Protokoll der Sitzung vom 16.11.2000

Auf der Umweltministerkonferenz - lassen Sie mich hier aus dem Nähkästchen plaudern - haben die BLänder - ich erinnere mich noch gut an Herrn Schnappauf aus Bayern, an Herrn Müller aus BadenWürttemberg, an die Kollegen aus dem Saarland, aus Hessen, aus Thürigen; sie sind alle unverdächtig, ein rotes oder ein grünes Parteibuch zu besitzen - mit dazu beitragen, dass sich die Umweltministerkonferenz mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz - parteiübergreifend einig war, dass erstens Handlungsdruck besteht, dass zweitens die Lage ökologisch und wirtschaftspolitisch klar ist und wir hier vorankommen müssen.

Deshalb unterstützt die Landesregierung - wir würden uns hier auch über das deutliche Votum des Landtages freuen - ein Pflichtpfand für ökologisch nachteilige Verpackungen. Dies wird in Schleswig-Holstein auch von Unternehmen im Getränkehandel und von mittelständischen Getränkefirmen unterstützt,

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD] - Zuruf von der CDU)

die nämlich in Mehrweg investiert haben und die uns deshalb eindringlich auffordern, hier tatsächlich zu handeln.

Das, was jetzt notwendig ist, sind Gespräche mit dem Einzelhandel. Hier gibt es nachvollziehbar Bedenken. Schätzungen gehen von rund 1 Milliarde DM an Investitionsbedarf aus, der nötig wäre, um zu einer automatengestützten Regelung zu kommen, um die Dosen dann auch wieder einsammeln zu können. Das sind auf der einen Seite nicht zu vernachlässigende - ich sage das deutlich - Hürden oder Hemmnisse für den Einzelhandel.

Auf der anderen Seite - umgekehrt - gibt es inzwischen Automatenfirmen, insbesondere in Skandinavien, die jetzt schon wieder Briefe schreiben und sagen: Oh ja, bitte führt das ein! Sie sehen hier nämlich Absatzmöglichkeiten. Ich wünsche mir, dass auch die deutsche Automatenindustrie in der Lage wäre, sich einen solchen Markt zu erschließen.

Die Umweltministerkonferenz war sich einig, dass in der Novellierung der Verpackungsverordnung a) eine Weiterentwicklung für Verpackungen möglich sein muss - wenn hier andere Verpackungen ökologisch aufsteigen, muss es zu Anpassungen kommen -, dass es b) wichtig ist, die Logistiksysteme für den

(Minister Klaus Müller)

Einzelhandel so optimal wie nur irgend möglich zu nutzen - sei es in Konkurrenz zu DSD oder mit dem DSD -, und dass c) natürlich auch der Einführungstermin des Euro zu berücksichtigen ist, um hier nicht zu einer Regelung zu kommen, die ein halbes Jahr vor der Währungsumstellung gewisse Anforderungen stellt, dass nämlich nach einem halben Jahr der Euro eingeworfen werden müsste und nicht mehr die DMark. Das wäre natürlich absurd.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auch hier kann man zu einer vernünftigen Regelung kommen.

Die größte Unterstützung erfahren wir zurzeit von zahlreichen Kommunen - auch unabhängig vom Parteibuch. Die sind es nämlich Leid, dass sie mit ihren Abfallwirtschaftsbetrieben Dosen quer durch den Park aufsammeln müssen. Ein Besuch in Skandinavien oder auch in den Vereinigten Staaten lehrt, dass dieser Effekt mit einem Dosenpfand so nicht mehr eintreten würde,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SDP)

weil es dann nämlich viele Leute gibt, die dafür sorgen werden, dass das so nicht mehr der Fall ist.

Fragen Sie die Menschen auf der Straße, richten Sie sich nach dem gesunden Menschenverstand! Ein Einwegpfand für ökologisch nachteilige Verpackungen ist für die Bevölkerung absolut nachvollziehbar. Deshalb freue ich mich auf die Vorlage der novellierten Verpackungsverordnung des Bundesumweltministers und ich hoffe und gehe davon aus, dass wir sie unterstützen können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Jürgen Feddersen.

(Zuruf von der SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mich nicht zurückhalten; als Praktiker muss ich Ihnen dazu ein paar Worte sagen.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [F.D.P.])

Ich sage ganz einfach: Der Einzelhandel wird wieder einmal geknebelt. Die ganze Sache wird jetzt wieder auf den Einzelhandel abgewälzt.

Ich meine, dass das nicht der richtige Weg ist, den die Regierungsfraktionen vorhaben - und auch der SSW; den muss ich da ja mit einschließen. Ich glaube, wir sind uns darüber einig, dass das zu viel ist. Ich hätte gar keine Probleme damit, die Dosen und auch die Einwegflaschen langfristig oder mittelfristig zu verbieten. Damit hätte ich gar keine Probleme.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten Claus Hopp [CDU] und Günter Neugebauer [SPD])

Das ist aber meine private Meinung; das muss ich hier dazu sagen.

Ich kann das auch begründen, weil ich das seit zehn Jahren auf Pellworm, auf Föhr und auf Amrum beobachte. Wir sind ja nicht nur kleine Gemeinden, sondern wir haben auch einige Millionen Übernachtungen. Wenn unsere Gäste uns dann im Laden fragen, warum wir keine Dosen hätten und warum wir dieses oder jenes nicht in Einwegflaschen hätten, dann erklären wir das; heute brauchen wir das aber gar nicht mehr zu tun, weil die das wissen. Die freuen sich darüber.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD sowie Beifall des Abgeordneten Rainder Steenblock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die fragen: Warum wird das bei uns nicht so gemacht? Das ist das eine.

Nur, das Problem sehe ich jetzt darin, wenn wir das wieder zurücknehmen sollen. Ich habe mich damals auch geärgert, als Umweltminister Töpfer - obwohl das mein Parteikollege ist - quasi im Laden stand und dem Einzelhändler alles schön hingelegt hat. Damit war er das los. Aber das Problem war ja gar nicht gelöst; denn wir mussten das entsorgen. Das kostet irgendwo auch Geld. Insofern sehe ich das jetzt auch überhaupt nicht ein. Ich sehe auch die Zinsvorteile nicht; darauf will ich gern verzichten.

Wenn sich der Bürger also für Einweg entscheidet - er kann ja im Laden wählen; er muss das ja nicht nehmen -, dann muss er das auch bezahlen. Deswegen sehe ich jetzt noch nicht so sehr die Lösung und möchte sehr dafür plädieren, dass wir das im Ausschuss noch einmal behandeln.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

(Konrad Nabel [SPD]: Dosen-Hentschel!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Feddersen, ich finde den Vorschlag, den Sie vorgetragen haben, gut. Überzeugen Sie die Ministerpräsidenten der CDU, dass sie mitmachen. Der grüne Umweltminister in Berlin und der in Schleswig-Holstein werden sicher auf Ihrer Seite sein, wenn Sie das erfolgreich durchsetzen.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und verein- zelt bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir treten in die Abstimmung ein. Zunächst geht es um den Änderungsantrag, die Drucksache 15/535. Es ist Ausschussüberweisung an den zuständigen Ausschuss beantragt. Ist das richtig?

(Frauke Tengler [CDU]: Jawohl!)

Er soll federführend an den Umweltausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss überwiesen werden?

(Frauke Tengler [CDU]: Jawohl!)

- Wunderbar. Wer der Ausschussüberweisung des Änderungsantrags 15/535 seine Zustimmung erteilen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe!

(Zurufe von der CDU: Oh, oh! - Heinz Mau- rus [CDU]: Betonpolitik ist das! - Unruhe)

- Die Zeit ist bereits weit fortgeschritten. Wir befinden uns in einer Abstimmung. Deswegen ist es wichtig, dass bilaterale Diskussionen in den Sitzreihen auf das Überlebenswichtige beschränkt werden.

(Holger Astrup [SPD]: Sehr gut!)

Enthaltungen? - Damit ist die Ausschussüberweisung der Drucksache 15/535 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und F.D.P. abgelehnt.

Ist dann als Zweites für den Antrag Abstimmung in der Sache beantragt?

(Holger Astrup [SPD]: Ja!)

- Ja, dann sollten wir jetzt über die Drucksache 15/535 in der Sache abstimmen. Wer diesem Antrag in der Sache seine Zustimmung erteilen möchte, den darf ich um sein Handzeichen bitten.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welcher war das?)

- Drucksache 15/535, der Antrag der Fraktion der CDU.

Wer möchte ihm die Zustimmung erteilen? - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag 15/535 mit den Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW gegen die Stimmen von CDU und F.D.P. abgelehnt.

Wir kommen jetzt zum Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 15/516. Ist Ausschussüberweisung beantragt?