Meine lieben Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, man muss sich fragen: Suchen Sie nicht das Gespräch mit Ihren Regierungsmitgliedern, mit Ihren Bundestagsabgeordneten und mit den Verantwortlichen der Bahn AG, die ja durchaus nicht alle Ihrer Partei fern stehen? Glauben Sie nicht, dass Sie mit stichhaltigen Argumenten mehr schaffen können als mit Resolutionen, die - wie ich meine - eigentlich mehr ein Handwerkszeug der Opposition sind?
Die Bahn AG ist von den Zahlungen der Bundesregierung abhängig, lieber Herr Schröder, und der Versorgungsauftrag wird politisch definiert. Wer ist denn nun an der Regierung? Hat nicht gerade die Regierung in Berlin in den letzten Tagen und Monaten der Bundesbahn zusätzliche Lasten auferlegt wie zum Beispiel die anteilige Übernahme der Bundesgrenzschutzkosten? Dann mussten - entgegen der früheren Vereinbarung, dass Altlasten beim Bund bleiben sollten - Leistungen in den Entschädigungsfonds für NS-Zwangsarbeiter eingezahlt werden, die Ökosteuer kam auf, die Mineralölsteuer wird erhöht - das alles sind zusätzliche Lasten, die auf eine Bahn zugekommen sind, die mit hohen Kosten zu kämpfen hat.
Herr Schröder, natürlich werden wir als CDU der Resolution nicht entgegenstehen - das ist ganz klar -, obwohl wir meinen, dass wir auch weiterhin selbstständig Gespräche mit den Verantwortlichen führen müssen. Wir hoffen, dass an den Gesprächen, die die Regierung mit Herrn Mehdorn führen wird, die Opposition auch beteiligt werden kann. Das ist nötig.
Wir hatten nach den ersten Informationen sehr rechtzeitig im Wirtschaftsausschuss um Auskunft gebeten. Wie wir meinen, hat Herr Dr. Rohwer die Argumente sehr stichhaltig vorgetragen. Wir waren von der Sache her überzeugt, dass Herr Dr. Rohwer mit Initiative an die Aufgaben herangeht. Dennoch geben wir ihm völlig Recht, dass die zurzeit nur in den Medien verfügbar gehaltenen Informationen über das REGENTKonzept und über die Änderung der Fern- und Nahverkehrskonzepte der Bahn AG Böses ahnen lassen. Deshalb glauben wir schon, dass man hier nicht länger abwarten kann.
Leider zeigt sich in diesen Tagen aber auch - dies ist ebenfalls wieder nur den Medien zu entnehmen -, dass die Bundesbahn ein kräftiges Fehlmanagement zu verzeichnen hat und in vielen Bereichen stark am Abwirtschaften bei Strecken und Transportmaterial sprich bei Trassen, Traktionen und Wagenmaterial ist. Die Situation ist mitunter so miserabel, dass wir nicht glauben, dass die Deutsche Bahn AG und ihre Töchter in den nächsten Jahren ohne den Zuschuss des Bundes in Höhe von 3 Milliarden DM überleben können. Allein das Kostensparen und das Zurückstellen von Ersatzinvestitionen oder das Aufgeben von Strekken ist keine Politik der Bahn für die Zukunft.
Deswegen sieht die CDU mit großer Skepsis den vermeintlichen Plänen - ich betone, den vermeintlichen Plänen - von Herrn Mehdorn entgegen, die einer Zerstörung des Grundkonsenses bei der Neustrukturierung der regionalen Aufgabenteilung im Schienennahverkehr gleichkämen. Hier hat Schleswig-Holstein ja in der Tat in den letzten Jahren eine ganze Menge erreicht.
Es ist ein Irrglaube, lieber Kollege Hentschel, wenn Sie meinen, es gäbe kostendeckende Trassen. Ich habe mich gerade noch einmal erkundigt: Selbst in den USA sind in Großstadtbereichen wie New York bei einem Takt von drei Minuten, in denen die Strecken gefahren werden, die Trassen in einem miserablen Status. Wenn wir von Stundentakt reden, dann glaube ich nicht, dass wir diese Trassen jemals dauerhaft so gestalten können, dass sie auch wirtschaftlich befahren werden können. In Schweden schaffen die Sozialdemokraten gerade die Regionalbahnen ab und ersetzen sie durch Busse. Gewisse Zwänge sind also gegeben.
Wir glauben, dass in unserem Schienennahverkehrskonzept in Schleswig-Holstein, das ja alle Parteien mit tragen, unsere bisher auch von der Bundesregierung anerkannten Forderungen an den Bundesverkehrswegeplan - Elektrifizierung der Strecke Hamburg - Lübeck und auch Beseitigung des Engpasses Elmshorn durchaus bescheiden sind. Diese Forderungen müssen auch getragen werden, weil sie unser Land in die Lage versetzen, auch die Anforderungen der Zukunft gestalten zu können.
Natürlich sind wir uns bewusst, dass die Wiedereröffnung von stillgelegten Tras-sen nur schwer möglich sein wird. Auch die Wiedereröffnung der Strecke Bad Segeberg - Neumünster wird wohl eine Ausnahme bleiben. Diese Strecke wird aber eine Zukunft haben, wenn man an ringförmige Verbindungen mit der Stadt Hamburg denkt. Das wäre ein Zukunftskonzept, das eine kostendeckende Bewirtschaftung durchaus möglich machte.
Eine weitere Aufgabenübernahme durch das Land halten wir als CDU nicht für möglich, es sei denn, dass nach dem Konnexitätsprinzip entsprechende Mittel nach Schleswig-Holstein kämen. Das haben Sie, meine Damen und Herren von der SPD und von den Grünen, ja in den letzten Jahren verhindert; denn es war ja der Antrag gestellt worden, dass bei der Rückdelegation von Bundesaufgaben an die Länder auch Konnexität hergestellt werden müsste. Dies war ein Fehler, der eben in der Vergangenheit gemacht wurde.
Ganz wichtig ist - Herr Schröder, das haben Sie auch deutlich gemacht -, dass Schleswig-Holstein nicht von den internationalen Tangenten abgekoppelt werden darf. Wir sind ein Brückenland. Dessen sind wir uns bewusst. Deshalb brauchen wir auch diese Verbindungen. Oder aber es gibt keinen Bedarf. Ich habe gerade in den letzten Tagen gelesen, dass für die feste Verbindung von Schweden über Kopenhagen nach Hamburg nur ein Zugpaar pro Tag vorgesehen ist. Das spricht nicht für den ganz großen Bedarf, den wir uns vorgestellt haben. Die Autobahnen können den Verkehr aber auch nicht aufnehmen.
Meine Damen und Herren, wir stimmen der Resolution zu, hoffen aber, dass Sie von der SPD und von den Grünen Ihre Bundestagsabgeordneten und Ihre Verantwortlichen hier in Kiel mit scharfem Druck annehmen, damit nichts schief läuft.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Für die Bahn ist der Zug abgefahren“ - so die „Lübecker Nachrichten“ zur Entscheidung über die Vergabe der Strecken Neumünster - Bad Oldesloe und Heide - Büsum an die AKN und an die Hamburger Hochbahn.
Angesichts der Pläne des neuen Bahnchefs Mehdorn bekannt geworden unter anderem unter der Bezeichnung REGENT - stellt sich die Frage, ob auch für das Land Schleswig-Holstein der Zug schon abgefahren ist oder demnächst abgefahren sein wird - jedenfalls der Fernzug.
Kein Zweifel, meine Damen und Herren, niemand von uns kann ein Interesse daran haben, dass SchleswigHolstein im wahrsten Sinne des Wortes einfach abgehängt wird. Die Verkehrssituation auf der Straße mit dem Quasi-Schlagbaum Elbtunnel muss nicht noch durch ein Schienenkonzept begleitet werden, das in Hamburg vor einem roten Signal endgültig stehen bleibt. Dabei geht es - das sei am Rande vermerkt nicht nur um die - wie der Antrag wörtlich sagt - „Sicherstellung der Mobilität für die Menschen in Schleswig-Holstein“. Nein, ein solches Abkoppeln bedeutet für unser Land viel mehr. Das wäre ein fataler Imageverlust für den Wirtschaftsstandort Schleswig-Holstein.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich erinnere mich jedenfalls noch gut an die Zeiten vor der Elektrifizierung der Strecke Hamburg - Kiel, als wir von der restlichen Republik mitleidig belächelt wurden, wenn wir in Hamburg-Altona eine Dreiviertelstunde lang auf dem Bahnsteig standen, um dann mit einem „Silberling“ in die Landeshauptstadt zu fahren.
Genauso wie Kiel auf der Wetterkarte erscheint, im Flugplan der Lufthansa präsent ist, müssen selbstverständlich Flensburg, Lübeck und Kiel auch im Fernfahrplan der DB AG weiterhin erscheinen.
(Beifall bei F.D.P., CDU und vereinzelt bei der SPD sowie der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es wäre übrigens ein weiterer Schlag für die Entwicklung des Tourismus in Schleswig-Holstein - wir haben heute Morgen darüber gesprochen -, wenn die Westküste einschließlich Sylt oder auch Lübeck Puttgarden nicht mehr mit durchgebundenen Fernverkehrszügen erreicht werden könnten. Wir werden also dem Antrag der Regierungskoalition zustimmen, weil die Zielrichtung stimmt, auch wenn der Inhalt im Einzelnen einer weiteren Diskussion bedürfte.
Zum Beispiel würden wir doch gern wissen, Herr Kollege Schröder, wie Sie sich das mit der Aufsicht über die Trassenpreise eigentlich genau vorstellen.
Unverkennbar bleibt allerdings, dass sich Rot-Grün auch in der Sicherung des regionalen Schienenverkehrs nicht ganz grün sind. Der gemeinsame Antrag formuliert Protest gegen die Pläne der DB AG. Das ist in Ordnung, aber doch ein bisschen wenig. Vielleicht wäre es sinnvoller, wenn auch arbeitsaufwendiger, ein eigenes Konzept anzubieten.
Der Kollege Hentschel hat ja am 18. April dieses Jahres ein solches Konzept veröffentlicht. Darin lese ich zu meinem Erstaunen Folgendes: Die Krise der DB AG lasse sich als Chance nutzen. Wörtlich heißt es dann: „Im Rahmen der Diskussion über das REGENTKonzept wird auch die Einstellung des IR-Verkehrs und von Endstrecken im ICE-Verkehr diskutiert.“ Jetzt kommt es: „Es ist klar, dass eine rein privatwirtschaftlich betriebene DB AG keine defizitären Strecken betreiben wird.“
Das, meine Damen und Herren, ist eine Einsicht, die der heute vorliegende Antrag leider nicht vermittelt. Dieser Einsicht werden wir uns aber stellen müssen, nämlich der Tatsache, dass es sich bei der DB AG um ein privatwirtschaftliches Unternehmen handelt, das entsprechend agieren muss. Mit bloßem Protest werden wir da auf Dauer nicht weiterkommen.
Das Konzept des Kollegen Hentschel schlägt vor, die Länder sollten die Möglichkeit haben, zusätzliche Fahrten von ICEs zu bestellen, gegebenenfalls verbunden mit zusätzlichen Haltepunkten.
Sehr interessant! Nur, meine Damen und Herren, wer bestellt, muss auch bezahlen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die mahnenden Worte des damaligen Verkehrsministers Steinbrück bei der Regionalisierung des Schienenpersonennahverkehrs. Zu Recht wurde damals darauf hingewiesen, dass die Zuteilung von Regionalisierungsmitteln durch den Bund an das Land nicht automatisch dazu führe, dass sich auch die Schienenverkehrsleistung erhöhe.
Ob der Bund jetzt bereit sein wird, ausreichende Mittel auf die Länder zu übertragen, um die Bildung eines Nord-Ostsee-Netzes für das Land kostenneutral zu gestalten, darf sicherlich mit einem großen Fragezeichen versehen werden - ebenso wie die euphorischen Berechnungen des Kollegen Hentschel hinsichtlich des Überschusses aus Trassengebühren.
Dennoch ist es notwendig, sich mit der weiteren Regionalisierung und den Fragen der Neufinanzierung des gesamten Bahnverkehrs auseinander zu setzen. Dabei werden zusätzliche Möglichkeiten des Wettbewerbs ein wesentlicher Aspekt sein.
Das alles geht allerdings weit über den heute vorliegenden Antrag hinaus. Gleichwohl werden wir dem Antrag selbstverständlich zustimmen, damit der Verkehrsminister und auch die Ministerpräsidentin morgen im Gespräch mit Herrn Mehdorn mit aller Kraft die Meinung aller hier vertretenen Parteien und ganz Schleswig-Holsteins vortragen können.
Ich würde mich allerdings freuen, wenn wir eine derartige Einigkeit hinsichtlich der Interessen der Mobilität der Menschen dieses Landes auch einmal bei anderen Verkehrsprojekten, bei anderen Verkehrsträgern erreichen könnten und nicht nur bei dem Lieblingsspielzeug von Herrn Hentschel, der Eisenbahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Natürlich werde ich mich für mein Lieblingsspielzeug einsetzen; ich fahre nämlich manchmal auch Eisenbahn.
Der Antrag ist optimal getimt, denn morgen kommt der Bundesbahnchef. Insofern ist es genau die richtige Sekunde, um ihm eine Message des Landtages mitzugeben.
Ich stehe zur Regionalisierung. Die Regionalisierung des Zugverkehrs hat sich schon gelohnt. Wir haben eine Reihe von Strecken ausgeschrieben. Es wird billi
ger. Dadurch werden neue Züge in Auftrag gegeben. Der Zugverkehr hat zugenommen. Es sind zusätzliche Fahrten eingeführt worden, zum Beispiel der Halbstundentakt zwischen Preetz und Kiel, der Halbstundentakt zwischen Eutin und Lübeck im Pendlerverkehr. Es passiert etwas. Es geht aber noch zu langsam. Wir werden in Schleswig-Holstein demnächst neue Züge im Regionalverkehr haben, modern, schnell, sauber, attraktiv, sodass ein anderes Bild entsteht als mit den alten Silberlingen, die viele Leute geärgert haben. Wir müssen auf diesem Weg weitergehen.
Nun zur zentralen Frage, die die beiden Oppositionssprecher genannt haben, nämlich zur Frage, ob und warum es sich rentiert, das Netz zu übernehmen. Der Kern der Antwort liegt darin, dass wir das Netz schon heute bezahlen. Von den 210 Millionen DM, die das Land an die DB AG jährlich für den Regionalverkehr überweist, zahlt das Land bereits 160 Millionen DM Trassenkosten. Die Rechnung, die ich aufgestellt habe, stammt nicht von mir, sondern von Bahnexperten, die darauf hinweisen, dass dieses Geld bei der Bundesbahn im Wesentlichen für Trassen ausgegeben wird, aber leider nicht für Trassen in Schleswig-Holstein, sondern für den Neubau von Fernverkehrsstrecken in anderen Regionen, zum Beispiel für das Eisenbahnkreuz in Berlin, für die neue Trasse quer durch Nordrhein-Westfalen und so weiter,