Protokoll der Sitzung vom 14.11.2002

Der Luftverkehr ist dabei der am schnellsten wachsende Verkehrssektor. Das Bundesverkehrsministerium hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass gerade die ergänzende Kombination aus

Großflughäfen und einem leistungsfähigen Regionalflughafensystem mit einem dichten Netzwerk aus Direktverbindungen in das In- und Ausland den bisherigen Erfolg des dezentralen deutschen Flughafensystems ausmacht. Daher noch einmal von dieser Stelle das eindeutige Ja der SPD-Fraktion zu einem maßvollen Ausbau unserer Regionalflughäfen.

Die Erreichbarkeit aus der Luft gehört unabdingbar zu den Voraussetzungen für den Erhalt und die Ansiedlung von Unternehmen. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass sich die SPDFraktion - anders als andere Parteien in diesem Haus - eindeutig zum Ausbau von Holtenau bekannt hat. Wenn der Kollege Kerssenbrock hier von fehlender Konzeption spricht, dann möchte ich daran erinnern, dass es seine Fraktion in diesem Haus war, die sich überhaupt nicht eindeutig zu dem Ausbau des Regionalflughafens Holtenau entscheiden konnte, sondern herumgeeiert hat.

(Beifall bei SPD und FDP - Wortmeldung des Abgeordneten Peter Jensen-Nissen [CDU] - Glocke des Präsidenten)

Nein, bei Fünf-Minuten-Beiträgen erlaube ich keine Zwischenfrage. Das kannst du mir nachher erzählen.

Flugverkehrsentscheidungen waren schon immer die Nagelprobe, an der erkennbar wird, welche politischen Kräfte in der Lage sind, sachgerechte Entscheidungen gegen populistische Tendenzen durchzusetzen.

(Beifall des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD] - Lachen des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Herr Kalinka, ich würde bei der Rolle, die Sie im Zusammenhang mit dem Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau gespielt haben, wirklich ganz vorsichtig sein. Die Mehrheit bei Ihnen war dafür. Die anderen konnten sich aus populistischen Interessen, weil sie ihre Wahlkreise dort hatten, nicht dazu durchringen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Und bei Ihnen? - Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Herr Kalinka, beruhigen Sie sich wieder. Es ist gut, dass die Landesregierung die Konfliktpotenziale sehr

(Klaus-Dieter Müller)

ernst nimmt, die mit dem Luftverkehr verbunden sind.

(Werner Kalinka [CDU]: Sorgt für eine bes- sere Politik in Kiel!)

- Herr Präsident!

(Lachen bei der CDU)

Es ist richtig, die weitere Reduzierung der Emissionen nachhaltig zu fordern und sie auch zur Voraussetzung von Genehmigungen zu machen beziehungsweise sie bei Start- und Landegebühren zu berücksichtigen. Es muss aber auch hier deutlich festgestellt werden, dass gerade bei den Lärmemissionen bereits Entscheidendes getan wurde. Dies gilt vor allem im Bereich der Flugzeuge, die im Geschäftsreiseverkehr eingesetzt werden. Die so genannte Lärmfläche einer alten Boing war zehnmal höher als die eines Airbusses. Gleiches gilt für die im Regionalverkehr eingesetzten Jets. Herr Minister Professor Rohwer, vielen Dank für diesen Bericht, der unterlegt, dass die Landesregierung eine klare, aber maßvolle Luftverkehrspolitik in Schleswig-Holstein befürwortet.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun werde ich mich doch sehr eng an das Konzept halten, das mir Christel Aschmoneit-Lücke stellvertretend überantwortet hat. Herr Professor Rohwer, ich bedanke mich sehr herzlich bei Ihnen für den Bericht. Er ist in der Tat eine umfassende Bestandsaufnahme dessen, was wir haben.

Er ist eine Bestandsaufnahme. Das ist in der Tat von Graf Kerssenbrock angesprochen worden. Was - jedenfalls zum Teil - fehlt, ist der Blick in die Zukunft, beziehungsweise das tatsächliche Konzept. Lieber Graf Kerssenbrock, bitte leihen Sie mir für eine halbe Minute Ihr Ohr. Wenn Sie ein solches umfassendes Konzept haben wollen, dann müssen Sie ganz konkret nach einem solchen Konzept fragen und nicht in den Antrag nur Konzept hineinschreiben. Sie müssen meiner Ansicht nach ganz konkret fragen, wie eine Landesregierung das steigende Passagieraufkommen tatsächlich bewältigen will. Das steht in Ihrem Antrag so präzise nicht drin. Ich meine, Sie müssen danach fragen, wenn Sie eine Antwort darauf haben wollen.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin in der Tat der Auffassung, dass man dem Wirtschaftsminister diesen Vorwurf nicht machen kann. Der Bericht dient der Darstellung der gegenwärtig vorhanden Luftverkehrsinfrastruktur und der einzelnen geplanten Ausbaumaßnahmen.

In der Tat, Graf Kerssenbrock, bei einem zukunftsgerichteten Konzept hätte ich mir das auch gewünscht, dass ganz hinten bei dem Aufkommen tatsächlich Schätzungen drankommen, dass also nach dem Jahr 2000 meinetwegen eine Schätzung für das Jahr 2010 oder 2015 kommt. Auch das wollten Sie nicht haben.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie wollen sich nur bei der SPD anbiedern! - Heiterkeit)

- Nein, ich will mich nirgends anbiedern, Herr Kayenburg. Ich will mich weder anbiedern noch will ich abheben, auch wenn wir über Luftverkehr sprechen.

Meine Damen und Herren, im Gegensatz zum Kollegen Graf Kerssenbrock teile ich in der Tat die Auffassung des Wirtschaftsministers, dass trotz des 11. Septembers die Luftverkehre der Bereich sein werden, bei dem wir den höchsten Zuwachs haben werden. Deswegen ist in der Tat die Frage interessant: Wie bewältigen wir diesen Zuwachs eigentlich? Da gibt es aus unserer Sicht nur zwei logische Möglichkeiten: Sie erhöhen die Kapazität der einzelnen Flugzeuge. Das heißt, um es zu überspitzen, entweder Sie verdoppeln die Kapazität der einzelnen Flugzeuge, dann halten Sie die Zahl der Flugbewegungen konstant, oder - und das halte ich in der Tat für den realistischen Fall - die Flugzeuge und die Zahl der Flugbewegungen wachsen. Es fehlt die Antwort auf die Frage, welche konkrete Entwicklung die Landesregierung hier erwartet und wie sie darauf reagieren will. Reichen die geplanten Verlängerungen der Landebahn in Holtenau tatsächlich aus, um dieses Verkehrswachstum in Zukunft zu bewältigen? Wir glauben, mit Sicherheit nicht.

(Präsident Heinz-Werner Arens übernimmt den Vorsitz)

Jetzt kommt allerdings die entscheidende Frage an die Kolleginnen und Kollegen der Union. Sie haben diesen Antrag mit einem gewissen Hintergedanken gestellt. Sie wollten eine Entscheidungshilfe für Ihre Fraktion, ob Sie sich für den Flughafenausbau KielHoltenau entscheiden wollen oder ob Sie sich dagegen entscheiden wollen. Sie haben auf der Grundlage Ihres Berichtsantrages einen, wie wir meinen, ordentlichen Bericht bekommen. Ich frage mich allerdings, ob tatsächlich der vorgelegte Bericht, lieber Uwe Eichelberg, die Entscheidung in Ihrer Fraktion weiter vorantreibt. Die FDP-Fraktion ist sehr gespannt, wie

(Dr. Heiner Garg)

sich die CDU-Fraktion in Gänze in dieser Frage positionieren wird.

(Werner Kalinka [CDU]: Wie die FDP!)

- Lieber Herr Kollege Kalinka; wie sich die FDPFraktion in dieser Frage entscheiden wird, das wissen Sie schon seit langem, das kritisieren Sie inhaltlich. Das können Sie tun, aber Sie wissen wenigstens, woran Sie bei uns sind.

(Zuruf des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Am vergangenen Montag hat die Landesregierung erklärt, bei 33,6 Millionen € förderfähigem Gesamtbetrag - -

(Weitere Zurufe des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

- Sie können jetzt natürlich auch den Rest der Redezeit verbrüllen, dann werden Sie nie erfahren, wofür wir eigentlich stehen.

(Beifall bei der FDP - Heiterkeit)

Aber irgendwie bin ich heute so gut drauf, dass ich darauf verzichte, das vorzulesen, was die Landesregierung an Finanzierungsmöglichkeiten in Aussicht gestellt hat. Ich will stattdessen dem lieben Kollegen Kalinka eine ganz präzise Antwort geben. Herr Kollege Kalinka, vielleicht mögen Sie mitnotieren: Die Haltung der FDP-Fraktion zum Ausbau KielHoltenau ist unverändert.

(Lachen bei der CDU)

Wir wollen einen zukunftsfähigen Regionalflughafen. Wir lehnen den Charterflugverkehr ab. Wir fordern eine vernünftige Finanzierung.

Herr Präsident, der letzte Satz: Die Landesregierung sollte jetzt unverzüglich das gesamte Finanzierungskonzept für den Ausbau vorlegen, damit sich der Landtag damit beschäftigen kann. An uns liegt es mit Sicherheit nicht, dass wir dann zu keiner vernünftigen Entscheidung kommen.

(Beifall bei FDP und SPD)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedauere natürlich, dass die CDU extra ein Konzept angefordert hat, um zu wissen, was sie tun soll, und sich anschließend beschwert, dass das Konzept ihr

nicht sagt, was sie tun soll. Werden Sie doch selbst mal Minister, wozu Sie natürlich erst in die Lage kommen müssen, damit Sie sich selber die Fragen beantworten können. Aber an sich wäre es die Aufgabe der Opposition, die Fragen von sich aus zu beantworten.

Meine Damen und Herren, zu der Gretchenfrage Holtenau möchte ich sagen, wir haben einen Kompromiss unter den Fraktionen innerhalb der Regierungskoalition geschlossen. 20 Millionen gibt das Land für Holtenau, nicht mehr und nicht weniger. Dazu stehen wir, wir sind vertragstreu, wie wir das auch sonst sind.

Ich möchte aber darauf hinweisen, wenn man über den Luftverkehr in Schleswig-Holstein redet, ist Holtenau nicht die zentrale Frage. Der Wirtschaftsminister hat ein Gutachten zur Imageanalyse SchleswigHolsteins im Januar in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten wird Schleswig-Holstein bescheinigt, dass es eine gute Flughafenanbindung hat, die vor allem durch den Flughafen Hamburg gewährleistet wird, wo ja die überwiegende Zahl aller Flüge aus Schleswig-Holstein abgewickelt wird. Flugverkehr ist für die Wirtschaft wichtig, Flugverkehr bringt aber auch Probleme.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Alle Verkehre!)

Darauf möchte ich auch hinweisen. Zurzeit trägt der Flugverkehr mit 4 % zum Treibhauseffekt bei. Wenn die angenommenen Wachstumsraten so bleiben, wie prognostiziert, wird nach Aussagen der OECD schon im Jahre 2015 der Flugverkehr mit seinen Auswirkungen den weltweiten PKW-Verkehr in seiner Klimawirkung übertreffen. Flugverkehr wird also in 15 Jahren zum Umweltproblem Nummer 1 auf dieser Erde werden, wenn es so weitergeht. Das müssen wir uns vor Augen halten, wenn wir über Zuwachsraten reden.

Die Bundesregierung hat beschlossen, den CO2Ausstoß um 30 % zu reduzieren. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, ob das zusammenpasst. Prognosen müssen auch gar nicht eintreffen. Die Prognos AG hat im Juni dieses Jahres im Auftrag unserer Bundesregierung die Flugverkehrentwicklung analysiert und hat festgestellt, dass es im letzten Jahr zu einem Rückgang um 5,4 % gekommen ist. In diesem Jahr kommt es zu einem weiteren Rückgang um 4,1 %. Nach den Prognosen wird selbst im Jahre 2006 das Volumen des Jahres 2000 noch nicht erreicht werden. Das heißt, die vorliegenden Prognosen, dass wir bis 2015 fast mit einer Verdoppelung zu rechnen haben, sind zurzeit äußerst unrealistisch. Trotzdem muss uns die Entwicklung beunruhigen.

(Karl-Martin Hentschel)