Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man soll die Hoffnung nie aufgeben - von dieser positiven Lebenseinstellung ließ sich die CDU-Fraktion leiten, als sie beschloss, den vorliegenden Gesetzentwurf zur Änderung des Landesverwaltungsgesetzes gleich zu Beginn der neuen Legislaturperiode erneut in die Beratung zu geben. Für die Kolleginnen und Kollegen, die dem Landtag bereits in der letzten Legislaturperiode angehörten, ist dieser Gesetzentwurf ein alter Bekannter.
Bereits im Juni 1998 versuchte es die Landesregierung, jedoch lediglich die so genannte Experimentierklausel schaffte es, in das Landesverwaltungsgesetz aufgenommen zu werden. Die CDU-Fraktion startete im Dezember 1999 einen erneuten Versuch - auch diesmal ohne Erfolg.
Worum geht es eigentlich? Es geht um die Beschleunigung von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren und um die Steigerung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Schleswig-Holstein. Der Bund hat bereits im September 1996 sein Verwaltungsverfahrensgesetz mit dieser Zielsetzung für den Standort Deutschland geändert. Alle anderen 15 Bundesländer haben ihre Landesgesetze entsprechend angepasst und die Regelungen des Bundes übernommen. Nur wir hier in Schleswig-Holstein bisher nicht!
Ziel muss es doch sein, im Verwaltungsverfahrensrecht möglichst einheitliche Voraussetzungen zu schaffen, um im gesamten Bundesgebiet - und im Vergleich zum Ausland - günstige Startbedingungen für Investitionen zu erreichen.
Die vorgesehenen Änderungen betreffen im Einzelnen die ausdrückliche Nennung des allgemeinen Verfahrensgrundsatzes, dass Verwaltungsverfahren zügig durchzuführen sind, die Senkung der Grenzzahl für Massenverfahren von 300 auf 50 Personen, die Beschränkung der Folgen von Verstößen gegen Verfahrens- und Formvorschriften, die ausdrückliche Beschreibung umfassender Beratungspflichten und beschleunigter Verfahrensmodelle für den Bereich von
wirtschaftlichen Unternehmungen, die Straffung des Planfeststellungsverfahrens, die Einführung des Plangenehmigungsverfahrens statt des aufwendigen Planfeststellungsverfahrens für einfach gelagerte Fälle und die Abmilderung von Auswirkungen von Abwägungsmängeln im Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren.
Entbürokratisierung, Vereinfachung von Verfahren und mehr Bürgerfreundlichkeit sind Schlagworte, die Politiker ständig auf den Lippen haben. Lassen Sie uns gemeinsam das umständliche, zeitraubende und investitionshemmende Planfeststellungsverfahren entrümpeln und - wie es mein Kollege Klaus Schlie in der damaligen Debatte formulierte - der Verwaltungsmodernisierung mehr Dampf machen.
Dieser dritte Versuch, unser Landesverwaltungsgesetz dem Bundesrecht anzupassen, muss gelingen. Es versteht doch niemand, warum Sie dies blocken. Was sich im Rest der Republik bewährt hat, kann doch nicht schlecht für unser Land sein.
Der neue Umweltminister Müller hat ganz zu Beginn seiner Tätigkeit deutlich gemacht, dass er sich für „harte, aber schnelle und faire Genehmigungsverfahren“ einsetzt. Wir haben die Hoffnung, Herr Minister, dass Sie Ihre grünen Kolleginnen und Kollegen von der Notwendigkeit dieser Gesetzesanpassung überzeugen können.
Sternverfahren, Antragskonferenz, Entrümpelung von Verfahrensvorschriften, Stärkung der Position des Antragstellers, Verkürzung von Fristen - kurz gefasst „die Beschleunigung“ von Verfahren ist kein Teufelszeug, sondern in der heutigen Zeit wichtiger denn je.
Ich beantrage die Überweisung federführend an den Innen- und Rechtsausschuss, mitberatend an den Wirtschafts- und Verkehrsausschuss und appelliere an die Kolleginnen und Kollegen, zügig zu beraten und die „Warteschleifen“ aus der letzten Legislaturperiode nicht wieder aufleben zu lassen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion wird dem Antrag auf Ausschussüberweisung zustimmen.
Eigentlich, Herr Kollege Schlie, könnte ich hier meinen Wortbeitrag beenden; denn wir haben ja die erste Lesung zu diesem Gesetzentwurf schon aufgrund der Regierungsvorlage gemacht. Darauf hat auch Frau Schwalm hingewiesen.
Da jeder Gesetzentwurf zwei Lesungen durchmacht, könnten wir hiermit unsere erste Lesung abschließen; denn es ist ja schon alles gesagt.
In der Tat ist dann die zweite Lesung nicht mehr zustande gekommen, Frau Schwalm, weil es im Bereich der Interessenabwägung
innerhalb der Koalition nicht zu einer einheitlichen Auffassung gekommen ist. Ich sage das hier einmal ganz deutlich.
Auf der einen Seite steht das Interesse an Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung, insbesondere auch im Bereich der Wirtschaft beziehungsweise der wirtschaftlichen Unternehmungen, und auf der anderen Seite steht die Befürchtung, es könnten dadurch Bürgerbeteiligungs-, insbesondere aber auch Verbandsbeteiligungs-, Umweltverbandsbeteiligungsrechte geschmälert und eingeschränkt werden. Das war das Ergebnis unserer ausführlichen Anhörung, die wir nach der ersten Lesung damals im Ausschuss durchgeführt haben. In der Abwägung zwischen diesen beiden Interessen ist es nicht zu einer einheitlichen Auffassung gekommen, sodass wir nicht mehr zur zweiten Lesung gekommen sind. Ich gehe davon aus, dass wir es diesmal schaffen,
nicht Anfang des Jahres 2005 erneut einen Gesetzentwurf der CDU aufrufen zu müssen, der von der Regierungsvorlage abgeschrieben ist.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In grauer Vorzeit, genauer gesagt am 10.6.1998, hat sich dieses hohe Haus in erster Lesung mit den Vorschlägen der Landesregierung zur Anpassung des schleswigholsteinischen Landesverwaltungsgesetzes an die Änderungen des Bundesverwaltungsgesetzes befasst. Das Gesetz ging den üblichen parlamentarischen Weg. Der Innen- und Rechtsausschuss beschloss am 24. Juni 1998 eine Anhörung, die in der Folgezeit durchgeführt wurde. Im Dezember 1998 wurde dann der Artikel 1 Nr. 3 aus dem ursprünglichen Entwurf herausgenommen und im selben Monat verabschiedet.
Und dann? - Dann passierte nichts mehr. Die Regierungsfraktionen haben es wohl nicht ganz ohne Absicht geschafft, den Gesetzentwurf durch Diskontinuität im wahrsten Sinne des Wortes zu erledigen. Ich kann den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen den Vorwurf nicht ersparen, dass sie mit ihrer Verzögerungstaktik niemandem helfen. Selbstverständlich besteht für das Land keine Pflicht, die Regelungen des Bundes zu übernehmen, aber Sinn macht es trotzdem. Das war der Landesregierung im Jahre 1998 klar; denn sie selbst hat in der Begründung zum Gesetzentwurf ausgeführt - ich zitiere -:
„Für die Übernahme der Änderung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes in das Landesverwaltungsverfahrensrecht spricht aber die Zielsetzung, Planungs- und Genehmigungsverfahren im Interesse der Stärkung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein zu vereinfachen und zu verkürzen.“
Es geht aber auch noch weiter. Auf der Seite 2 der Begründung wird außerdem erklärt, dass das Gebot der Rechtseinheitlichkeit in Bund und Land ein unterschiedliches Verwaltungsverfahrensrecht in Bund und Land verbiete und zwischen Bundes- und Landesverwaltungsrecht ein rechtssystematischer Zusammenhang bestehe, der durch unterschiedliche Formulierungen oder Sinngehalte infrage gestellt würde und die Verwaltungspraxis erschweren könnte.
Kann es sich Schleswig-Holstein tatsächlich leisten, seine Genehmigungsverfahren nicht zu verkürzen oder zu straffen? - Ich habe nicht den Eindruck.
Ich habe Verständnis dafür, dass man auch innerhalb eines Regierungsbündnisses Zeit für das Ausräumen von Meinungsverschiedenheiten braucht. Sie haben es gerade gesagt. Aber fast zwei Jahre sollten für die Abwägung zwischen den Rechtsgütern Verfahrensökonomie und Bürgerbeteiligung allerdings mehr als ausreichend sein.
Sagen Sie uns endlich, liebe Kolleginnen und Kollegen der Koalition, ob Sie grundsätzlich der Novelle des Landesverwaltungsgesetzes zustimmen wollen oder nicht. Entscheiden durch Nichtentscheidung ist zwar auch ein Weg zu regieren, aber auf Dauer keiner zum Vorteil des Landes.
Um das Wollen oder Nichtwollen der Regierungsfraktionen festzustellen, hätte es übrigens genügt, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, für die nächste Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses einen Tagesordnungspunkt zum Beispiel „Stand der Novellierung des Landesverwaltungsgesetzes“ zu beantragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Schleswig-Holstein steht in unmittelbarer Konkurrenz zu anderen Bundesländern. Wenn sich die Regierungsfraktionen einer Verabschiedung der Novelle verweigern, bitte sehr, dann müssen Sie gegenüber den Wählerinnen und Wählern auch die Verantwortung für den Standortnachteil in Form längerer Genehmigungsverfahren übernehmen.