Ich danken dem Herrn Abgeordneten Rother, dass er aufgrund des vorgelegten Berichtes seinen Wortbeitrag abgegeben hat. Ich möchte jetzt Herrn Minister Buß das Wort für die Regierung erteilen. Danach gehen wir weiter in der Rednerliste mit den Fraktionen. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der aktuelle 26. Tätigkeitsbericht der ULD behandelt die unterschiedlichsten Bereiche der Da
tenverarbeitung und beweist aus meiner Sicht erneut, dass die Kontrollen und Beratungen des ULD Wirkung gezeigt und zu Verbesserungen der Datenverarbeitung geführt haben.
Neben der Kontroll- und Aufsichtsfunktion hat das ULD unter der Leitung des ausscheidenden Landesbeauftragten für Datenschutz, Herrn Dr. Bäumler, auch für die Verleihung von Gütesiegeln, das Datenschutzaudit und andere innovative Projekte, wie das kürzlich eingerichtete ULD-Innovationszentrum, über die Landesgrenzen hinaus einen Namen. Ich danke Herrn Dr. Bäumler und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ihre konstruktive Kritik in den Tätigkeitsberichten, die kompetente Beratung und die richtungsweisenden Impulse für einen modernen Datenschutz. - Ich wünsche Herrn Dr. Bäumler für seine Zukunft von Herzen alles Gute.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie der Abgeordneten Joa- chim Behm [FDP] und Caroline Schwarz [CDU])
Da ich nur kurz auf den Tätigkeitsbericht eingehen will, beschränke ich mich in meinen Ausführungen auf die DNA-Analyse. Zu den weiteren Punkten wird die Landesregierung in den Ausschussberatungen Stellung nehmen.
Das ULD kritisiert in seinem Tätigkeitsbericht eine „undifferenzierte Erweiterung der DNA-Analyse“. Die DNA-Analyse ist heute eine der wichtigsten und erfolgreichsten Methoden der Verbrechungsaufklärung. In zahlreichen Fällen konnten durch die DNAAnalysen Straftäter überführt werden. Als derzeitiger Vorsitzender der Innenministerkonferenz habe ich den AK II Innere Sicherheit gebeten zu prüfen, ob und wie die DNA-Analyse zum Zwecke der Identitätsfeststellung im künftigen Strafverfahren - natürlich unter Wahrung aller rechtsstaatlichen Grundsätze - erweitert werden kann. Die Justizministerkonferenz beschäftigt sich mit dem Thema in gleicher Weise. Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Bei der Podiumsdiskussion zum Thema „Genetischer Fingerabdruck - künftig eine Standardmaßnahme der Kriminalitätsbekämpfung“ am 14. April des Jahres in der Verwaltungsfachhochschule Altenholz zeigte Herr Dr. Bäumler wegen der besonderen Bedeutung der DNA-Analyse bei der Verbrechensaufklärung Verständnis für das polizeiliche Anliegen. Die von ihm aufgezeigten Missbrauchsmöglichkeiten bezogen sich im Wesentlichen auf den codierten Teil des DNA-Stranges, der relevante Erbinformationen des Menschen enthält. Er verwies in diesem Zusammen
Die Polizei in Deutschland - und in SchleswigHolstein sowieso - nutzt im Rahmen erkennungsdienstlicher Maßnahmen für die Analyse den nicht codierten Teil des DNA-Stranges, der für jede Person unterschiedliche charakteristische Bereiche enthält. Hierauf bezieht sich auch meine Forderung nach einer Erweiterung der DNA-Analyse.
Bei der Podiumsdiskussion, meine Damen und Herren, konnte die unterschiedliche Ausgangslage richtig gestellt werden. Herr Dr. Bäumler machte letztlich deutlich, dass die noch offenen datenschutzrechtlichen Fragen als durchaus lösbar anzusehen seien.
Ich gebe Ihnen dieses Beispiel, meine Damen und Herren, um Ihnen deutlich zu machen, wie wichtig Gespräche sind und wie wichtig es ist, in solchen Gesprächen Verständnis für den jeweils anderen zu wecken und aufeinander zuzugehen. Ich fordere keine undifferenzierte Erweiterung der DNA-Analyse, sondern plädiere für wohl überlegte Gesetzesänderungen. Unter Beachtung der Verhältnismäßigkeit soll ein Ausgleich zwischen dem Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung und dem Interesse der Allgemeinheit an der Aufklärung von Straftaten geschaffen werden.
Im Jahr 2002 sind in Schleswig-Holstein 256.000 Straftaten verübt und 84.000 verschiedene Tatverdächtige ermittelt worden. Es wurden jedoch in nur rund 7.100 Fällen erkennungsdienstliche Maßnahmen vorgenommen. Diese Relation macht überdeutlich, meine Damen und Herren, wie sorgfältig die schleswig-holsteinische Polizei Abwägungen vornimmt.
Herr Rother hat etwas zur Rasterfahndung gesagt; darauf will ich nur kurz eingehen. Mir erschließt es sich nicht, wie man aufgrund der Tatsache, dass man mit einem anerkannten Mittel niemanden gefunden hat, sagen kann, dieses Mittel tauge nichts.
Wir könnten auch sagen: Wir haben solche Schläfer nicht und deshalb können wir sie nicht finden. - Von daher kann man nicht das Mittel verurteilen; darüber sollten wir ausführlich im Ausschuss diskutieren. Ich habe hin und wieder von solchen Äußerungen gehört, für die mir das rechte Verständnis fehlt.
Zu den übrigen Punkten werden wir im Ausschuss Stellung nehmen. Dann werden wir die Punkte im Einzelnen diskutieren.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bei den Themen Datenschutz und DNA-Analyse, Herr Minister, wie in vielen anderen Bereichen: Sie haben leider nicht die Unterstützung Ihrer Fraktion.
Das, was hier zu den Vorschlägen unseres Innenministers im Bereich der DNA-Analyse gesagt worden ist, findet die volle Unterstützung der CDULandtagsfraktion. Unsere Unterstützung in den Ausschussberatungen dieses Hauses ist Ihnen sicher. Wir werden auch dafür werben, dass Rot-Grün Sie forthin unterstützt.
Wir wollen über Datenschutz diskutieren. Dass Datenmissbrauch eine der größten Bedrohungen des 21. Jahrhunderts für die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes ist, wissen wir alle. Insofern hat sich die Welt an der Stelle sehr geändert.
Die Bedrohungen sind vielfältig und immer neue; das zeigt auch der diesjährige Bericht. Deswegen wandele ich einen Spruch der NATO einmal um: Wachsamkeit gegenüber Datenmissbrauch ist der Preis der Freiheit in unserem Lande auch heute. - Diese Wachsamkeit hat das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz bewiesen. Mit Sorge lesen wir in dem Bericht die Kritik der Datenschützer am fahrlässigen Umgang gerade medizinischer, also persönlichster Daten an einem hiesigen Krankenhaus oder bei hiesigen Lebensversicherungen.
Zu Recht weist das Datenschutzzentrum darauf hin - der Kollege Rother hat es auch angesprochen -, dass uns das E-Government vor ganze neue Herausforderungen des Datenschutzes auch in Schleswig-Holstein stellen wird.
Zu Recht weist das Datenschutzzentrum des Weiteren darauf hin, dass es das Projekt „Anon“ - anonymes Websurfen - mitbetreut hat. Ich glaube, das ist eine der wichtigsten Aufgaben. Wer sich von uns einmal daran beteiligt hat - dazu gehören sicherlich viele -, der weiß, dass Anonymität im Internet eines der wichtigsten Themen heutzutage ist; das gilt gerade im angesprochenen Bereich der Telefonseelsorge.
Das Datenschutzaudit, das hier entwickelt worden ist - ich habe es zum Teil etwas kritisch gesehen und den Sinn hinterfragt; das gestehe ich offen -, macht gerade im mittelständischen Bereich bei den Anwälten - dort bin ich selber tätig -, aber auch im medizinischen Bereich bei Ärzten und bei anderen Unternehmen langsam Furore und wird eine Qualitätsplakette auf dem Briefpapier so mancher Kanzlei sein.
Zwei Problemkreise gewinnen gegenüber dem Datenmissbrauch hiesiger staatlicher Behörden immer mehr an Gewicht, ohne dass wir allzu viel dagegen machen können.
Erstens. Zu Recht wird darauf hingewiesen, dass sich die Privatwirtschaft nahezu ungezügelt der Daten der Bürger bemächtigt. Ob bei der Flut der Kundenkarten oder bei der fortschreitenden Videoüberwachung im privaten Bereich: Zu Recht haben unsere Datenschützer hier den Finger in die Wunden gelegt. Es wird darauf hingewiesen, dass man sich in den größeren Städten auch unseres Landes - Lübeck sowie andere Städte im Hamburger Umland - nicht mehr durch die Innenstadt bewegen kann, ohne dass man nahezu lückenlos videoüberwacht wird. Das ist eine Gefahr. Das ist nicht gut und darauf müssen wir aufpassen.
Ein immer größerer Bereich gespeicherter Daten entzieht sich unserer staatlichen Kontrolle in Schleswig-Holstein oder in Deutschland. Denn er findet im Ausland statt. Das erleben wir vor allem im Internet. Ich kann jedem Kollegen empfehlen, den eigenen Namen zum Beispiel bei „google“ einzugeben und zu schauen, was dabei herauskommt. Man bekommt einen Schreck.
Zweitens. Als weiteren Punkt nenne ich das neue EUUSA-Abkommen bezüglich der Flugdaten, das eine Speicherung persönlichster - auch biometrischer - Daten in den Vereinigten Staaten von Amerika für bis zu drei Jahre erlaubt. Das erfüllt mich mit Sorge. An der Stelle sind wir persönlich machtlos und darauf angewiesen, dass im überstaatlichen Bereich gehandelt wird.
(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Manchmal übertreibt es der Bericht auch; ich möchte einen Bereich herausgreifen. Die Ostseecard wird kritisch beleuchtet. Man redet davon, dass über Touristen - ich zitiere - ein „feinmaschiges Datenprofil“ erfasst werden könne. Es wird ausdrücklich gesagt, wann die Touristen den Strand oder öffentliche Ein
richtungen wie beispielsweise die Toilette oder die Wurstbude am Strand besuchen und so weiter. An der einen oder anderen Stelle übertreiben es unsere Datenschützer. Wir sollten sie darauf hinweisen.
Auch heute sollte man sich Gedanken darüber machen, ob ein 200 Seiten langer Bericht in jedem Bereich Not tut oder ob es manchmal nicht auch ein bisschen kürzer geht.
Insgesamt dankt die CDU-Landtagsfraktion allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landeszentrums und insbesondere seinem bisherigen Leiter Helmut Bäumler, der ein sehr engagierter Datenschützer ist. Er hat Meilensteine gesetzt und wir danken ihm und den Mitarbeitern für diese Arbeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Wadephul, ich möchte mich recht herzlich dafür bei Ihnen bedanken, dass Sie den privaten Bereich betont haben. Wir können alles nachvollziehen, was Sie damit gemeint haben. Die Flut dessen, was bei uns jeden Tag - insbesondere im Anwaltsbüro - auf den Tisch kommt, ist völlig unerträglich und zeigt uns - und das ist das Schwierige -, dass Daten weitergegeben werden, ohne dass wir von der Weitergabe eine Ahnung haben.
Auch unsere Fraktion richtet einen recht herzlichen Dank an Herrn Dr. Bäumler für seine Arbeit hier im Lande und für seine vielen mahnenden Worte. Diese mahnenden Worte finden wir nicht nur im Bericht wieder, sondern er äußerte sie auch gegenüber der Politik, der Verwaltung und nicht zuletzt gegenüber den Privaten, wenn es ihm um das wichtige Anliegen Datenschutz ging.
Herr Dr. Weichert - davon sind wir überzeugt- wird diese Arbeit ebenso gut weiterführen. Im Namen meiner Fraktion wünsche ich ihm alles Gute. Sie wird uns allen zugute kommen.
Meine Damen und Herren, für die FDP ist der Datenschutz nicht erst seit dem Volkszählungsurteil ein ganz besonderes Gut. Das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist nicht etwa ein lästiges Hindernis für staatliche Ermittlungsbehörden.