Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Es ist nicht lange her, da hat der Landtag große Pläne zum Thema Gender Mainstreaming beschlossen. Wir brauchen Menschen, die für die konkrete Umsetzung solcher Sonntagsreden arbeiten. Die Gleichstellungsbeauftragten können ihre Gemeinden beim Gender Mainstreaming fachkundig beraten und unterstützen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Beim Änderungsvorschlag zu § 18 der Gemeindeordnung hat die CDU leider nicht genau verstanden, was das Urteil des OVG beinhaltete. Es wird nämlich einfach Artikel 13 des Grundge setzes durch Sie eingeschränkt.

(Anke Spoorendonk [SSW]: So ist es!)

Der Vorschlag, präventive Zugangsrechte der Gemeinde zu öffentlichen Einrichtungen einzuführen, ist in der von Ihnen genannten Form verfassungswidrig.

(Widerspruch bei der CDU - Martin Kayen- burg [CDU]: Ich denke, Sie sind Anwältin! Unglaublich! Peinlich, peinlich, Frau Kolle- gin! Staatsrecht I!)

Das OVG hat nämlich festgestellt, dass solche Eingriffe nur zulässig sind, wenn sie aufgrund eines Gesetzes zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit erfolgen. Bei Ihnen steht das Zugangsrecht ohne Voraussetzungen drin. Die CDU schränkt hier das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung ein, ohne eine ausreichende rechtliche Grundlage hierfür zu haben. Sie gehen einfach darüber hinweg, dass noch besondere Voraussetzungen vorliegen müssen, bevor dieses Grundrecht eingeschränkt werden darf.

(Beifall bei SSW und F.D.P.)

Im Ausschuss werde ich auf die Punkte im CDUGesetzentwurf eingehen, mit denen wir uns anfreunden können. Allgemein gilt aber, dass nur einzelne Mängel aufgegriffen werden, ohne die grundsätzlichen Probleme in Angriff zu nehmen. Vor diesem Hintergrund hoffen wir aber, dass jetzt nicht in einem Schnellverfahren eine neue Gemeindeordnung beschlossen wird, nur weil der CDU-Entwurf auf dem Tisch liegt. Entgegen der Ansicht von Herrn Hentschel ist es mir lieber, den Gesetzentwurf mit ausreichend Zeit gründlich zu erörtern, insbesondere mit den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern.

(Beifall bei SSW und F.D.P. - Heinz Maurus [CDU]: Wir sehen Ihren Vorschlägen mit In- teresse entgegen! - Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vor der nächsten Kommunalwahl!)

Nach § 56 Abs. 4 erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul das Wort.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wir wollen ihm nur Gelegenheit geben, hier mal etwas zu sa- gen! - Weitere Zurufe)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Freien Demokraten haben nachhaltige

(Dr. Johann Wadephul)

Sehnsucht nach einem Beitrag von mir und dem will ich nachkommen.

(Beifall bei CDU, F.D.P. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Hildebrand, der eigene Redebeitrag war nicht geeignet, Ihr Ziel von 18 % Wirklichkeit werden zu lassen.

(Heiterkeit und Beifall)

So werden Sie Ihr Ziel, die Grünen zu vertreiben und zu überflügeln, bestimmt nicht erreichen.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das haben wir doch schon!)

Wir können hier gern viel parteipolitische Polemik miteinander verbreiten. Aber ich habe wirklich die Hoffnung, dass die Beiträge, die von SPD und F.D.P. gekommen sind, nicht zu viele Kommunalpolitiker hören. Sie würden nämlich den Eindruck bekommen, dass wir hier Kommunalpolitik nicht ernst nehmen und sie zur billigen Parteipolemik benutzen. Das würde die Menschen nicht ermutigen, ehrenamtlich Kommunalpolitik zu machen. Deswegen war das kein guter Beitrag.

(Beifall bei der CDU)

Ich will hier ganz offen sagen: Wir haben einen mutigen Gesetzentwurf eingebracht und die gesamte Fraktion steht hinter diesem Gesetzentwurf,

(Holger Astrup [SPD]: Mal sehen, wie lan- ge!)

der in der Öffentlichkeit sehr wohl diskutiert wird, auch in meiner Partei. Herr Kollege Puls, das ist in der Tat ein wesentlicher Unterschied zu den Sozialdemokraten: Wir stellen uns der parteiinternen und kritischen öffentlichen Diskussion. Ich darf an den vergangenen Herbst erinnern. Was hat denn der Kollege Astrup dazu gesagt, als die Basis in der Sozialdemokratie noch einmal den Anspruch erhoben hat, vielleicht einen Parteitag durchzuführen? Da haben Sie gesagt, ein Parteitag der SPD würde Regierung, Fraktion und Partei beschädigen.

(Holger Astrup [SPD]: Richtig!)

Ihr Landesgeschäftsführer hat gesagt, ein Parteitag der SPD wäre die letzte Eskalationsstufe.

(Holger Astrup [SPD]: Ja, sicher!)

Sie sind einmal mit Willy Brandt angetreten, um mehr Demokratie zu wagen. Heute haben Sie schon Angst vor der eigenen Basis.

(Beifall bei der CDU)

Die haben wir nicht. Deshalb diskutieren wir diese Vorschläge miteinander.

Der Kollege Schlie hat darauf hingewiesen: Wir haben insbesondere die Landesregierung und die SPD beim Thema Direktwahl auf dem falschen Fuß erwischt. Sie, die Sie sich Basispolitik zu Eigen gemacht haben, wollten die Direktwahl eigentlich abschaffen. Der Kollege Hay hat dies in einem Interview der „Kieler Nachrichten“ insgeheim eingeräumt. Ich sage ganz ausdrücklich und an dieser Stelle in großer Übereinstimmung mit den Freien Demokraten und den Grünen: Wir haben die Direktwahl bewusst eingeführt, weil wir mehr Bürgerbeteiligung wollten und uns als Parteien an dieser Stelle zurückgenommen haben. Wir stehen zur Direktwahl und werden für die Beibehaltung der Direktwahl der hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte kämpfen.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir nicht parteiübergreifend erkennen, dass es unter den ehrenamtlichen Kommunalpolitikern einen ganz erheblichen Frust gibt, dann werden wir alle Probleme haben, Menschen noch zu begeistern, ehrenamtlich Kommunalpolitik zu machen. Ich sage das bewusst im Jahr des Ehrenamtes. Daher ist es eine gemeinsame Verantwortung aller Parteien dieses Hauses, sich dafür einzusetzen, dass Ehrenamtler auf kommunalpolitischer Ebene erstens rechtliche Möglichkeiten haben, etwas zu bewegen, und zweitens auch Geld haben, um etwas zu bewegen. In diesem Sinne freue ich mich auf eine interessante Sachdebatte in den Ausschüssen.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ich erteile Herrn Innenminister Buß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu Beginn einige Worte zur Direktwahl sagen. Auch wenn die Direktwahl in der Debatte bisher nur eine untergeordnete Rolle gespielt hat, so steht sie doch eigentlich über allem. In den vielen Gesprächen, die ich vor Ort in vielen Gremien geführt habe, ist man stets sehr schnell auf die Frage der Direktwahl gekommen. Ich glaube, diese Erfahrung haben viele von Ihnen, die auf kommunaler Ebene Gespräche geführt haben, in ähnlicher Weise gemacht.

Frau Hinrichsen hat darauf hingewiesen: Als eines der zentralen Themen der kommunalen Verfassungsreform wurde dieser Punkt 1995 intensiv und kontrovers dis

(Minister Klaus Buß)

kutiert. Die seither in den Kreisen und in den hauptamtlich verwalteten Gemeinden durchgeführten Wahlen sind im politischen Raum kritisch beobachtet und mit sehr unterschiedlichen Schlussfolgerungen versehen worden. Seit 1995 haben insgesamt 73 Direktwahlen stattgefunden. Dabei waren 31 Direktwahlen zeitgleich mit anderen Wahlen wie Kommunal-, Bundestags-, Landtags- und Europawahlen. Der überwiegende Anteil von 42 Wahlen wurde separat durchgeführt. Bei der Wahlbeteiligung reicht die Streuung von 24,1 % in Marne bis 75,1 % auf Helgoland.

Niedrige Wahlbeteiligungen sind vor allem bei Wahlen zu verzeichnen, bei denen nur eine einzige Bewerberin oder ein einziger Bewerber kandidierte, bei denen sich den Wählerinnen und Wählern also keine eigentliche Auswahl bot. Problematisch waren auch die Wahlbeteiligungen bei den separaten Landratswahlen in Nordfriesland mit einer Beteiligung von 35,3 % und in Plön mit 34,2 %. Bei den separat durchgeführten Direktwahlen insgesamt lag die Wahlbeteiligung durchschnittlich bei rund 42 %. Das ist immerhin eine höhere Wahlbeteiligung als bei der Durchführung der Europawahl 1999. Da lag sie bei rund 39 %. Niemand würde ernsthaft erwägen, Europawahlen infrage zu stellen.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] und bei der F.D.P.)

In den übrigen Fällen lag die Wahlbeteiligung bei Direktwahlen deutlich höher und entsprach in etwa den Beteiligungen an den zeitgleich stattfindenden überregionalen Wahlen. Ich würde es begrüßen, wenn diese Zahlen dazu beitrügen, die Diskussion um die Direktwahl der Hauptverwaltungsbeamten landesweit zu versachlichen.

Die Landesregierung geht in ihren Überlegungen jedenfalls von der Beibehaltung der Direktwahl von Bürgermeistern und Landräten aus. Das muss sie auch. Allerdings nimmt sie die unterschiedlichen Stimmen aus SPD und CDU zur Kenntnis. Der entsprechende Beschluss des Landkreistages, der schon zitiert wurde, zeigt ebenfalls die sehr unterschiedlichen Positionen im Lande.

In der politischen Diskussion um die Fortentwicklung der Kommunalverfassung besteht ganz überwiegend Einvernehmen darüber, dass die Rolle des Hauptausschusses einer Neuorientierung bedarf. Dankenswerterweise ist diese Debatte sehr sachlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Es ist mir wichtig zu sagen, dass es dabei gilt, die ehrenamtliche Selbstverwaltung zu stärken, ohne we

sentliche Elemente des Trennungsprinzips in Frage zu stellen.

(Beifall bei der SPD)

Die erforderliche Stärkung des Hauptausschusses und damit des Ehrenamtes lässt sich auch - und vielleicht besonders - unter Beibehaltung des Prinzips der klaren Zuteilung der Verantwortung erreichen. Notwendig ist eine weitere Konzentration der Kompetenzen des Ehrenamtes im Hauptausschuss. Ich denke hier an die Zusammenführung der bereits bestehenden Controllingfunktionen mit den Budgetzuständigkeiten des Ehrenamtes. Auch die Beteiligungssteuer, die eine zunehmende Bedeutung in der Kommunalpolitik einnimmt, könnte künftig verstärkt im Hauptausschuss wahrgenommen werden.

Durch eine solche Kräftebündelung würde das Ehrenamt insgesamt eine erhebliche Stärkung erfahren. Dabei dürfen die dem Hauptausschuss gesetzlich bereits obliegenden Aufgaben nicht verdrängt oder gar vernachlässigt werden. Die Einführung neuer Steuerungsformen ist eine der entscheidenden Komponenten des gegenwärtigen Veränderungsprozesses im gesamten öffentlichen Bereich.