Protokoll der Sitzung vom 17.05.2002

Schleswig-Holstein ist zu einem ausgesprochenen Hightech-Standort mit Medizintechnik und Gesundheitswirtschaft, Informationswirtschaft, Multimedia, Energietechnik und maritimer Wirtschaft geworden. Das sind unsere Schwerpunkte. Natürlich wollen Sie das nicht hören, meine Damen und Herren von der Opposition, aber es ist so und wird auch von Institutionen bestätigt, die wahrhaft nicht in Verdacht stehen, Rot-Grün unterwandert zu sein. Sehen Sie sich nur die

(Bernd Schröder)

Ergebnisse - Sie haben das hier selbst vorgetragen der neuesten Umfrage der IHKs an!

Wir haben in den vergangenen Jahren zielgerichtet auf die entstehenden Zukunftsbranchen gesetzt - und das mit Erfolg. Sie können die Daten des Wirtschaftsberichts 2002 nicht bestreiten: In allen Sparten, die auch als zukunftsträchtig gelten, haben sich schleswigholsteinische Unternehmen positioniert und verbuchen Erfolge. Natürlich sind unsere mittelständischen Unternehmen von der konjunkturellen Schwäche getroffen worden, zum Teil sogar stärker als finanzkräftige Großunternehmen. Aber die Chancen, dass sie sich mit dem Aufschwung auch auf hart umkämpften Märkten behaupten können, stehen gut.

Dafür haben wir in diesem Land eine Menge getan, beispielsweise mit unserer Förderung von Messepräsentationen im Ausland. Wir sind mit unseren Förderinstrumenten auf dem richtigen Weg, ob es sich um den Aufbau und die Modernisierung unserer Verkehrsinfrastruktur - das Stichwort A 20 ist gefallen handelt oder um die Förderung der Regionalentwicklung mit dem „ziel“-Programm.

(Unruhe)

Wir können stolz darauf sein, dass Schleswig-Holstein inzwischen als Gründerland gilt. Dies belegen auch die nüchternen Zahlen. Im Saldo der Unternehmensgründungen und -löschungen haben wir 2001 bundesweit an dritter Stelle hinter Hamburg und Hessen und vor Bayern und Berlin gelegen. Beim Stichwort Arbeitslosigkeit ist bei der Union das Lamento groß. Was wirft Edmund Stoiber der Bundesregierung nicht alles an Versäumnissen vor!

Lassen Sie uns daher einmal einen Blick darauf werfen, wie es bei Ihrem Kanzlerkandidaten zu Hause aussieht: Davon, wie es 1996 im Beschäftigungspakt für Bayern angekündigt wurde, die Zahl der Arbeitslosen in Bayern bis zum Ende 2000 zu halbieren, ist heute keine Rede mehr; das Ziel ist um Längen verfehlt. Besonders prekär ist in Bayern die Lage der Jugendarbeitslosigkeit: Mit 33,8 % hat Bayern im Dezember 2001 sogar den stärksten Zuwachs an Arbeitslosen unter 25 Jahren.

Herr Abgeordneter Schröder, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Jensen-Nissen?

(Zurufe)

Ich schaffe sonst meine Rede nicht mehr.

Meine Damen und Herren, wir haben in SchleswigHolstein keinen Grund, uns mit unseren Wirtschaftsdaten zu verstecken. Die Landesregierung hat in den vergangenen Jahren die Modernisierung und den strukturellen Wandel mit großem Erfolg gefördert. Die konjunkturelle Talfahrt des vergangenen Jahres werden wir und die Wirtschaft ebenfalls meistern. Wir werden in unserer Arbeit nicht nachlassen, wir werden auch weiterhin alles dafür tun, in der Wirtschaftspolitik, in der Modernisierung der Infrastruktur, im Bildungs- und Ausbildungsbereich. Wir werden uns aber immer für einen gerechten sozialen Ausgleich einsetzen.

Dazu werden wir auch weiterhin die Förderinstrumente und die Arbeit der Fördereinrichtungen bündeln, damit dies aus einer Hand geschieht. Es ist sehr zu begrüßen, dass Wirtschaftsminister Bernd Rohwer gemeinsam mit der Wirtschaft des Landes an einer Initiative zur Profilierung und Vermarktung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein arbeitet. Ich fordere insbesondere Sie von der Opposition auf, im Interesse unseres Landes, seiner Wirtschaft und der Menschen in diesem Land, die Initiativen des Ministers zur Profilierung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein zu unterstützen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete AschmoneitLücke.

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe die Bemerkung meines Kollegen Hay leider nicht verstanden, aber Sie werden das nachher sicherlich nachholen.

Zur IHK-Umfrage hat Herr Kayenburg alles gesagt. Frau Ministerpräsidentin, zur Gesundheitswirtschaft darf ich Sie daran erinnern - Sie können das gern nachlesen -, dass wir seit Jahren sagen, dass Gesundheit ein Wachstumsmarkt ist. Als die erste Gesundheitsreform angezettelt wurde, haben Sie sich bedauerlicherweise hier nur hingestellt, ein riesiges Lamento losgelegt und gesagt: Alles wird in Schleswig-Holstein ganz schlecht, weil wir nicht mehr den gesetzlichen Anspruch auf Kuren haben.

(Beifall bei FDP und CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, alle Jahre wieder stellt der Wirtschaftsminister sein Bild der

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Wirtschaftslage Schleswig-Holsteins vor - das ist notwendig und gut so. Ebenfalls alle Jahre wieder versucht er, frohe Botschaften zu verkünden - das ist verständlich und der Versuch sei ihm gegönnt. Dass es diesmal die Chefin persönlich gemacht hat, hat es bedauerlicherlicherweise nicht besser gemacht.

(Vereinzelter Beifall bei FDP und CDU)

Alle Jahre wieder lautet die Botschaft: Es ist alles ganz toll, aber bedauerlicherweise ist das durch die Tatsachen, die in dem schriftlich vorgelegten Bericht nachzulesen sind, nicht begründet.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Herr Minister Rohwer, ich hoffe, Sie können noch zwischen der Realität und Ihrer Propaganda unterscheiden. Ich bin mir leider sicher, dass große Teile der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen das nicht mehr können. Ich werde nicht müde, das zu sagen: Das ist das größte Strukturproblem SchleswigHolsteins.

(Beifall bei FDP und CDU)

Der Unterschied zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit zeigt sich beim Wirtschaftswachstum: Im letzten Jahr ist unser reales Bruttoinlandsprodukt um 0,2 % gewachsen - vorletzter Platz unter den westdeutschen Bundesländern. Schleswig-Holstein ist leider nicht überall vorn, sondern bei den wichtigen Daten stehen wir hinten an. Die westdeutschen Länder sind unser Maßstab. Nur eines liegt noch hinter uns: Nordrhein-Westfalen mit 0,1 % Wachstum.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wer regiert denn da?)

Wir können noch einen dritten Wert hinzufügen: Das deutsche Bruttoinladsprodukt wuchs 2001 real um 0,6 % - damit liegt Deutschland in der EU auf dem letzten Platz.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Hört, hört!)

Alle drei Gebiete haben eines gemeinsam: Sie werden von Rot-Grün regiert. Wo Rot-Grün regiert, weicht das Wachstum, der Wohlstand der Menschen stagniert. Eine andere Schlussfolgerung kann ich daraus nicht ziehen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die Misere wird noch deutlicher, wenn man das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner betrachtet. Das ist der anerkannte Maßstab für die Entwicklung der Wirtschaftsleistung: Es beschreibt die Versorgung der Menschen mit Gütern und Dienstleistungen und darauf allein kommt es an. 2001 wuchs das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Schleswig-Holstein gerade noch um

0,06 %. Das ist Stagnation. Dies als Erfolg anzupreisen, ist eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das schwache Wachstum des letzten Jahres ist selbstverständlich nur eine Momentaufnahme. Die weltweite Konjunkturschwäche hat Schleswig-Holstein nicht verschont. Problematisch ist allerdings, dass der vorausgegangene Boom der Weltwirtschaft SchleswigHolstein sehr wohl verschont hat. Das zeigen die Trends, auf die der Wirtschaftsminister gern und richtigerweise verweist. Entscheidend sei - ich zitiere -, dass der Wiederaufschwung in ein nachhaltiges und kräftiges Wachstum einmündet. - Diese Aussage unterstützt die FDP ohne Abstriche.

Die Vergangenheit gibt aber leider wenig Anlass zur Hoffnung, dass diese Landesregierung einen nützlichen Beitrag liefert. Seit 1991 ist das reale Bruttoinlandsprodukt Schleswig-Holsteins um 9,6 % gewachsen, in Westdeutschland waren es 12,4 % und in Deutschland 15,7 %. Schleswig-Holstein hängt also leider auch in der längerfristigen Betrachtung zurück.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

9,6 % Wachstum über zehn Jahre, durchschnittlich 0,92 % pro Jahr. Das ist zumindest nachhaltig, jedes Jahr nachhaltig unter einem Prozent.

(Beifall bei FDP und CDU)

Von „kräftig“ kann überhaupt keine Rede sein, schon gar nicht, wenn wir berücksichtigen, dass die Beschäftigungsschwelle in Deutschland bei zirka 1,8 % Wachstum liegt. Erst ab dieser Rate wächst die Beschäftigung nachhaltig.

Angesichts dieser Tatsachen klingt es wie Hohn, wenn im Bericht steht:

„Die Wirtschaftspolitik der schleswigholsteinischen Landesregierung setzt weiter konsequent auf Wachstum und Beschäftigung."

Die Wirtschaftspolitik vielleicht, aber leider nicht die Verantwortlichen für die Politik.

(Beifall bei FDP und CDU)

Die sitzen eher auf der Wirtschaftspolitik und würgen die Dynamik der schleswig-holsteinischen Wirtschaft mit aller Macht ab.

Einziger Lichtblick: Der lineare Trend der Wachstumsraten von 1992 bis 2001 zeigt ganz leicht nach oben, sowohl beim Bruttoinlandsprodukt als auch beim Bruttoinlandsprodukt pro Kopf. Aber das liegt aus

(Christel Aschmoneit-Lücke)

schließlich daran, dass das reale Bruttoinlandsprodukt 1993 geschrumpft ist. Betrachtet man den Trend ab 1994, dann geht es nachhaltig bergab. SchleswigHolstein ist unter Rot-Grün in der Tabelle nicht nur ganz hinten, sondern fällt auch immer schneller zurück. Das ist das eigentliche Problem.