Frau Erdsiek-Rave, die Vorbehalte, die Sie angesprochen haben, beruhen doch im Wesentlichen darauf, dass viele fürchten, dass mit diesem neuen Modell „Abi in zwölf Jahren“ ein verkapptes Sparkonzept verbunden wird, dass die Stellen, die bisher für einen weiteren Jahrgang den Gymnasien zur Verfügung stehen, möglicherweise eingesammelt werden können. Wenn man den Gymnasien die Garantie gibt, sie behalten ihren Personalbestand, den sie für eine neunjährige Gymnasialzeit benötigen, könnten sie erstens mit dem Personal den Aufbau eines verlängerten Kurssystems locker abdecken und sie könnten zweitens dort, wo es heute massenweise Unterrichtsausfälle gibt, weil die Schulen einfach nicht die Stellen haben, um den vorgesehenen Unterricht erteilen zu können, in Zukunft wirklich komplett den verdichteten Unterricht erteilen. Das sind ganz wichtige Voraussetzungen und das muss vom Land klargemacht werden.
Letzter Punkt! Die Kurzschuljahre haben seinerzeit dazu geführt, dass die Wiederholerquote um 0,6 % gestiegen ist. Also praktisch kein Effekt, keine Nachteile für die betroffenen Schüler!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Erdsiek-Rave, Ihr Hinweis auf das Saarland war natürlich ein sehr durchsichtiges Ablenkungsmanöver,
(Ministerin Ute Erdsiek-Rave: Was? - Jürgen Weber [SPD]: Das war Ihr Beispiel! - Holger Astrup [SPD]: Sie haben das Beispiel ge- bracht!)
denn Sie dürfen die Dinge doch nicht miteinander vermischen. Das eine ist, ob ich eine Schulgesetzänderung mache,
die das Abitur nach zwölf Jahren einführt, und das andere ist, ob ich eine Schulgesetzänderung mache, die den Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule regelt. Das sind zwei unterschiedliche Dinge. Insofern kann man sich natürlich sehr wohl an dem orientieren, was das Saarland macht.
Wenn Sie sagen, Sie müssten hier noch wegweisendes Neues ausprobieren, dann sage ich, dass Sie auch die Ehrlichkeit haben und zugeben sollten, dass Sie überhaupt nichts Neues ausprobieren. Das, was Sie mit Ihrem Modellversuch machen, ist, dass Sie den Modellversuch von Baden-Württemberg nehmen und ihn um zwölf Wochenstunden abspecken. Mehr machen Sie nicht.
Insofern ist es nicht so, dass hier noch etwas erprobt werden müsste, was in Deutschland nicht bereits schon erwiesen und erprobt wäre. Dadurch bestätigt sich das - das ist aus den Reden zum Teil herauszuhören gewesen, vor allem aber aus den Worten von Herrn Höppner und von Frau Birk -, was bei den Rednern der Regierungskoalition aus jedem Satz herauszuhören war, dass Sie die Schulzeitverkürzung eigentlich gar nicht wollen.
Ich dachte, dass wir die Grundsatzdebatte über die Frage, ob wir zu einer Schulzeitverkürzung kommen wollen oder nicht, gar nicht mehr zu führen brauchten.
Aber nachdem ich Sie gehört habe, Herr Dr. Höppner, glaube ich, dass wir diese Grundsatzdebatte in der Tat noch einmal führen müssen; denn Sie haben sich hier als Oberbedenkenträger gezeigt, der 1.000 Gründe dafür hat, warum es nicht geht, der aber keinen Versuch unternommen hat aufzuzeigen, wie es geht.
Alle die Fragen, die Sie angesprochen haben, die Frage der Durchlässigkeit und die Frage der Fachgymnasien, sind natürlich Fragen, die man klären kann. Ich glaube, dass wir im Ausschuss auch sehr vernünftig darüber reden können, dass man zum Beispiel dann, wenn man - anders als Herr Kollege Klug es vorgeschlagen hat - die gymnasiale Oberstufe dreijährig belässt,
(Holger Astrup [SPD]: Sagen Sie noch schnell etwas zum Elternwillen! Das interes- siert uns viel mehr!)
Ich fürchte, dass wir uns im Ausschuss noch einmal ganz generell und grundsätzlich über die Frage der Schulzeitverkürzung unterhalten müssen.
Ich glaube, wir haben gute Karten. Und, Frau ErdsiekRave, wenn Sie fragen, woher wir unsere Unterstützung nehmen, dann antworte ich Ihnen, dass wir unsere Unterstützung - das haben viele Diskussionen bewiesen - vor allen Dingen von den Schülerinnen und Schülern, die die Schulzeitverkürzung wollen, nehmen. Und denen sollten wir sie auch gönnen.
Die saarländische Schulgesetzänderung erfolgt im Kontext der Einführung des achtjährigen Gymnasiums und verschärft und verändert den Zugang zu eben diesem. Das ist der Zusammenhang. Dass Sie sich hier hinstellen, das verschweigen und so tun wollen, als habe das eine mit dem anderen nichts zu tun, das ist wirklich Verdummung. Das muss ich Ihnen sagen.
Das Zweite, was Sie hier nicht offen und ehrlich darstellen, ist die Tatsache, dass bundesweit - von Niedersachsen über Baden-Württemberg, Bayern und Bremen - überall über die Verkürzung der Schulzeit modellhaft nachgedacht oder sie aber in diesem Schuljahr erstmals eingeführt wird, und zwar genau aus dem Grund, dass Schulen eben keine Experimen
sondern sehr behutsam und auf freiwilliger Basis neue Dinge erprobt um festzustellen: Wie kommen Lehrer und Schüler damit klar; ist das so möglich, das am Ende auch flächendeckend zu machen? So, wie Sie hier meinen, Politik erstens von oben und dann zweitens nicht unter klarer Nennung aller Bedingungen machen zu wollen, so geht das mit mir nicht. Ich finde, die breite Streuung, die wir hier vorschlagen, ist ein sinnvoller Weg. Und die Akzeptanz ist da, die Meldungen der Gymnasien zeigen, dass die Zahl derjenigen, die sich daran beteiligt, ausreichen wird, um diesen Versuch sinnvoll durchzuführen - Herr Dr. Klug, übrigens nicht mit Kürzung von irgendwelchen Stunden, allerdings mit Straffung und Veränderung der Lehrpläne. Es wird sich zeigen, dass das ein sinnvoller Weg ist, den wir hier in Schleswig-Holstein gehen wollen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sie haben Wahlversprechungen gemacht. Ich zitiere aus den Wahlversprechungen der CDU:
„Die CDU will eine Verkürzung der Schulzeit zur Erreichung des Abiturs nach 12 Jahren, beginnend auf freiwilliger Basis.“
Das war ein „Kürzestbeitrag“. Weitere Wortmeldungen zu einem Kurzbeitrag liegen mir nicht vor; damit schließe ich die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Antrag an den Fachausschuss zu überweisen. Eine Mitberatung wird nicht gewünscht. - Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen.
- Ja, jetzt kommen einige zusammen. - Gegenprobe! Stimmenthaltungen? - Bei einer Gegenstimme ist die Überweisung so beschlossen worden.