Protokoll der Sitzung vom 12.07.2001

Ein letzter Satz, Herr Präsident! - Fazit: Es liegt ein Bericht vor, ein Zwischenbericht einer Landesregierung, die sich des Themas Verbraucherschutz angenommen hat, wenig eigene Ideen einbringt, zum Glück über hervorragende Partner verfügt, aber selbst noch nicht genau weiß, wohin die Reise mit dem Sparticket gehen soll.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Kruse das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ausgangspunkt für den Bericht war unser gemeinsamer Antrag. In diesem Antrag wurden sehr deutlich die Punkte aufgezeigt, die inhaltlich in den angeforderten Bericht einzubeziehen waren.

Ich möchte zunächst auf die Verbraucherzentrale eingehen. Das gemeinsame Konzept von Vorstand und Beschäftigten wird - zumindest seit Vorlage des Schreibens der Vereinigten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom 5. Juli dieses Jahres - wohl doch nur

recht einseitig vom Vorstand getragen. Allein dieser Widerspruch zeigt auf, wie wenig Gemeinsamkeiten zum Inhalt des Konzeptes bestehen. Der Inhalt des Konzepts ist zwar überarbeitet. Es kommt jedoch am Ende grundsätzlich wenig Neues dabei heraus.

Bei der Aufgabenüberprüfung und dem vorgegebenen Leitsatz des Abbaus von Mehrfachangeboten sind grundsätzlich keine Abstriche gemacht worden. Dies mag an den gesellschaftlich vorgeformten Bedürfnissen liegen; denn etwas abzugeben fällt oft schwer und Neues ist oft Anlass für Ärger, eine Last, eine Beleidigung, wenn etwas lange Bestand hatte. Hier muss zwingend erneut eine Aufgabenüberprüfung stattfinden. Es muss zwischen schwächeren und stärkeren Leistungsbereichen unterschieden werden, wobei die Aufmerksamkeit von Ersterem auf Letzteres zu lenken ist.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Bei der flächendeckenden Beratung sollte besser definiert werden, warum die ausgesuchten fünf Standorte die Präsenz im Lande darstellen sollen.

(Beifall bei der SPD)

Darüber mögen Bürgerinnen und Bürger, die eben nicht an diesen Standorten wohnen, etwas anders denken.

Auch die Öffnungszeiten lassen die berechtigte Frage zu, inwieweit sie bürgerfreundlich sind;

(Beifall bei der SPD)

denn ab Freitag, 13 Uhr, und an Samstagen, also immer dann, wenn Bürger Zeit haben, können sie die Verbraucherzentrale eben nicht erreichen.

Besonders vermisse ich bei den Standorten die Einbeziehung der finanziellen Beteiligung der Kommunen, insbesondere der größeren Kommunen wie Kiel oder auch Flensburg.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Stärkung der Eigenfinanzierung kommt erheblich zu kurz. Warum müssen immer andere, wie beispielsweise die Stiftung Warentest, Vorreiter sein, diesmal für eine Gebührenpflicht, wie wir es am 22. Juni in der Zeitung lesen konnten? Warum kann nicht auch einmal die Verbraucherzentrale Vorbild oder Vorreiter für etwas sein?

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Bereich der Kooperationen, der für die wirtschaftliche Seite eine markante Rolle spielen kann, wurde fast komplett vernachlässigt. Dass die Verbrau

(Maren Kruse)

cherzentrale bestrebt war und ist, Kooperationen einzugehen, ist sicherlich zu begrüßen. Diese Bestrebungen sollten jedoch sehr viel intensiver vorangebracht werden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Wenn auch die verschiedenen Handlungsschritte im Konzept ausführlich aufgezeigt sind, so vermisse ich insgesamt ein klares und eindeutiges Ziel, nämlich eine Bündelung von Kompetenzen bei veränderten Strukturen und nicht Anpassung an den Durchschnitt um jeden Preis.

(Beifall bei SPD und SSW)

Grundsätzlich bleibt festzustellen, dass das Konzept Konzept bedeutet nur Entwurf - die Möglichkeit bietet, prozessorientiert weiterzuarbeiten. Es bietet gute Ansätze, die weiter ausgearbeitet und hilfreich begleitet werden müssen. Dies ist genauso schwierig wie notwendig.

Insbesondere die Frage der betriebswirtschaftlichen Beurteilung, die auch nicht berücksichtigt worden ist, muss weiterhin diskutiert und nach bestimmten Zeitabläufen innerhalb des weiteren Prozesses überprüft werden.

Daran anknüpfend haben wir uns die Frage zu stellen, was denn Maßstab für die Förderung sein soll. Dies erscheint unzweifelhaft; denn Maßstab kann hier nur lauten: sinnvoll und brauchbar.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

In dem aus dem Konzept abgeleiteten Bericht wird des Weiteren ein Netzwerk der Ernährungsberatung dargestellt, das ich für gut und in weiten Teilen für nachvollziehbar halte. Die Schwerpunktsetzung in der Ernährungsberatung im Rahmen des Verbraucherschutzes und damit eingebunden auch die Qualitätstore setzt neue Maßstäbe, die ich für dringend notwendig halte und die für Schleswig-Holstein die Möglichkeit bieten, einmal Vorreiter und Vorbild zu sein.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich verweise dabei auf den gerade angesprochenen Von-Wedel-Bericht, in dem zwar Vorschläge zu organisatorischen Veränderungen gemacht werden, aber dort, wo die Länder Kompetenzen haben, zunächst immer auf richtungweisende Entscheidungen und Beratungen auf Länderebene verwiesen wird. Die Bündelung von vielen vorhandenen aktiven Kompetenzen zu einem Netzwerk der Ernährungsberatung ist sinnvoll, durchführbar und pragmatisch.

Liebe Kollegin Sassen, wir alle sollten mit Intelligenz die neu zu strukturierende Verbraucherarbeit begleiten; denn Intelligenz ist die Fähigkeit, Probleme zu

lösen, sich an neue Situationen anzupassen, abstrakte Vorstellungen, Ideen und Begriffe zu entwerfen und von Erfahrungen zu profitieren.

(Beifall bei SPD und SSW)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Dr. Happach-Kasan das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist leider so: Auch die Inhalte des Berichts der Landesregierung über den Verbraucherschutz in SchleswigHolstein stehen im Schatten der schwierigen Finanzlage des Landes. Es ist immer wieder bemerkenswert, dass die Landesregierung in ihren Beiträgen betont, wie ernst sie gerade die sozialen Interessen der Menschen im Lande nimmt. In der Konsequenz werden dann aber Reformen vorangebracht, die letztlich nur der desolaten Haushaltssituation Rechnung tragen.

Gleichwohl will ich am Anfang deutlich machen: Das Warten auf den Bericht hat sich gelohnt, Frau Ministerin! Ich bitte Sie, Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meinen Dank für diesen durchaus sorgfältig erarbeiteten Bericht auszusprechen.

(Beifall bei FDP und SSW)

- Ich bin etwas enttäuscht darüber, dass die SPD das anders sieht. Aber ich glaube schon, dass wir inzwischen ein ganzes Stück weiter sind.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie wollen beim Verbraucherschutz umstrukturieren, konzentrieren und effizienter handeln. Ich teile die Einschätzung der Kollegin Kruse, dass das nach diesem Bericht in der Ernährungsberatung überzeugend gelungen ist. Umstrukturieren bedeutet, dass Geld gespart werden kann. Es bedeutet aber auch, dass es im Ergebnis weniger Zuschüsse für die Verbraucherzentralen geben wird. Für die Verbraucherzentralen bedeutet dies Gebührenerhöhung, 0190-Telefonnummern, Schließung von einzelnen Einrichtungen und Kündigungen von Beschäftigungsverhältnissen. Meine Vorrednerin hat bereits zu Recht angesprochen, dass das Angebot von Verbraucherzentralen auch als kommunale Aufgabe betrachtet werden kann und dass sich größere Kommunen zumindest an der Bereitstellung von Räumen für die Einrichtung von Verbraucherzentralen beteiligen sollten. Das Land NordrheinWestfalen ist einen konsequenten Weg gegangen. Ich

(Dr. Christel Happach-Kasan)

kann nicht einsehen, warum das Land SchleswigHolstein diesen Weg nicht mitgehen sollte.

Ich teile Ihre Auffassung, Frau Ministerin, dass Verbraucherschutz eine Querschnittsaufgabe ist und deswegen nicht nur einem Ministerium zugeordnet werden kann; vielmehr ist die Beratung von Bürgerinnen und Bürgern eine Aufgabe, die neben Ihrem Ministerium auch anderen Ministerien zuzuordnen ist. Es ist einfach nicht sinnvoll, dass ein Gesundheitsministerium für die Finanzberatung Strukturen vorhält und das Ernährungsministerium ebenfalls. Daher sollten wir die vorhandenen Ressortstrukturen in der Verbraucherberatung durchaus entsprechend nutzen.

Lobenswert an dem vorgelegten Bericht ist, dass herausgestellt wird, welche Institutionen neben den Verbraucherzentralen auch speziell Ernährungsberatung für die Menschen im Lande durchführen. In diesem Zusammenhang sind die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Landwirtschaftskammer, die Ernährungsmedizinische Beratungsstelle der Universität Kiel, die Ernährungsberater der Krankenkassen, die freiberuflichen Ernährungsberater, die Kommunen und die Fachapotheker zu nennen. Das ist wirklich ein breiter Strauß.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat sich in diesem Bereich sehr große Anerkennung erworben, weil sie unabhängig vom Zeitgeist eine auf die gesundheitliche Vorsorge ausgerichtete Beratung durchführt und nicht nur punktuell entsprechend dem Zeitgeist berät. Sie berät im Interesse der Menschen. Daher bitte ich die Kollegin von der CDU, sich einmal ganz konkret über vorhandene Beratungen zu erkundigen. Es ist festzustellen, dass die Deutsche Gesellschaft für Ernährung im Bereich der Gesundheitsvorsorge, der Ernährungsberatung wirklich Wegweisendes im Interesse der Menschen in diesem Land geleistet hat.

Es erscheint in der Tat notwendig, zumindest die mit öffentlichen Mitteln geförderten Institutionen weiter zu straffen. Das hat neben den Kostenvorteilen auch für die Verbraucherinnen und Verbraucher unmittelbare Vorteile. Durch das jetzige zerstreute Angebot an Ernährungsberatung ist es für die Menschen eher verwirrend, welche konkrete Stelle sich am besten mit ihrem konkreten Problem auskennt. Insofern unterstützen wir das von der Landesregierung vorgestellte Netzwerk für Ernährungsberatung, das innerhalb der nächsten zwei Jahre ausgebaut und von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als zentrale Koordinierungsstelle entwickelt werden soll.

Bei einem Bereich habe ich Zweifel, ob er so umgesetzt werden kann. Sie erwähnen in Ihrem Bericht, dass die Kommunen vor Ort die flächendeckende

Ernährungsberatung entsprechend dem neuen Gesundheitsdienstgesetz vornehmen sollen. Ich muss einfach Folgendes feststellen. Erstens. Das nicht ganz unumstrittene Gesundheitsdienstgesetz wurde gerade gestern dem Ausschuss überwiesen und ist noch nicht in Kraft getreten. Zweitens ist mit der Übertragung der Aufgaben durch das Gesundheitsdienstgesetz an die Kommunen im Sinne des Konnexitätsprinzips auch gleichzeitig deren Finanzierung sicherzustellen. Wenn Sie also unter den Punkt „Kosten des Netzwerks“ lediglich die Kosten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ausweisen und nicht auf weitere Kosten hinweisen, ist der Bericht insoweit unvollständig.

Wenn es insgesamt um das Thema Verbraucherschutz geht und sich dieser Bericht an den Tätigkeiten der Verbraucherzentralen ausrichtet, dann vermisse ich konkretere Konzepte zu den übrigen Bereichen des Verbraucherschutzes. Es ist nicht auf das Thema Ernährungsberatung begrenzt. Ich nenne hier nur beispielsweise die Bereiche Finanzdienstleistungen, Energieberatung, allgemeine Information über Produkte und Dienstleistungen. Da besteht Nachbesserungsbedarf.

Der Bericht wird im Ausschuss weiter zu beraten sein. Dazu werden wir uns vielleicht auch noch für den Ernährungsbereich die Kommunen und die Deutsche Gesellschaft für Ernährung anhören. Wir sind den Menschen im Land ein ordentliches Konzept für ihre zukünftige Beratung schuldig.