Protokoll der Sitzung vom 21.03.2001

Arbeit für die Gemeinschaft in Vereinen, in Verbänden, in Parteien und in Organisationen ist für unsere Gesellschaft sehr wichtig.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wo ist der Kollege Fuß?)

Da gibt es Konsens. Es ist erfreulich, dass trotz all der widrigen Bedingungen, die Sie hier beklagen, eine Studie des Bundesfamilienministeriums herausgefunden hat,

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Fuß hat etwas anderes gesagt!)

dass sich 37 % der Jugendlichen unter 24 Jahren ehrenamtlich betätigen - das halte ich für ein absolut klasse Ergebnis -, aber auch viele Erwachsene.

Am meisten Respekt habe ich vor denjenigen, die ohne Bezahlung anderen helfen, wie zum Beispiel die Helferinnen und Helfer bei der „Norderstedter Tafel“. Diesen Helfern geht es vor allem darum, die Kosten, die sie durch ihr ehrenamtliches Engagement haben, von der Steuer absetzen können.

(Beifall bei SPD und SSW)

Das geht jetzt immer nur über den komplizierten Weg der Spendenbescheinigung. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir hier über eine Änderung diskutieren würden.

(Holger Astrup [SPD]: Sehr vernünftig!)

Im Jahr des Ehrenamtes wird natürlich auch in Berlin erneut überlegt, ob das Ehrenamt vom Staat weitere Unterstützung braucht. Die rot-grüne Bundesregierung

plant, die ehrenamtliche Tätigkeit mehr als bisher zu unterstützen. Zum Beispiel soll neben dem Freiwilligen Sozialen Jahr und dem Freiwilligen Ökologischen Jahr auch ein Freiwilliges Kulturelles Jahr eingerichtet werden. Neben den althergebrachten Formen des ehrenamtlichen Engagements sollen auch Freiwilligenagenturen, Selbsthilfegruppen und andere Initiativen unterstützt werden.

Der Bundestag hat deshalb eine Enquetekommission „Zukunft des bürgerschaftlichen Engagements“ eingerichtet, die bis Ende des Jahres Ergebnisse vorlegen soll. Diese Enquetekommission setzt sich mit den verschiedenen Fällen der Praxis auseinander und wird daraus eine Empfehlung ableiten, wie hoch ein steuerfreier Betrag angesetzt werden muss. Auch arbeitet sie eine schlüssige Begründung für die Höhe dieses Betrags aus.

Die Enquetekommission hat viele Fragen zu beantworten: Wie definieren wir heutzutage Ehrenamtlichkeit? Wie weit unter marktüblichen beziehungsweise tariflichen Bezahlungen muss eine Entschädigung liegen, damit man von Ehrenamt sprechen kann? Warum fällt zurzeit die Arbeit bei der Freiwilligen Feuerwehr unter die Steuerfreiheit, die ehrenamtliche Tätigkeit im Umweltbereich aber nicht? Diese Beispiele zeigen, wie schwierig eine gerechte Abgrenzung ist, wenn Einkommen nicht als solches gewertet werden soll.

Bis die Enquetekommission einen Lösungsvorschlag erarbeitet hat, gilt die neue Einkommensteuerrichtlinie der Bundesregierung. Hiernach werden 300 DM im Monat - das ist die Verbesserung, die es inzwischen gegeben hat - grundsätzlich steuerfrei gestellt, wenn die Aufwandsentschädigung für ehrenamtliche Tätigkeit aus öffentlichen Kassen kommt, wie es zum Beispiel bei der Feuerwehr oder bei der Kirche der Fall ist.

Für Übungsleiter im Sport gibt es ja eine neue Regelung: Deren Pauschale ist von 2.400 auf 3.600 DM im Jahr heraufgesetzt worden

Ich bin dafür, dass wir den Antrag an den Ausschuss überweisen, aber, Herr Kollege Wiegard - darin unterscheiden wir uns dann doch -, ich glaube, wir sollten der Enquetekommission des Bundestages nicht vorgreifen. Ich glaube nicht, dass unser Finanzausschuss schneller, klüger und besser beraten kann als eine Enquetekommission in Berlin.

(Holger Astrup [SPD]: Da ich da Mitglied bin, sehe ich das natürlich ganz anders!)

Eines zum Schluss, Frau Präsidentin: Viele Menschen, die ehrenamtlich arbeiten, erwarten von Politik und Gesellschaft vor allem Wertschätzung und Anerken

(Monika Heinold)

nung für ihre Arbeit. Ich sage hier trotz der kritischen Worte in meiner Rede zum Problem der Abgrenzung ganz deutlich: Meinen Respekt haben diese Menschen. Ich bedanke mich an dieser Stelle für die geleistete Arbeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich begrüße jetzt zunächst auf der Besuchertribüne die Besuchergruppe des Sozialverbandes Deutschland, Ortsgruppe Oeverse.

(Beifall)

Das Wort hat nunmehr Frau Abgeordnete Hinrichsen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im Jahr des Ehrenamtes ist schon vieles zur herausragenden Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements für die Gemeinschaft gesagt worden. Deshalb möchte ich diesen schönen Worten jetzt nicht viele weitere folgen lassen, sondern es bei dem Hinweis belassen, dass es den SSW und die Arbeit der dänischen und der friesischen Minderheiten ohne den unermüdlichen Einsatz ehrenamtlich Tätiger nicht geben würde.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

Deshalb können wir uns selbstverständlich der Initiative der CDU für das Ehrenamt anschließen. Auch wir wollen, dass das Ehrenamt wieder attraktiv wird.

Auch wenn der Begriff Ehrenamt nun einmal bedeutet, dass Menschen für ihr Engagement alle Ehre gebührt und kein Geld, gehört heute trotzdem zur Attraktivitätssteigerung, zumindest den Aufwand finanziell entschädigt zu erhalten. Hierzu hat es mittlerweile auch einige Anläufe gegeben: 1999 wurde gefordert, dass die steuerfreie Pauschale für Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten von 2.400 auf 4.800 DM angehoben werden sollte. Der Bund erfüllte diesen Wunsch zum Teil, indem er die steuerfreie Pauschale auf 3.600 DM jährlich erhöhte. Darüber hinaus steht es jedoch jedem ehrenamtlich Tätigen frei, einen höheren Aufwand geltend zu machen. Dieser kann aber nicht pauschal abgerechnet werden, sondern muss nachgewiesen werden. Aber es ist egal, ob ein pauschaler Aufwand steuerlich geltend gemacht wird oder ob Vereine durch die Auszahlung einer Pauschale den ehrenamtlichen Einsatz würdigen, denn durch beides wird den ehrenamtlichen Tätigen Anerkennung ausgesprochen, die sie verdient haben - sei es nun für Tätigkeiten in Sportvereinen oder in der Pflege. Das will die

CDU jetzt noch deutlicher machen; das wollen wir auch. Deshalb können wir den ersten Teil des Antrages grundsätzlich unterstützen.

Bei einigen Fragen besteht aber noch Klärungsbedarf: Wie soll man mit Personen umgehen, die sich nebenberuflich auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Funktionen ehrenamtlich engagieren? Dabei kann es sogar dazu kommen, das diese nebenberuflichen Tätigkeiten eher einer hauptberuflichen Tätigkeit entsprechen und das Einkommen aus diesen nebenberuflichen Tätigkeiten zu einer Haupteinnahmequelle wird. Das bedeutet aber, dass es dann nicht besteuert wird.

Es darf darüber hinaus auch keine unverhältnismäßige Benachteiligung jener entstehen, die ehrenamtlich in einem Bereich tätig sind, in dem keine Entschädigungen gezahlt werden. Sie profitieren nämlich überhaupt nicht von einem Steuerfreibetrag, auch nicht von einem in Höhe von 630 DM,

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD)

und können allenfalls den tatsächlichen Aufwand absetzen, wenn sie denn über ein Einkommen verfügen.

Fragen tauchen auch in Verbindung mit dem zweiten Teil des Antrages auf. Auch hier ist die grundlegende Zielrichtung nicht falsch, aber es müssen nach unserer Ansicht noch andere Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

Zum einen haben die in der Kommunalpolitik ehrenamtlich Tätigen die Möglichkeit, einen eventuell entgangenen Arbeitsverdienst erstattet zu bekommen. Das erhalten die anderen nicht. Sie können zudem für Abwesenheit vom Haushalt, entgeltliche Kinderbetreuung, entgeltliche Betreuung pflegebedürftiger Angehöriger ebenfalls noch eine Entschädigung erhalten. Das können Menschen in anderen Bereichen auch nicht.

Zum anderen gibt es im kommunalpolitischen Bereich ein differenziertes System der steuerfreien Entschädigung, bei dem der jeweilige Steuerfreibetrag von der Beschäftigung abhängt. Es gibt umfangreiche Listen die kann sich jeder in der Einkommensteuerkartei angucken -, wer je nach Größe der Gemeinde wie viel als steuerfreien Betrag ansetzen darf. Das differiert ordentlich. Manche erhalten nämlich über das Gesagte hinaus steuerfreie Entschädigungen und kommen damit auf steuerfreie Beträge in Höhe von 1.000 DM pro Monat. Das sollte man auch einmal berücksichtigen. Darüber hinaus tauchen in diesen Listen ebenfalls die Feuerwehren auf. Auch die für die Feuerwehr ehrenamtlich Tätigen können nach einem differenzierten System steuerfreie Beträge erhalten.

(Silke Hinrichsen)

Letzter Grund für eine Ausschussüberweisung ist ein weiteres Problem, das anscheinend noch keiner gesehen hat. Es geht darum, wer diese Steuererleichterungen eigentlich finanziert. Meiner Ansicht nach müssten wir doch dafür appellieren, wenn wir schon beim Bundesrat initiativ werden, dass das selbstverständlich vom Bund und nicht von den Ländern getragen wird.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten auch darüber im Ausschuss sprechen. Deshalb bitten wir um Ausschussüberweisung.

In der Loge möchte ich jetzt den Vorsitzenden des DGB Nord, Peter Deutschland, begrüßen.

(Beifall)

Das Wort erteile ich Herrn Minister Möller.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch ich finde es richtig, wenn wir über alle Aspekte im Ausschuss noch einmal ausführlich diskutieren. Beide Punkte sind ja sehr unterschiedlich zu bewerten.

(Holger Astrup [SPD]: Das stimmt!)

Ich denke, man muss alle ehrenamtlich Tätigen sehen: zum Beispiel Bürgermeister und Gemeindevertreter. Natürlich greift die Sache viel zu kurz, wenn man sie nur unter fiskalischen Gesichtspunkten sieht. Das ist wohl richtig. Immerhin hat es eine Anhebung gegeben.

Ich möchte noch eine weitere Zahl nennen, weil eben so ein bisschen durchklang, dass eigentlich alles steuerfrei sein müsste. Um alle ehrenamtlichen Tätigkeiten steuerfrei zu stellen, wären 26 Milliarden DM nötig. Man muss wissen, dass man hier an Grenzen kommt.

Ich möchte Ihnen aber vor der Ausschussberatung noch etwas Positives berichten. So hat mich der Abgeordnete Poppendiecker schon zweimal angeschrieben und gefragt, wie es mit der Freibetragsregelung für Übungsleiter und für Feuerwehrleute aussieht. Sie wissen, dass es eine Enquetekommission zum Ehrenamt unter dem Vorsitz von Herrn Bundestagsabgeordneten Bürsch gibt. In dieser ist im Gespräch, die Lohnsteuerrichtlinien für 2002 neu zu regeln. Es besteht jetzt Einvernehmen darüber - ich hoffe, dass es hier keinen Ländervorbehalt gibt; jedenfalls wird Schleswig-Holstein dem zustimmen -, dass losgelöst von der generellen Diskussion, immerhin die Freibeträge für Feuerwehrleute, die nur 50 DM betragen, auf 300 DM pro Monat angehoben werden. Das sollte heute wenigstens eine gute Botschaft sein.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.