Protokoll der Sitzung vom 11.05.2001

Zu diesem Ergebnis kommen nicht nur die Einschätzungen der Bundesregierung, sondern auch die Pro

gnosen der führenden und unabhängigen Wirtschaftsforschungsinstitute, die der Bundesregierung übrigens durchweg bescheinigen, mit ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik wichtige Impulse für Wachstum und Stabilität gegeben zu haben. Natürlich gibt es - wenn man einzelne Branchen herausnimmt - Entwicklungen, die uns alles andere als zufrieden stellen können. Das gilt beispielsweise - da hat der Kollege Eichelberg Recht - für das Baugewerbe oder auch für die wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Bundesländern. Dies aber zum Anlass zu nehmen, von einer insgesamt schlechten oder gar bedrohlichen wirtschaftlichen Entwicklung zu reden, ist unverantwortliche Schwarzmalerei.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Aber das ist ja die altbekannte Praxis der Oppositionsparteien. Meine Damen und Herren von der Opposition, mit Ihren Niedergangsszenarien, denen jeder Realitätsbezug fehlt, sind Sie dabei, der Wirtschaft und dem Standort Deutschland zu schaden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wider- spruch bei der CDU)

Auch in Schleswig-Holstein sind Sie wieder dabei das haben wir heute erlebt -, die ausgezeichneten Leistungen unserer Wirtschaft madig zu machen und die Konjunktur kaputtzureden.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU)

Man muss das in aller Deutlichkeit sagen. Das haben die Arbeitnehmer und Unternehmer in diesem Land, die auch im vergangenen Jahr wieder Beachtliches geleistet haben, nicht verdient.

(Beifall bei SPD und SSW - Martin Kayen- burg [CDU]: Was für einen Bericht haben Sie eigentlich gelesen? Da ist ja die Regierung noch objektiver!)

Natürlich ist klar, weshalb Sie Schreckensmeldungen über die schleswig-holsteinische Wirtschaft verbreiten und sich dabei von den Fakten überhaupt nicht beirren lassen. Ihnen fehlt es doch in Wirklichkeit an überzeugenden wirtschaftspolitischen Konzepten

(Lachen des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

und es treibt Sie der Neid auf die Leistungen, die die Landesregierung mit ihrer Wirtschafts- und vor allem mit ihrer Technologiepolitik in den vergangenen Jahren gemeinsam - ich betone: gemeinsam - mit Unternehmen, mit innovativen Neugründern und Dienstleistern und mit den Arbeitnehmern erfolgreich umgesetzt hat. Unter Ihrer Regierung hat es in 80er-Jahren

(Bernd Schröder)

weder eine Technologie- noch eine Regionalpolitik gegeben.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Meine Damen und Herren von der Opposition, wie Sie es auch drehen und wenden wollen - Sie werden am Ende nicht bestreiten können, dass sich das Ergebnis unserer Politik in Schleswig-Holstein sehen lassen kann.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte mich daher für den Bericht bei Wirtschaftsminister Bernd Rohwer und seinen Mitarbeitern herzlich bedanken.

(Beifall bei SPD und SSW)

Wenn ich bei diesem Dank bin, lassen Sie mich einige kleine Wünsche in Bezug auf die Form des Berichts äußern. Wenn es richtig ist, dass die Wirtschaft in unserem Lande zu zwei Dritteln aus Dienstleistungen besteht, wäre es hilfreich und schön, wenn die Grafiken in diesem Bereich entsprechend zusammengefasst werden könnten.

Vorbildlich gelöst finde ich demgegenüber die erstmalige Darstellung aller Fördermaßnahmen für den Mittelstand, das heißt für die wichtigsten Unternehmen in unserem Lande. Das dient eindeutig der Transparenz und ist sicherlich eine große Hilfe. Herzlichen Dank für diese Anlage!

Natürlich wird niemand, weder in der Landesregierung noch in meiner Fraktion, behaupten, es gebe in der Wirtschaft Schleswig-Holstein keine Schwachstellen und keine Bereiche, die uns Sorgen machen. Das gilt bei uns - wie auch zuvor erwähnt - bundesweit vor allem für die Baubranche. Die Schwäche in diesem Sektor ist kein Problem, das wir ausschließlich in Schleswig-Holstein haben, das hausgemacht wäre. Gleichwohl bleibt es bedauerlich, dass die Lage im Baubereich flau ist und dass die Arbeitslosigkeit anders im Landesdurchschnitt nicht zurückgegangen, sondern gestiegen ist.

Eine Ursache hat dieser Anstieg, der unsere besondere Aufmerksamkeit verdient, weil sie nur mit politischen Mitteln bekämpft werden kann, vor allem in den zu billigen, nicht tariflich entlohnten Arbeitskräften. Daher müssen wir darüber nachdenken, was wir tun können, um diejenigen Unternehmen, die Tariflöhne zahlen, zu bevorzugen. Beispielsweise wäre zu überlegen, ob wir bei öffentlichen Vergaben von Land und Kommunen nicht die Tariftreue vorschreiben sollten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Einige von uns haben vor wenigen Tagen bei der Jahrestagung des Bauindustrieverbandes mitbekommen, wie ernst die Sorgen in der Bauindustrie sind. Der Innenminister hat in einer bemerkenswerten Rede etliche Ansätze aufgezeigt, wie wir hier gemeinsam nach Lösungsmöglichkeiten suchen können. Ich möchte das hier nicht im Einzelnen aufführen. Auch die Anhörung im Wirtschaftsausschuss und die Diskussion, die wir noch führen müssen, machen deutlich, dass wir gerade diesem Bereich verstärkt unter die Arme greifen und hier gemeinsam nach Lösungen suchen müssen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Natürlich gibt es in der Wirtschaftspolitik unseres Landes noch Baustellen, auf denen hart gearbeitet werden muss; das werden wir auch tun. Das ändert aber nichts an der Tatsache, die man in einem Satz zusammenfassen kann: Schleswig-Holsteins Wirtschaft ist ausgesprochen zukunftsorientiert. Seine Unternehmen zählen zu den innovativsten und gründungsfreundlichsten in ganz Deutschland.

Wir alle wissen, dass die Wachstumseuphorie in Zukunftsbranchen wie der Internetwirtschaft einer kühlen Ernüchterung gewichen ist. Diese Entwicklung betrifft beinahe alle Hightech-Unternehmen. Die neu gegründeten Startups müssen erkennen, dass auch für sie die alten ökonomischen Gesetze gelten. Die Einbrüche am neuen Markt seit Mitte vergangenen Jahres haben ihre Auswirkungen natürlich auch auf die schleswigholsteinische Wirtschaft mit ihrem überdurchschnittlich hohen Anteil an Hightech-Unternehmen gehabt.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Dennoch beschreibt der Wirtschaftsbericht der Landesregierung die Lage völlig korrekt. Der Anteil der technologieorientierten Unternehmen in unserem Land ist ausgesprochen hoch. Das gilt insbesondere für die Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechniken, der Umwelttechnik und der Biotechnik. Auch im vergangen Jahr lag Schleswig-Holstein bei den Unternehmensneugründungen bundesweit in der Spitzengruppe. Noch nie zuvor sind so viele Arbeitsplätze in Schleswig-Holstein durch Neugründungen geschaffen worden wie im vergangenen Jahr.

Nun beklagen Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, dass die Wirtschaft in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr weniger stark gewachsen ist als im Bundesdurchschnitt. Diese Feststellung ist natürlich zutreffend. Ich will auch erklären: Auch ich hätte mir gewünscht, dass für Schleswig-Holstein ein höheres Wirtschaftswachstum nachgewiesen worden wäre. Aber dass Schleswig-Holstein mit seinem Wirtschaftswachstum unter dem Bundesdurchschnitt gele

(Bernd Schröder)

gen hat, gibt zu dramatischen Schlussfolgerungen, die Sie daraus ziehen, nun wahrlich keinen Anlass. Denn wie Sie wissen, ist das Bruttoinlandsprodukt Schleswig-Holsteins im Jahr davor überdurchschnittlich stark gewachsen. Eine sich daran anschließende flachere Aufwärtsbewegung ist für die Fachleute weder ungewöhnlich noch dramatisch, zumal es für den abgeschwächten Aufwärtstrend eindeutige und klar einzugrenzende Erklärungen gibt, beispielsweise die Produktionsausfälle im Energiebereich im vergangenen Jahr und natürlich auch die Schwäche im Baugewerbe, die wir eben besprochen haben.

Ich empfehle Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, statt über das im vergangenen Jahr unterdurchschnittliche Wachstum zu jammern, sich einmal den Trend des Wirtschaftswachstums in den vergangenen Jahren insgesamt anzusehen. Ein Blick in die Statistik genügt, um festzustellen, dass sich - längerfristig betrachtet - Schleswig-Holsteins Wirtschaft ganz ausgezeichnet entwickelt hat.

(Martin Kayenburg [CDU]: Im Vergleich zu den anderen Bundesländern?)

Allein in den vergangenen neun Jahren lag sie mit ihrem Wachstum viermal über dem Bundesdurchschnitt.

(Martin Kayenburg [CDU]: Aber das ist un- ter 50 %, lieber Freund!)

- Herr Kayenburg, erzählen Sie das doch einmal den Menschen draußen, statt sie mit Ihrer Schwarzmalerei über die künftige Entwicklung dieses Land schlechtzureden,

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

und ändern Sie endlich einmal die alten, jedes Jahr von Ihnen wiederholten Rituale.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Sie sollten wirklich einmal über Ihren Schatten springen. Damit würden Sie nicht zuletzt auch den jungen Menschen Mut machen, sich nicht nur einen Ausbildungsplatz zu suchen. Davon bietet die Wirtschaft in Schleswig-Holstein dankenswerterweise eine ausreichende Zahl an. Ich sage der Wirtschaft und gerade auch dem Mittelstand an dieser Stelle Dank für diese Bereitschaft, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu bieten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zusammenfassend kann zum Wirtschaftsbericht der Landesregierung gesagt werden, dass er die wirtschaftliche Realität in unserem Land zutreffend wie

dergibt. Wir und natürlich auch die Landesregierung wissen genau, dass es in der Politik und in der Zusammenarbeit mit Wirtschaftsverbänden und den Arbeitnehmerorganisationen noch viel zu tun gibt, um Schleswig-Holsteins Wirtschaft auf Wachstumskurs zu halten und zu stärken. Aber wir wissen auch, dass inzwischen - nicht zuletzt durch die aktive Wirtschaftspolitik - viel erreicht wurde. Schleswig-Holstein liegt im Bundesvergleich weit vorn, weiter als je zuvor, und wir haben gemeinsam mit der Wirtschaft gute Voraussetzungen und Chancen erarbeitet, sodass wir unsere Position auch durchaus weiter ausbauen können.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Auf der Tribüne begrüße ich jetzt die Besuchergruppe der Integrierten Gesamtschule Lütjenmoor/Norderstedt.

(Beifall)

Das Wort erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Aschmoneit-Lücke.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schröder, ein Wort zur Bauwirtschaft vorab. Sie haben die Probleme angesprochen. Wir sind uns über die Probleme einig, aber wenn Sie die öffentliche Hand und die Tariftreue ansprechen, sollten Sie vielleicht auch einmal darauf zu sprechen kommen, dass sich gerade die Kommunen und die öffentlichen Hände bisher eben nicht daran gehalten haben. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür.

Im Übrigen möchte ich auch noch einmal die Frage der Zahlungsmoral der öffentlichen Hände ansprechen. Die bringt nämlich die kleinen Betriebe in erhebliche Schwierigkeiten.