Wir könnten uns zum Beispiel solche Modelle vorstellen, dass Bürgerinnen und Bürger in die von den Parteien aufgestellten Listen selber eingreifen können.
In diesem Zusammenhang stehe ich natürlich nicht an zu sagen, was wir im Koalitionsvertrag nicht erreicht haben, nämlich festzuschreiben, dass nach dem System Hare/Niemeyer gezählt wird,
damit gerade auch die kleinen Fraktionen auf die ihnen wirklich zustehende Zahl der Mandate kommen. Das wäre ein nächster Schritt, den wir uns vornehmen sollten. Ich freue mich, dass wir hier seitenübergreifend so eine schöne Einigkeit haben.
Abschließend möchte ich, um die Einigkeit nicht zu übertreiben, noch zu einem Aspekt unseres Wahlgesetzes etwas sagen, der damit nicht unmittelbar etwas zu tun hat. Ich erlaube mir, das hier anzufügen, weil das heute in den Reden zur Regierungserklärung angesprochen wurde. Ich finde es unredlich, so zu tun, als ob sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegenüber den Wählerinnen und Wählern einen Wortbruch hätten zuschulden kommen lassen. Diesen Vorwurf weise ich weit von uns. Wählerinnen und Wähler können in diesem Land Abgeordnete wählen. Wir Grüne haben als Abgeordnete kandidiert. Ich bin mit meiner Wenigkeit Abgeordnete in diesem Landtag und meine beiden Kollegen Rainder Steenblock und Angelika Birk ebenfalls. Also kann hier von Wahlbetrug überhaupt nicht die Rede sein.
(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Günter Neugebauer [SPD])
Die Wählerinnen und Wähler in diesem Lande wählen keine Minister und keine Fraktionsvorsitzenden, sondern Abgeordnete, und das sind wir. Damit haben wir genau das erreicht, was wir den Wählerinnen und Wählern auch versprochen haben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als ich diesen Tagesordnungspunkt vorbereitete, griff ich - wie sicherlich alle Kolleginnen und Kollegen auf die Protokolle zur Wahlrechtsdebatte aus dem Jahre 1994 zurück und ich bin, ehrlich gesagt, etwas erschrocken. Denn leider musste ich feststellen, dass es sich damals um eine wenig erbauliche Debatte handelte. Es war eine Debatte, die es in sich hatte. Es ging dabei um Machterhaltung und darum, dass es unredlich ist, das Wahlrecht für eigene Belange zu instrumentalisieren.
Heute sind wir natürlich klüger. Heute wissen wir selbstverständlich, dass das Wahlrecht allein da ist, um den Wählerwillen möglichst genau im Parlament widerzuspiegeln, nicht mehr und nicht weniger. Es ist nicht Eigentum der Parteien, es ist auch nicht Eigentum der Fraktionen. Deshalb habe ich die Hoffnung, dass in dieser Frage eine Lösung im Konsens angestrebt wird. Gerade beim Wahlgesetz können wir uns keine Konflikte von Regierungsparteien und Opposition leisten.
Auch der SSW ist der Ansicht, dass eine Begrenzung der Abgeordnetenzahl erforderlich ist, damit endlich verhindert wird, dass der Landtag wieder weit über die in der Landesverfassung genannten 75 Mandate hinausschießt. Wer 1994 gemeint hat, dass dies ein einmaliges Problem ist, das sich nach der 13. Wahlperiode nicht mehr wiederholen würde, ist am 27. Februar eines Besseren belehrt worden.
Der SSW ist immer noch der Ansicht, dass eine an das dänische Wahlrecht angenäherte Lösung die beste Alternative wäre. Das sagte mein Vorgänger Karl Otto Meyer schon 1994 und ich wiederhole es gern. Bei einem solchen Modell würden auch die Direktmandate nach d`Hondt vergeben und eine Punktlandung bei 75 Abgeordneten wäre möglich. Darüber hinaus hätten die Bürger endlich auch die Möglichkeit, zwischen mehreren Kandidatinnen und Kandidaten einer Partei zu wählen und die Landeslisten der Parteien zu verändern. Ich führe das im Rahmen der Ausschussberatung gern einmal näher aus. Für ein solches demokratischeres Wahlrecht werden wir uns auch zukünftig einsetzen.
Allerdings sind wir Realisten genug, um zu sehen, dass wir mit einem solchen Vorschlag wenig Chancen haben. Die zweitbeste Möglichkeit ist deshalb, dafür zu sorgen, dass die Zahl der Direktmandate kleiner ist als die der Listenmandate. Dadurch wird die Wahrscheinlichkeit von Überhangmandaten minimiert und
es wird nicht mehr möglich sein, mit weniger als 50 % der Stimmen mehr als 50 % der Mandate zu bekommen. Darauf, ob es nun genau 37 sein sollten, müssen wir uns heute nicht festlegen. Die beste Zahl werden die Ausschussberatungen ergeben müssen. Wir werden es gut überlegen müssen, denn von der Anzahl der Mandate hängt mehr ab als nur die Frage der Überhang- und Ausgleichsmandate. Auch das ist heute schon angedeutet worden.
Vor allem ist entscheidend, ob bei 37 Wahlkreisen die Regionen des Landes noch angemessen vertreten werden. Das werden wir erst sehen können, wenn wir über konkrete Zuschnitte der Wahlkreise sprechen. Der SSW wird auf jeden Fall nicht hinnehmen, dass der Norden des Landes zugunsten des Südens geschwächt wird.
nicht weil das unser politisches Kerngebiet ist, sondern weil die Bürgerinnen und Bürger im Landesteil Schleswig eine angemessene Vertretung in Kiel brauchen.
Das Wahlrecht ist eine äußerst schwierige Materie, weil es eng mit den Interessen der Parteien und Politiker verwoben ist. Das lässt sich kaum vermeiden. Auch das hat die heutige Debatte schon gezeigt. Für den SSW kann man das daran verdeutlichen, dass es durch größere Wahlkreise unwahrscheinlicher wird, dass wir in unseren Hochburgen im Norden ein Direktmandat erringen. Das soll aber nicht unserer Zustimmung zu einer Reduzierung der Wahlkreise im Wege stehen.
Die größte Veränderung bedeutet eine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise natürlich für die beiden großen Parteien. Sie erhielten zwar sozusagen ein Monopol auf die Wahlkreise, aber nicht alle Kolleginnen und Kollegen, die heute mit einem Direktmandat in diesem Hause sitzen, könnten im nächsten Landtag dabei sein. Die großen Fraktionen müssten auf einige Abgeordnete verzichten und das fällt natürlich nicht leicht.
Trotzdem ist es meine Hoffnung, dass alle an einer gemeinsamen Lösung mitarbeiten werden, dass wir diese Frage diskutieren können, ohne uns bei der Meinungsbildung davon leiten zu lassen, dass Parteiinteressen oder persönliche Gründe angetastet werden. Es
darf nicht so sein, dass sich eine Mehrheit durch das Wahlrecht absichert. Es widerstrebt dem System der parlamentarischen Demokratie, wenn jemand seine finanzielle Existenz von einem Mandat abhängig macht.
Zum Schluss möchte ich gern in aller Deutlichkeit sagen, ohne jemanden persönlich anzusprechen: Wahlkreise sind keine Erbhöfe. Uns ist die Macht auf Zeit vom Volk verliehen.
Über die Zahl 37 werden wir - wie gesagt - noch diskutieren können. Entscheidend ist, dass wir handeln. Lassen Sie uns den Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass wir verantwortungsvoll mit unseren Mandaten umgehen können, und lassen Sie uns dem Bund der Steuerzahler zeigen, dass er vielleicht etwas von Betriebswirtschaft versteht, dass er aber den Parlamentarismus nicht begriffen hat!
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verstehe die Aufregung nicht, die die Kollegen Puls und Lehnert in die Debatte gebracht haben.
- Herr Kollege Schlie, wir haben eine fünfjährige Legislaturperiode; wir haben ausreichend Zeit zu debattieren. Wenn wir das nicht am Anfang der Wahlperiode machen, wird es gar nichts. Das wissen wir alle selbst.
Wir haben unsere Wahlkreise ohnehin neu zu schneiden, weil der Einwohnergleichwert nicht mehr stimmt.
Niemand kann mir erklären, warum sich das Bundestagswahlrecht so exorbitant von dem schleswigholsteinischen unterscheiden soll, was die Demokratiefähigkeit angeht. Da haben wir halbe/halbe bei Direktwahlkreisen und Listenwahlkreisen und übrigens reduziert der Bundestag die Abgeordnetenzahl -