Gestaffelte Zuschüsse zu den Sozialversicherungsbeiträgen im Niedriglohnbereich sind aus Sicht meiner Fraktion notwendig. Auch das haben wir hier schon relativ konsensual miteinander diskutiert. Auch der Bericht der Landesregierung sagt, dass mit den Vorschlägen der Kommission noch nicht alle Möglichkeiten der Förderung von mehr Beschäftigung im Niedriglohnbereich ausgereizt sind.
Zweitens zur Forderung nach der Zukunftsfähigkeit von Arbeitsplätzen. Neue Arbeitsplätze müssen in zukunftsträchtigen Branchen geschaffen werden. Beispiele hierfür sind die neuen Technologien, vor allem Solar- und Windenergie sowie Biomasse.
Das neue Energieeinspeisegesetz hat bereits 120.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Es wäre geradezu absurd, Herr Kayenburg, es wieder rückgängig zu machen. Hier plant die CDU ein Arbeitsvernichtungsprogramm, um das in aller Deutlichkeit zu sagen.
Drittens zur Umsetzung des Gender-Gedankens, den Herr Kayenburg und Herr Garg hier sehr ausführlich erwähnt haben. Rot-Grün hat das Gender Mainstreaming in der deutschen Arbeitsmarktpolitik fest verankert.
- Wenn Sie nicht einmal wissen, was die Frauenpolitik mit Hartz zu tun hat, Herr Kayenburg, dann lesen Sie doch gleich Ihren Pressespiegel!
Im Job-Aqtiv-Gesetz wurde endlich festgeschrieben, dass die Benachteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt bei allen Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik abgebaut werden muss.
Ich teile die Auffassung der Landesregierung, dass die Durchsetzung der Geschlechtergerechtigkeit am Arbeitsmarkt bei der Konkretisierung und Umsetzung der Vorschläge der Hartz-Kommission stärker als bisher deutlich geworden ist und zukünftig berücksichtigt werden muss.
(Martin Kayenburg [CDU]: Wo steht das denn bei Hartz? Sie haben den falschen Zet- telkasten erwischt!)
- Herr Kayenburg, wenn Sie sich auch nur einmal mit den Vorschlägen der Hartz-Kommission beschäftigt
und nachgelesen hätten, welche Diskussionen es in der Zeit vom ersten bis zum zweiten Entwurf gegeben hat, dann hätten Sie mitbekommen, dass das Gender Mainstreaming dabei eine zentrale Rolle gespielt hat, dass nachgebessert worden ist und dass unsere Landesregierung im Bericht schreibt, es müsse noch weiter nachgebessert werden. Lesen Sie die Sachen doch einmal!
Frauenerwerbstätigkeit muss vor allem durch die Vereinbarkeit von Kindern und Beruf und durch Teilzeitangebote für Männer ermöglicht werden.
Viertens. Bildung und Weiterbildung. Lebenslanges Lernen ist Grundlage für qualifizierte Arbeitskräfte. Gerade angesichts der demographischen Entwicklung erhält diese Aufgabe neues Gewicht. Das Weiterbildungsangebot im Land muss daraufhin überprüft werden, ob es Langzeitarbeitslosen durch Nachqualifizierung ausreichende Chancen bietet.
An dieser Stelle merke ich sehr selbstkritisch an, dass die Auflösung der Abendrealschulen nicht in dieses Konzept passt.
Wir sind aufgefordert, hier schnell Alternativangebote zur Erlangung des Realschulabschlusses auf dem zweiten Bildungsweg zu schaffen. Aber wir müssen auch grundlegende Konsequenzen aus der PISAStudie ziehen; denn der Arbeitsmarkt fordert gut ausgebildete Jugendliche.
Ausgesprochen positiv ist deshalb, dass in SchleswigHolstein seit Jahren mit dem Bündnis für Ausbildung erreicht wurde, dass immer wieder allen Jugendlichen ein Ausbildungsplatz angeboten werden konnte.
Fünfter Schwerpunkt. Auch der zweite Arbeitsmarkt hat seine Berechtigung. Es wird immer Menschen geben, die nicht in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Dieser Personengruppe muss unter dem Aspekt der gesellschaftlichen Teilhabe eine sinnstiftende Tätigkeit ermöglicht werden. Das ist allerdings eher eine Aufgabe der Sozialpolitik als eine Aufgabe der Arbeitsmarktpolitik. Einfach streichen können wir deshalb bisherige Programme nicht, sondern wir müssen Alternativen suchen.
Sechstens. Auch soziale Arbeit muss einen Geldgeber haben. Viele soziale Einrichtungen leben seit Jahren davon, dass das Arbeitsamt große Teile ihrer Personalkosten trägt. Bei unseren neuen Konzepten, die auch diese Fördermaßnahmen abbauen, müssen wir auch eine Antwort darauf finden, wer diese zukünftig
wegfallenden Arbeitsstellen bezahlen soll; denn die Arbeit ist ja da. Natürlich muss es Personal in betreuten Grundschulen oder in Pflegeheimen geben. Hier gibt es noch keine endgültigen Antworten. Die Diskussion um den erhöhten Zuschuss für die betreuten Grundschulen aufgrund der Veränderung der Arbeitsmarktprogramme in diesem Jahr hat uns ein deutliches Signal gegeben.
Ich hoffe, dass es mit der Umsetzung der HartzVorschläge tatsächlich gelingt, die Arbeitslosigkeit drastisch zu reduzieren. Dann hätten wir auch neue Spielräume zur Senkung der Lohnnebenkosten oder für mehr Personal in den öffentlichen Haushalten.
Viele Vorschläge der Hartz-Kommission knüpfen an grüner Programmatik an: Wir wollen Brücken schaffen zwischen Arbeitslosigkeit und Beschäftigung, zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung, zwischen selbstständiger und abhängiger Beschäftigung, zwischen Bildungs- und Beschäftigungssystemen, zwischen Erwerbstätigkeit, Familienarbeit und Ehrenamt sowie zwischen Erwerbstätigkeit und Rente.
Unsere Ziele sind die Integration und schnelle Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt; Fördern und Fordern mit der Balance von mehr Hilfsangeboten und mehr Eigenverantwortung; Entbürokratisierung, Vereinfachung, Dezentralisierung und mehr Verantwortung und Entscheidungsfreiheit für Arbeitsvermittler, Arbeitslose und Arbeitgeber.
Diese Ziele sind im Hartz-Konzept explizit enthalten. Deshalb kann ich mit Überzeugung sagen: Mit dem Hartz-Konzept können die notwendigen Reformen am Arbeitsmarkt fortgesetzt werden, die die rot-grüne Bundesregierung mit dem Jugendsofortprogramm, dem Job-Aqtiv-Gesetz, dem Teilzeitgesetz und der Qualifizierungsoffensive begonnen hat.
Damit haben wir begonnen, den Reformstau, den Sie uns auch im Bereich der Arbeitsmarktpolitik hinterlassen haben, aufzulösen.
Nach Ihrer heutigen Rede, Herr Kayenburg, bin ich mir ganz sicher, dass Rot-Grün am 22. September die Mehrheit bekommt.
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Phänomen der Massenarbeitslosigkeit gibt es in unterschiedlicher Größenordnung in Deutschland seit der ersten Ölkrise 1974. Seit fast 30 Jahren versuchen also die Regierenden - ob rot-gelb, schwarz-gelb oder rot-grün - im Wesentlichen erfolglos, diesem Problem Herr zu werden. Dabei hat sich in den letzten Jahren herauskristallisiert, dass jenseits der internationalen Konjunkturen - die natürlich immer noch eine entscheidende Rolle spielen - die Strukturen auf dem deutschen Arbeitsmarkt ein wichtiges Hindernis sind, um die Arbeitslosigkeit in den Griff zu bekommen. Es gibt Experten, die davon ausgehen, dass die strukturell bedingte Arbeitslosigkeit bis zu Dreivierteln der Arbeitslosen ausmacht.
Hier setzt das Hartz-Konzept an und so ist auch erklärbar, dass durch die Reformvorschläge unabhängig von der Konjunktur bis zu 2 Millionen Menschen wieder in Arbeit gebracht werden sollen. Die Massenarbeitslosigkeit ist nicht gottgewollt, sondern durch intelligente Konzepte kann es gelingen, eine entscheidende Wende am deutschen Arbeitsmarkt zu erreichen. Das ist die positive Botschaft.
Dabei ist es aber nicht egal, mit welchen Methoden man versucht, diese strukturelle Arbeitslosigkeit abzubauen.
- Sie sollten das, was Sie gerne sagen möchten, direkt ins Protokoll diktieren. Das würde nicht so stark stören.
Es ist sicherlich kein Geheimnis, dass wir die liberalistischen Vorschläge, insbesondere der FDP, ablehnen. Der SSW will Arbeitsmarktreformen, die die soziale Sicherheit und die tariflichen Löhne nicht infrage stellen.
Von daher begrüßen wir, dass die Hartz-Kommission Abstand davon genommen hat, die Leistungen für Arbeitslose zu kürzen. Es kann nämlich nicht der Sinn einer Arbeitsmarktreform sein, die Arbeitslosen zu bestrafen. Wundern kann man sich allerdings dar
über, dass der Vorstandsvorsitzende der Bundesanstalt für Arbeit, der Sozialdemokrat Florian Gerster, immer noch bei dieser Forderung bleibt.
Wie ein massiver Abbau der Arbeitslosigkeit ohne Leistungskürzungen gelingen kann - die Kollegin Heinold hat schon darauf hingewiesen -, hat unser Nachbarland Dänemark in den 90er-Jahren vorgemacht. Durch eine aktive Arbeitsmarktpolitik mit einem breiten Spektrum an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen - von der Aus- und Weiterbildung über Job-Rotation bis hin zu verschiedenen Lohnkostenzuschüssen für Arbeitslose - gelang eine Reduzierung der Arbeitslosenquote von über 10 % auf heute nur noch 5 %.
Es ist richtig, dass die Landesregierung sich bei der Ausgestaltung von ASH 2000 und auch in anderen Bereichen ihrer Arbeitsmarktpolitik von dieser erfolgreichen Politik hat inspirieren lassen. Auch in den Vorschlägen der Hartz-Kommission finden sich zum Teil Ansätze in diese Richtung. Das zeigt sich in der Erkenntnis der Kommission, dass die Arbeitsförderungspolitik im Sinne einer aktivierenden Arbeitsmarktpolitik umgebaut werden muss.