Protokoll der Sitzung vom 13.07.2001

(Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] - Heiterkeit)

Ein letzter Punkt: Die Landesregierung sieht die Gefahr, dass deutsche und europäische Unternehmen von der Weiterentwicklung im Kabelnetzbereich ausgeschlossen werden könnten und den Verbrauchern dadurch Nachteile entstehen.

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Das hätten Sie nie so gesagt!)

Dieses Problem ist ganz einfach zu beheben: Wir brauchen in Kiel und Berlin endlich eine forschungsund wirtschaftsfreundliche Politik. Dann lohnt es sich in Zukunft vielleicht auch für deutsche und europäische Unternehmen, deutsche Kabelnetze zu erwerben. Die wesentliche Bremse hier ist rot-grün. Seien Sie also konsequent und machen Sie Platz für den Fortschritt!

(Lachen bei der CDU)

Ich danke Ihnen trotzdem für die Aufmerksamkeit und wünsche allen eine schöne Sommerpause.

(Beifall bei FDP, SPD, CDU und SSW)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Fröhlich das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Damen und Herren! Ich habe meine Rede selber geschrieben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Daher haben Sie vielleicht auch Interesse daran. Herr Garg, das, was Sie hier vorgetragen haben, war Wirtschaftsliberalismus pur, wie er selbst von Volkswirt

(Irene Fröhlich)

schaftlern so nicht mehr vertreten wird. Bitte richten Sie das Herrn Kubicki aus.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Sagen Sie es ihm, dann freut er sich umso mehr!)

Gerade auf dem Gebiet der Medien richtet der Markt nicht alles. Das muss auch ein Herr Kubicki zur Kenntnis nehmen.

Zunächst einmal möchte ich mich für den Bericht über die Entwicklung der Kabelnetze bedanken. Es scheint jetzt allerdings einzutreten, wovor wir bei der Liberalisierung des Telemarktes mit der Einführung des Kabels gewarnt hatten: Einerseits besteht der ungeheure Markt, der Begehrlichkeiten weckt, aber weiche Faktoren wie Programmvielfalt und Unabhängigkeit der Programmbetreiber gefährdet. Andererseits erfolgt die frühe Festlegung auf eine technische Kabellösung, zu deren Zukunftsentwicklung gewaltige Kapitalmengen erforderlich sind. Im Berichtsantrag forderte die SPD Auskunft über den Anteil der verkabelten Haushalte in Schleswig-Holstein im Vergleich zum übrigen Bundesgebiet. - Frau Böhrk, ich fand Ihre Rede hervorragend.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir wissen jetzt, dass der Versorgungsgrad mit Anschlüssen in Schleswig-Holstein mit 83 % ebenso über dem Bundesdurchschnitt liegt wie die Anschlussdichte mit 24 % fast genauso viel darunter. - Was immer das für uns bedeutet! Ich vermag daraus noch nicht viel zu erkennen. Es wurde nach dem Stand und der Entwicklung von bestehenden oder geplanten privaten Kabelnetzen in Schleswig-Holstein gefragt. Hier hätte mich interessiert, wer zum Beispiel die Netzebene 4 in unserem Land betreibt und was die kürzlich erschienen Meldungen über das Kabelprojekt der ULR und das Scheitern der diesbezüglichen Verhandlungen eigentlich bedeutet haben. Herr Müller ist weg, aber das ist egal.

Die Auswirkungen des Verkaufs der Kabelnetze für Privathaushalte, Wirtschaft und öffentliche Verwaltung, die auch gefragt waren, kann ich zwar ahnen, wenn ich lese, dass der amerikanische Investor Liberty Media nicht nur Kabelbetreiber sein wird, sondern auch Programmanbieter. Gerade aber unter dem Aspekt Medienkompetenz und Kosten für die privaten Nutzer erfahre ich nichts. Dabei ist natürlich gerade die Zweiwegequalität künftiger digitaler Rundfunkprogramme der entscheidende Einstieg in einen transparenten und demokratischen Umgang mit den neuen Medien, den wir dringend brauchen, wenn wir Herr dieses neuen Instruments werden wollen.

Gar nichts finde ich in dem Bericht leider zu der damals gestellten Frage zu den Konsequenzen für die nicht verkabelten Regionen in Schleswig-Holstein. Herr Dr. Rohwer, deshalb war ich froh, dass Sie diesen Punkt noch in Ihre Rede eingearbeitet hatten. Unter dem Aspekt des neuen Artikels 87 f Abs. 1 Grundgesetz wäre der Infrastrukturauftrag des Bundes von besonderem Interesse.

Auch hätte ich gern etwas mehr zu den Initiativen der Landesregierung zur Sicherung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunk und zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Schleswig-Holstein gewusst. Dass es - angesichts des Verkaufs des Kabelnetzes - in den verschiedenen Regionalgesellschaften erhöhten Regelungsbedarf gibt, sagt sowohl der Bericht als auch die dankenswerterweise angefügte Stellungnahme unserer Unabhängigen Landesrundfunkanstalt.

Ich will nicht ungerecht sein. Vielleicht ist auch der Zeitpunkt der Abgabe des Berichts während der Verkaufsverhandlungen nicht gerade optimal. Trotzdem ist es gut, dass wir jetzt in die Diskussion einsteigen. Anhörungen finde ich wunderbar, um die Erkenntnisse zu vertiefen und die Debatte zu verbreitern. Außerdem bin ich immer dankbar für gute und geschlossene Überblicke in dem - für mich jedenfalls - komplizierten Dschungel der schönen neuen alten Medienwelt. Nochmals vielen Dank und nichts für ungut an die Autoren!

Die Zukunft von Rundfunk, Fernsehen, Telefon und Internet hängt eng mit der Digitalisierung der Übertragung zusammen. Hier möchte ich etwas anfügen, das uns Grüne zurzeit besonders beschäftigt, nämlich das Digital Audio Broadcasting, kurz DAB. 1980 war seine Geburtsstunde. Testausstrahlungen gibt es seit der Funkausstellung von 1995. Seitdem wurden in elf Bundesländern Pilotprojekte durchgeführt. Seit 1999 befindet sich DAB in vielen Bundesländern - und einigen Nachbarstaaten - im Regelbetrieb. Trotzdem sind in Deutschland bislang nur wenige Tausend DABEmpfänger verkauft worden. Das digitale Radio scheint von seinem Publikum, den Radiohörern, weitestgehend ignoriert zu werden. Deshalb haben die Grünen im Bundestag das DAB einer kritischen Analyse unterzogen. Das Ergebnis liegt in einer Studie mit dem Titel „Status Quo von Digital Audio Broadcasting und möglicher alternativer Übertragungsverfahren“ vor.

Zusammengefasst kommen wir zu folgenden Ergebnissen.

Erstens. DAB hat in einer Zeit der digitalen Revolution eine zu lange Entwicklungszeit hinter sich und droht in eine Entwicklungsfalle zu geraten.

(Irene Fröhlich)

Zweitens. Es ist eine von Technikern vorangetriebene Entwicklung, für die der unmittelbare Bedarf dem Publikum wenig ersichtlich ist.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum Schluss. Gestern habe ich fast vier Minuten eingespart!

Drittens. Es fehlen überzeugende Anwendungen und Nutzungsarten. Ich bitte um Verständnis. Ich finde es wichtig, dies hier vorzutragen, denn auch da läuft eine Entwicklung, mit der wir uns beschäftigen müssen, sonst läuft sie an uns vorbei und das wäre schlimm.

Viertens. DAB ist extrem einseitig auf den mobilen Radioempfang hin optimiert.

Fünftens. Die Einführungsstrategien für DAB sind konfus, die Industrie ist seit Jahren unfähig, den Markt über preisgünstige Empfangsgeräte zu entwickeln.

Sechstens. Eine weitere Kritik der privaten Rundfunkanbieter ist zudem, dass DAB keine zusätzlichen Hörer bringt.

(Glocke des Präsidenten)

- Ich komme zum Schluss!

Überlegen Sie sich noch einen Schlusssatz, Frau Abgeordnete!

Die beiden Punkte darf ich noch vortragen.

Aber schnell!

Siebtens. Die mit DAB verbundenen Kosten zur Gewährleistung einer Versorgung sind wesentlich höher als erwartet.

Achtens. Es ist aus unserer Sicht keine zentrale Aufgabe der Landesmedienanstalten, DAB zu fördern, wie es von einigen Seiten gefordert wird. Deshalb ist es mir auch so wichtig, dies vorzutragen. Die Landesmedienanstalten sollten aus unserer Sicht andere Prioritäten setzen.

Aus unserer Sicht ist noch wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich bei den Nutzerdaten der Pilotprojekte nicht um repräsentative Ergebnisse handelt. Die Zahl der freiwilligen Teilnehmer ist sehr gering gewesen. Es handelte sich zudem vorwiegend um Technikfreaks und Mitarbeiter der an der Entwicklung beteiligten

Unternehmen. Nur 27,6 % waren echte Projektteilnehmer. Das in Ihre Köpfe zum Thema DAB.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Abgeordnete, es gibt nur eine Geschäftsordnung und die gilt für alle! Darauf muss ich hinweisen.

Herr Abgeordneter Harms hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verkauf der Kabelnetze an einen amerikanischen Investor wird möglicherweise zu tief greifenden Veränderungen unserer Medienwelt führen. Durch eine Vielzahl von digitalen Programmangeboten wird es in naher Zukunft möglich sein, eine schier unbegrenzte Programmvielfalt anzubieten und so natürlich auch ihre entsprechenden Inhalte zu bestimmen. Zwar werden weiterhin einige private Sender, die öffentlich-rechtlichen Kanäle und das offene Kanalfernsehen so genannte Must-carry-Programme bleiben, aber diese zwingend vorgeschriebenen Programme werden einer riesigen Konkurrenz von möglicherweise nur einem einzigen Anbieter ausgesetzt. Dies birgt enorme Gefahren.

Das Land Schleswig-Holstein hat nur einen eher geringen Einfluss auf die Sendervielfalt. Gleichwohl ist es wichtig, dass die Landesregierung im Vorwege dafür sorgt, dass beispielsweise das Fernsehangebot der Offenen Kanäle weiter ausgebaut werden kann. Ich meine damit, dass in weiteren Regionen weitere Offene Kanäle eingerichtet werden können. Die Option sollten wir uns in jedem Fall offen halten.

Die neue Entwicklung hin zum Verkauf an einen amerikanischen Investor birgt aber vor allem die Gefahr, dass es immer teurer werden könnte, überhaupt Programme der Offenen Kanäle einzuspeisen.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Derzeit ist das System dezentral angelegt. Das heißt, die Programme der Offenen Kanäle werden dezentral, nicht weit weg von den Studios eingespeist. Das hält die Kosten hierfür in einem erträglichen Rahmen. In Zukunft könnte es sein, dass die bisherigen Netze zu einem mehrere Bundesländer umfassenden Großnetz ausgebaut werden und es möglicherweise nur noch eine zentrale Stelle zur Einspeisung von Programmen gibt. Für große Anbieter von Programmen ist dies kein Problem. Aber die Wege für unsere Offenen Kanäle

(Lars Harms)