Protokoll der Sitzung vom 13.12.2001

(Martin Kayenburg [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Nun wurde seit dem letzten Monat und wird von einigen Betroffenen im Land weiter behauptet, die verwendeten Umweltfelder und Indikatoren könnten aufgrund der unterschiedlichen naturräumlichen, soziodemografischen und wirtschaftlichen Bedingungen in unserem Land nicht einem qualifizierten Vergleich dienen. Ich kann diese Behauptung nach Studium der mir zugänglichen Quellen nicht abschließend überprüfen und bewerten. Ich muss aber sagen, der vorliegende Bericht, aber auch das erwähnte Umweltgutachten von 1998 widerlegen diese Behauptung.

(Konrad Nabel)

Auch kann ich nicht abschließend bewerten, Frau Happach-Kasan, inwieweit die Verwaltungen, Verbände, Vereine, Initiativen, also die Betroffenen, umfassend in die Ziele und Methodik dieses Konzepts eingeweiht waren. Die auf Seite 14 abgedruckte kurze Chronologie der Information einer „Vielzahl von Stellen“, wie es heißt, reicht dazu nicht aus. Weil ein Instrument wie das Umweltranking nur dann funktioniert, wenn es ausreichend kommuniziert wird, und wenn die betroffenen Menschen erkennen, durch welches aktive Handeln oder Unterlassen sie den Grad der Umweltqualität ihrer Region verbessern können, muss Beteiligung im Sinne der Partizipation, also Teilhabe, Herr Greve, verstanden sein.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dabei muss allen Beteiligten klar werden, dass die Kreise und kreisfreien Städte nicht als Gebietskörperschaften, sondern lediglich als Rahmen für die anders schwer definierbaren Regionen unseres Landes beim Ranking dienen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch Willkür hoch drei!)

Natürlich, Herr Kayenburg, wird ein neues und bis dahin unbekanntes Instrument vor allen Dingen von negativ Betroffenen reflexartig kritisiert und abgelehnt. Das ist verständlich, so lange nicht genügend Informationen zur Verfügung stehen. Aber ich denke, dieses Stadium haben wir jetzt überwunden.

Die Berichtspflicht, die wir vom Minister eingefordert haben, können wir nicht abschließend als erledigt ansehen und wollen deswegen genau so wie Sie dieses Thema weiter im Ausschuss behandeln. Aber während Sie, Frau Happach-Kasan, am liebsten sauertöpfisch auf Ihrer jeweiligen Kritik so lange herumkauen, bis uns und Ihnen schlecht wird, gehen wir von einer guten Absicht unseres Umweltministers aus, auch wenn es diesmal etwas daneben ging.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Hier vorn blinkt das Licht ganz stark, deswegen höre ich gleich auf. - Ich erwarte, dass sich die Fraktionen im Umweltausschuss ausführlich an der vom Ministerium ausdrücklich gewünschten Diskussion von Veränderungsvorschlägen beteiligen, und freue mich auf eine konstruktive Diskussion, Frau Happach-Kasan, die dem Gedanken einer nachhaltigen Entwicklung unseres Landes Rechnung trägt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort für die Fraktion der CDU hat jetzt Frau Abgeordnete Herlich Marie Todsen-Reese.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Man stelle sich einmal folgendes Bild vor: Der Umweltminister setzt sein Credo, Umweltschutz gemeinsam mit dem Menschen umsetzen zu wollen, in die Tat um. Er lädt alle Landräte, Oberbürgermeister, den Landkreistag, den Städtetag, die Leiter der unteren Naturschutzbehörden, vielleicht sogar Verbandsvertreter zu einem Gedanken- und Meinungsaustausch ein. Einziger Tagesordnungspunkt: Initiative für Natur- und Umweltschutz in Schleswig-Holstein. Was können wir gemeinsam tun? Welch eine Chance, gemeinsam eine Konzeption zu ermitteln, die landesweit auf breitere Akzeptanz hätte stoßen können. Aber nein, man kann es eigentlich immer noch nicht glauben, aber offensichtlich haben Sie, Herr Minister, ohne jedes Wissen und ohne jede Beteiligung der Kreise und kreisfreien Städte dieses Umweltranking entwickelt und durchgeführt. Ich sage ganz deutlich, deutlicher vielleicht als der Kollege Konrad Nabel: Darüber täuscht natürlich überhaupt nicht hinweg, was Sie jetzt mit Ihrer Darstellung im Bericht über den Informationsfluss auf Seite 14 vorgelegt haben. Die erstmalige Veröffentlichung des Umweltrankings erfolgte am 2. November 2001 und der Vorlauf der Information begann vier Wochen vorher. Dies nenne ich einen peinlichen Vorgang, einen Skandal und eine unglaubliche Behandlung der Beteiligten und Betroffenen in unserem Land.

(Beifall bei CDU und FDP)

Im Alleingang hat der ehrgeizige Umweltminister sein Umweltranking angeordnet und in einer geheimen Kommandosache auf den Weg gebracht.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Unmöglich!)

Ohne jedes Fingerspitzengefühl haben Sie sich, Herr Minister, zum Oberzensor aufgeschwungen und über die Kreise und kreisfreien Städte Gericht gehalten. Ich sage deutlich: Ein schier unerträglicher Vorgang!

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich bin sicher, Herr Minister, dass Sie mit Ihrem bundesweit so einmaligen Projekt sicherlich Nützliches tun wollten, vor allem etwas, das Ihrem persönlichen Image nützlich sein sollte.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich frage: Haben Sie diese unausgereifte Effekthascherei wirklich nötig? - So weit zum Verfahren.

(Herlich Marie Todsen-Reese)

Genauso kritisch sind - dies ist schon gesagt worden die 21 Umweltindikatoren und auch die Systematik.

(Konrad Nabel [SPD] : Das ist wissenschaft- lich belegt!)

Es beginnt damit, dass alle Indikatoren völlig undifferenziert auf alle Kreise und kreisfreien Städte gleichermaßen angewandt werden, ohne dabei zum Beispiel unterschiedliche naturräumliche Ausstattung oder unterschiedliche strukturelle Situationen zu berücksichtigen. Die naturräumliche Ausstattung ist aber zum Beispiel bei der Ausweisung von Natur- und Landschaftsschutzgebieten entscheidend, die eben nur dort ausgewiesen werden können, wo das entsprechende Naturpotenzial vorhanden ist. Wie soll dies zum Beispiel mitten auf dem großen zentralen Marktplatz in Lübeck oder in Kiel möglich sein? Sie können hier nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Im Übrigen sage ich deutlich: Die Landesregierung ist für die Ausweisung der Naturschutzgebiete zuständig.

(Martin Kayenburg [CDU]: So ist das!)

Ausgerechnet diese Landesregierung ist bei der Bewertung des Umweltrankings bisher ungeschoren davon gekommen.

Neben der bewerteten Anzahl der Schutzgebiete hat für mich zum Beispiel die Qualität der Schutzgebiete eine ganz herausragende Rolle,

(Klaus Schlie [CDU]: Richtig!)

also Schutzzweck, Biotopvielfalt, Arteninventar, Seltenheit oder Bedrohung der Arten. Dies ist nach meinem Eindruck in die Bewertung aber überhaupt nicht eingeschlossen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Kennt er alles nicht!)

Wir haben es hier nur mit quantitativen Bewertungen und nicht mit qualitativen zu tun. Die unterschiedliche strukturelle Situation wäre zum Beispiel auch beim Thema Landwirtschaft zu berücksichtigen. Die Anwendung der Indikatoren „ökologische Landbaufläche“ und „Extensivierungsprogramme“ auf Kreise und kreisfreie Städte gleichermaßen muss zwangsläufig zu einem völlig verzerrten Bild führen.

So gibt es noch eine ganze Reihe von Beispielen, die ich angesichts der Kürze der Zeit nicht mehr alle nennen kann. Bei Ihrer öffentlichen Zeugnisverteilung ist nur die Verantwortung der Kommunen deutlich geworden. Da helfen alle Ihre Nachbesserungen jetzt nichts, dass Sie das auf die gesamte Fläche, auf alle Verbände und Private beziehen wollten. Damit ist aus meiner Sicht wirklich eine Oberzensur erteilt worden. So sollten Sie mit den Gemeinden und Kommunen

nicht umgehen. Ihr Umweltranking ist insgesamt ein völlig ungeeignetes Instrument mit Indikatoren, die sachgerechte Vergleichsmöglichkeiten nicht gewährleisten können.

(Beifall bei der CDU)

Ihr Umweltränkespiel hat die kommunale Familie in ihrem Selbstverständnis ins Mark getroffen. Zuckerbrot und Peitsche, Lob und Tadel in der von Ihnen gewählten Form, Herr Minister, stehen Ihnen gegenüber den Verantwortlichen und Beteiligten in Kreisen und kreisfreien Städten schlicht nicht zu.

(Beifall bei CDU und FDP)

Die Reaktionen der Landräte haben dies sehr deutlich gemacht. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie heute in Ihrem Bericht dazu wenigstens ein Wort der Entschuldigung gefunden hätten.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Umweltranking eignet sich nicht für persönliche Profilierung. Es gibt wirklich wichtigere und ernstere Natur- und Umweltaufgaben in unserem Land. Die Debatte über den Bericht zur Biodiversität wird dies deutlich aufzeigen.

Aus meiner Sicht sollten wir auf Verantwortungsbewusstsein, Kompetenz, Kreativität und Motivation der Menschen in unserem Land setzen. Vorhin haben Sie einige Instrumente genannt: Förderung, Gesetze und Verordnungen. Sie haben aber die Instrumente der Freiwilligkeit und der Anreize vergessen. Dafür gibt es genügend gute Beispiele in diesem Land: die Modellgemeinde Landschaftspflege, aber auch die umweltfreundliche Gemeinde. Träger ist der SchleswigHolsteinische Heimatbund.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin, bitte beachten Sie die Zeit.

Ich komme gleich zum Schluss. - Dies sind für mich Instrumente, die weiterentwickelt werden müssen. Darüber könnten wir dann auch gern gemeinsam im Umweltausschuss diskutieren. Ein Umweltranking aber, so wie Sie es gemacht haben, wird von uns abgelehnt. Wir sollten auf bestehende Instrumente zurückgreifen und diese gemeinsam mit diesen Menschen in diesem Land weiterentwickeln. Machen Sie das doch endlich einmal!

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Fröhlich das Wort.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, Frau Todsen-Reese, Sie haben eben ein bisschen sehr heftig drauf gehauen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei der CDU - Zuruf von der CDU: Warten Sie mal ab, wenn richtig drauf gehau- en wird!)

Sie haben das doch etwas hoch gehängt; denn letztlich handelt es sich um eine pfiffige PR-Aktion.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ach so! - Weite- re Zurufe von der CDU: Das kennzeichnet al- so Ihre Umweltpolitik! Dafür gebt ihr Geld aus! Das ist das Geld der Steuerzahler! - Weitere Zurufe von der CDU)