Protokoll der Sitzung vom 21.03.2001

Die dem Bund aus der Versteigerung zugeflossenen Erlöse belasten das Geschäftsergebnis der betreffenden Unternehmen. Die Lizenzen sind mindestens auf die Laufzeit von 20 Jahren abzuschreiben. Dadurch vermindert sich der Gewinn der betroffenen Unternehmen mit der Folge erheblicher Steuermindereinnahmen. Zwar ist hiervon auch der Bund - das räume ich ein - mit seinem Anteil an der Körperschaftsteuer betroffen. Bei den Einnahmen in dreistelliger Milliardenhöhe ist das jedoch erheblich leichter zu verkraften, während zugleich Länder und Kommunen daraus resultierende Steuermindereinnahmen von 27 Milliarden DM in den nächsten Jahren schultern müssen.

In Schleswig-Holstein - ein Land, in dem mit der Firma MobilCom in Büdelsdorf einer der UMTS-Lizenzerwerber ansässig ist - sind die Steuerausfälle erheblich. Auf eine Kleine Anfrage unseres Kollegen Werner Kalinka hat der Finanzminister mitgeteilt, dass allein im Jahre 2000 mit Steuerausfällen für Land und Kommunen von zusammen 18 Millionen DM gerechnet werden müsse, ab 2001 - so, Herr Minister, haben Sie berichtet - sogar mit 43 Millionen DM jährlich.

Ich habe aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage erfahren, dass die Gemeinde Büdelsdorf im Jahre 2001 sogar erhebliche Beträge aus der allgemeinen Rücklage wird entnehmen müssen, um den Haushalt überhaupt noch ausgleichen zu können, und 2002 wird sie, Herr Minister Möller - Sie sollten das dem Herrn Innenminister berichten - am Tropf der Gemeindeschlüsselzuweisungen hängen. Das sind Beträge, für die es sich für Schleswig-Holstein, für das Land und die Kommunen, in Berlin zu kämpfen lohnt.

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Sehr gut!)

Die CDU- beziehungsweise CSU-regierten Länder Baden-Württemberg - das wird im Übrigen in Zukunft auch so bleiben, das werden Sie am Sonntag erleben -, Hessen und Bayern haben diesen Kampf aufgenommen; denn es ist nicht einzusehen, dass der Bund hohe Einnahmen erzielt, bei den Ländern und Gemeinden aber nur die Steuerausfälle bleiben.

Und was unternimmt die Ministerpräsidentin Frau Simonis? - Nichts, überhaupt nichts für unser Land und unsere Kommunen! Erst die massiven Kürzungspläne der Landesregierung gegenüber den Kommunen beim kommunalen Finanzausgleich, dann diese Steuerausfälle durch die UMTS-Lizenzen ohne politische Gegenwehr der rot-grünen Landesregierung! Finanzpolitik, Frau Simonis, ist in Schleswig-Holstein eben nicht mehr Chefsache.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das war noch nie Chefsache!)

- Auf dem Weg in eine höhere Verschuldung war es Chefsache, Herr Kollege Kubicki.

Als Trostpflaster hat der Bundesfinanzminister den Ländern angeboten, die Zinsersparnisse des Bundes, die aus der Senkung der Verschuldung entstehen, für zusätzliche Maßnahmen in den Ländern in den Bereichen Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Umweltschutz einzusetzen. Aber da sind die süddeutschen Länder wieder einmal schneller. Sie ziehen einfach fertige Programme aus der Schublade. So erhalten die beruflichen Schulen des Landes Baden-Württemberg,

(Dr. Johann Wadephul)

Frau Erdsiek-Rave, allein 35 Millionen DM für die Ausstattung mit modernen Technologien und Medien. Schleswig-Holstein steht auch wieder mit leeren Händen da. Nichts in der Schublade! Aber Sozialdemokraten nutzen Schubladen bekanntlich für andere Zwecke.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Die einseitige Verbuchung der UMTS-Erlöse zugunsten des Bundes verstößt, Frau Kollegin Kähler, klar gegen die im Grundgesetz verankerte föderale Finanzverteilung zwischen Bund und Ländern. Zu diesem Ergebnis kommt ein von Bayern in Auftrag gegebenes verfassungsrechtliche Gutachten. Aus diesem Gutachten ergibt sich, dass die Länder wegen der gemeinschaftlichen Ertragshoheit von Bund und Ländern einen Anspruch auf die hälftige Teilhabe an den Erlösen haben. Zumindest sind aber die Länder und Gemeinden mittelbar im Wege der Neuverteilung der Umsatzsteuer an den Erlösen zu beteiligen, da das Grundgesetz vorschreibt, dass die Umsatzsteuer neu festzulegen ist, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und den Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt. Und das kann man an dieser Stelle feststellen.

Deswegen, Frau Ministerpräsidentin: Wenn Sie denn bei der Neuordnung des Länderfinanzausgleichs so tun, als würden Sie die Interessen des Landes Schleswig-Holstein nachhaltig gegenüber dem Bund vertreten, dann fordere ich Sie auf, auch in diesem Fall nicht sofort, wie Sie es in den „Lübecker Nachrichten“ getan haben, und von vornherein zu sagen, die Sache sei rechtlich klar, das Geld stehe dem Bund zu. Welches Verständnis ist das überhaupt von einem föderalen Staatswesen?

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Treten Sie für das Land ein!

Bayern, Baden-Württemberg und Hessen haben diese verfassungsrechtlich abgesicherte Auffassung hartnäkkig gegenüber dem Bundesfinanzminister vertreten. Nachdem sich der Bundesfinanzminister geweigert hat, die Länder zu beteiligen, haben diese Länder konsequenterweise Klage beim Bundesverfassungsgericht wegen Nichtbeteiligung der Länder an den UMTSErlösen erhoben.

Sie sind damit zum Wohl Ihres Landes und damit aus Fürsorge für Ihre Kommunen tätig geworden.

Machen Sie, Frau Ministerpräsidentin, in dieser Sache Finanzpolitik wieder zur Chefsache. Vertreten Sie die Interessen unseres Landes auch gegen eine rot-grüne Bundesregierung.

(Beifall des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

Springen Sie über Ihren eigenen Schatten und schließen Sie sich den Ländern Bayern, Baden-Württemberg und Hessen im finanzpolitischen Verteilungskampf gegenüber dem Bund an.

Wir stimmen dem Antrag der F.D.P.-Fraktion ausdrücklich zu und erwarten von der Landesregierung, dass Sie die Finanzinteressen des Landes und der Kommunen in Schleswig-Holstein hartnäckig vertritt.

(Anhaltender Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dass die CDU diesem Antrag zustimmt, überrascht mich nicht.

(Dr. Heiner Garg [F.D.P.]: Macht Sie aber traurig!)

Ich erinnere an die Debatte von eben, an Ihren Antrag zum Ehrenamt. Die Durchsetzung der in Ihrem Antrag erhobenen Forderungen hätte - der Finanzminister hat es gesagt - 26 Milliarden DM im Jahr gekostet. Das heißt, Sie bräuchten die UMTS-Mittel -

(Heinz Maurus [CDU]: Der Finanzminister schüttelt den Kopf! - Klaus Schlie [CDU]: Das hat er nicht gesagt!)

- Das hat er nicht gesagt? - Doch!

(Minister Claus Möller: Ehrenamtliche insge- samt steuerfrei gestellt! - Glocke der Präsi- dentin)

Einen Moment, Frau Abgeordnete! Bei allem Verständnis bitte ich, Meinungsäußerungen von der Regierungsbank aus zu unterlassen.

(Heiterkeit bei CDU und F.D.P. - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das fordern wir schon seit Jahren, Frau Präsidentin!)

Sie haben das Wort, Frau Abgeordnete.

Auf jeden Fall sind die Anträge, die Sie hier stellen ich betone das immer wieder gern -, so teuer, dass Sie das alles sowieso nicht werden bezahlen können.

Jetzt sagen Sie, UMTS soll nicht voll in die Entschuldung des Bundes gehen. Darüber kann man fachlich

(Monika Heinold)

streiten. Das haben wir hier im Landtag schon getan. Das ist ein halbes Jahr oder ein Dreivierteljahr her. Ich habe Ihnen damals gesagt, was ich heute gern wiederholen möchte: Wir sind mit dem vorgeschlagenen Weg der Bundesregierung einverstanden, die 99 Milliarden DM für die Entschuldung des Bundes zu nehmen. Diese Entschuldung ist dringend notwendig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich weiß, dass wir auch in Schleswig-Holstein gern Geld hätten, um die Neuverschuldung zu reduzieren. Deshalb reise ich mit meinem Kollegen Hentschel immer wieder sehr gern und regelmäßig nach Berlin. Wir kämpfen dort ganz stark -

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: So, so! - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Was machen Sie da? - Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Das verur- sacht bloß Reisekosten!)

Sie haben solche Probleme nicht, weil Sie nicht regieren. Deshalb können Sie sich hier locker hinsetzen, lachen und immer die Fahne der Forderung hochschwenken.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Was haben Sie aus Berlin schon mitgebracht?)

Herr Hentschel und ich haben ganz andere Probleme.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Was haben Sie bisher mitgebracht?)

Wir regieren in Berlin und wir regieren in SchleswigHolstein. Es soll alles so bleiben, dass wir als Fraktion die Regierung stützen und mittragen. Deswegen reisen wir regelmäßig nach Berlin

(Lachen bei CDU und F.D.P.)

und werben bei unseren eigenen Leuten dafür -

(Glocke der Präsidentin)

Ich bitte um etwas mehr Ruhe. - Bitte!

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wir würden gern wissen, was die in Berlin machen!)

- Sehr geehrter Herr Abgeordneter Kubicki, dies alles können Sie nach der Sitzung in Ruhe klären. Ich bitte, jetzt Frau Abgeordnete Heinold reden zu lassen.