Protokoll der Sitzung vom 12.07.2000

Zu einem weiteren Kurzbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der öffentlichen und fachöffentlichen Diskussion steht die Aussage der GRÜNEN-Abgeordneten Frau Birk, die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät zu schließen. Dies hat zu der massiven Demonstration heute Morgen geführt, an der sich neben Studenten und Professoren insbesondere die gesamte schleswig-holsteinische Ernährungswirtschaft und auch die Bauern zu Recht beteiligt haben.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Im Vordergrund der Diskussion am heutigen Morgen stehen die Zielvereinbarungen und auch die Autonomie. Ich kann Ihnen sagen: Es kann uns im Parlament politisch nicht egal sein, welchen Weg unsere Landesuniversität in Kiel geht. Wir werden uns dagegen wehren, dass im Rahmen der Autonomie und der Zielvereinbarungen einseitig die Entscheidung getroffen wird, die Agrar- und Ernährungswissenschaftliche Fakultät zu schließen. Die CDU-Fraktion bekennt sich zum Erhalt unserer Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Es hat auch insgesamt etwas mit dem Agrarstandort Schleswig-Holstein zu tun und es hat etwas mit unserer Ernährungswirtschaft zu tun. Die Land- und Ernährungswirtschaft trägt heute mit 25 % zum Bruttoinlandsprodukt in Schleswig-Holstein bei. Zur wirtschaftlichen Absicherung brauchen wir die Lehre und Forschung an der Agrarwissenschaftlichen Fakultät.

(Beifall bei der CDU)

Das Thema Welternährung spielt im Rahmen der EXPO eine sehr große Rolle. Wir werden bis zum Jahr 2020 zwei Milliarden Erdenbürger mehr haben. Diese zu ernähren, wird ohne Gen- und Biotechnologie nicht möglich sein. Hierfür sind an unserer Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät Maßstäbe gesetzt worden. Ich habe das Gefühl, dass Ihnen die Ausrichtung politisch nicht passt. Ich meine, dazu sollten Sie sich auch bekennen.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Die Fakultät belegt auf der neuesten Rankingliste Platz zwei und genießt internationale Anerkennung. Ich meine, das allein sollte Grund dafür sein, dass wir uns zur Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät bekennen.

Auch die 12 Millionen DM Drittmittel fallen doch nicht vom Himmel. Daran kann man erkennen, dass Industrie, Wirtschaft und Berufsstand voll hinter den Agrarwissenschaften an der Universität stehen. In den Versuchsgütern - wir haben drei Versuchsgüter: Karkendamm, Hohenschulen und den ökologischen und integrierten Ansatz in Lindhöft - wird zukunftsweisend, richtungsweisend geforscht. Auch das sollte man in der Gesamtdiskussion berücksichtigen.

Meine Damen und Herren, wir können im Rahmen der Finanzplanung und Budgetierung, für die wir zuständig sind, alles kaputtmachen. Wir haben es bei der Landwirtschaftskammer erlebt und wir erleben es jetzt bei der Agrarwissenschaftlichen Fakultät an der Universität.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss.

Einen Satz noch, Herr Präsident! - Ich sage Ihnen: Diese Einrichtungen werden von Ihnen als konservative Einrichtungen angesehen. Wenn Sie die Frauenquote nicht hätten, dann gäbe es auch kein Landwirtschaftsministerium mehr und Frau Ministerin Franzen säße nicht auf der Regierungsbank. Das ist Ihr politi

(Claus Ehlers)

scher Wille. Das unterstellen wir Ihnen nicht. Das ist politische Absicht.

(Beifall bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Das war Ihr letzter Satz.

Zum Schluss lassen Sie mich noch sagen: Die CDUFraktion spricht sich für eine Sondersitzung des Agrarausschusses aus.

(Beifall bei der CDU - Unruhe bei der SPD)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag hat Frau Abgeordnete Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ehlers, vorab eines: Ich hätte mir schon vor längerer Zeit, nämlich als wir sehr dafür gekämpft haben, gewünscht, dass Sie den ökologischen Hof Lindhöft als zukunftsweisend betrachtet hätten. Dass Sie das jetzt tun, freut mich außerordentlich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will auch gleich zu Anfang sagen, dass Frau Birk in dieser Debatte nicht nur meine spezielle Anerkennung, sondern die der gesamten Fraktion hat. Wir stehen hinter ihr.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Klaus Schlie [CDU]: Das will etwas heißen!)

Ich sage hier - mal sehen, ob Sie mir gleich noch widersprechen -: Politik hat die Aufgabe, Debatten anzuschieben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das kann man aber geschickter machen!)

Politiker müssen Ecken und Kanten haben, müssen sich positionieren. Sie müssen Diskussionen voranbringen und mit neuen Argumenten bereichern. Wenn Sie Politik so machen - so nehme ich CDU und F.D.P. in den letzten Jahren wahr -, dass Sie sich nicht äußern, weil Sie Angst vor neuen Ideen und vor Veränderungen haben, weil sich die CDU vor einer demokratischen Union zu einer Demonstrantenunion gewandelt hat,

(Lachen bei CDU und F.D.P.)

dann sage ich Ihnen: Machen Sie weiter. Diejenigen, die neue Ideen haben, die Veränderungen wollen und sich der Zukunft stellen, sitzen auf dieser Seite.

(Unruhe - Zurufe - Glocke des Präsidenten)

Die Grünen haben

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Die Wahl verlo- ren!)

als einzige Fraktion ein ausführliches Papier zur Hochschulstrukturreform vorgelegt, in dem sie sich inhaltlich positioniert haben. Wo ist das Papier der Opposition? Sie hat Angst davor, eines vorzulegen. Der F.D.P. fällt nicht mehr ein als zu sagen: Lasst uns bloß alles so lassen, wie es ist. 40 Millionen DM mehr, damit wird sich die Zukunft schon ergeben.

Ich sage an die Adresse der CDU sehr deutlich: Bereiten Sie sich gut vor. Sie werden im Herbst viele Auftritte haben. Eine Reihe von Förderprogrammen werden gekürzt. Ich bin mir sicher, dass Sie jedes Förderprogramm bis auf die letzte müde Mark verteidigen werden. Sie werden also viele Demonstrationen bestreiten müssen. Ich nehme wahr, dass Sie bei der Diskussion um das Krankenhaus-Gutachten - um einmal ein Beispiel zu nennen - in jeder Lokalzeitung behaupten, Sie wollten jedes Krankenhaus erhalten.

(Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Nennen Sie mir ein Krankenhaus, bei dem Sie sich vorstellen könnten, dass im Rahmen der Krankenhausplanung Betten abgebaut werden könnten - nur eines!

(Martin Kayenburg [CDU]: Haben Sie denn schon eines genannt?)

Lassen Sie mich nur noch ein Letztes sagen; denn meine Zeit ist fast abgelaufen und ich glaube, dass ich genügend Sprengstoff geliefert habe.

Die Hochschulstrukturreform ist auf einem guten Weg. Die Autonomie, die Grüne und SPD zu verantworten haben, ist verankert.

Wir haben hier im Parlament beschlossen - nicht etwa auf Antrag der Opposition, sondern auf Antrag von Rot-Grün hin -, dass es parlamentarische Zielvereinbarungen gibt. Wir werden Budgets setzen. Ich bin sehr dafür, diese Budgets über mehrere Jahre festzuzurren. Ich habe mich schon vor drei oder vier Jahren mit dem Vorschlag hervorgewagt, man möge Teile des Landeshaushalts budgetiert über drei Jahre festlegen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist lange abgelaufen.

Damals bin ich - ich komme zum Schluss Herr Präsident - von der F.D.P. ausgelacht worden.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das geht ja auch nicht!)

Inzwischen sind wir so weit, dass wir uns, glaube ich, einig sind, mit fest zugesagten Budgets zu arbeiten, die auch über einen Jahreshaushalt hinweggehen - bei aller Problematik, die ein solcher Haushalt bietet; denn man wird es dann wieder neu hineinschreiben müssen.

Frau Abgeordnete Heinold, kommen Sie bitte zum Schluss, sonst muss ich Ihnen das Wort entziehen.

(Zuruf von der CDU: Bitte entziehen Sie ihr doch das Wort!)

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident: Vielen Dank!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)