Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

- Die Häufigkeit Ihrer Zwischenrufe zeigt mir nur, wie richtig ich in dieser Frage liege. Etwas anderes kann man dazu nicht feststellen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Da Sie keine Alternativen vorlegen und nichts anderes sagen als das, was Sie auch in der Vergangenheit an Argumenten vorgetragen haben, bleibt uns nur, Ihren Antrag abzulehnen. Wir werden aber den Antrag des SSW übernehmen, weil wir der Auffassung sind, dass sehr wohl zukunftsgerichtet über diese Teilbereiche gemeinsam nachgedacht werden muss.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW - Zurufe von der CDU)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Klug.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Thema Verbeamtung von Lehrern gehört mittlerweile zu den Dauerbrennern schleswig-holsteinischer Landespolitik. Die F.D.P.-Fraktion hat diese Frage in den letzten fünf Jahren wiederholt zum Thema des Landtags gemacht, zuletzt Ende Januar in der Debatte über unsere Große Anfrage zum Themenbereich Lehrerversorgung und Lehrerbeschäftigung. Nachdem der CDUAntrag dies nun mit drei Zeilen Text - also im Wege eines brutalstmöglichen Reduktionismus - aufgreift, will ich in der gebotenen Kürze unseren Standpunkt noch einmal zusammenfassen.

(Zuruf der Abgeordneten Caroline Schwarz [CDU])

- Liebe Kollegin Schwarz, das war keine Kritik, sondern nur eine kleine Anmerkung.

Die Lehrerbeschäftigungspolitik der Regierung Simonis ist wirklich ein teures „Vergnügen“. Die früher prinzipielle - und seit Mitte 1999 auf fünf Jahre befristete - Beschäftigung von Lehrern als Angestellte kostet das Land - wie der Landesrechnungshof in einem Vermerk vom 14. Januar dieses Jahres festgestellt hat - allein zwischen den Jahren 2000 und 2006 zusätzlich 326 Millionen DM. Millionenbeträge, die

(Dr. Ekkehard Klug)

nicht anfielen, wenn man die Lehrer gleich als Beamte einstellen würde. Damit ist die nunmehr partielle Entbeamtungspolitik die teuerste PR-Show, die eine deutsche Ministerpräsidentin oder ein deutscher Ministerpräsident ihrem Land je zugemutet hat.

Die Einwände des Rechnungshofs - ganz zu schweigen von der seit fünf Jahren von F.D.P. und Union vorgetragenen Kritik - interessieren die Landesregierung bekanntlich keine Bohne. Sobald es um kleinere Summen geht, wird der Landesrechnungshof gern als Kronzeuge herangezogen, zum Beispiel in der Frage des staatlichen Internats Schloss Plön, wo es bekanntlich um einen Zuschussbedarf von 900.000 DM geht.

(Lothar Hay [SPD]: Schloss Glücksburg!)

Das ist bewährte sozialdemokratische Praxis. Bei 326 Millionen DM wird dem Landesrechnungshof gesagt, das sei eine vernachlässigbare Größe, die wir nicht beachten. Dagegen werden 900.000 DM als wichtiges Argument angeführt. Mit dieser Praxis bleibt die Regierung doch einer bewährten Linie treu, die Peer Steinbrück einmal mit der treffenden Formel bezeichnet hat: Klein-klein auf Pepita-Niveau.

Von Jahr zu Jahr wird deutlicher, dass die Regierung mit dieser Politik Lehrerstellen so unattraktiv macht, dass wir im Wettbewerb mit anderen Bundesländern gerade in den Bereichen, wo - wie bei den Berufsschulen - Knappheit auf dem Arbeitsmarkt herrscht, große Probleme haben, Lehrernachwuchs ins Land zu holen. Das wird in den nächsten Jahren auch bei den allgemeinbildenden Schulen - zumindest in den Mangelfächern - auftauchen. Das sozial-liberal regierte Rheinland-Pfalz wird - wie kürzlich in Mainz beschlossen - vom nächsten Schuljahr an zum Beispiel Berufsschullehrer generell mit vollen Beamtenstellen versorgen. Das vielleicht als kleiner Hinweis an den Kollegen Hay!

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Nun zu den immer wieder verbreiteten Märchen, die auch heute wieder mit dem Stereotyp auftauchten, man dürfe Lasten nicht auf künftige Generationen verlagern. Abgesehen von der Frage, ob es den künftigen Generationen vielleicht auch hilft, wenn man jetzigen und künftigen Schülern Lehrer in ausreichender Zahl und mit bester Qualifikation verschafft,

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

stecken in diesem immer wieder auftauchenden Argument mehrere Denkfehler.

Der erste Denkfehler besteht darin, dass man unterstellt, die ohnehin steigenden Pensionsverpflichtungen würden weiter steigen, wenn man jetzt wieder Beamte einstellen würde. Dabei wird jedoch übersehen, dass

Menschen nun einmal nicht unsterblich sind und dass dieser Sachverhalt - ganz im Sinne des sozialdemokratischen Gerechtigkeitspostulats - auch für pensionierte Beamte gilt. Mit anderen Worten: Jetzt werden die starken Lehrerjahrgänge, die um 1970 im Rahmen einer Bildungsoffensive in den Schuldienst eingestellt wurden, allmählich pensioniert. Das heißt, die Pensionswelle rollt an. Danach folgt eine Lehrergeneration, die in den Achtziger- - und zum Teil auch in den Neunzigerjahren eingestellt wurde. Dabei handelt es sich um ganz wenige Neueinstellungen, die auch irgendwann zu Pensionären werden, wenn die anderen Pensionäre - unter dem Hinweis auf die Endlichkeit unseres Lebens - nicht länger Zahlungsempfänger sein werden.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Kollege Neugebauer, wenn man sich den Altersaufbau der Lehrer ansieht, kann man allein daraufhin schlussfolgern, dass sich die - jedenfalls im Lehrerbereich zu zahlenden - Pensionen irgendwann einmal reduzieren werden, und zwar dann, wenn die Jahrgänge zur Pensionierung anstehen, in denen es kaum Neueinstellungen gab.

Ein weiterer Denkfehler besteht darin, dass man die These von der Verlagerung der Kosen auf künftige Generationen auch jetzt noch herunterbetet, nachdem die Regierung im vergangen Jahr schon beschlossen hat, die Lehrer nach fünf Jahren Angestelltenzeit zu verbeamten. Das heißt, dass Sie jetzt einen Systembruch haben. Sie können diese Argumentation, die Sie uns früher immer entgegen gehalten haben, heute sinnvollerweise nicht aufrecht erhalten. Vielleicht gab es da doch einen Denkfehler.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich stelle für das Protokoll fest: Sogar der Kollege Neugebauer schmunzelt verständnisvoll.

(Beifall bei der F.D.P.)

Noch ein Denkfehler besteht in der falschen Annahme, man würde die angebliche Verlagerung von Kosten auf künftige Generationen vermeiden, wenn man die Lehrer erst einmal ein paar Jahre lang als Angestellte lehren ließe. Dazu muss man Folgendes sagen: Wegen der zusätzlichen Einstellung von vielen Lehrern vor ungefähr dreißig Jahren haben wir eh die steigenden Pensionskosten. Das ist eine Kostenlawine, die zweifellos auf das Land zukommt. Dazu kommt eine zweite Kostenlawine wegen der Mehrkosten für die Angestellten, die neben den ausscheidenden Beamten pro Jahr etwa mit 23.000 DM pro Person zu Buche schlagen. Das heißt, Sie haben zwei

(Dr. Ekkehard Klug)

Kostenblöcke nebeneinander, die das Land in einer Zeit zu schultern hat, in der wir an den Schulen enorm steigende Schülerzahlen haben und wir jedes Geld brauchen, um eine ordentliche Unterrichtsversorgung zu gewährleisten. Das ist ein weiterer Problempunkt in Ihrer Politik, den Sie irgendwann einmal ändern müssen. Das wissen die Vernünftigeren in Ihren Reihen nur zu gut.

(Beifall bei F.D.P. und CDU - Wolfgang Ku- bicki [F.D.P.]: Das hat Hand und Fuß!)

Frau Abgeordnete Heinold hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben in der Fraktion ein Neun-Punkte-Papier abgestimmt, das ich Ihnen hier vortragen werde. Ich werde es möglichst in einer Geschwindigkeit tun, die es mir ermöglicht, mit meiner Zeit auszukommen.

Erstens. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich nach wie vor für eine Angleichung des Dienstrechts von Angestellten und Beamten ein. Die Gleichstellung in der Sozialversicherung heißt, dass sich die Beamtinnen und Beamten stärker an ihrer Altersversorgung beteiligen müssen und dass sie - genauso wie Angestellte - in die gesetzlichen Krankenkassen einzahlen. Bei einer Angleichung des Dienstrechts sollten auch die Bemessungsgrenzen für die Sozialkassen erhöht werden, damit sich möglichst viele Menschen am Sozialsystem beteiligen. Eine Gleichstellung des Dienstrechts muss sich auch in einer einheitlichen Besteuerung von Pension und Rente widerspiegeln.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Wie wollen Sie das denn durchsetzen?)

Zweitens. Der hoheitliche Bereich, in dem Beamtinnen und Beamte beschäftigt werden, erstreckt sich nach Auffassung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nicht auf die Lehrerinnen und Lehrer, sondern nur auf Steuerverwaltung, Polizei und Justiz.

Drittens. Grundsätzlich teilen wir die Auffassung der Ministerpräsidentin, dass eine stärkere Beschäftigung von Angestellten und eine Reduzierung von Beamten die richtige Politik ist.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Allerdings kann diese Umstellung nur im länderübergreifenden Konsens geschehen, da ansonsten das im Alleingang umstellende Land durch steigende Pensionslasten und durch Einzahlungen in die Sozialkassen finanziell zu stark belastet wird. Würden alle Länder

vor allem im Lehrerbereich - umstellen, könnten die Beiträge zur Sozialkasse insgesamt sinken. Eine Senkung der Lohnnebenkosten käme dann wiederum den Beschäftigten zu Gute. Damit könnte auch die Schere zwischen dem Einkommen von Angestellten und Beamten wieder ein Stück weit geschlossen werden, die sich in den letzten Jahren - bedingt durch die rasant angestiegenen Lohnnebenkosten um zehn Punkte ergeben hat.

Viertens. Schleswig-Holstein kann es sich als kleines und nicht gerade finanzstarkes Bundesland im Alleingang nicht leisten, neben den steigenden Pensionszahlungen und den zusätzlichen Lehrerstellen - bedingt durch steigende Schülerzahlen - höhere Kosten durch die Beschäftigung von Angestellten zu tragen.

(Beifall bei der CDU und dem Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Das ist bedauerlich, weil die Beschäftigung von Angestellten eine Investition in die Zukunft ist und weil die Beschäftigung von Beamten der zukünftigen Generation die Personalkosten aufbürdet.

(Klaus Schlie [CDU]: Das ist ja Lyrik!)

Deshalb haben wir uns im letzten Jahr dafür eingesetzt, dass Lehrerinnen und Lehrer in SchleswigHolstein wieder verbeamtet werden.

Fünftens. Ein weiteres Argument für die Wiederverbeamtung war für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass vor allem junge Lehrerinnen und Lehrer als Angestellte zum Teil netto erheblich weniger verdienen als Beamtinnen und Beamte. Dies führte bei den Betroffenen zu Unmut und auch dazu, dass Lehrerinnen und Lehrer in andere Bundesländer gingen. Besonders gravierend ist dieses Problem - nach wie vor - im Berufsschulbereich.

(Klaus Schlie [CDU]: Stimmt ihr jetzt unse- rem Antrag zu?)

Sechstens. Die jetzige schleswig-holsteinische Regelung, Lehrerinnen und Lehrer nach fünf Jahren zu verbeamten, ist ein Sonderweg. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben diesen Weg nicht vorgeschlagen, aber auf Wunsch der SPD als Kompromiss mitgetragen. Es gibt gute Argumente für diesen Weg: So beteiligen sich alle fünf Jahre am Solidarsystem und erwerben einen eigenen Leistungsanspruch. Damit sind die Einzahlungen in die Sozialkassen für die Betroffenen und für das Land nicht verloren.

Siebtens. Die jetzige Regelung hat aber auch Nachteile: Sie belastet den Landeshaushalt mit bis zu 50 Millionen DM jährlich und führt dazu, dass Schleswig-Holstein - vor allem für Berufsschullehre

(Monika Heinold)

rinnen und -lehrer - nicht so attraktiv ist wie andere Bundesländer. Deshalb wird in diesem Bereich sowieso zunehmend früher verbeamtet. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden diese Situation genau beobachten. Sollte sich zeigen, dass das Prinzip, erst nach fünf Jahren zu verbeamten, in einzelnen Bereichen Stück für Stück durchbrochen wird, werden wir erneut das Gespräch mit unserem Koalitionspartner suchen.