Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Meine Damen und Herren, Umweltthemen leiden immer darunter, dass sie aktuell sind, wenn eine Katastrophe passiert, und dass sie in der Folgezeit leicht wieder in Vergessenheit geraten. Unsere Aufgabe ist es, dies zu ändern. Deshalb betrachte ich es als ein gutes Zeichen, dass wir uns in dieser Hinsicht immer noch einig sind und gemeinsam unseren berechtigten Wünschen Nachdruck verleihen. Vielleicht wären wir schon ein gutes Stück weiter, wenn dieses auch schon zu Zeiten der alten schwarz-gelben Regierung so gewesen wäre.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Jahren schon wird über die Schiffssicherheit diskutiert. Letzter negativer Höhepunkt in dieser Angelegenheit war die Havarie und Strandung des Frachters „Pallas“. Hierzu hat es auch im Landtag mehrere ziemlich kontroverse Debatten gegeben.
Natürlich lässt sich die Gefahr einer Havarie oder einer Strandung von Schiffen nie ganz ausschließen. Das Zusammenspiel mehrerer Komponenten kann immer dazu beitragen, dass Schiffe unkontrollierbar werden und aus dem Ruder laufen. Ebenso wird es trotz EU-Sicherheitsregelungen immer wieder Schiffe geben, die auf europäische Gewässer losgelassen werden, obwohl sie besser im Hafen geblieben wären oder gar auf den Schrotthaufen gehören.
Doch das darf nicht dazu führen, dass wir tatenlos auf das nächste havarierte Schiff warten. Daher muss für unsere Küsten grundsätzlich das Vorsorgeprinzip gelten.
Wir benötigen moderne Systeme, die es ermöglichen, Schiffe sicher durch unsere Gewässer zu lenken. In besonders schwierigen oder empfindlichen Meeresgebieten sollte daher auch eine Lotsenpflicht eingeführt werden. Für die Nordsee wird dies bereits intensiv diskutiert. Diese Überlegungen sollten wir auch auf die Ostsee erweitern.
Darüber hinaus sollte auch eine einheitliche Seeraumüberwachung der Ostsee in Zusammenarbeit mit den deutschen Küstenländern, Dänemark und auch Polen angestrebt werden. Ziel hierbei müsste aber sein, dass einheitliche technische Überwachungssysteme und einheitliche Kommandostrukturen vorgehalten werden. Voraussetzung hierfür ist eine einheitliche Meldepflicht für alle Schiffe im betreffenden Seeraum.
Die Notfallversorgung stellt ebenfalls einen wichtigen Punkt für mehr Schiffssicherheit dar. Wie in der
Nordsee muss auch in der Ostsee gegebenenfalls Schlepperkapazität vorgehalten werden. Da die Bundesregierung jedoch bisher noch nicht einmal entsprechende Forderungen für die besonders gefährdete Nordsee erfüllt hat - trotz „Pallas“! -, ist hier allerdings wenig zu erwarten.
Eine der Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Bergungsaktion ist allerdings auch, dass die Schiffe in der westlichen Ostsee mit entsprechenden Schleppvorrichtungen ausgerüstet sind. Hier fehlt es jedoch bisher an rechtlichen Voraussetzungen.
Den nächsten wichtigen Punkt stellt die Forderung nach einer Küstenwache dar. Sie ist hier auch schon mehrfach genannt worden. Bereits in meiner Kritik zum „Pallas“-Bericht habe ich gesagt, dass es wichtig ist, die einzelnen Behörden und Institutionen, die im Havariefall tätig werden sollen, zu einer Einheit zusammenzufassen. Kompetenzen und Zuständigkeiten müssen künftig eindeutig geregelt werden. Dies geht am besten in einer einheitlichen Küstenwache, auch wenn dies einen Staatsvertrag oder eine Grundgesetzänderung notwendig macht. Diese Küstenwache sollte nicht nur im Fall des Falles tätig sein, sondern eine ständig verfügbare Einheit sein, die den Seeraum ständig beobachtet und überwacht. Damit wären wir in der Lage, ständige Kontakte zu unseren Nachbarn aufzubauen, die im Ernstfall auch genutzt werden könnten.
Eine solche Küstenwache müsste nicht nur auf Havariefälle im Allgemeinen vorbereitet sein, sondern darüber hinaus auch Kompetenzen für Ölbekämpfung oder Schutz vor anderen Schadstoffen haben. Ich bin mir darüber im Klaren, dass eine derartige Küstenwache eine große nationale Aufgabe darstellt, doch als übergeordnetes Ziel sollte die Zusammenfassung von allen Einrichtungen des Bundes und der Länder zu einer Küstenwache bei entsprechender Kompetenzübertragung im Auge behalten werden.
Die „Pallas“-Havarie hat deutlich gezeigt, dass es wichtig ist, die derzeitigen Rechtsgrundlagen zu verbessern. So sollte die Möglichkeit geschaffen werden, dass Schlepper künftig schneller Zugriff haben können, ohne dass es finanzielle Nachteile für sie hat. Grundsätzlich müssen die Reeder für ihr Schiff haften. Die Errichtung eines Fonds, der in einer Übergangszeit für eventuelle Havarieschäden aufkommt, halte ich zumindest vorläufig für sinnvoll.
Viele nationale und internationale Änderungen und Maßnahmen sind notwendig, um künftig eine umfangreiche Schiffssicherheit zu gewährleisten. Der
„Pallas“-Bericht hat jedoch deutlich gezeigt, wie schwer die Umsetzung solcher Maßnahmen ist. Trotzdem ist gerade die Schiffssicherheit an Nord- und Ostsee für Schleswig-Holstein ein enorm wichtiges Thema. Daher sind wir der F.D.P. für den Antrag dankbar. Allerdings müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass wir, wenn wir versuchen, einheitliche Lösung zu schaffen - dazu fordern wir auch wir die Landesregierung auf -, das sicherlich eine gewisse Zeit dauern wird.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung ist selbstverständlich gern bereit, den gewünschten Bericht zu geben, wenngleich sich das hohe Haus bereits im November 2000 mit dem Bericht des Innenministers „Konsequenzen aus der Havarie ‘Pallas’“ befasst hat und seitdem auch in den Ausschüssen des Landtages ausführlich mit der Verbesserung der Sicherheitsmaßnahmen im Havariefall beschäftigt, aber das Thema ist es allemal wert, gemeinsam weiter verfolgt zu werden.
Der Berichtsantrag enthält in seinen insgesamt neun Fragestellungen auch einige Gesichtspunkte, in denen nach dem Unfallrisiko in der gesamten westlichen Ostsee und den Gefahren für die schleswigholsteinische Ostseeküste gefragt wird. Erst am vergangenen Freitag ereignete sich vor der Küste von Hiddensee eine Havarie. Speziell für diese Gefahrenstelle, die so genannte Kadetrinne, vor der Küste von Mecklenburg-Vorpommern gibt es vernünftige Vorschläge zur Verlängerung des Verkehrstrennungsgebiets, zur Einführung eines Lotsenzwangs, zur Radarüberwachung. Das alles sind Vorschläge, die vernünftig sind, die jetzt zügig geprüft werden müssen und schnell umgesetzt werden sollten.
Wir teilen die Sorge um die Schiffssicherheit auf der gesamten Route vom Großen Belt über den Fehmarnbelt und die Kadetrinne bis in die mittlere Ostsee. Da es sich teilweise um Bundeswasserstraßen handelt, teils um dänische Gewässer, werden wir für den Bericht die Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nord beziehungsweise den Bundesverkehrsminister um Angaben zum Unfallrisiko des internationalen Schiffsverkehrs bitten, während unser eigenes Landesumweltministerium Aussagen über Verschmutzungsrisiken für unsere Küsten zuliefern wird.
Die Fragen im Berichtsantrag nach zusätzlichen Maßnahmen und Kompetenzen der Landesregierung geben Gelegenheit, schon heute, aber auch im Bericht ausführlich über die Projektorganisation maritime Notfallvorsorge zu berichten, die seit Sommer 2000 beim Bundesverkehrsminister arbeitet. Die Fachleute aus den betroffenen Landesministerien Umwelt und Verkehr arbeiten dort aktiv mit. Die Projektorganisation bereitet die Umsetzung von rund 30 Empfehlungen aus der Grobecker-Kommission vor. Mehrere Maßnahmen - auch meines Erachtens zu wenig - sind bisher umgesetzt. Ich muss offen sagen: Auch mir und meinem Kollegen Klaus Buß geht das zu langsam. Wir werden den Druck verstärken müssen.
In der außerordentlich schwierigen Kernfrage der Gründung eines Havariekommandos, das schnell handeln kann, und einer neuen einheitlichen See- oder Küstenwache gibt es zwar Zwischenschritte. Es besteht zwischen den Küstenländern und der Wasserund Schifffahrtsverwaltung immerhin Einvernehmen über die Errichtung eines Havariekommandos für die Einsatzführung in komplexen Schadenslagen mit Zugriff auf alle Ressourcen der Schadensbekämpfung. Ein 24-stündig besetztes maritimes Lagezentrum für den Leiter des Havariekommandos hat im Wesentlichen die Aufgabe, die zur Verfügung stehenden Informationsquellen zu sichten und auszuwerten.
Schleswig-Holstein hat sich auf der letzten Sitzung der Projektlenkungsgruppe nochmals dafür ausgesprochen, umgehend die Voraussetzungen für eine schnelle Einrichtung eines solchen Havariekommandos zu schaffen. Der Bericht, den wir geben, kann den Druck in diese Richtung nochmals unterstützen, dass das so schnell wie möglich vollzogen wird.
Über die von der Expertenkommission ebenfalls vorgeschlagene Intensivierung der Überwachung des Schiffsverkehrs durch eine gemeinsame Seewache, die alle Vollzugsdienste zusammenfasst, unter Führung des neuen Havariekommandos zeichnet sich bisher jedoch leider keine Lösung ab. Ich muss das so offen sagen. Wir werden gemeinsam gefordert sein, hier unseren Druck ebenfalls zu erhöhen.
Wir werden den Bericht - wie gesagt - gern geben, aber wir müssen dabei immer beachten, wer eigentlich der Adressat des Berichts ist: Wir dürfen den Bund nicht aus seiner Verantwortung für die Sicherheit des gesamten Küstenvorfelds entlassen.
Auf dem Gebiet der Verschärfung der internationalen Sicherheitsvorschriften hat die Landesregierung vielfältige Anregungen gegeben. Mit einem einstimmi
gen Bundesratsbeschluss vom März 1999 haben wir die deutsche Ratifikation zum Bergungsübereinkommen, zur Novellierung der Reederhaftung und zum Abschluss eines Bunkerölhaftungsübereinkommens angemahnt. Die Bundesregierung hat alle diese Schritte eingeleitet.
Zur gemeinsamen Vorgehensweise der fünf Küstenländer mit dem Bund gibt es keine Alternative. Deshalb konzentrieren sich alle Erwartungen nun auf die Projektorganisation maritime Notfallvorsorge.
Ebenso werden wir die aktuellen EU-Initiativen, also die beschleunigte Einführung von Doppelhüllentankern, die intensivere Hafenstartkontrolle und die bessere Überwachung der Klassifikationsgesellschaften, unterstützen.
Insofern kann uns ein weiterer Bericht hierfür nützen. Wir geben ihn gern so schnell wie möglich. Vielleicht kommen wir am Schluss des Berichts in der nächsten Tagung zu einer gemeinsamen Resolution, mit der wir unseren Forderungen dann noch einmal Nachdruck verleihen können.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag federführend dem Wirtschaftsausschuss und mitberatend dem Umweltausschuss zu überweisen.
Herr Präsident, es handelt sich doch um einen Berichtsantrag! Daher halte ich es für richtig, dass die Landesregierung erst ihren Bericht gibt.
Herr Abgeordneter, wenn Ausschussüberweisung beantragt worden ist, muss ich darüber abstimmen lassen. Wird der Antrag auf Ausschussüberweisung aufrechterhalten? - Jawohl, er wird aufrechterhalten. Dann stimmen wir zunächst darüber ab, den Antrag an den Wirtschaftsausschuss federführend und den Umweltausschuss mitberatend zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag abgelehnt und wir stimmen in der Sache über den Antrag ab. Wer dem Berichtsantrag in der Sache zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Berichtsantrag einstimmig angenommen.