Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Drucksache 15/216

Änderungsantrag der Abgeordneten des SSW

Drucksache 15/261

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Schwarz.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie merken, Frau Simonis - die Kollegen tun es natürlich auch -: Wir sind hartnäckig, wir sind sehr hartnäckig beim Thema Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern.

(Lothar Hay [SPD]: Fast wie bei den Raben- vögeln!)

Wir müssen es auch sein; denn die Sache ist ernst und sie wird immer ernster - nicht nur - aber im Wesentlichen - in finanzieller Hinsicht. Deswegen fühlen wir uns den Lehrern, den Eltern und insbesondere den Schülern gegenüber verpflichtet, dieses Thema vor den Haushaltsberatungen 2001 noch einmal aufzugreifen und möglichst ein alle zufrieden stellendes Ergebnis zu erzielen.

Es wundert uns schon sehr, dass dieser wirklich dramatische Ernst der Lage in seinem ganzen Spektrum und mit all seinen Konsequenzen offenbar von der Landesregierung und den Regierungsfraktionen, ganz besonders von der Ministerpräsidentin, immer noch nicht deutlich genug erkannt wird, nicht erkannt werden will oder soll.

Wir waren allerdings - das will ich auch nicht verheimlichen - sehr wohl angenehm überrascht, Äußerungen von Herrn Hay und Herrn Hentschel vernehmen zu dürfen, die doch immerhin für eine gewisse Nachdenklichkeit sprechen. Aber nur nachdenklich zu sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, reicht in diesem Punkt nun wirklich nicht. Es muss gehandelt werden, und zwar sofort.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Jawohl!)

(Caroline Schwarz)

Ich kann zwar ansatzweise nachvollziehen, dass man nur ungern das einzige Markenzeichen, das man noch hat, verlieren möchte, Frau Ministerpräsidentin;

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Nicht einmal das hat sie!)

denn das starre Festhalten an der Nichtverbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern ist wirklich das Einzige, was Ihnen noch geblieben ist.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Zickig!)

Das Attribut Sparkommissarin, das Sie sich selbst gegeben haben, haben Sie schon längst verspielt. Gerade durch Ihren Dickkopf in Sachen Verbeamtung von Lehrern strafen Sie sich eigentlich noch nachträglich Lügen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Nein, dieses Markenzeichen ist kein Gütesiegel, ganz und gar nicht. Es hat einen hohen Preis. Den müssen nicht Sie persönlich zahlen, sondern den bezahlen die Schülerinnen und Schüler in unserem Land. Bedenken Sie doch bitte, was Sie durch Ihr Einlenken in dieser Frage alles an Positivem erreichen würden, was mit den einzusparenden Millionen alles finanziert werden könnte. Ich will Ihnen das noch einmal deutlich machen.

Durch ein Aufgeben Ihrer Haltung könnten das dramatische Unterrichtsfehl und der hohe Stundenausfall wenigstens zum Teil bekämpft werden. Die Einkommensungerechtigkeiten in den Lehrerkollegien würden beseitigt werden. Es ist doch - das müssen doch auch Sie zugeben - ein Unding, dass ein Teil, und zwar gerade die jüngeren Lehrerinnen und Lehrer, die in der Familienaufbauphase sind, im Schnitt 800 DM pro Monat weniger bekommen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Unsere jungen Lehrerinnen und Lehrer würden in Schleswig-Holstein bleiben und nicht, wie es jetzt der Fall ist, in andere Bundesländer abwandern, wenn sie durch die sofortige Verbeamtung die eben schon erwähnten 800 DM mehr erhielten. Um das einmal in ein Verhältnis zu setzen: Das entspricht ungefähr einer Monatsmiete.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das kommt auf die Größe der Wohnung an!)

- Natürlich kommt es auf die Lage an.

Wir mögen gar nicht daran denken, was sein wird, wenn die Pensionierungswelle an den Grundschulen demnächst ihren Höhepunkt erreicht haben wird und wir nicht im Entferntesten genügend junge Lehrerinnen und Lehrer haben, um diese Stellen wiederzubesetzen.

Woher sollen sie denn kommen? Die wenigen, die hier im Land ihre Ausbildung absolviert haben, wandern großenteils ab. Aus anderen Bundesländern kommt niemand freiwillig in dem Bewusstsein hier her, auf ein paar Hundert Mark im Monat verzichten zu müssen. Nur die gute Luft und die schöne Landschaft machen es dann auch nicht.

Ein Weiteres! Unser allergrößtes Sorgenkind, nämlich der Nachwuchs bei den Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrern - dass dies so ist, wird wohl auch niemand bestreiten -, hätte auch wieder eine Zukunftsperspektive. Die Frage, wie wir zurzeit und erst recht in den nächsten Jahren die Unterrichtsversorgung an den Berufsschulen hinkriegen wollen, stellt sich immer dramatischer. Gerade für diese Lehrergruppe, die in der Regel vorher eine praktische Ausbildung absolviert hat, ist das Land Schleswig-Holstein doch wirklich ein absolut unattraktiver Arbeitgeber.

Ob wir das alles erreichen können, was wir dringend erreichen müssen, hängt einzig und allein von Ihnen ab, Frau Ministerpräsidentin. Sie tragen die Verantwortung dafür, wenn unsere Schulen schon im nächsten Schuljahr endgültig vor dem K. o. stehen.

Schon als Kinder haben wir gelernt - jedenfalls war das bei meinen Geschwistern und mir so -, dass man auch den Mut haben muss, zu Fehlern zu stehen. Ihre Nichtverbeamtungsstrategie war ein Fehler, ein großer Fehler, in jeder Hinsicht. Stehen Sie zu diesem Fehler! Pflegen Sie nicht weiter Ihren Dickkopf, sondern lenken Sie ein, und zwar sofort! Frau Simonis, es ist ein paar Sekunden vor zwölf für unsere Schulen.

Wir bitten um Abstimmung in der Sache.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Fuß.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Werte Kollegin Schwarz, ich habe Ihrem Vortrag an sich mit großer Erwartung entgegengesehen, weil ich noch der Hoffnung nachgehangen habe, man könnte etwas Neues hören.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ihren Beitrag aber hätten wir uns sparen können. Wir könnten in den Protokollen der letzten Jahre nachschauen. Denn von Ihrer Seite gibt es keine neuen Argumente.

(Wolfgang Fuß)

Was die Lehrerversorgung und die Frage zusätzlicher Lehrer angeht, so möchte ich daran erinnern, dass die Wahlprogramme Ihrer Partei wie die der SPD relativ identische Aussagen über die Einstellung zusätzlicher Lehrer enthielten. Wir werden eine solche Einstellung vornehmen. Von daher leuchtet mir der Zusammenhang mit der Frage der Verbeamtung noch nicht ein.

(Klaus Schlie [CDU]: Das haben wir be- fürchtet!)

- Herr Schlie, wenn Sie Befürchtungen haben, dann ist das immerhin schon ein Fortschritt für dieses Land.

(Klaus Schlie [CDU]: Aber nur in Ihrem In- teresse!)

Zweite Bemerkung! Das, was Sie vorschlagen, ist nichts anderes als ein Taschenspielertrick.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Warum?)

Sie argumentieren wie folgt: Ich gebe dem einzelnen Lehrer ein bisschen mehr Geld, dann behalte ich ihn entsprechend hier. Daneben kann ich noch mehr Lehrer einstellen. So war Ihre Argumentation. Ihre Aussage, dass wir eine Verpflichtung gegenüber den Eltern, den Kindern und den Lehrern haben, unterschreibe ich.

(Caroline Schwarz [CDU]: Herr Fuß, darf ich zitieren?)

- Dürfen Sie! - Mir fehlt aber die Verpflichtung gegenüber zukünftigen Generationen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Davon reden wir doch!)

- Nein, davon reden Sie bisher überhaupt nicht. Herr Kubicki, bisher haben Sie noch nichts gesagt. Sie dürfen das gleich klarstellen. Das ist überhaupt keine Frage.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Ich denke, Sie lesen die Protokolle!)

Ich möchte einmal darauf verweisen, wie in der Privatwirtschaft verfahren wird. Man kann das, was wir an Pensionen zahlen, einmal mit den Gegebenheiten, wie sie in der Privatwirtschaft - zugegebenermaßen leider nicht mehr ganz so häufig, wie es einmal der Fall war - existieren, nämlich der betrieblichen Altersversorgung, vergleichen. Im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung haben die Großunternehmen leider konnten nur sie das -, die dies aus eigenen Mitteln finanziert haben, die Kosten den Zeiträumen zugeordnet, in denen sie entstanden sind. Das meine ich mit Generationenverpflichtung. Das heißt, dass die Rückstellungen zur Zahlung von Betriebsrenten zu dem Zeitpunkt gebildet worden sind, als die Beschäf

tigten gearbeitet haben, und dass aus den angehäuften Mitteln dann entsprechende Zahlungen erfolgt sind. Das nenne ich Verantwortung gegenüber künftigen Generationen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das nennt man Kapitaldeckung!)

- Die Häufigkeit Ihrer Zwischenrufe zeigt mir nur, wie richtig ich in dieser Frage liege. Etwas anderes kann man dazu nicht feststellen.