Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Es ist beantragt worden, in dieser Tagung einen Bericht zu erhalten. Ich gehe davon aus, dass zunächst der mündliche Bericht gegeben werden soll.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe den Finanzausschuss bereits über die Steuerschätzung unterrichtet und will hier auch gern etwas zu den Ergebnissen der Steuerschätzung und zur Planung eines Nachtragshaushaltes sagen. Es gibt vielleicht die eine oder andere Frage, Herr Kubicki, die wir im Ausschuss nacharbeiten müssten, aber im Wesentlichen werde ich die Fragen beantworten können.
Die Steuerschätzung im November 2000 wurde - wie jede Steuerschätzung - auf der Basis der damals geltenden Beschlüsse des Bundestages auch zu Steuerrechtssachen durchgeführt. Das heißt, alle bis dahin beschlossenen Gesetze wurden in die Schätzung einbezogen und die Steuerschätzung reduzierte die im Mai prognostizierten Steuereinnahmen für SchleswigHolstein um sage und schreibe 405 Millionen DM.
Gegenüber der Steuerschätzung im Mai wurden hauptsächlich das Steuersenkungsgesetz, das Steuersenkungsergänzungsgesetz und das Steuer-Euroglättungsgesetz berücksichtigt. Das revidierte Ergebnis war wie zumindest die Mitglieder des Finanzausschusses wissen sollten, Herr Kubicki - Grundlage für die Änderungen in der Nachschiebeliste, Umdruck 15/473, und wurde im Finanzausschuss beraten.
Für die Landesregierung geben die zwei regionalisierten Steuerschätzungen im Jahr wichtige Informationen über die Steuerentwicklung in Schleswig-Holstein. Es wäre jedoch fahrlässig, Änderungen in der Zwischenzeit zu ignorieren. Wir aktualisieren deshalb natürlich unsere Finanzplanung und unsere Haushaltsplanung jeweils angepasst an zwischen den Steuerschätzungen laufenden Beschlüssen des Bundestages und des Bundesrates, um zeitnah zu überlegen, welche Konsequenzen gezogen werden können.
Daher haben wir bereits im Haushalt 2001 rund 277,8 Millionen DM für Steuerentlastungen der Bevölkerung und Wirtschaft durch die Steuerrechtsänderungen berücksichtigt. Für die geschätzten Auswirkungen des Gesetzes zur Einführung der Entfernungspauschale, des Altersvermögensgesetzes und die Änderung der Gefangenentlohnung wurde eine Rückstellung von 15,1 Millionen DM eingestellt.
In den ersten Monaten waren weitere Einbußen nicht absehbar. Die realen Ergebnisse der Steuereinnahmen sprechen sogar nach wie vor eine andere Sprache. Ich habe den Finanzausschuss mit Umdruck 15/992 über das Ergebnis des ersten Quartals unterrichtet. Hier liegen wir noch im Plus. Wir liegen nach dem MaiErgebnis noch leicht im Plus, aber die Steuerschätzung sagt, wir werden insgesamt 500 Millionen DM weniger an Steuern einnehmen als im Vorjahr. Darauf haben wir uns einzustellen.
Herr Kubicki, Sie haben ja immer wieder gesagt, unsere Steuerkraft sei so schrecklich. Das Erfreuliche an diesem relativ guten Ergebnis ist, dass unsere Steuerkraft in den ersten Monaten einige Prozentpunkte gestiegen ist. Der Nachteil ist aber, dass wir das im Rahmen des Länderfinanzausgleichs natürlich zurückzahlen müssen. Für Juni bekommen wir allein 150 Millionen DM weniger. Die Gegenüberstellung der Entwicklung von Wirtschaftswachstum und Steuerein
nahmen in den Jahren 1990 bis 2000 für das Bundesgebiet, die Sie nachgefragt haben, zeigt Folgendes: Die Änderungen der Steuereinnahmen bei einprozentiger Veränderung des Bruttoinlandsproduktes reichen von minus 7,9 Milliarden DM in 1996 bis plus 21,2 Milliarden DM - es sind Milliarden! - in 1999. Dies ist eine Reaktionsspannbreite von 29,1 Milliarden DM bei 1 % Schwankung des Wirtschaftswachstums. Angesichts dieser Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Steueraufkommen und angesichts ständig schwankender uneinheitlicher Prognosen mehr oder weniger berufener Forschungsinstitute habe ich Anfang des Jahres überhaupt keinen Anlass gesehen, haushaltsmäßig einzugreifen.
Am 14. Mai 2001 habe ich wie alle anderen Länderfinanzminister den Schätzvorschlag der Bundesregierung zu Gesicht bekommen. Die dort prognostizierten hohen Steuerausfälle ließen in Schleswig-Holstein in diesem Jahr Mindereinnahmen von 100 Millionen DM und für die Jahre 2000 folgende von 200 Millionen DM vermuten. Dieses Ausmaß zu ignorieren, wäre fahrlässig gewesen. Ich habe dies dem Kabinett am 15. Mai dargelegt und die Beteiligung des Landtags bei der Bewältigung der geänderten Daten vorgeschlagen. Wir haben deshalb einen Nachtragshaushalt beschlossen. Es ist ja interessant festzustellen: Das, was die Opposition im letzten Jahr gefordert hatte nämlich einen Nachtragshaushalt - und was die CDU in Hamburg dieses Jahr für nötig hält, erachtet die CDU heute offensichtlich für überflüssig. Das ist schon schwer nachzuvollziehen.
Um den finanziellen Handlungsspielraum für einen Nachtragshaushalt zu erhalten, habe ich im Benehmen mit dem Kabinett eine Haushaltssperre verhängt. Danach dürfen ab sofort keine Ausgaben geleistet, Bewilligungen eingegangen und künftige Zahlungen festgelegt werden. Natürlich sind davon gesetzliche Leistungen, Personalausgaben, auch einige Sachausgaben, vertragliche Bindungen ausgenommen. Insgesamt fällt unter diese Haushaltssperre ein Betrag von zurzeit 1 Milliarde DM. Selbstverständlich kann der Finanzminister diese 1 Milliarde DM nicht durch die Haushaltssperre einsparen. Das will er auch nicht. Wir wollen keine Baustellen, die stillgelegt werden, sodass wir dadurch finanziellen Schaden haben. Wir wollen natürlich, dass die Förderprogramme weiterlaufen. Ich habe bereits für ASH Mittel freigegeben. Im Übrigen sind natürlich auch die EU-Mittel von der Sperre ausgenommen. Das ist nun einmal die Landeshaushaltsordnung. Es liegt jetzt in der Verantwortung, welche Maßnahmen freigegeben werden, soweit sie der Freigabe unterliegen.
Nachtragshaushalt und zu den kommenden Haushalten. Die Steuerschätzung vom 18. Mai hat - regionalisiert - wenig später ein etwas anderes Ergebnis ergeben. Es fehlen 8,4 Milliarden DM in 2001. Für 2001 sind die Schätzzahlen revidiert worden, weil die Schätzer gesagt haben, sie vermuteten, dass einige Leute im letzten Jahr Gewinne zurückgehalten hätten, um sie in diesem Jahr geltend zu machen, weil die Steuersätze niedriger seien. Das ist steuerliche Gestaltung. Darum ist die Steuerschätzung für 2001 und 2005 günstiger. Die übrigen Steuerschätzungen - meine Damen und Herren, daran führt überhaupt kein Weg vorbei - sind bitter. 200 Millionen DM für das Jahr 2000 zusätzlich. Deshalb ist es nach wie vor meine Position und die Motivation für den Nachtragshaushalt. Es ist richtig, wir müssen die 62 Millionen DM an Steuermindereinnahmen in diesem Jahr auffangen. Es ist auch richtig - das ist ja gesagt worden -, dass Frau Erdsiek-Rave und ich seit Ende März die Entwicklung der Personalkosten im Lehrerbereich beobachten.
Ich bin im Finanzausschuss nach dem Volumen gefragt worden. Wir haben auch eine erfreuliche Einnahme zu verzeichnen. Zum Beispiel ist der Erdölförderzins mengenmäßig und wegen des Weltpreises nach oben gegangen. Allerdings verbleibt er nur zu 10 % bei uns. Das andere geht in den Länderfinanzausgleich. Das haben wir bei unserer Steuerschätzung berücksichtigt. Wenn ich einen Nachtragshaushalt mache, muss ich natürlich auch zwangsläufige Ausgaben veranschlagen. Aber es bleibt dabei: Ich werde alles tun, um den Nachtragshaushalt, der im September hoffentlich verabschiedet wird, so zu gestalten, dass die Haushaltsrisiken - Steuern, Personalkosten und sonstige Risiken abgedeckt werden und wir jedenfalls einen deutlichen zweistelligen Millionenbetrag erwirtschaften, um die Entnahme aus der Rücklage in diesem Jahr, die da ist, zu reduzieren und damit die schwierige - ich sage ausdrücklich schwierige - Finanzierung des Haushalts 2002 und folgende ein klein wenig zu erleichtern.
Die Ursachen für die Steuermindereinnahmen - das ist, glaube ich, unbestritten - liegen in den Steuerrechtsänderungen, in der Änderung des Rentenrechtes. Es gibt vielleicht in Nuancen Unterschiede, was die
Steuerreform angeht. Es mag auch in Nuancen Unterschiede hinsichtlich der Rentenreform geben. Vielleicht gibt es auch in der Frage nach einem Kindergeld von 30 DM oder 1.200 DM unterschiedliche Auffassungen. Ich glaube aber, dass niemand und keine Fraktion hier im Haus ist, der sagt, diese Reformen und diese Maßnahmen seien nicht erforderlich. Deshalb müssen wir sie solidarisch tragen. Wir müssen die Mindereinnahmen akzeptieren. Es sind deutliche Mindereinnahmen, die bis auf 1,3 Milliarden DM 2005 alle Programme kumulieren. Man muss aber eben auch sehen, dass die Bürger und die Wirtschaft kumuliert auf die ganzen Jahre bis einschließlich 2005 um über 5 Milliarden DM entlastet werden. Es ist eine Konsequenz, wenn man einerseits Steuern deutlich senkt und der Landtag und die Regierung mit Nachdruck sagen, wir wollen keine Schulden aufbauen, sondern diese möglichst reduzieren, dass es dann natürlich am Leistungsangebot hapert, das wir für die Bürger vorhalten können.
Ich denke, das ist das Problem, nämlich ein ordentliches Dienstleistungsangebot - und insbesondere eine ordentliche Infrastruktur und ein ordentliches Bildungsangebot - bei gleichzeitiger Haushaltskonsolidierung und solchen Steuerausfällen auf den Weg zu bekommen. Ich hoffe sehr, dass wir trotz der Probleme, die nun wirklich keiner - ebenso wie den konjunkturellen Einbruch - der Regierung zuordnen kann, bei der Bewältigung dieses Haushaltsproblems sachlich und ohne Polemik an der Lösung arbeiten.
Ich stelle die Frage, ob wir noch mit der Aussprache beginnen werden oder in die Mittagspause eintreten? Wir beginnen um 15 Uhr mit der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.
Ich darf Sie bitten, noch einen Moment hier zu bleiben. Ich habe etwas vergessen. Ich war gebeten worden, eine persönliche Erklärung des Herrn Abgeordneten Sager zuzulassen. Dem komme ich vor der Mittagspause gern nach. Herr Abgeordneter Sager, Sie haben zu einer persönlichen Erklärung das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir einige Sätze einer persönlichen Erklärung. Am 20. Mai haben mich die Bürgerinnen und Bürger in Ostholstein zum neuen Landrat gewählt.
Ich bedanke mich für die Glückwünsche, die mich von allen Seiten des Hauses erreicht haben. Die Sitzungs
folge des Terminkalenders des Schleswig-Holsteinischen Landtags sieht vor, dass die nächste Sitzung erst am 11. Juli stattfinden wird. Ich werde mein Amt in Eutin voraussichtlich am 3. Juli antreten, sodass dies heute - nach neun Jahren Parlamentszugehörigkeit mein letzter Parlamentstag ist. Deswegen möchte ich mich sehr herzlich bei Ihnen allen - allen Fraktionen, besonders aber bei meiner CDU-Fraktion - für die gute Zusammenarbeit und die Unterstützung meiner CDUKolleginnen und Kollegen bedanken. Ich bedanke mich bei allen Mitgliedern des Parlaments und bei allen Fraktionen für die ausgezeichnete, hervorragende und auch menschlich einwandfreie Zusammenarbeit, auch wenn wir uns in der Sache das eine oder andere Mal beharkt haben.
Ich habe es meiner Fraktion vor einigen Tagen schon gesagt: Ich habe die herzliche Bitte, dass alle Fraktionen dieses Hauses in Zukunft auch weiterhin dafür Sorge tragen mögen, dass die kommunalpolitische Ebene finanzpolitisch möglichst nicht weiter angetastet wird.
Herr Finanzminister, diese Bitte äußere ich auch an die Landesregierung. Ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen allen und wünsche Ihnen allen immer eine gute, glückliche Hand und gute Entscheidungen zum Wohle unseres Landes. Herzlichen Dank!
Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich hoffe, dass alle eine schöne, sonnige Mittagspause gehabt haben.
Wir fahren jetzt in den Beratungen fort. Aufgerufen war Tagesordnungspunkt 17, Haushaltssperre vom 15. Mai 2001, Antrag der Fraktion der FDP, Drucksache 15/965. Der angeforderte Bericht der Landesregierung ist vor der Mittagspause durch den Minister für Finanzen gegeben worden. Wir treten jetzt in die Aussprache ein. Das Wort für den Antragsteller hat der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Wolfgang Kubikki.
Seifenblase ist geplatzt. Der Haushalt 2001 liegt in Trümmern vor uns. Wundern sollte uns das nicht, denn bei der finanzpolitischen Inkompetenz der Landesregierung müssten wir uns eigentlich nur wundern, dass sie es überhaupt geschafft hat, ihre Scharaden bis jetzt durchzuhalten.
Nun stehen sie vor uns, Heide Simonis und Claus Möller, wie heute Vormittag und erklären uns mit getragenen Worten, dass sie erstens nichts dafür können und zweitens trotzdem alles im Griff haben.
Das erwarte ich von den Sozialdemokraten ja nicht, aber die Unionsfraktion jedenfalls hört sehr aufmerksam zu, Herr Präsident!
(Holger Astrup [SPD]: Die können davon auch etwas lernen! - Zuruf von der SPD: Das ist eine Frage der Qualität! - Unruhe)
- Mein Bemühen, sich Ihrem Niveau anzupassen, ist offensichtlich zum Scheitern verurteilt, Herr Kollege.
Das ist der Stoff, aus dem Provinzpossen entstehen. Einziges Problem dabei: Es geht um Geld, um viel Geld, um Geld, das die Bürgerinnen und Bürger im Land zahlen, damit der Staat sinnvolle Leistungen produziert, und nicht dafür, dass es die Finanzamateure der Landesregierung verspielen.
Die Ministerpräsidentin redet ständig in allen Bereichen von Nachhaltigkeitsoffensiven. Wie gesagt, sie redet davon; verwirklicht wird nichts, am wenigsten in der Finanzpolitik. Nachhaltigkeit ist ein schwammiger Begriff, aber eine einfache Definition lernt man in der Grundschule: Man soll das Fell des Bären nicht verkaufen, bevor man den Bären erlegt hat. Aufgrund der Innovationen im Finanzwesen der letzten 200 Jahre sollte man diese Erkenntnis etwas abwandeln: Man soll das Fell des Bären nicht auf Termin verkaufen, bevor man nicht sicher ist, ein Bärenfell auch termingerecht liefern zu können.