Protokoll der Sitzung vom 13.07.2001

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD)

- Das fasse ich als Beifall der SPD-Fraktion auf. Frau Kollegin Heinold, wir sind uns völlig einig, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden sollen, dass die Lohnnebenkosten zu hoch sind -

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Herr Hentschel, warten Sie doch einmal ab! Wir sind uns einig, dass die Lohnnebenkosten zu hoch sind und dass die Finanzierung von Teilkosten der deutschen Einheit über die Sozialversicherungssysteme - ich sage es ganz vorsichtig - nicht eben nach meinem Geschmack war.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Herr Neugebauer, auch Ihnen wäre ich dankbar, wenn Sie vor allem zu den Dingen reden würden, von denen Sie auch wirklich etwas verstehen.

(Zurufe von der SPD)

Frau Kollegin Heinold, wenn wir uns darin einig sind, dass die Lohnnebenkosten gesenkt werden sollen, dann verstehe ich nicht, warum Sie dann mit JobAqtiv ein Programm verabschieden wollen, das geradezu für die Steigerung der Lohnnebenkosten sorgt, weil Sie nämlich durch die beiden Förderinstrumentarien familienpolitische Leistungen und infrastrukturpolitische Leistungen weiter versicherungsfremde Leistungen in die umlagefinanzierten Systeme hineinpacken.

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD]: Ich verstehe Sie nicht! Das ist mein Problem!)

Ich denke an die Debatten sowohl im Bundestag als auch im Landtag. Der eine oder andere drückt sich immer davor, konkret zu nennen, was versicherungsfremde Leistungen sind.

Was wir jetzt bekommen, ist ein Obendraufpacken von versicherungsfremden Leistungen. Vor allem aus diesem Grund bin ich der Auffassung, dass die Union mit ihrem Antrag völlig Recht hat; denn das ist kontraproduktiv. Es nutzt dem Arbeitsmarkt nichts, sondern es schadet ihm langfristig.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Roswitha Strauß.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Heinold, ich möchte kurz auf Ihren Beitrag eingehen; denn offensichtlich haben Sie das, was ich gesagt habe, nur selektiv wahrgenommen.

Ich habe klar darauf hingewiesen, dass wir mit unserem Antrag vorbeugend einen Teilaspekt des Eckpunktepapiers einbringen. Ich habe auch den Grund dafür genannt. Wir wollen nämlich verhindern, dass das zarte Pflänzchen, also das, was wir zur Stabilisierung des Bauhandwerks beziehungsweise Baugewerbes einbringen, nicht an anderer Stelle gleich wieder kaputtgetrampelt wird.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich empfehle Ihnen einmal die Lektüre von Fachblättern, in denen die Zusammenhänge erklärt werden. Dafür fehlt mir im Rahmen des Dreiminutenbeitrags die Zeit.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf Folgendes hinweisen: Die Bauhandwerker und Baufirmen haben mit ihren Mitarbeitern nicht deshalb draußen

(Roswitha Strauß)

vor dem Landeshaus gestanden, weil ihre Bücher randvoll mit Aufträgen sind, sondern weil sie für ihre jetzigen Beschäftigten schon keine Arbeit haben.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

Wie sollen sie es machen? Sollen sie die Beschäftigten alle entlassen, damit sie die Arbeitslosen einstellen können? Das muss doch anders geregelt werden. Ich weiß, dass das nicht sein soll.

Im Übrigen, Frau Heinold, können Sie sich in Ihrer näheren Umgebung über solche Projekte informieren, damit Sie wissen, wie das in der Praxis läuft; das wäre vielleicht ganz hilfreich.

Ich will auf einen anderen Aspekt eingehen. Auch Arbeitsminister Riester ist mit dem Versprechen angetreten, die Arbeitslosenversicherung zu senken. Die Senkung der Arbeitslosenversicherung um einen Prozentpunkt bedeutet eine Entlastung in Höhe von 14 Milliarden DM. An dieser Stelle etwas zu tun, hatten sich auch die Grünen auf die Fahnen geschrieben. Im Augenblick aber wird nur vom Job-AqtivGesetz geredet und nicht von einer Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge. Eine solche fordern wir an dieser Stelle ein; denn das ist das wirtschaftlich wichtigste Element.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wir sind noch im Rahmen der Kurzbeiträge. Das Wort hat jetzt der Herr Abgeordnete Wolfgang Baasch.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist es immer schwierig, dann, wenn es um Arbeitsmarktpolitik geht, im Parlament die große Keule zu schwingen. Deswegen habe ich mir Mühe gegeben und versucht, das einigermaßen sachlich darzustellen. Aber wenn der Kollege Garg meint, sich hier so exponieren zu müssen,

(Lothar Hay [SPD]: Wie Rumpelstilzchen!)

dann muss man vielleicht Folgendes klarstellen: Vor der Bundestagswahl 1998 war es die damalige Bundesregierung, die versucht hat, mit mehreren Hunderttausend ABM-Stellen die Wahlchancen zu verbessern.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Macht es besser!)

Ich sage Ihnen ganz offen, unabhängig davon, ob sich das politisch in irgendeiner Weise legitimieren lässt,

ist das ein Spielen mit Menschen, indem man Menschen instrumentalisiert. Das macht man nicht; das gehört sich nicht.

Die damalige Bundesregierung hat die AB-Maßnahmen, die zu Hunderttausenden im Osten geschaffen worden sind, Frau Strauß, nicht einfach abgeschafft, sondern sie hat sie ordentlich abgewickelt, damit diese Menschen mit ihrer persönlichen Qualifizierung die Möglichkeit hatten, die ABM sinnvoll zu gestalten.

Dann noch etwas zu dem Eckpunktepapier. Wir sind mit dem Eckpunktepapier so weit, dass wir sagen: Es soll im Vorwege, also bereits da, wo Arbeitslosigkeit erkennbar ist, wo Unternehmen in Schwierigkeiten kommen, den Arbeitnehmern ganz gezielt durch Qualifizierungsmaßnahmen geholfen werden. Es ist also ein neuer Ansatz, eine Reform des SGB III erforderlich und es sollte kein lautes Wahlkampfgetöse veranstaltet und versucht werden, wie Sie es getan haben, das Problem durch ABM zu lösen.

Zu behaupten, es flössen keine Steuermittel in die Bundesanstalt für Arbeit, ist falsch; vielmehr fließen Steuermittel in die Bundesanstalt für Arbeit. Der Bundesfinanzminister beziehungsweise die Bundesregierung stellt Geld dafür zur Verfügung. Also werden dafür Steuermittel bereitgestellt.

Abschließend will ich zu dem, was hier sonst stattfindet, Erich Mühsam zitieren: „Mit einem starken Schweden ringen, ist nicht so leicht, wie Reden schwingen.“

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Damit liegen von den Abgeordneten zurzeit keine weiteren Wortmeldungen vor. Für die Landesregierung erhält jetzt Frau Ministerin Moser das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich tue jetzt einmal so - im Unterschied zu manchen meiner Vorrednerinnen und Vorredner -, als ginge es wirklich um das, was in dem Antrag steht,

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

nämlich um das Zusätzlichkeitskriterium.

In diesem Zusammenhang sage ich Ihnen, sehr geehrte Frau Strauß: Beweisen Sie die zeitlose Gültigkeit des alten Juristenspruchs: „Ein Blick ins Gesetz erspart

(Ministerin Heide Moser)

viele Kommentare.“ Sie hätten nicht einmal in das Gesetz schauen müssen, sondern es gibt übersichtliche Eckpunkte, über die man schnell hinweglesen kann. Sie haben offenbar so schnell darüber hinweggelesen, dass sie das Entscheidende an der Stelle nicht mitbekommen haben; denn es ist falsch, dass irgendwo in diesen Eckpunkten stünde, das Zusätzlichkeitskriterium solle wegfallen.

Es geht um etwas völlig anderes. Mit Blick auf die schwierige Lage in den neuen Bundesländern, aber auch der strukturschwachen Regionen der alten Bundesrepublik geht es um die Einführung eines neuen Förderinstrumentariums. Beschäftigung schaffende Infrastrukturförderung ist das Stichwort. Das zielt auf den ersten Arbeitsmarkt.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie können das nachlesen unter der Textziffer IV. Dort finden Sie unter Punkt 4 einen Satz zur Zusätzlichkeit.

(Zuruf der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Wenn Sie ihn angestrichen haben, dann wundert mich Ihr Antrag umso mehr. - Ich möchte den Satz dennoch zitieren, Herr Präsident. Es heißt dort:

„Bei Vergabe an Wirtschaftsunternehmen wird bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen auf die Voraussetzung der Zusätzlichkeit verzichtet, wenn der Verwaltungsausschuss des Arbeitsamtes zustimmt.“