Protokoll der Sitzung vom 15.11.2002

(Zuruf von der CDU: Das stimmt doch gar nicht! Aufgestockt haben Sie!)

- Das kann ich Ihnen gern vorrechnen. Das sind 15 %. Wir sind an einem Punkt, wo wir feststellen müssen, dass wesentliche Einsparungen nur möglich sind, wenn wir grundsätzliche Strukturen des Landes und der Kommunen überarbeiten und verändern.

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Das ist wohl wahr!)

Aber, meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe zur Kenntnis genommen, dass Sie immerhin etwas über Dienstrechtsreform sagen. Ich war erstaunt, das ist völlig neu. Vielleicht bewegt sich ja noch was. Wir vertreten seit langem die Auffassung, dass wir eine grundlegende Reform des öffentlichen Dienstrechtes brauchen, dass wir weg müssen vom Zwei-Säulen-Modell, dass wir ein einheitliches Dienstrecht wollen für Angestellte und Arbeiter und Beamte, dass wir alle einbeziehen in die Sozialversicherungskassen, sowohl in die Rentenkassen als auch in die Krankenkassen und damit ein einheitliches modernes Dienstrecht in Deutschland bekommen, wie es das in jedem anderen Land der Welt auch gibt.

(Martin Kayenburg [CDU]: Das hat damit nichts zu tun, aber wir können darüber re- den!)

Wir brauchen aber auch Länderspielräume. Die Länder exekutieren die Bundesgesetze. Zweidrittel aller Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst sind bei den Ländern und nicht beim Bund und nicht bei den Kommunen, und zwar deswegen, weil die Länder alle Bundesgesetze umsetzen. Wir haben die Finanzbeamten, wir haben die Justiz, wir haben die Polizei, wir haben den Vollzug, wir haben den riesigen Bildungsbereich, die Lehrer, Hochschullehrer und so weiter. Der Bund schreibt uns aber vor, wie wir sie zu besolden haben und was wir damit zu tun haben.

(Klaus Schlie [CDU]: Warum erzählen Sie uns das jetzt? Erzählen Sie das auf Ihrem Parteitag!)

So kann es nicht weitergehen. Wir brauchen einen länderspezifischen Einfluss auf das Personalrecht sowohl im Beamtenbereich als auch im Angestelltenbereich. Deswegen finde ich es richtig, wenn die Länder sagen, wenn wir mit dem Bund nicht einig werden, müssen wir als Länder selbständig verhandeln können. Wir wollen Tarifverträge mit den Gewerkschaften, aber wir müssen als Land auch selbst mit den Gewerkschaften verhandeln können. Das gehört auch dazu, wenn man sozusagen moderne Personalpolitik machen will.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist übrigens auch nichts Neues, wir hatten in den 50er- und 60er-Jahren Ortszulagen, die sehr unterschiedlich waren in Deutschland. Damals war es so, dass es in den Großstädten, wo die Lebenshaltungskosten wesentlich höher waren, höhere Ortszulagen gab als auf dem flachen Land. Ich erinnere nur an die Probleme, die wir bei der Polizei haben, die mit ihrem Gehalt im Norden des Landes gut auskommen, die aber mit ihrem Gehalt am Hamburger Rand große Probleme haben, weil dort die Wohnungen so teuer sind.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

So etwas muss berücksichtigt werden. Deswegen sage ich auch, wenn wir die Politik flexibilisieren, müssen wir immer darauf achten, dass die Lösungen gerecht sind, dass wir sozial differenzierte Lösungen haben, dass wir nicht die Polizisten im mittleren Dienst treffen, sondern dass wir ansetzen bei den höheren Beamten, dass wir Unterschiede machen. Das gehört auch zu einer modernen Personalpolitik.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage an dieser Stelle, dass wir natürlich - die Termine sind zum großen Teil mit den Gewerkschaften vereinbart - Gespräche führen. Ich sage auch, dass wir mit allen Personalräten und allen Beschäftigten gern Gespräche über die Situation führen. Ich sage aber auch - und jetzt komme ich zu Ihnen -, wenn nach der Haushaltsdebatte, die wir heute morgen geführt haben, die Opposition in dieser Situation einen Dringlichkeitsantrag einbringt, der im Kern nichts weiter hat, als die Zustände im öffentlichen Dienst zu zementieren, dann muss ich sagen, mit soviel Feigheit werden Sie die Probleme des Landes nicht lösen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Deswegen ist Ihr Antrag abzulehnen.

(Karl-Martin Hentschel)

Der SSW-Antrag ist in Punkt zwei vernünftig. Im Punkt eins können wir ihn nicht akzeptieren. Ich glaube, er ist auch falsch in Punkt eins, weil der eine Punkt, den Sie dort ansprechen, sich auf die Angestellten bezieht, der andere auf die Beamten. Sie begründen das aber im Zusammenhang. Das ist sachlich nicht richtig. Deswegen werden wir beide Anträge, die vorliegen und noch bestehen, ablehnen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für den SSW erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hintergrund der heutigen Diskussion über eine Änderung der dienstrechtlichen Vorschriften auf Bundesebene, Stichwort Öffnungsklausel, ist die katastrophale finanzielle Situation des Bundeslandes Berlin. Weil sich die Berliner Landsregierung nicht mit den Gewerkschaften über gemeinsame Konsolidierungsmaßnahmen im Besoldungsbereich einigen konnte, will sie jetzt mit dem Kopf durch die Wand. Ziel ist es, mit einer begrenzten Öffnung des Bundesrechts, also beim Bundesbesoldungsgesetz, Beamtenversorgungsgesetz, Urlaubsgeldgesetz und beim Gesetz über die Gewährung einer jährlichen Sonderzuwendung entsprechende landesgesetzliche Maßnahmen zuzulassen. Im Klartext heißt das, dass jedes Bundesland bei Haushaltsproblemen, wie wir sie jetzt fast überall haben, die bisherige Beamtenbesoldung aussetzen kann und einseitig Abstriche bei der Bezahlung der Beamtinnen und Beamten vornehmen kann. Es geht hier in erster Linie um die Knete und weniger um neue Strukturen.

Das Land Berlin bittet im Bundesrat um Zustimmung für eine Öffnungsklausel, aber im Prinzip würde diese auf alle Länder angewendet werden können. Ministerpräsidentin Heide Simonis hat ja schon vor einigen Wochen angedeutet, dass sie sich eine solche Lösung, wenn auch nur kurzfristig, für Schleswig-Holstein vorstellen könne.

Um es gleich vorweg zu sagen, der SSW lehnt unüberlegte Maßnahmen in Verbindung mit der Beamtenbesoldung ab. Deshalb sind wir auch gegen die vorgeschlagene Öffnungsklausel, die das Land Berlin im Bundesrat beantragt hat. Wir sind der Meinung, dass Änderungen im Beamtenbesoldungsrecht auf dem Verhandlungswege mit den Arbeitnehmerorganisationen erzielt werden müssen. Wenn man in einem Diktat den Beamtinnen und Beamten ihre Besol

dungsanpassung, die Sonderzuwendung oder das Urlaubsgeld kürzen oder streichen will, schafft man nur demotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist das Letzte, was wir angesichts der vielen Reformen, die in der Verwaltung nötig sind, brauchen können. Auch die Beamtinnen und Beamten brauchen wie alle Arbeitnehmer Verlässlichkeit. Wir als Arbeitgeber müssen diese Verlässlichkeit gewährleisten.

Dazu kommt, dass das Land nicht auf der einen Seite bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen von Unternehmern die Tariftreue fordern und auf der anderen Seite bei den eigenen Beschäftigten die Tarifverträge einseitig brechen kann. Das passt nicht zusammen und ist politisch unglaubwürdig.

Dasselbe gilt übrigens auch im Bereich der Privatwirtschaft, wo zumindest die Sozialdemokraten bisher gegen flächendeckende Öffnungsklauseln in Tarifverträgen eingetreten sind. Einen Ausstieg aus der Tarifautonomie lehnen wir also ab.

Dennoch plädiert auch der SSW dafür, dass wir bundesweit über eine langfristige Reform des Beamtenbesoldungsrechts und der öffentlichen Dienste nachdenken müssen. Natürlich sind die Personalausgaben ein beträchtlicher Faktor bei der notwendigen Konsolidierung der öffentlichen Haushalte. Allein Schleswig-Holstein hat eine Personalquote von über 40 % der gesamten Ausgaben des Landes. Zum Beispiel ist es aus unserer Sicht eine berechtigte Forderung, dass die Beamten und Beamtinnen zukünftig auch in die öffentlichen Rentenkassen einzahlen sollen. Zum einen wissen wir, dass die öffentlich finanzierten Rentenkassen dringend mehr Einnahmen brauchen, zum anderen sind die Pensionslasten der Beamtinnen und Beamten, die in den nächsten Jahrzehnten unsere Haushalte zusätzlich belasten, eigentlich nicht mehr zu finanzieren.

Man muss aber auch über weitere Struktur- und Verwaltungsreformen der Landesbehörden sprechen, die dann aber auch dazu führen, dass viele Stellen zukünftig sozialverträglich eingespart werden können.

Diese Fakten gehören auch zu einer ordentlichen Diskussion. Aber alle diese Dinge muss man vernünftig mit den Betroffenen diskutieren und sie nicht einseitig diktieren, wie es scheinbar auch die Landesregierung vorhat. Ich bin sicher, dass die Interessenvertreter der Beamten und Angestellten des Landes sehr wohl den Ernst der Lage erkannt haben und deshalb auch bereit sind, eine gemeinsame Lösung zu finden. Aus diesem Grunde haben wir einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, für den wir um Ihre Zustimmung bitten.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Beitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus Schlie.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil ich dem Innenminister gern zwei Fragen stellen möchte. Ich meine, wir als Parlament haben ein Anrecht darauf zu erfahren, wie sich die Landesregierung von Schleswig-Holstein zu diesen beiden Fragenkomplexen stellt. Erstens, Herr Innenminister, würde ich Sie gern fragen, wie Sie sich zu der Einschätzung des Kollegen Puls stellen, dass einige der Äußerungen, die gestern von Gewerkschaftern bei der Demonstration gefallen sind, disziplinarrechtlich überprüfenswert wären. Teilen Sie diese Auffassung für die Landesregierung, Herr Minister?

(Günter Neugebauer [SPD]: Hat er nicht ge- sagt!)

Die zweite Frage, die ich Ihnen gern als verantwortlicher Dienstherr für die Landespolizei, Herr Minister, stellen möchte, lautet: Teilen Sie die Auffassung des Fraktionsvorsitzenden der Grünen, dass es notwendig ist, die Polizeibeamten in Schleswig-Holstein unterschiedlich zu besolden, und zwar die im Norden etwas schlechter als die im Süden, weil die Lebenshaltungskosten im Norden angeblich geringer sind. Teilen Sie diese Auffassung? Ich hätte gern im Interesse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dieses Landes dazu von Ihnen eine klare Aussage.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Werner Kalinka.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe den Kollegen Puls bislang als einen besonnenen Redner erlebt.

(Beifall bei der SPD)

Den gestrigen Auftritt von Sprechern der Beamten jedoch mit einem Zentralkomitee gleichzusetzen, Herr Kollege Puls, weise ich in einem frei gewählten Parlament auf das Entschiedenste zurück. Ich finde es gänzlich unerträglich,

(Beifall bei CDU und FDP - Widerspruch bei der SPD)

die Sprecher der Beamten unseres Landes auch nur annähernd in einem Zusammenhang mit einem Zentralkomitee zu setzen. Dies muss in diesem Parlament deutlich gesagt werden. Entschuldigen Sie sich dafür! Nehmen Sie diese Äußerung zurück!

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile das Wort für bis zu drei Minuten dem Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg von der FDPFraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kollegen insbesondere von der SPD-Fraktion, ich habe nur zwei Fragen - dafür brauche ich auch keine drei Minuten -, die ich gern beantwortet hätte.

Erstens: Sie wollen ja zusammen mit Ihrem Koalitionspartner demnächst ein Tariftreuegesetz verabschieden. Ich frage Sie, wie das zusammenpasst, dass sich das rot-rot regierte Bundesland Berlin aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder verabschiedet hat, um entsprechend unter Tarif bezahlen zu können.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf von der SPD)

- Schön, dass Sie mir darauf gleich eine Antwort geben.

Punkt zwei: Lieber Kollege Baasch, ich spreche Sie ganz persönlich an. Am Mittwoch und am Donnerstag haben Sie immer dann, wenn wir das Thema HartzKonzept gestreift haben, dazwischen gerufen. Immer wenn von der Leiharbeitszeitregelung die Rede war, haben Sie „Tarifverträge“ dazwischen gerufen. Lieber Herr Kollege Baasch, ich frage Sie: Soll das auch für den Bund und für die Länder als Arbeitgeber als Vorbild gelten? Darauf müssen Sie eine Antwort haben. Wenn Sie auf der einen Seite im privatwirtschaftlichen Bereich die Wirtschaft auffordern, Tarifverträge einzuhalten und sich nicht aus Tarifgemeinschaft zu verabschieden, dann, Herr Kollege Baasch, müssen Sie auf der anderen Seite für den Antrag von CDU und FDP stimmen, weil Sie das dann vom öffentlichen Arbeitgeber selbstverständlich verlangen müssen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort zu einem Beitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.