„Weder der öffentliche Auftrag der Sparkassen noch ihre kommunale Bindung, das Regionalprinzip, die sonstigen Geschäftsbeschränkungen oder der Verbund innerhalb der Sparkassenorganisation stellen sich als zwangsläufige oder gar ausschließliche Konsequenzen der öffentlichen Rechtsform dar. Bei entsprechender Anpassung des Sparkassenrechts lassen sich diese Essentials ohne weiteres auch für Sparkassen-AGs aufrecht erhalten. Daraus folgt: Die anstaltliche Rechtsform prägt Sparkassen nicht derart, dass ein Wechsel identitätsverändernd wirken würde.“
„Im Übrigen beinhaltet die Aufhebung der vorkonstitutionellen Festlegung der kreditwirtschaftlichen Betätigung der Gemeinden auf öffentlich-rechtliche Unternehmen bei Eröffnung der Möglichkeit, auch die Rechtsform einer AG wählen zu können, eine Stärkung des verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechts auf kommunale Selbstverwaltung.“
Wir sollten angesichts der europäischen Diskussion im Ausschuss zügig, aber ohne jede Hektik, vor allen Dingen aber unspektakulär über die künftigen Möglichkeiten der Sparkassen im Land diskutieren. Dazu fordere ich Sie herzlich auf.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wer in den letzten eineinhalb Jahren die Presselandschaft aufmerksam verfolgt hat, konnte ein Schlagwort immer wieder finden. Es nannte sich Shareholder-Value. Auf den dort allseits propagierten Königsweg, nämlich den der Privatisierung, ist nun mit Siebenmeilenstiefeln die F.D.P. gesprungen, die öfter einmal das Primat des
Shareholder-Value bemüht, um sich in der Öffentlichkeit einen modernen, progressiven Touch zu verleihen.
Dagegen wirken natürlich, Kollege Kubicki, Begriffe wie Verbundprinzip, Regionalprinzip, flächendeckende Versorgung mit Finanzdienstleistungen unter besonderer Berücksichtigung der kleinen Handwerksbetriebe und der wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise oder gar „öffentlicher Auftrag“ ziemlich altmodisch, das gebe ich gern zu. An dieser Stelle möchte ich auf eine Presseveröffentlichung des Sparkassen- und Giroverbandes hinweisen:
„Das Konzept der Sparkassenfinanzgruppe für eine Verständigung mit der Europäischen Kommission stellt nicht die öffentliche Rechtsform von Sparkassen und Landesbanken infrage.“
Herr Hoppenstedt macht zugleich deutlich, dass die Sparkassenfinanzgruppe Vorgaben der EU für eine Änderung der Geschäftsausrichtung der Institute sowie die öffentliche Trägerschaft nicht akzeptieren werde.
- Das ist vom November. - Hier habe die EUKommission keinerlei Kompetenzen, Sparkassen und Landesbanken wollten weiterhin auf alle Bürger und den gewerblichen Mittelstand ausgerichtet bleiben.
Gleichwohl - jetzt kommt es -: Derzeit stellen die Sparkassen mit ihren 553 Geschäftsstellen landesweit hier in Schleswig-Holstein zirka die Hälfte aller Bankfilialen. Dem Research-Bericht des amerikanischen Investmenthauses Morgan aus dem September 1999 über die deutschen Sparkassen ist zu entnehmen, dass Sparkassen erheblich profitabler arbeiten als die Großbanken. Morgan stellt dies mittels eines Vergleichs der in der Bundesbankstatistik veröffentlichten Rentabilitätsdaten aller Bankengruppen fest. Morgan als ein doch immerhin neutraler Beobachter ist überzeugt, dass sich die Zukunftsaussichten für die Sparkassen günstiger darstellen als für die privaten Banken, wenn die Sparkassen ihren derzeit eingeschlagenen Weg konsequent weitergehen.
Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Stärken der Sparkassen in der aktuellen Wettbewerbsposition: Weniger Kreditausfälle durch intensive Marktkennt
nis, da das Ausleihgeschäft auf das Geschäftsgebiet beschränkt wird, bequem erreichbar für die Kunden, und dies nicht nur in den stationären Vertriebsstellen, sondern auch über moderne Kommunikationsmittel, last but not least arbeiten die Sparkassen in einem leistungsstarken Verband
und Entscheidungen für die Kunden fallen kurzfristig und vor Ort. Ich persönlich, Kollege Kubicki - ich spreche jetzt nur für mich -, halte den öffentlichen Auftrag und die private Rechtsform für zurzeit nicht kompatibel,
da die besondere Identität und Aufgabenstellung der Sparkassen gegenüber der reinen Gewinnorientierung der privaten Rechtsform möglicherweise auf der Strecke bleiben wird.
Da die F.D.P. gern auf wirtschaftliche Entwicklungen in den USA hinweist, lassen Sie mich noch anmerken: In den USA werden zurzeit vermehrt Kreditinstitute durch den Staat gegründet, um den „working poor“ wieder die Möglichkeit zu geben, eine Kontoverbindung zu akzeptablen Preisen zu bekommen, und kleine Unternehmen sollen dies dort bereits verstärkt in Anspruch nehmen. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht auf einer schiefen Ebene diskutieren, auf der am Ende die Zwangsauflösung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen steht.
Lassen Sie uns bitte in den Ausschüssen Finanzen sowie Inneres und Recht, Herr Kubicki, mit aller gebotenen Sensibilität und ohne die Strategien auf dem öffentlichen Markt zu diskutieren, die zweifelsohne erforderlichen Zukunftsmodelle unter Berücksichtigung eines europäischen Kontextes erörtern und erst dann unsere Entscheidung für eine mögliche Änderung unseres Sparkassengesetzes treffen
nein -, und zwar unter Einbeziehung der Betroffenen, als da wären die Kommunalverbände, die Kommunalaufsicht, Landesbank, Sparkassen- und Giroverband,
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Diskussion über die Privatisierung der Sparkassen und Landesbanken ist nicht neu, weder hier im Land noch im Bund. Gestern hat zwar der Finanzminister gesagt, die Diskussion liefe zur Unzeit. Daraus schließe ich: Zumindest der Ansatz ist richtig. Zur Unzeit findet sie deswegen nicht statt, Herr Minister, weil es jetzt darum geht, dass das Parlament eingeschaltet wird und nicht wieder auf einer Ebene, auf der wir nicht beteiligt werden, Dinge verabredet werden, die nachher von uns nicht akzeptiert werden können.
Im Übrigen ist der Gesetzentwurf der F.D.P.-Fraktion so originär auch nicht, denn schon 1996 hat die CDU in Nordrhein-Westfalen unter dem damaligen Landesvorsitzenden Norbert Blüm beschlossen, eine Teilprivatisierung der Sparkassen gesetzlich zu regeln. Nach Umwandlung in eine AG sollte die Möglichkeit eröffnet werden, 49 % der Aktien an Private zu verkaufen. Genau dies - deswegen sind wir überhaupt nicht auseinander, Herr Kollege Kubicki - will auch die F.D.P.
Die Gründe für den damaligen Entschließungsantrag waren vielschichtig. Ein Grundproblem der Sparkassen gibt es damals wie heute, nämlich die knappe Eigenkapitalausstattung. Die Gewährträger - die Kommunen, Kreise oder Kommunalverbände beziehungsweise das Land - sind kaum in der Lage, die Anstaltslast zu sichern, sodass Sparkassen und Landesbanken Gefahr laufen, ihre Aufgabe in der Daseinsvorsorge nicht mehr in vollem Umfang erfüllen zu können. Auch wenn nach außen vollmundig behauptet wird, man könne das Wachstum selbst finanzieren, ist dies so wohl nicht richtig, denn sonst würden nicht immer neue und manchmal auch abenteuerliche Ideen entwikkelt, um die Eigenkapitalbasis der Sparkassen und auch der Landesbanken zu stärken, nicht nur hier in Schleswig-Holstein, sondern auch in anderen Bundesländern.
Um das Wachstum der Landesbanken zu sichern, wurde das Wohnungsbauvermögen der Länder auf die Landesbanken übertragen und gleichzeitig eine erheblich unter den Kapitalmarktbedingungen liegende
Verzinsung von nur 0,6 % vereinbart. So auch in Schleswig-Holstein im Jahre 1991. Die Geschäftsbanken bewerteten dies als Wettbewerbsverzerrung und reichten Beschwerde bei der EU ein. Damit beschleunigte sich die Ihnen allen bekannte Diskussion, die zu einem Musterverfahren der EU gegen die WestLB führte. In diesem Verfahren wurde die WestLB verpflichtet, eine marktgerechte Verzinsung an das Land Nordrhein-Westfalen abzuführen.
Sogar Sie, Herr Möller, haben offenbar erkannt, was das für die Landesbank Schleswig-Holstein bedeutet. Die Landesbank Schleswig-Holstein müsste irgendwann etwa um 700 Millionen DM ausschütten, wenn sie auch nur annähernd den Vorstellungen der EU entsprechen wollte. Mit einer solchen Zahlung würde die Marktposition der Landesbank aber erheblich verschlechtert. Ich denke, bei einem wettbewerbsadäquaten Verhalten in den vergangenen Jahren wären die entsprechenden jährlichen Raten keine so erhebliche Belastung gewesen.
Ein weiterer Versuch der Landesbank SchleswigHolstein, die Eigenkapitalbasis zu stärken, war der von der Landesregierung geplante Immobiliendeal, mit dem Ihre Regierung, Frau Simonis - sie ist heute Nachmittag allerdings nicht da -, vor dem Bundesverfassungsgericht kläglich gescheitert ist. Sie haben versagt bei dem Versuch, die Eigenkapitalbasis der Landesbank angemessen zu stärken, weil Sie die falschen Instrumente eingesetzt haben.
Der jüngste Beweis für den Bedarf von Eigenkapital ist die Gründung einer 50.000 DM-GmbH zwecks Aufnahme eines 500 Millionen DM-Kredits, der der Landesbank mit einer entsprechenden Bürgschaft des Landes von dieser GmbH als Eigenkapital zur Verfügung gestellt werden soll.
Ich freue mich zwar, dass diese GmbH ihren Sitz in der kleinen Gemeinde Lokstedt - in meinem Wahlkreis - haben wird. Pikant ist allerdings die Begründung des Finanzministers, der erklärte, der Sitz sei gewählt worden, weil in Lokstedt der Gewerbesteuersatz in Schleswig-Holstein am niedrigsten sei.