Wir als CDU meinen, dass wir versuchen müssen, uns an den Realitäten auszurichten. Wir können nicht immer einer Entwicklung hinterherlaufen und immer die falschen Maßnahmen ergreifen. Wir haben - gerade in der Arbeitsmarkt- und der Bildungspolitik - so häufig nach Skandinavien geguckt.
Vielleicht sollten wir auch in der Verkehrspolitik einmal dorthin gucken. Dort wurden längst die Zeichen der Zeit erkannt. Dort werden der Bahn die Aufgaben zugeordnet, die sie wirklich bewältigen kann. Dort hat man sich dem Straßenverkehr entsprechend widmen müssen, auch wenn die Sozialdemokraten dies mit einem weinenden Auge sahen. Die Realität und das Wirtschaftswachstum sind aber wichtiger. Ich glaube, hier müssen wir in uns gehen und sagen, was wir bei uns im Lande wirklich beeinflussen können.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! ein funktionierender Güterverkehr ist eine notwendige Voraussetzung für eine moderne Gesellschaft und deren Entwicklung. Unsere wirtschaftliche Entwicklung beruht im Wesentlichen auf dem Austausch von Gütern und diese Güter müssen transportiert werden. Deshalb ist es aus unserer Sicht - und offensichtlich aus der Sicht fast aller, die noch im Raum sind - eine wesentliche Aufgabe der öffentlichen Hand, für einen möglichst reibungslosen Tauschver
kehr und den damit verbundenen Transport von Gütern zu sorgen. Insbesondere bei Erhalt und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist der Staat gefragt. Lieber Kollege Eichelberg, die originäre Kompetenz für viele Aufgaben in diesem Bereich liegt natürlich beim Land.
Deshalb ist ein Konzept für den Güterverkehr eine gute Sache. Konzeptlose Politik haben wir leider schon viel zu viel. Es ist selbstverständlich, dass Konzepte von Zeit zu Zeit geprüft und gegebenenfalls auch angepasst werden müssen. Lieber Kollege Poppendiekker, deshalb ist es auch selbstverständlich, dass die FDP dem Antrag zustimmt. Ich gehe allerdings davon aus, dass das Konzept nicht nur einfach fortgeschrieben und um die im Antrag aufgezählten Punkte erweitert wird, sondern dass das ganze Konzept überarbeitet und hinsichtlich der Annahmen, Daten und Schätzungen auf den neuesten Stand gebracht wird.
Dabei sollten über die im Antrag gestellten Forderungen hinaus zwei Punkte aufgenommen werden: Erstens sollte kontrolliert werden, inwieweit die Vorhersagen des alten Konzeptes eingetroffen sind und inwieweit die darauf gegründeten Folgerungen zutrafen. Zweitens sollten die Untersuchung der Wirkungen der LKW-Maut - ein ganz aktuelles Thema - und die zu ziehenden Folgerungen nicht auf die Schienen- und Wasserwege beschränkt bleiben.
Zur LKW-Maut: Sie verändert die relativen Preise des Gütertransports und wird Verlagerungen von Verkehrsströmen verursachen. Das ist auch gewollt. Trotzdem wird es keine erdrutschartigen Verschiebungen in der Bedeutung der Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasserwege geben. Ein Großteil des Verkehrswachstums der nächsten Jahre wird auch trotz der LKW-Maut auf der Straße anfallen. Kollege Eichelberg, Sie haben das gesagt. Wenn das Güterverkehrskonzept seinen Zweck als roten Faden der Verkehrsinfrastrukturplanung erfüllen soll, dann müssen auch Folgerungen für die Entwicklung des Straßennetzes eingearbeitet werden.
Nur dann wird das überarbeitete Güterverkehrskonzept eine sinnvolle Grundlage für weitere Debatten über die politischen Gestaltungsmöglichkeiten der Verkehrsströme in Schleswig-Holstein. Allerdings werden diese Gestaltungsmöglichkeiten sehr stark zusammenschrumpfen, wenn nicht sichergestellt wird, dass die Einnahmen aus der LKW-Maut für den Ausbau der Verkehrswege zur Verfügung stehen.
Eine gesetzliche Zweckbindung der Einnahmen ist unerlässlich. Selbstverständlich habe ich verfolgt, was vorgestern im Vermittlungsausschuss passiert ist. Selbstverständlich werden wir auch mit großen Augen und Ohren verfolgen, was heute im Bundesrat passiert. Selbstverständlich weiß ich auch, dass zum Beispiel der Verkehrsminister aus Rheinland-Pfalz von der FDP bereits seine Zustimmung zu dem gesamten Verfahren angekündigt hat. Trotzdem sage ich noch einmal deutlich: Die gesetzliche Zweckbindung - und zwar des gesamten Betrags der Maut - muss erfolgen. Ich habe es immer gesagt und bleibe auch dabei. Sie darf nicht nur für die Straße, sondern muss auch für den Ausbau der gesamten Verkehrsinfrastruktur gelten. Wenn wir diese gesetzliche Zweckbindung nicht bekommen, ist eine riesige Gefahr da, weil Herr Eichel das Geld in seinen Haushalt tut. Ich muss das noch einmal betonen.
Auch das wissen wir: Das bisherige Verhalten des Bundesfinanzministers bei den Regionalisierungsmitteln für den Schienenverkehr wirft sehr dunkle Schatten voraus. Die Mittel sind im Zusammenhang mit der LKW-Maut jetzt angehoben worden. Dies erfolgte aber nicht in dem von den Ländern gewünschten Umfang. Außerdem geschah dies auch nur als Kompensationsgeschäft für andere Dinge, die die Länder wieder zugestanden haben. Wir müssen aufpassen; mehr sage ich dazu nicht.
Ich habe neulich einen neuen Begriff für unseren Bundesfinanzminister gehört. Bisher wurde er immer der eiserne Hans genannt. Neulich hat eine prominente Persönlichkeit aus der Wirtschaft ihn den blanken Hans genannt. Blanker Hans ist damit natürlich im übertragenen und nicht im norddeutschen Sinne gemeint. Wenn - wie ich fürchte - diese Bezeichnung zutrifft, dann müssen wir unbedingt dahinter her sein, dass in dem Verfahren zur LKW-Maut auch im Bundesrat noch einmal die Zweckbindung festgelegt wird, und zwar für den gesamten Infrastrukturbereich. Ich glaube, hier liegen unsere Positionen nicht auseinander.
Meine Damen und Herren! Ich werde nicht meine Rede halten, sondern auf einige Punkte eingehen, die gesagt worden sind. Es ist erstaunlich, dass wir immer davon ausgehen, dass die Verlagerung des gesamten Güterverkehrs auf die Straße ein unausweichlicher Prozess ist. Wenn man sich weltweit die Tatsachen anguckt, stellt man fest, dass dies ein rein europäisches Problem ist. Im internationalen Güterverkehr überwiegt nicht die Straße. Es überwiegt auch nicht die Schiene, sondern es überwiegt ganz eindeutig das Schiff. Wenn ich darüber referiere, stelle ich immer eine Preisfrage: Wie viel Prozent der deutschen Transporte werden auf der Straße, auf Schienen oder per Schiff bewegt? Ich habe noch nie jemanden getroffen, der richtig geraten hat. 90 % der deutschen Exporte werden - wenn man die Tonnenkilometer misst - mit dem Schiff befördert, nur 6 % durch den LKW und die restlichen teilen sich auf Schiene, Pipeline und andere auf. Wir haben also völlig andere Dimensionen, als wir sie häufig im Kopf haben.
Zu den skandinavischen Verkehren! Vorhin wurde Schweden als Beispiel genannt. Wissen Sie eigentlich, dass die überwiegenden Verkehrstransporte der Güter von oder nach Skandinavien mit dem Schiff erfolgen?
Wollen wir das ändern? Wollen Sie die skandinavischen Länder dazu bringen, dass die Verkehre verlagert werden? Nein, es hat nichts mit der Brücke zu tun. Es hat schlicht mit Folgendem zu tun. Auch in den USA hat das Schiff einen erheblichen Anteil am Binnenverkehr. Warum? - Weil Schiff und Schiene wesentlich günstiger sind. Mit einem Schiff transportieren Sie Hunderte von Containern. Bei einem Eisenbahnzug brauchen Sie einen Lokführer für 50 Container. Auf der Straße brauchen Sie dafür 50 Fahrer. Das ist schlicht teurer.
Unser Problem ist, dass wir das Schienensystem in Europa nicht effizient organisiert bekommen. Das ist das zentrale Problem. Das kann man aus meiner Sicht nur lösen, indem man es radikal marktwirtschaftlich organisiert, indem die privaten Speditionen in den Güterverkehr einsteigen und der Staat die Aufgabe hat, die Schieneninfrastruktur bereitzustellen. Das ist der zentrale Punkt. Das als Anmerkung zu dem, was hier gesagt worden ist.
Zu dem Antrag! Wir haben diesen Antrag gestellt. Er ist eine Konsequenz aus dem Koalitionsvertrag. Da haben wir hineingeschrieben, dass wir eine solche Untersuchung haben wollen. Wir haben gesagt, wir
warten, bis die Mautentscheidung klar ist. Die Mautentscheidung liegt jetzt vor. Deswegen haben wir jetzt einen Antrag gestellt, in dem formuliert ist, welche Punkte abgearbeitet werden sollen. Die Punkte sind allgemein auch begrüßt worden.
Ich will auf einen Punkt hinweisen, der mir ausgesprochen wichtig ist. Im zweiten Teil des ersten Spiegelstriches steht: alternative Szenarien der Verlagerungseffekte. Wir müssen bei den verschiedenen Maßnahmen, die ergriffen werden, einfach einmal darüber diskutieren, welche Alternativen möglich sind.
Einen Moment bitte, Herr Abgeordneter. - Ich bitte darum, diese Alternativen jetzt nicht nebenher zu diskutieren.
Frau Präsidentin, vielen Dank. - Es ist völlig richtig, dass - sieht man sich an, was in den letzten Jahren passiert ist - die Schiene immer weiter verloren und die Straße immer weiter gewonnen hat. Man muss sich also fragen, an welchen Parametern man drehen kann, um das zu ändern, ob es Parameter gibt, wie zum Beispiel die USA das geschafft haben, wie das in anderen Regionen stattfindet. Man stellt fest, dass es massiv mit den Preisparametern zusammenhängt. In Deutschland ist es immer noch so, dass die Straße den LKWs kostenlos zur Verfügung gestellt wird, die Schiene aber privaten Speditionen Streckengebühren kostet. Die müssen dafür bezahlen. Die Kosten für den Verkehrsweg sind höher als die gesamten Transportkosten. Wenn wir es auch auf der Straße so machen würden, dass die Mautgebühren höher wären als die gesamten Transportkosten der LKWs, die darauf fahren, hätten wir noch mehr Verlagerungseffekte.
Was ich fordere, ist schlicht Marktwirtschaft. Ich fordere Marktwirtschaft im Güterverkehr, das heißt Gleichstellung von Schiene und Straße bei den Kosten. Dann würden wir enorm etwas hinbekommen.
Wenn wir über Szenarien reden, würde mich interessieren, welche Szenarien es gibt, die tatsächlich zu Verlagerungseffekten führen würden, wie wir das
Problem lösen können. Ich glaube, keiner hier im Saal ist begeistert über das, was wir an LKW-Kolonnen auf unseren Autobahnen erleben, und dass die Autobahnen sozusagen zu rollenden Lagern der Nation werden.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schleswig-Holstein ist ein Transitland und stellt die Verbindung zwischen Skandinavien und Deutschland sowie vielen weiteren EU-Ländern dar. Diese Situation führt uns bereits heute in vielen Bereichen an die Grenzen dessen, was wir leisten können, um den Güterverkehr in vernünftige Bahnen und Kanäle zu lenken.
Daher hat die Landesregierung mit dem integrierten Güterverkehrskonzept von 1999 als erstes Bundesland einen Maßnahmenkatalog erstellt, um für die künftigen Herausforderungen des wachsenden Güterverkehrs gewappnet zu sein. Die güterverkehrspolitischen Maßnahmen sind in dem Konzept unter Berücksichtigung der Verkehrsträger Straße, Schiene und Wasser festgelegt worden. Das ist auch vernünftig so.
Im Prinzip ist gegen einen solchen Maßnahmenkatalog auch überhaupt nichts einzuwenden. Ganz im Gegenteil. Wir müssen die Verzahnung und Kopplung dieser Verkehrsträger voranbringen. Hierzu sind auch Ziele und Schritte aufgeführt, wie eine solche Kopplung aussehen sollte. Jedoch klaffen Wirklichkeit und Ziele des Konzeptes auseinander. Es fällt auf, dass es diesem Konzept erheblich an Umsetzungskraft fehlt.
Für den SSW ist gerade die Kopplung der verschiedenen Verkehrsträger der Ansatzpunkt, um künftig den Güterverkehr bewältigen zu können. Was wir wirklich benötigen, sind Logistikzentren und entsprechende Konzepte an den Verkehrsknotenpunkten in Schleswig-Holstein. Auch wenn dies kein neuer Ansatz ist, um den Güterverkehr zu bewältigen, so ist doch für Schleswig-Holstein festzustellen, dass es hier im Land immer noch an solchen Logistikzentren fehlt.
Im Konzept wird davon ausgegangen, dass gerade im Bereich Verkehrslogistik noch erhebliches Wirtschafts- und Arbeitsmarktpotenzial liegt. Doch leider ist von landesweiten Logistikzentererrichtungen bisher wenig zu sehen. Daher müssen wir für unsere Kreise