auf Seite 40 der Begründung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung nachlesen:
„Das Bundesverfassungsgericht hat jedoch festgestellt, dass die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet sind, eine ausländische Entscheidung dahin gehend zu überprüfen, ob die Auslieferung und ihr zugrunde liegende Akte gegen den völkerrechtlich verbindlichen Mindeststandard nach Artikel 25 Grundgesetz, der von den Gerichten der Bundesrepublik Deutschland zu beachten ist, sowie gegen unabdingbare verfassungsrechtliche Grundsätze … auch nicht verstoßen.“
- Es erfolgt keine Überprüfung im Hinblick auf die Subsumierung unter den Straftatbestand, aber die vorgenannte Überprüfung findet - das ist die Auskunft der Bundesregierung - weiterhin statt. Ich habe überhaupt keinen Anlass, an dieser Stelle an den Auskünften der Bundesjustizministerin zu zweifeln und daher halte ich diese Kritik für unberechtigt.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ist eine Vision und auch ein gemeinsames Ziel, wie ich glaube, auch dieses hohen Hauses. Um aber dieses Ziel zu erreichen, bedarf es großer Anstrengungen, auch rechtsstaatlicher Anstrengungen, aber wir können nicht gemeinsam unsere Hände in rechtsstaatlicher Unschuld waschen. Das geht leider so nicht, auch wenn wir das, glaube ich, alle gerne täten, denn es ist ein harter Weg dahin. Ich möchte an die Geschichte dieses Rahmenbeschlusses erinnern, weil
hier nun mehrfach gesagt worden ist, wir hätten alle nicht aufgepasst und es sei keine Debatte entstanden. In meiner Eigenschaft als Justizministerin habe ich gemeinsam mit einigen Kollegen aus den Ländern, leider nicht mit allen Justizministern aus den Ländern, mit der Bundesjustizministerin, der ehemaligen der letzten Legislaturperiode, sehr intensiv die Möglichkeiten des europäischen Haftbefehls erörtert und es sind kleine Veränderungen in diesem Rahmenbeschluss durch die intensive gemeinsame Auseinandersetzung zustande gekommen. Ich darf an die Fristen erinnern für das Verfahren. 60 Tage stehen im Rahmenbeschluss und zehn Tage Übergabefrist. Wenn Sie in die Geschichte schauen, was vorher beabsichtigt war, dann ist das auch eine rechtsstaatliche Fortentwicklung, für die auch Schleswig-Holstein gearbeitet hat.
Ich verstehe aber, dass natürlich Bedenken bestehen, die gerade Sie, Herr Geißler, sehr ausführlich dargelegt haben. Aber auch da - und deshalb ist auch eine Erörterung im Ausschuss sicherlich richtig - darf man nicht ideologisch oder vielleicht - gestatten Sie mir den Ausdruck, Frau Präsidentin - mit populistischen Scheuklappen arbeiten, denn die Positivliste zeigt nicht das Merkmal Abtreibung. Sie haben hier ein Beispiel diskutiert, ein Abtreibungsdelikt, eine Spezialnorm; sie steht aber in der Positivliste nicht drin.
Wir haben in Ausformung der Verpflichtungen durch den Rahmenbeschluss und das europäische Vertragsrecht ein Umsetzungsgesetz auf den Tisch gelegt, in das die Positivliste ganz bewusst nicht aufgenommen wurde, weil - hierbei stimme ich Ihnen zu - sie bezogen auf einige Merkmale dem Bestimmtheitsgebot unserer Verfassung nicht gerecht wird.
Wir sind der Auffassung, dass wir aufgrund der Einzelregelungen im Umsetzungsgesetz die Möglichkeit haben, durch eine richterliche Entscheidung in jedem Einzelfall die Zulässigkeit der Umsetzung der Vollstreckung und der Übergabe der betroffenen Person innerstaatlich überprüfen zu können. Die Umsetzung des Rahmenbeschlusses in innerstaatliches Gesetz muss sich am Verfassungsrecht der Bundesrepublik orientieren. Insofern können die Grundsätze des europäischen Vertragsrechts und des europäischen Rechts nicht enger sein als die Grundsätze der Bundesrepublik Deutschland. Auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist es aufgrund der Anwendung des jetzt auf dem Tisch liegenden Umsetzungsgesetzes aus meiner Sicht vertretbar,
eine Einzelfallprüfung auch dann durchzuführen, wenn es sich um einen Fall der Positivliste handelt.
Deshalb haben wir uns nicht grundsätzlich, sondern nur in Einzelfällen gegen das Umsetzungsgesetz ausgesprochen. Ich bin gemeinsam mit dem Deutschen Anwaltsverein und Ihnen der Auffassung, dass hier eine anwaltliche Begleitung Not tut. Das bin ich, obwohl ich keine Lobbyistin des Anwaltsvereins bin.
- Das sind auch Sie nicht, Herr Kollege Rechtsanwalt. Das sind wir beide nicht. - Dennoch wissen wir beide, dass gerade die Pflichtverteidigung - also die Rechtsvertretung in entsprechenden Fällen - ein Gebot der Stunde und auch ein rechtsstaatliches Gebot ist. Davon bin ich überzeugt.
Bei allen Schwierigkeiten, die gerade die Positivliste mit sich bringt, bin ich davon überzeugt, dass mit dem Rahmenbeschluss und dem Umsetzungsgesetz ganz entscheidende Schritte zur Umsetzung der Eckpunkte bezüglich der Zusammenarbeit der Justiz, für die wir ja alle arbeiten, getan wurden.
Den Verzicht - diese grundsätzliche Position darf ich abschließend darlegen - auf die Überprüfung des Vorliegens des Merkmals der beiderseitigen Strafbarkeit im Rahmenbeschluss halte ich persönlich für sehr gewagt. Wenn man die europäische Harmonisierung möchte, dann muss man sich entscheiden, wo die Grenze liegt. Ich glaube, dass mit dem vorliegenden Rahmenbeschluss die rechtsstaatliche Grenze gerade noch gewahrt wird.
Wir kommen nun zur Abstimmung. Es wurde sowohl Abstimmung in der Sache als auch Ausschussüberweisung beantragt. Wer dafür stimmt, den Antrag federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Europaausschuss zu überweisen, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dann ist dies einstimmig angenommen. Ich denke, es wird sehr interessante Diskussionen in den Ausschüssen geben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Es geht bei dem vorliegenden Antrag der FDPFraktion nicht darum, eine Lex AOK oder eine Lex Vorstandsvorsitzender, dessen Name mit B anfängt, zu schaffen.
Es geht bei dem Ihnen vorliegenden Antrag vielmehr darum, einen Missstand, der erst im Laufe der Zeit sehr krass erkennbar geworden ist, ein für allemal zu beseitigen und zu versuchen, solche Missstände in Zukunft zu vermeiden.
Wir haben dieses Thema bislang zweimal im Sozialausschuss angesprochen. Insbesondere die Antworten des Staatssekretärs haben sehr deutlich gemacht, dass es hier einen Missstand gibt, weil er Fragen, die wir dazu gestellt haben, schlicht und ergreifend nicht beantworten konnte. Er hat dabei immer wieder auf die Satzung dieser Selbstverwaltung verwiesen.
Träger von Selbstverwaltungen übernehmen den Vollzug bestimmter ihnen übertragener Staatsaufgaben. Diese Staatsausgaben gelten für einen gesetzlich definierten Kreis von Mitgliedern. Diese Mitglieder sind gezwungen, Beiträge, Gebühren oder Ähnliches an diese Selbstverwaltungen zu entrichten. Die Entscheidungsträger dieser Selbstverwaltungen sind die Vorstände und die Verwaltungsräte. Diese Mitglieder - das durften wir durch den Staatssekretär des Sozialministeriums erfahren - besitzen Organstatus.
Da der Staat die Menschen in ganz bestimmten Fällen also zur Mitgliedschaft verpflichtet hat und mit dieser Mitgliedschaft der Zwang zur Entrichtung von Beiträgen, Gebühren oder Ähnlichem verbunden ist, haben genau diese Menschen auch einen Anspruch darauf, vor dem willkürlichen Handeln dieser Organe geschützt zu werden. Aus diesem Grund verfolgen wir mit unserem Antrag die folgenden Ziele: