Von daher halte ich dieses Reformmodell für vertretbar. Ob es dauerhaft trägt, daran sind Zweifel angebracht. Ich zumindest glaube - da bin ich mit dem Finanzminister einig -, dass es sehr wohl - das sage ich auch als Gewerkschafter - zumutbar gewesen wäre, einen etwas stärkeren Anstieg der Eigenbeteiligung der Arbeitnehmer an ihrer eigenen Altersversorgung vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, ich will zum Schluss feststellen, dass wir angesichts der Reform der VBL und der zusätzlichen Belastung für den Landeshaushalt noch mehr als bisher den Blick auf die Reduzierung der allgemeinen Personalkosten des Landes durch weitere Effizienz und Verschlankung der Verwaltung richten müssen. Herr Finanzminister - oder ist der Innenminister gefragt? -, ich habe in einem Gespräch mit der Bürgerbeauftragten den Eindruck gewonnen, dass es bei den aktiv Beschäftigten, aber insbesondere auch bei den ehemals Beschäftigten ein hohes Maß an Unsicherheit über die Auswirkungen dieses Reformmodells gibt. Deswegen habe ich die Bitte an die Regierung, dass sie eine aktive Informationspolitik betreibt, um diese Verunsicherung aufzuheben. Wichtig ist - darin sind wir uns sicherlich einig -, wer 55 Jahre und älter ist und sich noch im aktiven Dienst des Landes befindet, genießt Vertrauensschutz. Das ist auch gut so.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits bei der Debatte über die Verwendung der Einnahmen aus der Ökosteuer war klar, dass die heutigen Versorgungssysteme, die auf einem Umlageverfahren beruhen, gescheitert und finanziell am Ende sind. Statt nun aber das Umlageverfahren als solches anzugehen und die notwendigen Reformen einzuleiten, wird an dem alten System herumgedoktert und versucht, es am Leben zu erhalten. Grund hierfür sind wahrscheinlich die riesigen Verwaltungsapparate, die in den letzten Jahren aufgebaut wurden. Vor Jahren wurde die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder eingerichtet, um eine Zusatzrente zu gewähren, die die gesetzli
che Rente für Angestellte im öffentlichen Dienst auf ein vergleichbares Niveau zu den Beamtenpensionen bringt.
Auch diese Institution funktionierte auf der Basis des Umlageverfahrens. Eine ausreichende Anzahl von Einzahlern sicherte die Versorgung der Bezieher.
Der vorliegende Bericht über die finanzielle Lage der VBL bestätigt aber die Erkenntnis, dass sich das herkömmliche Verfahren nicht bewährt hat. Ähnlich wie bei der Rentenversicherung ist aber niemand bereit, die notwendigen Konsequenzen zu ziehen und sich endgültig von diesem Prinzip zu verabschieden.
Nun ist man nicht mehr in der Lage, die versprochenen Versorgungen zu leisten. Die Ursache ist klar: Das Verhältnis von Einzahlern zu Beziehern stimmt nicht mehr. Im Jahre 1990 finanzierten noch 2,49 Versicherte einen Versorgungsempfänger, Ende 2000 waren es nur noch 1,81 - mit fallender Tendenz.
Seit Jahren ist die Entwicklung bekannt. Die finanzielle Überbelastung der Versorgungsanstalt war absehbar. Wieder einmal muss man sich fragen, was diese Landesregierung eigentlich gegen die Entwicklung unternommen hat. Seit fast 14 Jahren sitzen Sie hier und drehen Däumchen. Es wäre interessant, einmal auszurechnen, welche Ansprüche für die Betroffenen bei Anlage des gleichen Betrages in einer privaten Rentenversicherung angewachsen wären. Nun, da die VBL praktisch pleite ist, setzten sich die Tarifparteien zusammen. Sie versuchten, ein neues Modell zu entwickeln, um die Zusatzversorgung für die Angestellten im öffentlichen Dienst zu sichern, ohne vom Umlageverfahren abzurücken.
Herausgekommen ist ein Punktemodell. Das führt im Ergebnis zu einer erheblich geringeren Zusatzrente. Die Zeche zahlen also die Arbeitnehmer.
„Eine Beteiligung der Arbeitnehmer an der Lastentragung erfolgt künftig durch die Inkaufnahme von erheblichen Absenkungen des Leistungsniveaus.“
Kollege Neugebauer, vielleicht sollten Sie sich einmal ein Beispiel an der CDU nehmen. Auch hier hat die CDU wieder die Meinungsführerschaft im Bereich der Versorgung errungen. Wenn Sie heute gelesen haben, dass der Landesvorsitzende der CDU, Wadephul, ein Modell entwickelt hat, wonach Sie eine Frühverrentung bei vollem Lohnausgleich bekommen, so ist das eigentlich der Weg, auf dem man gehen sollte.
Um den Arbeitnehmern aber noch eine Möglichkeit zu lassen, ihre Versorgung in der Zukunft selbst aufzubessern, haben die Tarifparteien beschlossen, dem öffentlichen Dienst nun auch den Weg für die Nutzung der steuerlichen Förderungsmöglichkeiten des Altersvermögensgesetzes grundsätzlich zu eröffnen. Wunderbar, kann ich da nur sagen! Es ist aber eine Mogelpackung. Sie verkaufen als Erfolg, dass die Regierung die Erhöhung der Beiträge verhindert hat. Das ist zwar richtig, es ist aber kein Erfolg, schließlich wird durch das Modell gleichzeitig das Niveau der Renten gesenkt. Um nun auf einen vergleichbaren Betrag wie vorher zu kommen, sind die Menschen gezwungen, sich zusätzlich zu versichern.
Bei der VBL sinken aber nicht nur die Leistungen. Der Arbeitnehmerbeitrag steigt auch von 1,5 % auf 1,41 % des Bruttolohns. Die Arbeitgeber zahlen eine um satte 2 % erhöhte Umlage. Für das Land Schleswig-Holstein bedeutet dies jährliche Mehrkosten von 14,4 Millionen DM. Das sind etwas mehr als 7 Millionen €. Dieses Debakel hat sich schon seit Jahren abgezeichnet. Die demographische Entwicklung lässt sich auf Jahrzehnte sehr genau vorhersagen. Eine Landesregierung, die sich das Prinzip der Nachhaltigkeit auf ihre Fähnchen schreibt, aber noch nicht einmal bei klarer Datenlage entsprechend reagiert, macht sich lächerlich. Ich denke, sie muss auch abgelöst werden. Das ist die beste Nachhaltigkeitsstrategie für unser Land.
Es kommt aber noch ein Bonbon hinzu, das der Bericht verschweigt: Ende letzten Jahres war vom Bundesrechnungshof zu vernehmen, dass das IT-System Integrierte Sachbearbeitung, das seit 14 Jahren zirka 100 Millionen DM verschlungen hat, ein ähnlicher Flop zu werden scheint wie seinerzeit INPOL-neu bei der Polizei. Ob und wann welche Zusatzkosten dort noch entstehen, ist völlig offen. Ich würde von unserem Finanzminister gern wissen, was dort - in Ansehung des Rechnungshofberichts - möglicherweise auf uns zukommt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, man kann natürlich aus allem ein Politikum machen, unterschiedliche Textbausteine nehmen und
die Vorwürfe, die es immer schon gab, aneinander reihen. Das lässt sich in den fünf Minuten zu diesem Bericht durchaus unterbringen.
Eine andere Möglichkeit ist es, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen, ihn an den Finanzausschuss zu überweisen und die Worte des Ministers hinzuzunehmen, um sich dann im Finanzausschuss, in dem wir meist weniger miteinander diskutieren, noch einmal mit der Frage der Belastungen der nächsten Jahre in Kombination mit den Pensionskosten auseinander zu setzen. Das ist hier auch erwähnt worden. Vor allem sollten wir uns mit der Frage auseinander setzen, ob wir als Landesparlament - und damit auch die Regierung - die Möglichkeit haben, auf den Bund einzuwirken, damit die zu Lasten der zukünftigen Generationen aufgetürmten Belastungen ein Stück zurückgenommen werden können.
Da sind wir natürlich bei der Frage der Dienstrechtsreform. Insofern ist von der CDU zu Recht das Problem der sich aufstapelnden Pensionskosten angesprochen worden. Die Verbeamtungen der 70er-Jahre, an der wir alle - Sie wohl mehr als ich - beteiligt sind, bringen uns, zumindest an dieser Stelle, zu den Schuldenbergen. Ich glaube, dass der Kompromiss zu vertreten ist, auch wenn er nicht nur dem Land, sondern auch einigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich mehr erwartet hatten, wehtut. Ich möchte noch eine letzte Bemerkung zur CDU und ihrer Personalpolitik machen: Die CDU wirft uns immer wieder vor, dass die Personalkostenquote zu hoch sei. Wir hatten zum Haushalt die Anträge vorliegen, jede fünfte Stelle einzustellen.
- Einzusparen, Entschuldigung! Dazu hatten wir den schönen Satz: Daneben könnten Personalkosten durch Verzicht auf Stellengebung und neue Stellen eingespart werden. Heute stellen Sie sich hin und sagen, dass zu Lasten der armen Angestellten ein Stück weit verhandelt worden sei.
Herr Kalinka, wenn Sie nicht einmal die Aussagen über den Kompromiss aus dem vorgelegten Bericht teilen: Wie wollen Sie in diesem Land dann Personalkosten senken? Wie wollen Sie das machen?
Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass ich dem Wortlaut nach gar keine Bewertung dieser Aussage gemacht habe, sondern einfach nur etwas festgestellt habe, damit alle im öffentlichen Dienst wissen, wie die Landesregierung diesen Aspekt beurteilt?
Wenn das so ist, dass Sie dazu keine bewertende Aussage gemacht haben, dann würde ich Sie herzlich bitten, noch einmal nach vorn zu kommen und eine Bewertung abzugeben.
Für die Fraktion des SSW im SchleswigHolsteinischen Landtag erteile ich der Sprecherin, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde es auch kurz machen, damit der Kollege Kalinka gleich noch einmal nach vorn kommen kann.
(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolfgang Kubicki [FDP]: Der kneift!)
Es bringt nichts, auf das einzugehen, was zu dem Hintergrund der jetzt in Kraft tretenden Änderungen angeführt wurde. Es ist richtig, dass mit dem Punktemodell auch das Modell der Gesamtversorgung verlassen wird. Mit dem Punktemodell geht es in erster Linie darum, das System aufrecht zu erhalten. Anders ist das System leider nicht mehr zu bezahlen. Von daher kann man sagen, dass wir es bei dem VBLSystem - genau wie bei den anderen Altersversorgungssystemen in der Bundesrepublik - mit einem reformbedürftigen System zu tun haben.
Wir betreiben Flickschusterei. Dies tun wir meiner Meinung auch bei der so genannten Riester-Rente, bei den Beamten und bei der VBL. Wir werden dadurch höchstwahrscheinlich ein paar Jahre Ruhe erhalten. Unser Fazit lautet aber: Die Probleme der VBL sind symptomatisch für die Situation der Rentenversicherung in Deutschland und auf lange Sicht hilft nur eine grundlegende Reform der Alterssicherung, indem zum Beispiel auch die Beamtinnen und Beamten sowie die Selbständigen in die Beitragspflicht einbezogen werden.
Auch sollte die Frage, ob es nicht an der Zeit ist, sich insgesamt von dem Versicherungssystem, so wie wir es kennen, zu verabschieden, auf der Tagesordnung bleiben.
Aus meiner Sicht ist das Stichwort die Frage, ob wir nicht mit der Einführung einer über die Steuern finanzierten Grundrente und eine Grundsicherung weiterkommen können. Dass das nicht allein stehen kann, wissen wir auch. Wir müssen neue Module entwikkeln. Ich denke nicht, dass wir diesem Problem mit unterschiedlichen Modellen, die ein bisschen etwas hin- und herschieben, gerecht werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bedanke mich für die ausgesprochene Aufmerksamkeit!