Herr Professor Rohwer, ich danke Ihnen ausdrücklich für Ihren Bericht. Der Kernsatz lautet nämlich, dass wir nächstes Jahr möglicherweise das Problem bekommen, dass die Nachfrage nach Auszubildenden geringer ist als das Angebot, das heißt, wir haben möglicherweise mehr Auszubildende, die eine Ausbildungsstelle nachfragen, als Ausbildungsplätze. Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, es ist nichts schlimmer, als wenn man jungen Menschen den Start ins Berufsleben verwehrt, es ist nichts schlimmer, als wenn man ihnen am Anfang ihres Berufslebens das Gefühl vermittelt, dass sie eigentlich nicht gebraucht werden.
Deshalb halte ich es für richtig und deswegen ist es mir auch so wichtig, dass wir heute darüber sprechen und nicht nächstes Jahr und uns beschweren, wenn möglicherweise die Situation schon eingetreten ist. Ich weiß, dass die Politik, lieber Wolfgang Kubicki - das ist vor allem ein Leitsatz von dir immer gewesen -, weder Arbeits- noch Ausbildungsplätze schafft, aber die Politik kann eine ganze Menge leisten. Wir können nämlich, wenn wir uns darauf konzentrieren, wozu wir da sind, das Signal an die ausbildungsbereiten Betriebe senden, dass wir willens sind, Entscheidungen zu fällen, und zwar klare und verlässliche politische Entscheidungen.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, nichts ist in meinen Augen derzeit schlimmer als der Zustand, den wir gegenwärtig in Berlin immer wieder vorgeführt bekommen. Was gestern debattiert wurde, heute verabschiedet wurde, morgen in Kraft treten soll, soll übermorgen möglicherweise schon gar nicht mehr gültig sein. Das hindert viele Betriebe, die möglicherweise ausbildungsbereit sind, tatsächlich auszubilden. Das ist nämlich abschreckend. Wir müssen wieder zurückkehren, bei allen Unterschieden, die es im Inhalt gibt, aber wir müssen wieder darauf zurückkehren, dass wir ganz klar eine Linie vorgeben. Wir können uns über die Inhalte streiten, aber lassen Sie uns damit aufhören, heute so, morgen so und
übermorgen wieder andersherum und das dann wieder zurückzunehmen. Das macht auf die Dauer kein Mittelständler mit, das macht auf die Dauer auch kein Handwerksbetrieb mit und die Leidtragenden sind dann in der Tat diejenigen, die Ausbildungsplätze suchen.
Der Präsident des Landesarbeitsamtes Nord hat gesagt, er verstehe die Betriebe gar nicht, denn Ausbildung sei ja schließlich Investition in die Zukunft. Da hat er Recht. Nur müssen wir dann alles daransetzen, die Investitionsneigung der Betriebe auch wieder zu erhöhen.
Es gibt ein paar Kernprobleme, die immer wieder genannt werden, wenn man Betriebe fragt, warum sie nicht ausbilden oder warum sie keine zusätzlichen Arbeitskräfte einstellen. Ein Problem sind die hohen Lohnnebenkosten. Ich sage ausdrücklich in unsere eigene Richtung, Wolfgang, auch an unsere Partei: Mir geht die isoliert geführte Debatte um reine Steuersenkungen allmählich auf den Wecker,
(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Anke Spoorendonk [SSW])
und zwar aus folgendem Grund: Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir die Frage der Lohnnebenkosten, die Frage, wie wir unsere Sozialversicherungssysteme reformieren, wie wir die Lohnnebenkosten deutlich, und zwar nicht um 2 % - Herr Hentschel, da unterscheiden wir uns möglicherweise -, senken, nicht entkoppeln dürfen. Natürlich brauchen wir niedrigere Steuersätze, wir brauchen ein einfacheres Steuersystem, aber wir brauchen zuallererst deutlich niedrigere Lohnnebenkosten.
(Beifall der Abgeordneten Bernd Schröder [SPD], Martin Kayenburg [CDU] und Karl- Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])
Da machen mir dann Sätze wie die vom Generalsekretär der SPD, Herrn Scholz, einfach Angst, wenn er sagt: Wir brauchen die nächsten zehn Jahre nicht mehr über die Rentenreform zu debattieren. - Das hilft uns an dieser Stelle nicht weiter und das wird auch den Auszubildenden nicht weiterhelfen. Wir brauchen auch keine neuen Kommissionen, weder auf Bundesebene noch auf Landesebene.
Herr Hentschel, bei aller Unterschiedlichkeit und bei allen Differenzen, die - glaube ich - auch sein müssen, damit man unterschiedliche Modelle hat, zwischen denen man wählen kann, muss man in dieser Frage auch einmal die Gemeinsamkeiten betonen.
Gemeinsamkeiten gibt es. Das zeigt das Bündnis für Ausbildung, das es in Schleswig-Holstein immerhin geschafft hat, dass wir bis zu diesem Jahr die Situation, die uns im nächsten Jahr möglicherweise droht, gar nicht bekommen werden.
- Ja, bald ist auch Weihnachten. - Nein, die Frage, wie wir junge Menschen im kommenden Jahr davor bewahren, dass sie bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz bitterlich enttäuscht werden, ist mir unheimlich ernst, lieber Wolfgang Kubicki. Das hat in meinen Augen wenig mit Weihnachten zu tun.
Wenn wir uns angucken, dass wir im Jahr 2008 bereits vor dem Problem stehen werden, dass wir zu wenig Auszubildende haben werden, kann ich Ihnen heute nur sagen: Das nützt denjenigen, die morgen und übermorgen einen Ausbildungsplatz suchen, wenig. Denn wir wissen alle, dass wir die nicht irgendwie bis ins Jahr 2008 parken können, sondern dass wir heute und morgen die entsprechenden politischen Antworten dafür geben müssen.
Herr Professor Rohwer, Sie haben es angesprochen, Sie haben gesagt, die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe sei in diesem Land nach wie vor relativ hoch. Deswegen appelliere ich an uns alle, dass wir diese nach wie vor hohe Ausbildungsbereitschaft tatsächlich nutzen, dass wir die Angebote, die es aus der Wirtschaft und einzelnen Projekten auch von Schulen in Schleswig-Holstein gibt, nutzen, dass wir die engere Verzahnung zwischen Schule, Wirtschaft, den auszubildenden Betrieben wahrnehmen und unterstützen und hier und heute
- nein, eben keine Resolution - wirklich das Signal aussenden, dass wir uns am eigenen Schopf packen und die eine oder andere Entscheidung, die wir treffen, tatsächlich zum Wohle derjenigen treffen wollen, die einen Ausbildungsplatz suchen, und denen eine echte Zukunftschance in unserem Schleswig-Holstein bieten.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das duale System der beruflichen Bildung in der Bundesrepublik Deutschland ist inzwischen 105 Jahre alt. Dass es sich bewährt hat, zeigt die Tatsache, dass uns viele Länder um dieses System beneiden und dabei sind, es sogar zu übernehmen. Gleichzeitig aber steckt das duale System zurzeit in einer Schieflage, weil einerseits die Zahl der Ausbildungsplätze zurückgeht und andererseits die Zahl der Vollzeitklassen an den berufsbildenden Schulen wächst. 1992 gab es in Schleswig-Holstein rund 400 berufsvorbereitende Vollzeitklassen; diese Zahl ist im Jahr 1998 auf 470 angestiegen und liegt jetzt bei über 500.
Hier wird deutlich, dass sich die Finanzierungslasten der dualen Ausbildung zulasten des Landes verschieben. Wir sollten dringend anstreben, wieder die ursprünglichen Finanzierungsanteile der an der dualen Berufsausbildung Beteiligten zu erreichen. Ich habe geglaubt, dass es auch eine Intention des Antrages der FDP war, einmal darüber nachzudenken, wie dies geregelt werden kann.
Während über 60 % aller Schulabgänger in das duale System hineinstreben, sind nur noch weniger als 25 % aller Betriebe bereit auszubilden. In den letzten zehn Jahren ist jeder fünfte Ausbildungsplatz weggefallen und bei den Großbetrieben sogar jeder dritte.
Im Vergleich zu anderen Bundesländern steht Schleswig-Holstein allerdings noch sehr gut da, weil hier die Wirtschaftsstruktur überwiegend mittelständisch geprägt ist und das Handwerk durch eine hohe Ausbildungsquote eine positive Ausnahme darstellt.
Wir hatten in den letzten Jahren stets erfolgreiche Ausbildungsbündnisse - davon hat der Minister auch gesprochen -, die aber auch unter großen Kraftanstrengungen und mit Klinkenputzaktionen auf allen Ebenen tätig sein mussten und Ausbildungsplätze mobil gemacht haben. Wir müssen auch zugeben, dass es in den letzten Jahren immer eine Art Zitterpartie gewesen ist.
Ich behaupte, dass die Ausbildungsbereitschaft hauptsächlich wegen der schlechten Konjunkturlage zurückgeht. Aus der Sicht der Handwerksmeister gibt es auch andere konkrete Gründe. Sie nennen oft mangelnde Disziplin und zu wenig Durchhaltevermögen der Auszubildenden, mangelndes Engagement bei den Auszubildenden, gestiegenes Kostenbewusstsein der Kunden, die sich beschweren, und so weiter.
Als weitere Ausbildungshemmnisse werden hohe Ausbildungskosten, eine angeblich schlechte Vorbildung der Hauptschüler und die mangelnde Mobilität der jungen Menschen genannt.
Es wird immer wieder der vermehrte Berufsschulunterricht angeführt, der angeblich die Anwesenheit der Auszubildenden im Betrieb erheblich verringert habe. Auf einem immer enger werdenden Ausbildungsplatzmarkt sind die Hauptleidtragenden zuallererst diejenigen Jugendlichen, die aufgrund fehlender Schulabschlüsse, gesundheitlicher Beeinträchtigungen oder sozialer Probleme mit der Konkurrenz nicht mehr mithalten können.
Wenn die Ausbildungsplätze knapp werden, müssen vorhandene gepflegt werden. Das heißt, es müssen Maßnahmen erfolgen, die dazu beitragen, die Abbrecherquoten zu senken und Mehrfachzusagen zu verhindern. Einiges geschieht bereits durch die Verbesserung auf dem Gebiet der Berufsfindung und durch Maßnahmen, die wir im Landtag zur Stärkung der Hauptschule beschlossen haben.
und die jungen Menschen müssen überzeugt werden, mobiler und flexibler zu sein, um vorhandene Ausbildungsplätze zu besetzen.
Ich erwarte aber auch, dass die Ausbildungsbetriebe auf die Hauptschule zugehen und konkret sagen, was sie von ihr erwarten.
Nur im Zusammenwirken von Haupt- und Berufsschule, von Ausbildern und Politik lässt sich die schlechte Ausbildungsplatzsituation bewältigen.
(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW sowie der Abgeordneten Sylvia Eisenberg [CDU], Manfred Ritzek [CDU] und Joachim Behm [FDP])
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Situation auf dem Ausbildungsmarkt muss uns allen Anlass zur Sorge geben. Aber es ist aus meiner Sicht nicht die Zeit, einseitige Schuldzuweisungen zu for
Es geht um die Überwindung der ersten Schwelle: nach dem Ende der Schulzeit im ersten Arbeitsmarkt dauerhaft eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden. Für die derzeitige Situation auf dem Ausbildungsmarkt gibt es mehrere Gründe. Die Bereitschaft der Arbeitgeber, insbesondere des Mittelstandes und des Handwerks, Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen, ist nach wie vor groß.
Aus diesem Grunde möchte ich namens der CDUFraktion, genau wie der Minister es getan hat, all den Betrieben danken, die nach wie vor unter schwierigen Bedingungen Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen.
Verändert haben sich die Rahmenbedingungen, unter denen die Wirtschaft Arbeits- und Ausbildungsplätze anbietet. Die konjunkturelle Flaute schlägt selbstverständlich auch auf das Angebot an Ausbildungsplätzen durch und die Politik des Bundes ist insgesamt zu sehr mittelstandsfeindlich. Deshalb dürfen wir uns nicht wundern, dass in diesem Bereich weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung gestellt werden.