Ich will aber auch nicht versäumen, mich am Ende dieser Rede beim Minister für sein konsequentes Handeln und für diesen Bericht zu bedanken.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorfälle um den Fund von gentechnisch verändertem Saatgut zeigen, wie emotional diese Thematik besetzt ist. Das haben wir hier auch zeitweise erleben können. Wir wissen immer noch sehr wenig über die möglichen Auswirkungen der Gentechnik. Es gibt aber sicherlich qualitative Unterschiede zwischen den verschiedenen Bereichen der Gentechnik innerhalb der Land- und Ernährungswirtschaft, sodass man jeden Fall einzeln betrachten muss. Da gebe ich Ihnen ausdrücklich Recht, Frau Happach-Kasan.
Die in der letzten Woche begonnene Anhörung zum Thema Gentechnik und Biotechnologie hat gezeigt, dass schon sehr viel gerade im Hinblick auf die Technikfolgenabschätzung in Deutschland geleistet wird. Ich glaube, man ist sich sehr wohl nicht nur der Chancen, sondern auch der Risiken dieser neuen Technologie bewusst. Um die Risiken einschätzen zu können, muss man sich den jeweils vorliegenden Fall sehr genau ansehen.
In Bezug auf den konkreten Fall der Funde von gentechnisch verändertem Saatgut gilt daher, dass es wichtig gewesen wäre, genau zu betrachten, um welche gentechnischen Veränderungen es sich handelt und inwiefern Erkenntnisse vorliegen, welche Auswirkungen die vorliegenden Veränderungen haben können.
Ich hoffe, dass man dieser Frage dann auch nachgegangen ist. Dem Bericht war leider nicht zu entnehmen, ob qualitativ neue Erkenntnisse vorliegen.
Durch die öffentliche Diskussion über die Fälle wurde doch eine gewisse Unsicherheit in der Bevölkerung geschaffen. Dieser Unsicherheit muss im Interesse der Bevölkerung entgegengewirkt werden. Hier muss die Landesregierung noch handeln und auch aufklären. Dies sage ich nicht, um hier unbedingt eine Kritik loszuwerden, sondern um ein Mehr an Aufklärung zu erhalten, und zwar so emotionslos und so wissenschaftlich fundiert wie möglich. Das möchte ich deutlich herausstellen.
Die Entwicklung in der Gentechnik erfolgt mit einer enormen Geschwindigkeit, im Gegensatz zur Natur, die sich wesentlich langsamer entwickelt. Deshalb ist auch der Vergleich der Gentechnik mit natürlichen
Es gibt gravierende Unterschiede. Während wir die natürlichen Prozesse zeitlich noch einigermaßen überschauen können, sind wir nicht in der Lage, die Interaktion zwischen den einzelnen Genen einer künstlich herbeigeführten Veränderung komplett und schnell genug erfassen oder gar steuern zu können. Bisher gibt es kaum Erkenntnisse, wann beispielsweise bestimmte Gene aktiviert werden und wann nicht. Auch das wurde in der Anhörung zur Gentechnik und zur Biotechnologie sehr deutlich gemacht. Deshalb haben wir ja auch so restriktive Gesetze, denen man der Form nach auch nachgekommen ist.
Wir stehen erst am Anfang einer gentechnischen und biotechnologischen Entwicklung. Wir sehen durchaus die Chancen, aber auch die Risiken. In jedem Einzelfall muss genau überprüft werden, welche Auswirkungen die einzelnen Maßnahmen haben können.
Dazu zählt aber auch, dass man solche Fälle wie die in Rede gestellten Funde von gentechnisch verändertem Saatgut so umfassend und abgeklärt wie möglich untersucht, um diese Funde richtig einordnen zu können.
Eine gesunde Skepsis, gepaart mit kritischer Neugier ist aber durchaus immer noch angebracht. Im Mittelpunkt muss immer die umfassende und möglichst wertungsfreie Information der Bevölkerung stehen. Wir haben das Gefühl, dass die Information nicht umfassend genug war. Vielleicht lässt sich hier an der Öffentlichkeitsarbeit der Landesregierung noch etwas verbessern.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte noch einmal auf einen kleinen Aspekt eingehen, weil er in der Diskussion, aus welchen Gründen auch immer, missverstanden wird.
Ich bleibe dabei: Ein Haupthindernis bei der Entwicklung moderner Biotechnologie hat damit zu tun, dass es in dieser Frage zu viele bedenkenlose Schön
redner gibt. Deswegen will ich noch einmal deutlich sagen, worum es bei dieser Debatte geht, und dabei unterstreichen, was Kollegin Scheicht gesagt hat.
Darüber, welche Risiken bei der Anwendung von gentechnisch veränderten Pflanzen bestehen oder nicht, kann man sich wohlfeil streiten. Das ist an dieser Stelle gar nicht der Punkt, sondern ich will deutlich sagen: Die Menschen, die gern Lebensmittel verzehren, die aus gentechnisch nicht veränderten Pflanzen stammen, müssen das Recht haben, solche Lebensmittel am Markt zu erhalten.
Wenn jemand den Einsatz von gentechnisch veränderten Pflanzen möchte, habe ich gar keine Bedenken zu sagen, dass wir das in vernünftigem Rahmen zulassen sollten. Das muss möglich sein und das ist der Kernpunkt.
Und dann will ich noch etwas zur wissenschaftlichen Diskussion sagen. Wir haben von den Protagonisten der Anwendung der Gentechnologie jahrelang gehört: Lasst das zu, die Risiken können wir minimieren, wir können sie eindämmen, das ist gar kein Problem; natürlich werden wir keine Ausbreitung in der ganzen Sortenvielfalt haben.
Was sagen diese Protagonisten heute? - Sortenrein, das können wir nicht mehr. Das hat sich so weit ausgebreitet, dass wir leider gar kein Saatgut ohne GVOs mehr bekommen können.
Wenn innerhalb weniger Jahre so unterschiedlich argumentiert wird, frage ich mich: Welches Vertrauen wollen Sie denn schaffen, dass dieses geringe Maß an Verunreinigungen nicht noch zu weiteren Problemen führen wird?
Deshalb sage ich: Keine Verteufelung von Gentechnik und den Möglichkeiten, die sie bietet. Ja, da bin ich dabei. Aber hören Sie bitte auf, ständig zu verharmlosen und den tatsächlichen, wohlfeilen Möglichkeiten der Gentechnik das Wasser abzugraben, indem Sie Möglichkeiten verbauen, dass Menschen etwas anderes wollen. Das ist der Punkt, den wir heute in einem Bericht noch einmal klarstellen wollten. Das war gut und wichtig. Deswegen herzlichen Dank, Herr Müller!
In der einen Minute drei Punkte! Erstens. Herr Kollege Weber, bis auf die grundsätzliche Frage der GVOs teile ich Ihre Einschätzung komplett. Jede neue Technologie ist gut beraten, wenn sie eingeführt werden will, strikt auf Rechtsstaatlichkeit zu setzen. Das geschieht hier nicht. Das ist das Fahrlässige in der Diskussion. Das ist die Frage, was wir tatsächlich gelernt haben, gerade aus den Entwicklungen in den USA und in Großbritannien.
Zweitens. Frau Happach-Kasan, warum hat das Thema etwas mit BSE zu tun? Auch BSE haben wir ganz lange vor leeren Bänken diskutiert. Viele Leute haben das inzwischen bereut. Vieles haben wir damals nicht gedacht, nicht geahnt, nicht gewusst, kaum einer von uns. Deshalb ist es so wichtig, hier sehr sorgfältig und sehr rational darauf zu achten, worum es dabei geht.
Drittens. Herr Harms, ich danke Ihnen natürlich für die Aufforderung, mehr Öffentlichkeitsarbeit zu dem Thema zu machen. Zu nichts Anderem fühle ich mich berufener, als das zu tun. Dafür bin ich ja Minister. Ich gebe zu, es ist ein interessanter Spagat, von Ihnen dazu aufgefordert zu werden und von der rechten Seite des Hauses und vom Bauernverband mediale Eifrigkeit vorgeworfen zu bekommen. Ich bin sicher, dass wir den Spagat weiter finden werden. Den suche ich gern.
Herr Minister Müller, in diesem Hause ist zu keinem Zeitpunkt BSE ohne Emotionen oder großes Interesses des gesamten Hauses diskutiert worden. Daher ist Ihre Behauptung, BSE hätte in diesem Hause kein Interesse gefunden, falsch.
Ich habe an jeder einzelnen Debatte in diesem Haus teilgenommen, ich habe in jeder einzelnen Debatte für die FDP gesprochen und muss mich meiner Reden, die ich früher gehalten habe, nicht schämen.
Ich wehre mich dagegen, eine Tierkrankheit, die 180.000 Rinder in Großbritannien gekostet hat, in irgendeiner Weise in Beziehung zu setzen zu transgenem Mais,
von dem in keiner Weise irgendwo ein Schaden festgestellt worden ist. Wir alle haben in der Anhörung im Wirtschaftsausschuss gehört, dass Professor Jung deutlich gemacht hat, welche großen Listen an Veröffentlichungen zur Technikfolgenabschätzung von transgenen Pflanzen es bereits gibt. Ich gestehe, dass ich sie nicht alle gelesen habe, aber ich habe sehr aufmerksam die Technikfolgenabschätzung von Professor van den Daele gelesen, der damals herbizidresistente Pflanzen in einem umfangreichen Verfahren am Wissenschaftszentrum in Berlin überprüft hat und zu dem Schluss gekommen ist, dass nicht die Technik der Pflanzenzüchtung für die ökologischen Auswirkungen einer Sorte entscheidend ist, sondern die Eigenschaft der Sorte. Daher sollten wir in Zukunft mit allen anderen Sorten entsprechend umgehen.
Sie haben Recht: Rechtsstaatlichkeit ist ein ganz hohes Gut, aber dies beinhaltet auch, dass die Gesetzgeber ihrer Aufgabe nachkommen und rechtzeitig entsprechende gesetzliche Anpassungen vornehmen.