Protokoll der Sitzung vom 10.03.2004

(Beifall bei der FDP)

Zu einem Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Hay das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion will nicht erst am Ende den Kommissionsbericht diskutieren, auf den dann kein Einfluss mehr genommen werden kann. Wir möchten Zwischenberichte bekommen, die wir diskutieren können, und wissen, welche Auffassung die anderen Fraktionen haben, damit wir uns hier im Parlament darüber austauschen können und am Ende eine Entscheidung getroffen wird, die in unser aller Sinne ist. Das ist die Aufgabe der heutigen Diskussion.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Der zweite Punkt ist, Herr Kubicki, Sie haben gesagt, es gebe nichts Neues. Das mag daran liegen, dass Ihnen der Showeffekt Ihres heutigen Kurzbeitrages

(Lothar Hay)

wichtiger war als das Zuhören bei den Beiträgen der einzelnen Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich habe die Anregung des Kollegen Kayenburg aufgenommen, dass wir darüber nachdenken müssen, in welchen Bereichen in Zukunft Gemeinschaftsaufgaben wahrgenommen werden müssen. Damit sind wir einen neuen Weg gegangen. Das, was ich zum Thema Küstenschutz gesagt habe, hat es bisher aus sozialdemokratischem Mund in diesem Bereich noch nicht gegeben. Das alles sind Dinge, bei denen wir uns in der Diskussion miteinander befinden, und am Ende wird eine gemeinsame Position des Landesparlamentes stehen, die sowohl von Herrn Kayenburg als auch von Herrn Arens mit in die Beratung genommen werden kann. Das ist das Ziel der Beratungen, wenn wir uns selbst ernst nehmen. Sie haben dieses Thema nicht ernst genommen und stellen stattdessen die Show nach dem Motto in den Vordergrund: Lieber in den Medien erscheinen, mit welchem Thema ist egal. Das ist einfach der Würde des Parlamentes und der Würde des Föderalismus unwürdig.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich Frau Abgeordneter Spoorendonk das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Haben wir nicht eine gemeinsame Resolution zum Thema Küstenwache verabschiedet? - Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich vorhin schon fürchterlich aufgeregt und tue es noch immer. Deshalb möchte ich sagen: Angriff ist nun wirklich nicht immer die beste Verteidigung, lieber Kollege Kubicki.

Was ist neu? - Neu ist, dass die Bundesstaatskommission dreimal getagt hat. Neu ist, dass der SchleswigHolsteinische Landtag mit zwei Mitglieder vertreten ist und dass diese beiden Mitgliedern natürlich auch mit uns im Dialog sein müssen, dass der Landtag sich natürlich auch äußern muss und dass diese Gesprächsrunden, die wir in unserem kleinen Arbeitskreis geführt haben, nicht ausreichen, um deutlich zu machen, wie sich das Land Schleswig-Holstein in dieser Kommissionsarbeit positionieren soll. Es reicht

nicht aus zu sagen, wir wollen Wettbewerbsföderalismus und im Übrigen kann man alles überall nachlesen. Parlamentsdebatten werden geführt, damit Positionen verdeutlicht werden, damit die Menschen im Land auch Gesichtspunkte und Positionen abwägen können. Wir führen Diskussionen doch nicht für uns zum Vergnügen!

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Jutta Schümann [SPD])

Wenn man dieser Auffassung ist, sollte man vielleicht eine ganz andere Debatte über das Selbstverständnis dieses Parlamentes und über die Politik insgesamt führen. Es würde mich freuen, wenn es dazu kommen würde, denn dazu hätte ich auch noch weitere Ausführungen zu machen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Hentschel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, wenn Sie da gewesen wären, hätten Sie mitbekommen, dass hier über unterschiedliche Positionen im Bereich der Bildungspolitik, über die Kompetenzverteilung beim Küstenschutz, über die Kompetenzverteilung im öffentlichen Dienstrecht und über die Möglichkeit, Gesetzgebungsverfahren im Bundesrat zwischen Bund und Ländern abzustimmen, geredet worden ist. Weil Sie nicht anwesend waren,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das stimmt über- haupt nicht! Wieso behaupten Sie eigentlich immer so einen Unsinn!)

kann ich nur sagen: Es wäre besser, Sie hätten geschwiegen, Herr Kubicki!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Lassen Sie mich diesen Tagesordnungspunkt mit der ausdrücklichen Bemerkung abschließen, dass Herr Abgeordneter Kayenburg und ich selbstverständlich diese Debatte als Rückenstärkung für unsere Arbeit in der Kom

(Präsident Heinz-Werner Arens)

mission empfunden haben und auch so mitnehmen werden. - Schönen Dank!

(Beifall bei SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf:

Erweiterung des Einsatzes der DNA-Analyse

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/2645

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 15/3264

Ich erteile zunächst der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, Frau Abgeordneter Schwalm, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innen- und Rechtsausschuss hat sich mit dem ihm durch Plenarbeschluss vom 9. Mai 2003 überwiesenen Antrag der Fraktion der CDU zur Erweiterung des Einsatzes der DNA-Analyse in mehreren Sitzungen, zuletzt in seiner Sitzung am 11. Februar 2004, befasst und hat auch eine schriftliche Anhörung durchgeführt. Mit den Stimmen von SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU empfiehlt der Ausschuss dem Landtag, den Antrag abzulehnen.

Ich danke der Frau Abgeordneten Schwalm für die Berichterstattung.

Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe keine. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile das Wort zunächst Herrn Abgeordneten Geißler.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die DNA-Analyse ist eine der besten und erfolgreichsten Waffen des Rechtsstaates im Kampf gegen das Verbrechen. Zahlreiche schwerste, teilweise lange zurückliegende Verbrechen in Deutschland und im Ausland konnten durch Nutzung der DNA-Analyse aufgeklärt werden. Der so genannte genetische Fingerabdruck ist ein verlässliches, effektives und unverzichtbares Mittel zur Aufklärung und Verhinderung von Straftaten und muss unter Wahrung rechtsstaatlicher Verfahrensregelungen und unter Berücksichtigung von Aspekten des Datenschutzes konsequent genutzt werden. Darum hatte es immer wieder auch im Bundesrat Initiativen von unionsgeführten

Bundesländern gegeben, um die Vorschriften zu modifizieren. Auch meine Fraktion hatte bereits im April vergangenen Jahres im Landtag den Ihnen vorliegenden Antrag gestellt, der heute erneut zur Beratung ansteht.

Bisher waren diese Vorstöße bei sozialdemokratisch geführten Bundesländern und auch im Deutschen Bundestag bei den Regierungsfraktionen nicht auf Gegenliebe gestoßen.

Umso erfreuter waren wir, als der Herr Innenminister - ich sehe ihn leider nicht, er ist nicht zugegen - Anfang Januar, als er den Vorsitz der Innenministerkonferenz übernahm, erklärte, er wolle die Möglichkeiten für einen Einsatz von DNA-Tests in der Verbrechensbekämpfung erheblich ausweiten. Der Beweiswert des DNA-Materials sei dem herkömmlichen Fingerabdruck und anderen Identifikationsverfahren weit überlegen. Hervorragend, Herr Minister, Sie haben dazugelernt.

(Beifall bei der CDU)

Er hat auch Unterstützung bekommen von Herrn Wiefelspütz, Sprecher der SPD für Inneres im Bundestag. Otto Schily hatte bereits darauf aufmerksam gemacht, dass allein im Jahre 2002 66 Tötungsdelikte, 135 Sexualstraftaten und mehr als 3.000 Diebstähle durch DNA-Analyse aufgeklärt wurden. Überzeugende Zahlen, meine Damen und Herren.

Nun waren wir als Landtagsfraktion optimistischer. Wir glaubten, nun kommen wir in der Sache ein Stück voran und haben die Unterstützung auch der anderen Fraktionen dieses Hauses. Wir waren auch deshalb besonders optimistisch, weil wir eine Sitzung im Landeskriminalamt durchgeführt haben. Wir haben uns im Detail erklären lassen, wie dieses Verfahren dort betrieben wird. Uns war klar geworden, dass alle Bedenken, die noch im April hier vorgetragen wurden, unberechtigt waren. Das Verfahren ist beschränkt auf Untersuchungen des nicht kodierenden Bereiches des Spurenmaterials, dem eine Entschlüsselung des persönlichkeitsrelevanten Informationsgehalts überhaupt nicht zukommt. Das von den Ermittlungsbehörden getrennte Labor untersucht anonymisierte Proben, hat also überhaupt keinen Hinweis auf die Person, der das Spurenmaterial entnommen worden ist, beziehungsweise den Ort, an dem es entnommen worden ist. Der Landesdatenschutzbeauftragte hat das im Jahre 2003 bereits geprüft und sah nicht den geringsten Anlass zur Beanstandung. Durch technische und organisatorische Maßnahmen, so führte er aus, sei gewährleistet, dass - auch aus meiner Sicht verfassungswidrige - molekulargenetische Untersuchungen mit einer Entschlüsselung von persönlich

(Thorsten Geißler)

keitsrelevanten Erbinformationen überhaupt nicht vorgenommen werden. Die Ermittlungsbehörden erhalten lediglich Messergebnisse, die einen Identitätsabgleich mit gespeicherten Datensätzen ermöglichen.

Das haben wir dann noch einmal sehr eingehend im Innen- und Rechtsausschuss beraten. Die Qualität der Debatte litt ein wenig darunter, dass einige Ausschussmitglieder bei der Sitzung im LKA nicht anwesend waren. Einige waren aber immerhin informiert.

Auch Sie, Herr Minister Buß, haben Ihren Standpunkt noch einmal klargemacht. Sie sind allerdings ein kleines bisschen zurückgegangen. Sie sprachen plötzlich nicht mehr von einem klaren Willen der Landesregierung, sondern von erteilten Arbeitsaufträgen, von deren Ergebnis man manche Dinge noch abhängig machen müsste. Ich glaube, es ist alles bereits zwei-, drei-, viermal untersucht worden, die Fakten liegen längst auf dem Tisch. Wir hatten den Eindruck, dass Sie deshalb ein bisschen geeiert haben, weil Ihnen Ihre eigene Fraktion längst in den Rücken gefallen war.

(Beifall bei der CDU)

Das kann man auch belegen, denn der Kollege Puls hatte am 6. Januar eine Presseerklärung herausgegeben. Bei der Sitzung beim LKA war er aus verständlichen Gründen nicht anwesend. Das hat leider Niederschlag gefunden im Inhalt Ihrer Presseerklärung. Was behaupten Sie darin, Herr Kollege Puls? Sie unterstellen, dass die DNA-Analyse Aussagekraft über Erbanlagen und Krankheitsdispositionen liefere. Nach der Strafprozessordnung sind solche Untersuchungen unzulässig, sie werden nicht durchgeführt und sie werden auch von niemandem gefordert.

(Beifall bei der CDU)

Sie fordern Missbrauchsschutzregelungen. Lesen Sie die Bestimmungen der Strafprozessordnung. Im Detail ist alles geregelt, um Persönlichkeitsschutz und Datenschutz Rechnung zu tragen. Solche Regelungen gibt es bereits.

Sie, Herr Kollege Puls, sagen weiter, auf keinen Fall dürften der Polizei Befugnisse zur Analyse und Auswertung von Erbinformationen zugestanden und zugemutet werden. Das haben wir nie gefordert. Kein Mensch hat das hier gefordert. Daher kann ich Ihnen nur sagen, das ist eine Phantomdiskussion. Gleiches gilt für Ihre Behauptung, eine Erweiterung auf Bagatelldelikte und Kleinkriminelle sei weder notwendig noch verhältnismäßig. Das hat doch auch niemand gefordert, Herr Kollege Puls. Denn es wäre wahrscheinlich tatsächlich nicht verhältnismäßig. Warum