Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

(Klaus Schlie [CDU]: Haben wir doch jetzt schon!)

Im Koalitionsvertrag von Rot-Grün in NordrheinWestfalen ist die Entbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern festgeschrieben worden.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Vielleicht ergeben sich ja auch daraus neue Möglichkeiten, eine bundeseinheitliche Regelung zu finden. In dem Sinn haben wir also einen eigenen Änderungsantrag eingebracht.

Wir fordern die Landesregierung auf, dem Landtag noch vor der Verabschiedung des Haushalts 2001 einen Bericht über die Perspektiven und Möglichkeiten, eine einheitliche Regelung zeitnah auf Bundesebene umzusetzen, vorzulegen. Wir finden, dass das der richtige Schritt ist. Wir bedanken uns bei den Regierungsparteien dafür, dass sie unseren Antrag übernehmen.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mir liegen noch zwei Kurzbeiträge nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst Herr Abgeordneter Hentschel!

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Präsidentin! Man kann bei einer Frage unterschiedlicher Meinung sein, zum Beispiel bei der Frage der Verbeamtung und der Fünfjahresfrist. Die Ministerpräsidentin und ich sind unterschiedlicher Meinung. Man kann trotzdem der Auffassung sein, dass die Ministerpräsidentin in der Sache Recht hat und einen richtigen Weg, sogar einen mutigen Weg eingeschlagen hat.

(Karl-Martin Hentschel)

Wer da kein Differenzierungsvermögen besitzt, Herr Kubicki, der tut mir Leid. Das ist ein Mangel an geistiger Bereitschaft, sich mit Dingen auseinander zu setzen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Deshalb waren Sie auch glorreicher Wahlsieger! - Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Es gibt für uns keinen sachlichen Grund, Lehrer zu verbeamten. Bei den Hochschullehrern ist es noch sehr viel extremer. Dort ist der Beamtenstatus ein Hindernis für die Flexibilität der Hochschule, für ihre zukünftige Entwicklung.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Völliger Quatsch!)

Es behindert den Austausch zwischen Schule, Hochschule, privater Wirtschaft und kulturellen und sonstigen Einrichtungen. Es gibt also sehr gute Gründe, von der Verbeamtung wegzukommen. Das habe ich immer so vertreten. Deshalb hat es mir sehr Leid getan, dass ich in einer Karikatur als Vertreter des Berufsbeamtentums dargestellt worden bin. Das Gegenteil ist der Fall.

Es gibt in der jetzigen Situation bei dieser Politik aber ein Problem. Das Problem besteht schlicht darin, dass ein Alleingang Schleswig-Holsteins zu erheblichen finanziellen Zusatzbelastungen führt, die wir nie wieder einsparen könnten und die allein in der Bundeskasse landen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das hat Frau Heinold schon erzählt!)

Deswegen haben wir gesagt, dass wir diesen Weg unter diesen Voraussetzungen nicht fortsetzen können. Wir müssen eine bundeseinheitliche Regelung finden.

(Klaus Schlie [CDU]: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Dann ist es gut!)

Mit NRW und Hamburg, die beide die gleiche Position unterstützen, bilden wir jetzt eine Schiene. Ich hoffe, dass die Diskussion noch einmal aufgerollt werden kann. Dazu stehen wir. Deswegen finden wir es richtig, dass die Aufforderung des Landtages genau in diese Richtung geht zu sagen, dass es in dieser Frage einen gemeinsamen Prozess geben muss.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Das ist unabhängig von der Tagespolitik.

Zum Schluss möchte ich noch Folgendes sagen. Dafür, dieses grundsätzliche Thema angeschnitten zu haben, diesen grundsätzlichen Weg eingeschlagen zu haben, das Thema befördert zu haben, es zu einem Diskussi

onspunkt in dieser Republik zu machen, gehört der Ministerpräsidentin unser Dank.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Hay.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema, ob Lehrer als Angestellte oder als Beamte eingestellt werden, ist ein Thema, das wir hier im Landtag schon mehrfach diskutiert haben. Für die SPD-Fraktion ist es nie ein Thema gewesen, das wir nur unter kurzfristigen Gesichtspunkten gesehen haben. Das ist die erste Bemerkung.

Zweite Bemerkung: Wir konnten heute in einer überregionalen Wirtschaftszeitung lesen, dass sich bis zum Jahr 2020 die Kosten für die Beamtenpensionen in den Ländern fast verdoppeln werden.

Drittens ist die SPD-Fraktion nicht bereit, weitere Lasten auf künftige Generationen zu übertragen.

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das machen Sie doch!)

Vierte Bemerkung: Herr Dr. Klug hat zu Recht auf Rheinland-Pfalz hingewiesen. In der SPD-Fraktion wird es eine Diskussion darüber geben - die bereits angefangen hat -, ob wir dem Weg Rheinland-Pfalz folgen können. In Rheinland-Pfalz gibt es einen echten Pensionsfonds. Für jeden Beamten, der seit 1996 eingestellt worden ist, wird rund ein Viertel des Bruttogehalts in den Pensionsfonds überwiesen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Den hatten wir doch schon einmal! - Klaus Schlie [CDU]: 100 Millionen DM!)

Das bedeutet aus unserer Sicht, jetzt die Verantwortung zu übernehmen und sie nicht auf künftige Generationen zu übertragen. Darüber werden wir in der Fraktion nachdenken und spätestens am 13. Dezember 2000 im Rahmen des Haushalts eine Entscheidung fällen.

(Klaus Schlie [CDU]: Aha! - Beifall bei der SPD)

Mir liegen zwei weitere Kurzbeiträge nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Zunächst erteile ich Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was uns die als Wahlsieger aus dem letzten Wahlgang hervorgegangenen grünen Kollegen heute geliefert haben, ist wirklich beachtlich, nämlich zu erklären, dass sie die Sinnhaftigkeit bestimmter Maßnahmen, die Sie mittragen, nicht nur nicht einsehen, sondern dass sie erklären, das sei ausdrücklich falsch, in Treue aber fest hinter dem Koalitionsvertrag stehen - nicht hinter dem Land Schleswig-Holstein, Frau Heinold - und den Unsinn weiter mitmachen. Das finde ich wirklich beachtlich.

Herr Kollege Hentschel, Ihres Mitleids bedarf ich nicht. Alles das, was an Argumenten bei Ihnen auf dem Papier steht, können Sie locker und leicht in Debattenbeiträgen von CDU und F.D.P. der letzten fünf Jahre nachlesen. Das ist überhaupt keine neue Erkenntnis. Wir müssen uns dem gar nicht öffnen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Wir stellen nur fest, dass der Einzelweg SchleswigHolsteins - und das kann man heute wirklich feststellen - schlicht und ergreifend falsch ist und das Land Geld kostet, was wir wirklich dringend brauchen. Ich möchte die ganzen Argumente nicht wieder aufwärmen. Der Kollege Klug hat - wie ich meine - mit beachtenswerter Deutlichkeit die Argumente aufgenommen.

Herr Fuß, wenn Sie nur einmal nachrechnen würden, was man mit 60 Millionen DM - über 30 Jahre kapitalgedeckt angelegt - machen kann, wenn wir uns nur um 60 Millionen DM pro Jahr weniger verschulden würden, könnten Sie feststellen, dass Sie daraus die künftigen Pensionslasten in 30 Jahren locker und leicht tragen können. Ja, ich weiß, dass Sie mir das nicht glauben. Aber fragen Sie einmal einen Ihrer mathematischen Experten, Ihrer Versicherungsexperten, was bei einer Lebensversicherung, die Sie über einen Zeitraum von 30 Jahren mit diesem Beitrag anlegen, an Rendite und Erwartungen da ist.

(Günter Neugebauer [SPD]: Sie wollen das Geld doch sofort wieder ausgeben!)

- Herr Kollege Neugebauer, wir reden momentan darüber, dass in den Programmen steht: Wir schaffen die 800 Stellen. Was wir mit den 60 Millionen DM machen wollten - hin oder her -, ist momentan nicht die Frage.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Herr Kollege Neugebauer, diese tradierten Verhaltensmuster der letzten Jahre, dass immer dazwischengerufen wird, „Ihr wollt doch das und das damit ma

chen!“, ändert nichts daran, dass man eine sinnvolle Debatte führen kann. Herr Fuß sagt, wir würden Lasten in die Zukunft verschieben. Das machen wir tatsächlich, und zwar deshalb, weil wir uns heute verschulden, um die zusätzlichen Leistungen für die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte aufbringen zu können. Wir verschulden uns im Lande SchleswigHolstein auf Kosten unserer Steuerzahler, damit wir die Rentenkasse finanzieren. Es kann doch nicht Ihr Ernst sein, dass das eine vernünftige Politik ist und dass das die künftigen Generationen nicht in gleicher Weise belastet.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Sie sind doch schon viel weiter in der Diskussion, als Sie zugeben wollen, denn wir verbeamten ja alle Lehrer nach fünf Jahren. Die Frage der Pensionslasten relativiert sich damit. Ich habe vom Kollegen Klug vernommen, dass Sie, Herr Fuß, Gewerkschaftssekretär sind. Dass Sie hier so ein fulminantes Plädoyer für ein Kapitaldeckungsverfahren gehalten haben, fasziniert mich, denn dann müssten wir bei der Rentenversicherung konsequent in die gleiche Richtung marschieren.

(Beifall bei der F.D.P.)

Ich sage Ihnen voraus, dass Sie die Debatte bei der Beratung des Etats 2001 ff. nicht durchhalten werden. Es hört 2001 nicht auf; es geht 2002 weiter. Sie werden diese Debatte nicht durchhalten gegenüber Studenten, die draußen stehen und fragen, warum müssen wir bei uns kürzen, wenn ihr Geld rausschmeißt, das ihr anders verwenden könntet?

Wenn alle Berechnungen und Argumentationsmuster, die aufgestellt werden, nicht schlüssig sind - - Ich höre, Angestellte seien flexibler als Beamte - im öffentlichen Dienst, Herr Hentschel? Ist das Ihr Ernst? Versuchen Sie doch einmal, einen Angestellten zu versetzen! Versuchen Sie doch einmal, eine Änderungskündigung durchzukriegen! Einen Beamten können Sie schlicht versetzen, ohne dass Sie seine Zustimmung brauchen. Versuchen Sie das einmal bei Tarifverhandlungen oder der Beamtenbesoldung. Die Argumente tragen schlicht und ergreifend nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Herr Kollege Neugebauer, Sie haben vor einem Jahr gesagt, Sie würden Ihre Position korrigieren müssen. Das ist am 1. Juli letzten Jahres geschehen. Wir sagen wieder voraus, Sie werden Ihre Position korrigieren müssen. Je schneller, desto besser! Je länger Sie