Protokoll der Sitzung vom 18.10.2001

(Lothar Hay [SPD]: Ihre Redezeit!)

- Danke, Herr Fraktionsvorsitzender Hay. Meine Redezeit ist abgelaufen. Ich bin aber gern bereit, dieses

(Ministerin Ingrid Franzen)

Thema zusammen mit meinen Fachleuten im Ausschuss zu vertiefen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Meine Damen und Herren, auf der Tribüne möchte ich eine weitere Besuchergruppe begrüßen. Es sind Besucher von der AG 60plus aus Bad Segeberg.

(Lothar Hay [SPD]: Bravo! - Beifall)

Ich eröffne die Aussprache. Ich erteile das Wort Frau Abgeordneter Dr. Happach-Kasan.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für den Bericht. Sie werden verstehen, Frau Ministerin, dass das, was das Ministerium gebracht hat, das eine ist, aber das, was wir uns an Aussagen erhofft haben, das andere ist. Da gibt es gewisse Diskrepanzen, die ich ansprechen möchte.

Der umfassende Schutz von Tieren - sie sind keine Sachen, sondern Mitgeschöpfe - ist seit jeher ein besonderes Anliegen der FDP.

(Beifall bei der FDP)

Dazu gehört für uns die artgerechte Tierhaltung genauso wie der schonende Tiertransport. Die von der FDP im April dieses Jahres angestoßene Bundesratsinitiative zur Verkürzung der Transportzeiten ist von der Landesregierung sehr zeitnah und zügig umgesetzt worden. Ich möchte aber hinzufügen: Eine Verkürzung der Tiertransportzeiten kann nur umgesetzt werden, wenn eine entsprechende Infrastruktur besteht, die Tiertransporter nicht stundenlang im Stau stehen und die Tiererzeuger nicht die Zeche zahlen müssen, weil sie unattraktive Preise in den umliegenden Schlachthöfen akzeptieren müssen. Im Übrigen will ich darauf hinweisen, dass zurzeit noch die Achtstundenregelung existiert.

Doch nun zu einigen Einzelpunkten. Insgesamt meine ich, Frau Ministerin, dass viele Bereiche nur sehr summarisch erfasst wurden und dass Sie zu wenig auf die speziellen Bedingungen in Schleswig-Holstein eingegangen sind. Ich glaube, dass man mit einigen Nachfragen bei den schleswig-holsteinischen Betrieben ein etwas genaueres Bild hätte zeichnen können.

Der Bericht enthält keine aussagekräftigen Angaben zum Transport von Geflügel, weder im Zucht- noch im Nutztierbereich. Angesichts von 1,4 Millionen Legehennen im Lande, die jährlich ausgetauscht werden, von Brütereien und Mastplätzen in Schleswig-Holstein

ist das verwunderlich. Wie sind die genauen Zahlen in dieser Hinsicht? Ähnliches gilt bei den Schlachttieren.

Ich räume gern ein, dass sich die eine oder andere Frage nicht mit einem Blick in irgendeine Statistik beantworten ließ. Aber ein Anruf beispielsweise bei der Lohmann-Gruppe hätte gereicht, um hier die Antwort zu vervollständigen.

(Beifall bei der FDP)

Entsprechendes gilt auch hinsichtlich der Zahlen über die Tiertransporte. Hier ist zu konstatieren: Fehlanzeige bei den meisten Zahlen. Dagegen gibt es an anderer Stelle den Hinweis, dass infolge von BSE heute jede Tierbewegung in den Rinderhaltungsbetrieben in einer zentralen Datenbank erfasst wird. Da verstehe ich nicht, wieso nicht mehr Zahlen zu diesem Bereich gegeben werden können.

Die Tabelle über den Import von landwirtschaftlichen Zucht- und Nutztieren belegt eine Einfuhr von immerhin nahezu 450.000 Tieren, wobei offen bleibt, ob diese bei uns verbleiben oder nicht. Darüber sollten wir im Ausschuss sprechen. Allein 430.000 Schweine kamen aus Dänemark und 3.200 aus Großbritannien. Dies ist vor dem Hintergrund des MKS-Ausbruchs in Großbritannien in diesem Jahr bemerkenswert.

Ich habe mich ein bisschen geärgert über die Antworten, in denen sich die Landesregierung auf fehlende öffentliche Statistiken zurückgezogen hat, zum Beispiel bei den Nutztiertransporten und den Schlachttiertransporten. Ich will damit nicht einem erhöhten Bürokratieaufwand das Wort reden, aber ein Anruf bei drei oder vier Transportunternehmen oder Erzeugergemeinschaften hätte gereicht, um mindestens eine ungefähre Größenordnung darzustellen, wenn es denn von der Landesregierung so gewollt gewesen wäre.

Insbesondere bei den Fragen, in denen wir ausdrücklich nach geschätzten Angaben gefragt haben - mir ist bewusst, dass nicht überall Statistiken vorliegen -, versteifen Sie sich auf die Aussage, dass eine amtliche statistische Erfassung nicht vorliege. Das kommt mir wie eine Antwortsverweigerung vor.

Es gibt noch einige andere Aspekte, über die es meines Erachtens Unstimmigkeiten gibt und über wir im Ausschuss sprechen müssen. Dazu gehören die Schlachtkapazitäten. Die Landesregierung stellt hier Zahlen in den Raum, die für sich wenig aussagekräftig sind. Ich nehme als Beispiel die Schweine. Wir haben eine Schlachtkapazität von gerundet 1,2 Millionen. Tatsächlich geschlachtet wurden in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr 1,4 Millionen Schweine, produziert aber 2,3 Millionen. Dies ist ein Beispiel, das zeigt, dass die Schlachthöfe außerhalb des Landes attraktivere Preise anbieten; sie sind näher am Verbraucher

(Dr. Christel Happach-Kasan)

dran. Ich möchte der Landesregierung an dieser Stelle nur noch einmal deutlich in Erinnerung rufen, wie schwierig die Situation für unsere landwirtschaftlichen Betriebe ist, und sie fragen, was sie tut, um diese Situation für unsere Betriebe zu verbessern.

Ein weiteres Beispiel sind die Schafe. Die Schlachtkapazität beträgt 128.000. Offizielle Schlachtungen gab es 129.000 und in der Mai-Zählung hatten wir 170.000 Tiere. Nach dem Agrarreport 1999 wurden für 173.000 Tiere Prämien gezahlt. Auch hier sehe ich eine Differenz. Ich meine, dass in diesem Bereich ein Nachbesserungsbedarf besteht. Angesichts des Themas ist das auch nicht verwunderlich. Denn die Landwirtschaft ist in Schleswig-Holstein schon lange das Stiefkind der Landesregierung. Wir werden das beim Thema LSE noch einmal aufgreifen. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit werden den Landwirten und Landwirtinnen Knüppel zwischen die Beine geworfen.

(Klaus Klinckhamer [CDU]: So ist das! - Beifall der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

Ich erinnere nur an die verzögerte Auszahlung der EURinderprämien oder an die Verweigerung einer Unterstützung an die von BSE betroffenen Betriebe. Ich möchte feststellen, dass es durchaus andere Länder gibt, die das besser machen. Nehmen Sie RheinlandPfalz oder Baden-Württemberg. Ein Satz wie den der rheinland-pfälzischen Umweltministerin Margit Conrad: „Wir lassen auch in schwierigen Zeiten unsere Bauern nicht im Regen stehen“, wird es wohl von dieser Landesregierung nicht geben, geschweige denn die dazugehörigen Taten.

(Sandra Redmann [SPD]: Doch! - Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Redmann.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Franzen, zuerst möchte ich Ihnen für die umfangreiche Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion und die kritischen Anmerkungen darin herzlich danken.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie sind in Ihrem Redebeitrag schon sehr detailliert auf die Zahlen im Bereich Ein- und Ausfuhr sowie auf die Schlachtkapazitäten eingegangen, sodass ich dies nicht wiederholen muss. Frau Happach-Kasan hat das eben

sehr ausführlich getan und vieles aus dem Bericht zitiert. Das muss ich dann hier nicht mehr machen.

(Lothar Hay [SPD]: Das ist richtig! - Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ausgesprochen erfreulich ist, dass der Bundesrat am 22. Juni 2001 dem Antrag Schleswig-Holsteins zum Thema Tiertransporte zugestimmt hat. Zur Erinnerung nenne ich hier noch einmal folgende Punkte:

Erstens. Verkürzung der erlaubten Transportzeiten für Schlachttiere auf vier Stunden ohne Ladezeiten.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Claus Eh- lers [CDU]: Das kann nicht angehen!)

- Claus, ich wiederhole das nur.

Zweitens. Verbesserung der Vorschriften für die Versorgung und Pflegebedingungen und eine Erhöhung des Platzangebotes.

Drittens. Die Exporterstattungen für lebende Schlachttiere sind ersatzlos zu streichen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lothar Hay [SPD]: Ich hätte nicht gedacht, dass der Bundesrat so mitgeht!)

Ich möchte auch im Namen der SPD-Fraktion Frau Ministerin Franzen danken, dass sie so zügig und engagiert den Landtagsbeschluss - der auf Initiative der FDP zustande kam; das räume ich gern ein - umgesetzt hat.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

- Ich meinte nicht Heiner, ich meine die FDP-Fraktion.

(Heiterkeit)

Aber nach wie vor gibt es erhebliche Defizite im Bereich des Tierschutzes. Nach wie vor müssen Tiere bei den Transporten völlig unnötig leiden. Einige Verstöße, die auch in der Antwort der Landesregierung benannt werden, möchte ich nochmals erwähnen, um sie zu verdeutlichen. Manches können Sie auch in regelmäßigen Abständen der Presse entnehmen: Transport transportunfähiger Tiere, unzulängliche Versorgung der Tiere, Überschreitung der Transporthöchstdauer und so weiter. Und nach wie vor sterben Tiere aufgrund dieser Verstöße während des Transportes unter grausamsten Bedingungen.

(Konrad Nabel [SPD]: Richtig!)

(Sandra Redmann)

Daher ist es unerlässlich, dass die Transporte kontrolliert werden und dass konsequent gegen die Verletzungen von Vorschriften vorgegangen wird.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Eine amtliche statistische Erfassung der Anzahl der Kontrollen von Schlachtviehtransporten in SchleswigHolstein gibt es nicht und ich finde es gut, dass die Ministerin dies in ihrem Bericht auch selbstkritisch eingeräumt hat. Ich finde schon, dass man das auch einmal erwähnen muss. Die SPD-Fraktion begrüßt daher die Absicht der Landesregierung, ein Konzept zur Erfassung und Dokumentation der Ergebnisse von Tiertransportkontrollen zu erarbeiten und schnellstmöglich umzusetzen. Ich halte dies auch für die bessere Möglichkeit, Frau Happach-Kasan.