Protokoll der Sitzung vom 24.01.2002

digt hat - ich zitierte das sinngemäß - zu prüfen, ob die Länder an Schulstandorten mit einer entsprechenden Anzahl von muslimischen Kindern ein Unterrichtsangebot unter Berücksichtigung der jeweiligen rechtlichen Rahmenbedingungen entwickeln sollen

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Das ist schlicht falsch, Frau Ministerin!)

- Sie brauchen gar nicht den Kopf zu schütteln; Sie können sich das Protokoll besorgen -,

(Renate Gröpel [SPD]: Das Protokoll kann nicht falsch sein!)

und zwar unter folgenden Bedingungen: unter Aufsicht des Staates in gemeinsamer Verantwortung mit den Muslimen und entsprechend dem Bildungsauftrag unserer Schulen und entsprechend der Wertordnung des Grundgesetzes!

Dies sind meiner Ansicht nach die unabdingbaren Voraussetzungen für die Einführung eines geordneten deutschsprachigen islamischen Religionsunterrichts. Ob und wie diese Bedingungen erfüllt werden können, liegt ganz wesentlich an der muslimischen Seite. Es liegt nämlich daran, ob es gelingt, zwischen den unterschiedlichen islamischen Verbänden und Religionsvereinigungen eine Basis herzustellen, die überhaupt als Grundlage für die Entwicklung der Inhalte eines islamischen Unterrichts unter staatlicher Aufsicht dienen kann. Das ist ein ganz großes Problem.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das wissen Sie eigentlich auch. Wir haben hier schon mehrfach darüber gesprochen. Ich finde, Sie sollten dies hoch schwierige Thema nicht durch solche populistischen Schnellschüsse belasten.

(Klaus Schlie [CDU]: Was sind „populisti- sche Schnellschüsse“?)

Ich glaube, wir tun gut daran, sehr sorgfältig mit den islamischen Gruppen, mit den Kirchen insgesamt weiter daran zu arbeiten. Ich würde es sehr begrüßen, wenn sich der Bildungsausschuss mit dieser Frage inhaltlich beschäftigte und den Antrag modifizierte. Es ist schlicht und einfach nicht möglich, einen Zeitpunkt X zu setzen und dann ein umsetzbares Konzept vorzulegen. Dies geschieht in Abstimmung mit allen anderen Bundesländern. Hier kann es keine landesspezifischen, sondern nur übergreifende Lösungen geben. Ich wäre dankbar, wenn der Bildungsausschuss diese Beratungen und Entwicklungen mit unterstützte.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich runde die Zeit der für die Fraktionen zur Verfügung stehenden zusätzlichen Redezeit auf. Zur Verfügung stünden zweieinhalb Minuten. Ich schlage vor, daraus drei Minuten zu machen. Ich bitte die Redner, sich darauf zu konzentrieren. Nach drei Minuten werde ich abklingeln.

Jeder Fraktion stehen jetzt noch einmal drei Minuten zusätzliche Redezeit zu. Anschließend kämen, falls sie noch gewünscht würden, die Redebeiträge nach § 56 Abs. 4.

Als Erster gebe ich der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden dem Antrag zustimmen, sofern eine Ausschussüberweisung stattfindet. Eines an dem Antrag stört mich - das will ich hier einmal deutlich machen -: Wir behandeln das Ganze unter dem Antrag „Bekämpfung von Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Schleswig-Holstein“. Vor dem Hintergrund finde ich es sehr schwierig, unter diesem Tagesordnungspunkt einen Integrationsansatz zu behandeln;

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn Sie haben Integrations- und Präventionsangebote hineingeschrieben. Ich frage mich, ob nicht die große Gefahr besteht, dass man sagt: Wir wollen alle integrieren. Zunächst sollen alle Ausländer etwas tun und dann fangen wir bei uns an. - Für mich ist das jedenfalls sehr schwierig.

Frau Kollegin, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Heiner Garg?

Nein. - Ich möchte aber gern, dass darüber im Bildungsausschuss gesprochen wird, insbesondere angesichts der Ausführungen, die Frau Erdsiek-Rave gemacht hat. Ich halte das für wichtig und finde diesen Ansatz, der auch in dem vorgelegten Migrationskonzept enthalten ist, im Prinzip gut.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich erteile jetzt das Wort dem Abgeordneten Dr. Johann Wadephul.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, ich möchte noch einmal den Versuch machen, diesen Punkt sachlich mit Ihnen zu diskutieren. Ein Redner ist mit seinen Argumenten immer dann besonders schwach, wenn er auf starke Kraftausdrücke zurückgreift. Bei der Forderung nach Einführung von Islamunterricht mir oder meiner Fraktion Populismus zu unterstellen, fällt voll auf Sie zurück, Frau Ministerin. Das ist keine starke Einlassung in diesem hohen Hause gewesen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Hinrichsen, wir diskutieren heute übrigens über den Bericht und nicht mehr über den Tagesordnungspunkt 10, den wir gestern Nachmittag behandelt haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das wollte ich Ihnen nur zur Kenntnis geben.

Wenn Sie einen wirklichen Beitrag dazu leisten wollen, dass es hier nicht Parallelgesellschaften gibt, sondern dass diejenigen, die dauerhaft in Deutschland leben wollen, in die Gesellschaft integriert werden wir als Deutsche sind zu dieser Integrationsleistung bereit -, dann gibt es in der Tat die große Sprachbarriere, die wir überwinden müssen. Diese darf in einem Religionsunterricht in einer türkischen Moschee beispielsweise nicht vertieft werden. Die Sprachbarriere können wir dadurch überwinden, dass wir einen deutschsprachigen Islamunterricht unter deutscher Schulaufsicht einführen. Das ist ein wirklicher Beitrag zur Integration, den wir leisten sollten.

Der Kollege Astrup hat den Saal nicht verlassen, sondern er steht dort an seinem Stammplatz. Daher habe ich Gelegenheit, ihn an dieser Stelle anzusprechen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Feldherren- hügel!)

- Nein, das ist kein Feldherrenhügel; aber er geriert sich vielleicht als ein solcher Feldherr.

Lieber Kollege Astrup, wenn Sie denn bereit sind, sich zu dem Inhalt unseres Antrages zu bekennen, dann bin ich bereit, die Zahlen herauszunehmen - Sie haben auf die Zahlen hingewiesen -, auf die wir Einfluss haben. Der Kollege Lehnert hat zu Recht gesagt, dass wir auf Drucksachennummern keinen Einfluss haben. Über die Frage, ob das bis zur 23. Tagung möglich ist, können wir diskutieren. Wenn denn - das sage ich auch Ihnen, Frau Birk - die rot-grünen Fraktionen in der Sache der Auffassung sind, dass wir zu einem Konzept kommen müssen, dann ist doch überhaupt nichts dagegen einzuwenden, dass dieser Antrag der CDU-Fraktion die

(Dr. Johann Wadephul)

Mehrheit findet und dass man danach, wenn man im Grundsatz die Entscheidung getroffen hat, eine ausführliche Debatte im Bildungsausschuss führt. Wenn Sie das von der Sache her wirklich ernsthaft wollen, dann stimmen Sie hier zu und machen Sie keine billigen Ausflüchte.

(Beifall bei der CDU)

Es liegen drei weitere Wortmeldungen vor. Als Nächstes gebe ich Frau Abgeordnete Irene Fröhlich das Wort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich will noch einmal den Versuch machen, die Sache ein bisschen zu klären und zu sortieren. Es geht um den Antrag „Bekämpfung von Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in Schleswig-Holstein“.

(Klaus Schlie [CDU]: Nein, das war gestern!)

Dieser Antrag war eine Reaktion auf Erlebnisse und Erfahrungen in unserer Gesellschaft mit Deutschen, die mit Ausländern in unserer Gesellschaft und offensichtlich auch mit sich selbst ein Riesenproblem haben; wir haben das ausführlich diskutiert. Die Einführung von Islamunterricht an den Schulen daran anzuschließen, ist meiner Ansicht nach nicht zwingend, um es einmal vorsichtig auszudrücken.

(Klaus Schlie [CDU]: Wir haben einen ande- ren Tagesordnungspunkt!)

Dass man darüber auch diskutieren kann und muss, ist eine andere Frage. Daher sperren wir uns auch nicht dagegen, das Ganze im Ausschuss zu behandeln. Das ist mein erstes Petitum.

Das Zweite ist Folgendes: Wir haben uns im Innenund Rechtsausschuss darauf verständigt, eine Anhörung zu dem Antrag der CDU betreffend die Integration durchzuführen. Die CDU hat ein besonderes Interesse daran bekundet, das Gerichtsurteil zum Thema Schächten in den Mittelpunkt zu stellen. Das kann man tun. Ich finde es richtig, das alles zu beleuchten. An der Stelle kommen sozusagen die Werte und Gebräuche des uns vielleicht eher Fremden in den Blickpunkt, obwohl wir erst einmal selbst gefragt sind, was unseren Beitrag zur Integration angeht. Das heißt, ich gehe offensichtlich mit einer anderen Zielrichtung an die gesamte Debatte heran, als die CDU es tut. Das muss zwar möglich sein. Gleichwohl möchte ich darauf hinweisen, dass wir über das vorliegende Integrationskonzept der Landesregierung und über die Ergebnisse der bevorstehenden Anhörung zu diskutieren haben.

Das alles haben wir längst „in der Pipeline“. Man kann jedes darüber hinaus gehende Ziel einfügen und jedes weitere Konzept an dieser Stelle berücksichtigen.

Drittens möchte ich noch einmal darum bitten, dass wir uns mit besonderer Aufmerksamkeit unseren islamischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern zuwenden. Sie sind anders organisiert, als wir das von der evangelischen und katholischen Kirche in Deutschland gewohnt sind, im Hinblick darauf, wie man sich auf eine bestimmte Zielrichtung einigen und einen gemeinsamen oder getrennten Religionsunterricht durchführen kann. So klar ist das bei den Muslimen nicht. Es gibt keine solchen ex cathedra verbreiteten Lehren wie zum Beispiel in der katholischen Kirche. Es gibt keine Organisation, die klar sagt, was die bevorzugte Lehrmeinung ist beziehungsweise in welche Richtung es gehen soll. Vielmehr bestimmt jede Gemeinde, wenn mir dieser Ausdruck als Analogie gestattet sein mag, für sich selbst. Daher ist es viel schwieriger, zu einem gemeinsamen Unterrichtsverständnis zu kommen.

Ich bitte darum, dies bei den Überlegungen zu berücksichtigen und viel Sorgfalt darauf zu verwenden, die muslimischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Prozess mit einzubeziehen. Das ist mir das Allerwichtigste.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat jetzt Frau Abgeordnete Spoorendonk. Ihr folgt Dr. Ekkehard Klug.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte einmal kurz aus der Einführung zu dem Bericht zitieren, den wir heute debattieren. Auf Seite 3 heißt es, lieber Kollege Dr. Wadephul:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat auf seiner 17. Sitzung am 16. November 2001 den Antrag der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ‘Bekämpfung von Rechtextremismus und Ausländerfeindlichkeit’ (Landtagsdrucksache 15/1306) in Ziffer 3 angenommen. Ziffer 3 beauftragt die Landesregierung, in enger Kooperation mit den örtlichen Trägern der Jugendhilfe Konzepte für eine bessere Verzahnung vorhandener präventiver Angebote zu entwickeln.“

Hierzu soll berichtet werden. Das heißt, das, was meine Kollegin Silke Hinrichsen und auch Frau Fröhlich

(Anke Spoorendonk)