Protokoll der Sitzung vom 13.07.2001

Bei diesem Thema und Ihren Äußerungen kann ich mich dem nur anschließen.

(Beifall bei der CDU)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

(Lars Harms [SSW]: Heiner, stell das rich- tig!)

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Herr Kollege Kalinka, auf Ihre Sachkenntnis bei den Zahlenspielen will ich gar nicht weiter eingehen. Vielleicht erkundigen Sie sich noch einmal, wo der Wert 49 % tatsächlich herkommt.

Ich bin eigentlich nur nach vorn gegangen, um Ihre Zitate aus den „Kieler Nachrichten“ zurechtzurücken.

Ich habe die Forderung - die ich im Übrigen ernst meine - erhoben und gesagt: Wer es zulässt, dass der Krankenhausstandort Kiel monatelang durch den Kakao beziehungsweise durch den Dreck gezogen wird, wer ein solch miserables Krisenmanagement an den Tag legt, wie das die zuständige Bürgermeisterin Bommelmann getan hat - man könnte auch sagen: überhaupt kein Krisenmanagement an Tag gelegt hat -, der sollte sich überlegen, ob er nicht lieber anderen die Verantwortung überlässt. Das ist das eine. Dazu steht ich auch. Ich weiß nicht, ob sich der SPDOberbürgermeister, auf den Sie sich berufen, darüber freut. Aber das spricht für die Qualität Ihrer Aussage.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [FDP] - Lars Harms [SSW]: Sehr gut! - Weitere Zurufe)

- Nein, ich habe nicht Herrn Gansel angegriffen.

Herr Kalinka, Sie werfen mir mangelnde Sachkenntnis vor. Schauen Sie sich doch einmal die Krankenhauslandschaft an. Die Zustände am Städtischen Krankenhaus Kiel sind in der Tat verheerend.

Ich rate Ihnen tatsächlich - ich glaube, das hat auch die Kollegin Hinrichsen getan -: Stellen Sie doch einmal eine Kleine Anfrage. Fragen Sie nach dem Personaltableau, das im Städtischen Krankenhaus Kiel vereinbart wurde. Fragen Sie danach -

(Zuruf)

- Dann stellen Sie keine Kleine Anfrage, sondern fragen Sie jemanden, der sachkundig ist.

(Wortmeldung des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.

Fragen Sie doch danach, wie dieses Personaltableau tatsächlich ausgefüllt wird. Fragen Sie danach, welche Kontrollmöglichkeiten im Einzelfall zum Beispiel die gesetzlichen Krankenkassen haben, die Ausfüllung des vereinbarten Personaltableaus tatsächlich kontrollieren zu können.

Ich warne davor, die Verhältnisse am Städtischen Krankenhaus Kiel allgemeingültig auf die Krankenhauslandschaft in der Bundesrepublik Deutschland zu übertragen

(Beifall bei der FDP)

und sie zur Unterfütterung für Ihren Antrag, den ich nach wie vor - dabei bleibe ich - für die Ausgeburt an Populismus halte, in Anspruch nehmen zu wollen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Das Wort hat jetzt Frau Ministerin Moser.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Kalinka, wenn Sie seit 20 Jahren über diese Problematik Bescheid wissen, frage ich mich allerdings, warum Sie einen solchen Antrag ausgerechnet im zeitlichen Umfeld der groß angelegten Berichterstattung über die Kieler Verhältnisse stellen

(Beifall bei der FDP)

und nicht in den ersten Wochen Ihres Hierseins als Parlamentarier.

Wenn Sie auch wissen, dass ich für die Dienstpläne des Krankenhauses Kiel nicht zuständig bin, frage ich mich, warum Sie in diesem Antrag an mich Forderungen stellen, die ich gar nicht umsetzen kann.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Bei diesem wirklich sehr vielschichtigen und sehr ernsten Problem des ärztlichen Bereitschaftsdienstes in Krankenhäusern - das ist wohl deutlich geworden sollten wir alle es uns aber nicht zu einfach machen. Dass es hier Missstände gibt, und zwar aus ganz unterschiedlichen Gründen, das wissen wir alle. Das ist offenkundig.

Auch in Schleswig-Holstein wie in der gesamten Republik werden in manchen Abteilungen der verschie

(Ministerin Heide Moser)

densten Krankenhäuser in ganz unterschiedlicher Trägerschaft - auch das muss man einmal sagen - offensichtliche Probleme schlicht ignoriert, stillschweigend verschleiert oder sogar, was nicht selten ist, von Betroffenen selbst ausgeblendet.

Das ist nicht immer so, beileibe nicht, Gott sei Dank nicht. Das Management in Krankenhäusern, die mit engem Budget arbeiten, sich mit knappen Stellenplänen Luft verschaffen, kennen wir. Das ist für mich als Aufsicht über die Umsetzung des Arbeitszeitrechts eine ständige Herausforderung, der wir auch begegnen. Wir gucken nämlich hin, aber wir schielen nicht auf falschen Beifall und auf die falsche politische Ebene, sondern wir tun unsere Arbeit als Aufsichtsbehörde über das Arbeitszeitgesetz.

Wir haben sehr viele Gespräche geführt, sehr viele Kontrollen durchgeführt. Uns ist klar, dass man hier auf Dauer über das Arbeitszeitrecht andere Bedingungen wird schaffen müssen.

Sie hätten sich einmal die Mühe machen und sich im Arbeitszeitrecht schlau lesen können, wo man eventuell mit einer Änderung, einer Bundesratsinitiative ansetzen könnte.

(Beifall bei FDP, SSW und der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Das, was Sie in Ihrem Antrag schreiben, ist doch wirklich hingeschmissen und nicht ernst zu nehmen.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Man mag das bedauern, aber auch ein Landtagsbeschluss versetzt die Landesregierung nicht in die Lage, bundesgesetzliche Regeln einfach schlicht zu verändern, das Geld dafür herbeizuschaffen und die Tarifautonomie eben auch noch einmal auszuhebeln. Es ist ganz gut, dass das so ist.

Es kann doch auch nicht Ihr Ernst sein, mit einem Landtagsbeschluss quasi planwirtschaftlich formulierte Messgrößen zu ärztlichen Bereitschaftsdiensten festlegen zu wollen, unabhängig von der Größe der Häuser zu sagen, so viele dürfen es sein und das ist gesetzlich oder qua Beschluss festzulegen.

(Beifall SPD, FDP und SSW)

Ich möchte Sie sehr herzlich bitten - auch Sie, Herr Kalinka -, nicht den Eindruck zu erwecken, die Politik könnte durch einen Beschluss oder Wunschkataloge ein Problem einfach „wegbeschließen“.

Noch etwas macht Ihren Antrag - reduziert man ihn dann auf die bundesrechtliche Umsetzbarkeit - wirklich unsolide, das ist die Frage der Kosten. Der Mar

burger Bund, auf den Sie sich beziehen, ist sich dessen bewusst. Er rechnet für seine Forderungen, die nicht die Ihren sind, mit zirka 2 Milliarden DM Mehrkosten. Wenn man darüber redet, muss man auch darüber reden, wo sie eingespart werden sollen und wie man es mit der Beitragsstabilität halten will.

Ich fasse noch einmal zusammen: Wir haben außerhalb unserer Aufsichtspflichtzuständigkeit Moderationsmöglichkeiten. Die nehmen wir wahr. Wir werden uns auch auf Gesetzgebungsebene in Diskussionen einmischen. Ich weise Sie darauf hin - das hat Herr Dr. Garg auch schon gemacht -, dass die EURechtsprechung noch nicht in deutsches, nationales Recht umgesetzt werden kann. Das möchte ich im Einzelnen hier nicht ausführen.

(Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Ja, bitte.

Frau Ministerin, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass in unserem Antrag nicht steht, dass Sie in SchleswigHolstein das Recht ändern oder von sich aus festlegen sollen, sondern dort steht:

„Auf Bundesebene ist darauf hinzuwirken, dass gesetzliche, beziehungsweise tarifvertragliche Veränderungen so eingeleitet/vorgenommen werden, dass sie den (...) Zielsetzungen entsprechen.“

Das fordern wir nicht zuletzt deshalb, weil auch das Land als Arbeitgeber in den tarifvertraglichen Bereich voll mit einbezogen wird.

- Ich nehme das zur Kenntnis, aber ich kommentiere es nicht noch einmal.

Ich möchte dem Parlament vorschlagen, dass wir im Sozialausschuss die Gelegenheit nutzen, darüber zu berichten, was wir im Länderausschuss für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, in dem auch die CDUgeführten Länder vertreten sind, zum Problem Bereitschaftsdienst und Arbeitszeitregelungen für Ärztinnen und Ärzte verhandeln. Darüber werde ich gern in einer der nächsten Ausschusssitzungen, wenn dieser Antrag noch einmal aufgerufen wird, berichten. Vielleicht kommen wir dann zu soliden Überlegungen, wie wir