Protokoll der Sitzung vom 16.05.2002

Kulturpessimismus ist jedoch auch nicht angesagt. Wir müssen die Probleme optimistisch angehen und sie erkennen. Hier spielt die Diskussion um PISA eine große Rolle. Dabei sollten wir ein Missverständnis dringend vermeiden, nämlich das, dass wir Bildung und bloße Wissensvermittlung verwechseln. Wir brauchen Bildung. Wenn wir sie vernachlässigen, wird der „schiefe Turm von PISA“ gänzlich umkippen. Im realen Pisa ist das vermieden worden. In unserem PISA, in unserem PISA-Problem sollten wir es vermeiden.

Wie aber sollte Bildung heute aussehen?

(Baulärm - Heiterkeit)

- Es wird alles abgebrochen.

(Lothar Hay [SPD]: Das ist auch Kultur!)

Über 2 Millionen Eintragungen in der GoogleSuchmaschine geben hier durchaus keine schlüssige Antwort. Dennoch wird dieser Diskurs in der Gesellschaft zu führen sein. Wie also sollte sich heute das Individuum geistig und seelisch ausbilden, seine Werte und Anlagen vervollkommnen? Diese Antwort wird über die Zukunft - nicht nur, aber auch - der Kultur und dem Rang unserer Nation entscheiden.

Im Übrigen werden die Antworten, die wir bis heute gegeben haben, morgen nicht mehr unbedingt gelten können. Ich fordere uns zu diesem Diskurs über Bildung und Kultur auf und freue mich über die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Was die Lautstärke angeht - der Protest ist auf dem Weg.

(Lothar Hay [SPD]: Vielleicht könnte man das generell regeln!)

Ich hoffe, dass er gleich ankommt.

Das Wort hat Frau Abgeordnete Schwarz.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise bedanke ich mich in einer Debatte über einen Bericht - es war übrigens ein Berichtsantrag, keine Große Anfrage, Herr Kollege - als Erstes bei denen, die ihn erstellt haben. Das will ich auch heute -

(Baulärm)

- Das gibt es doch wohl nicht.

(Lothar Hay [SPD]: Wir hören im Moment nicht mal den Lautsprecher! - Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gleich sind sie hier drin!)

Herr Abgeordneter Hay, es tut uns allen sehr Leid. Sie wissen genau, dass niemand von uns es im Moment ändern kann.

(Lothar Hay [SPD]: Der Lautsprecher von Frau Schwarz war nicht an!)

- Das allerdings lässt sich ändern.

Wenn ich jetzt noch einmal anfange - - Jetzt sind aber schon 30 Sekunden vorbei.

(Heiterkeit)

Also, noch einmal: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise - wollte ich sagen bedanke ich mich in einer Debatte über einen Bericht als Erstes bei denen, die diesen Bericht erstellt haben. Das will ich auch heute gern tun,

(Baulärm)

allerdings mit der Einschränkung, dass ich mich gefreut hätte, wenn der Bericht etwas leiser

(Heiterkeit und Beifall im ganzen Haus)

- leichter zu lesen gewesen wäre. Passagenweise hat man es bei diesem Bericht mit schwierigst zu verstehenden Satzgebilden zu tun, mit Verschachtelungen,

Aneinanderreihungen von Ausdrücken, die viel, aber auch gar nichts bedeuten können.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war ein Test für die Kultur- technik!)

- Das wird es wahrscheinlich sein. - Kurz gesagt: Die Lektüre war nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig. Frau Ministerin, Ihre Rede hat mir viel besser gefallen, vom Satzbau, von der Verständlichkeit und so muss ich sagen - auch vom Inhalt her.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie hatte mit dem Bericht nämlich eigentlich nicht viel zu tun.

(Baulärm)

Nichtsdestoweniger - soll ich noch weiter überschreien? - möchte ich zum Inhalt des Berichtes kommen.

(Baulärm - Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frauen können auch laut sprechen! - Klaus Schlie [CDU]: Das geht nicht! Das ist völlig undenkbar! - Lothar Hay [SPD]: Das geht nicht!)

Die Mitteilung ist auf dem Weg. Ich höre gerade, es ist eine Sache von Sekunden, bis der Lärm abgestellt ist. Wir warten noch 3 Sekunden. Wenn der Lärm abgestellt ist, werden wir fortfahren. Sonst werden wir unterbrechen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das waren 3 Sekunden, Frau Präsidentin! - Heiterkeit - Baulärm)

Ich stelle anheim, 5 Minuten zu unterbrechen. - Gut.

Wir treffen uns in 5 Minuten wieder. Frau Schwarz, Sie erhalten volle 5 Minuten Redezeit.

(Beifall)

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung: 17:09 Uhr bis 17:17 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte die Sitzung wieder eröffnen. Es wäre nett, wenn die Abgeordneten ihre Plätze einnehmen würden.

Frau Abgeordnete Schwarz, Sie haben wieder das Wort.

Frau Präsidentin, geht jetzt wenigstens das Mikrofon? - Wunderbar. Ich gehe einfach davon aus, dass Sie damit einverstanden sind, dass ich mit meiner Rede nicht noch einmal von vorn anfange.

(Zuruf: Schade! Sehr schade!)

Ich möchte jetzt nämlich zum Inhalt des Berichts kommen. Dabei möchte ich auch noch einmal an das Motto erinnern - die Ministerin hat es schon gesagt -, unter das die Vorvorgängerin dieser Ministerin ihre Kulturpolitik gestellt hat. Dieses Motto hat sinngemäß den Inhalt: Gefördert werden muss, was es schwer hat.

Wir als CDU-Fraktion waren inhaltlich nie huntertprozentig mit dieser Handlungsmaxime der Ministerin einverstanden, weil sie unserer Meinung nach ein Miteinander von Kultur für viele und Kultur für wenige in der Unterstützung durch die öffentliche Hand fast ausschloss.

Die jetzige Kultusministerin hat diesem Grundsatz ihrer Vorvorgängerin mit dem vorliegenden Bericht ich muss jetzt eigentlich zwischen Bericht und Rede unterscheiden - zur Weiterentwicklung der Kulturpolitik des Landes endgültig goodbye! gesagt. Sie haben von einer Aktualisierung in der Kulturpolitik gesprochen. Ich würde sagen, das ist doch ein bisschen euphemistisch; denn eines wird an vielen Stellen deutlich: Für die Landesregierung zählt offenbar nur noch die Quote. Das Land will nur an den Stellen kulturell mitspielen, wo es massenhaft Akzeptanz gibt.

Maßstab für gute oder schlechte Kultur, für förderungswürdige und förderungsunwürdige Kultur scheint künftig nur noch die Zahl der verkauften Eintrittskarten zu sein. Eventkultur, Massenveranstaltungen haben die Sympathie und Unterstützung der Landesregierung.

Der Bericht zeugt darüber hinaus von einer offensichtlich großen Unsicherheit, was künftig im Bereich Kultur gemacht werden soll und wie es gemacht werden soll. Das Papier ist unscharf und richtig anfangen kann man damit eigentlich nichts.