- Herr Kollege Astrup, ich finde es unmöglich, dass ich sogar im Ausschuss beim ersten Durchlesen einen Fehler bei einem Gesetzentwurf finde, den Sie machen, und Sie sich einfach hinsetzen und fragen: Was machen Sie denn eigentlich?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Zwischenspruch des Kollegen Wodarz kann ich entkräften. Was ich sagen werde, wird sicherlich kein Parteiordnungsverfahren auslösen.
Ich möchte, weil wir heute in diesem wunderschönen neuen Plenarsaal dieses wichtige Thema beraten, mir erlauben, ein paar Worte zur Kultur der politischen Debatte in diesem Hause sagen, weil ich glaube, dass es bei aller Wichtigkeit dessen, was wir heute verabschieden werden, sinnvoll ist, dass sich vielleicht alle Fraktionen einmal erlauben, ein kleines Wort der Selbstkritik dahingehend zu formulieren, dass wir der Öffentlichkeit – und das gilt für alle – in den letzten eineinhalb Jahren reichlich Schwenks und wechselnde Koalitionen geboten haben, sodass sich eigentlich heute keiner hier hinstellen und auf den anderen zeigen darf, um mit hohem Aggressionspotential die Schuld bei den anderen zu suchen. Ich glaube, das muss man durchgängig sagen. Gleichzeitig zählt aber auch dazu – und da hat mich mancher Zwischenton geärgert -, dass man schon deutlich sagen muss – und ich ging davon aus, dass das Auffassung des ganzen Parlamentes ist -, dass wir jetzt etwas schaffen müssen, um die unzureichende Alimentierung der Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages endlich zu verbessern. Das muss doch heute common sense sein.
Ein zweiter Punkt müsste auch common sense sein. Ich glaube, dass wir durchaus selbstbewusst sagen können und sagen müssen, dass wir als Erste vorangegangen sind mit einer nachhaltigen und inhaltlich systematischen Strukturreform von Diäten und Abgeordnetenbezahlung. Das darf man auch mit ein
Wenn das denn aber so ist, dann muss man in diesem Haus auch ertragen können, dass es auch abweichende Auffassungen gibt, abweichende Auffassungen in Einzelfragen, die es wahrscheinlich auch in allen Fraktionen gibt. Ich persönlich, wenn ich das so sagen darf, finde die zukünftigen Zulagen für PGFs, lieber Kollege Klug, reichlich übertrieben. Aber das ist eine Einzelauffassung, wie ich persönlich auch der Auffassung bin, dass es systematischer gewesen wäre, mit der neuen Legislaturperiode alles, was Abgeordnetendiäten, was Diätenstruktur und was Wahlkreise angeht, in einem Guss zu regeln. Das wäre meines Erachtens systematischer gewesen, aber unter dem Strich bleibt, wir haben jetzt etwas, was vorgelegt wird und was in der Abwägung der Einzelgesichtspunkte zustimmungsfähig ist. Ich hoffe, dass der Landtag das heute auch schafft, sich einen Ruck zu geben und das zu tun.
Verehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es stimmt, es sind hier im Hause eine Reihe von Schwenks vorgekommen. Ich stelle ausdrücklich fest, dass das für meine Fraktion nicht gilt.
Wir haben von Anbeginn in der Debatte die Position vertreten, die wir auch heute hier vertreten und die von Frau Heinold vorgetragen worden ist. Das betrifft die Altersversorgung, das betrifft die Anhebung der Grunddiäten, das betrifft den Zeitpunkt, das betrifft die Abschaffung der Zulagen, das betrifft die Wahlkreisreform, und das betrifft die Beibehaltung der Aufwandspauschalen.
In mehreren Punkten ist mittlerweile das Haus, sind die beiden großen Fraktionen, zu der Einsicht gekommen, dass sie den Punkten zustimmen, die wir vorgeschlagen haben. Wir haben immer angeboten, diese Fragen gemeinsam zu diskutieren und auf der Basis der Benda-Kommission zu einer gemeinsamen Entschließung zu kommen. Ich würde mich freuen, wenn wir diesen Weg zu Ende führen könnten und wenn wir auch in den übrigen Fragen zu einem ge
meinsamen Standpunkt kommen könnten. Ich glaube, das würde allen in diesem Hause gut tun. Es würde auch der öffentlichen Reputation dieses Parlamentes sehr gut tun. Dieses Angebot steht weiterhin, und ich denke, Sie haben die Möglichkeit, das zu tun, und es schadet niemandem, sondern es nützt allen.
Ich lasse zunächst über den Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1953 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung insgesamt abstimmen, und zwar mit der noch vorgetragenen zusätzlichen redaktionellen Änderung, die die Frau Berichterstatterin vorhin dargestellt hat. Ich darf also fragen: Wer dem so zustimmen will, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenprobe! – Stimmenthaltungen? – Dann ist dieser Gesetzentwurf auf Drucksache 15/1953 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung mit der vorgetragenen redaktionellen Änderung mit den Stimmen der Fraktionen der CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW bei Enthaltung der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg angenommen worden.
Wir haben noch über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 15/1961 abzustimmen. Der Ausschuss schlägt vor, den Antrag für erledigt zu erklären. Wer so beschließen will, den darf ich wiederum um sein Handzeichen bitten. – Gegenprobe! – Stimmenthaltung? – Dann ist das einstimmig so beschlossen. Damit ist Tagesordnungspunkt 2 erledigt.
Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes SchleswigHolstein Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und der CDU Drucksache 15/2578 (neu) – 2. Fassung -
Ich darf fragen: Wird das Wort zur Begründung gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung. Das Wort erteile ich jetzt für die Fraktion der SPD Herrn Abgeordneten KlausPeter Puls.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Koalitionsvertrag der Fraktionen und Parteien von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN findet sich der Satz: „Um die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass
der Landtag mehr als 75 Abgeordnete hat, werden entsprechende rechtliche Regelungen geprüft.“ In einem gemeinsamen Antrag von SPD und CDU wird heute quasi in Ausführung und Erfüllung des rotgrünen Koalitionsvertrages vorgeschlagen, die Landesverfassung dahingehend zu ändern, dass ab der nächsten Wahlperiode, das heißt, ab 2005, der Landtag nicht mehr 75, sondern regelmäßig nur noch 69 Abgeordnete haben soll. Überhang- und Ausgleichsmandate werden durch eine solche Regelung auch künftig nicht ausgeschlossen. Die dadurch jetzt erreichte tatsächliche Abgeordnetenzahl von 89 wird aber tendenziell höchst unwahrscheinlich, und bei halbwegs normaler Stimmenverteilung insbesondere zwischen den großen Parteien werden wir durch Überhang- und Ausgleichsmandate künftig jedenfalls nicht wesentlich über der von uns allen angestrebten Parlamentsgröße von tatsächlich 75 Abgeordneten landen. Ich bedauere, dass unser grüner Koalitionspartner sich dieser vernünftigen Regelung im Sinne unseres Koalitionsvertrages nicht anschließen möchte.
Die SPD-Landtagsfraktion bleibt mit der heutigen Beschlussvorlage ihren Grundsätzen für ein reformiertes schleswig-holsteinisches Landtagswahlrecht treu, die sie seit Jahren verkündet und die ich heute noch einmal kurz ins Gedächtnis rufen möchte:
Erstens. Die Wahlrechtsdiskussion wird generell aus unserer Sicht zu sehr auf die Frage der Begrenzung der Zahl der Abgeordneten reduziert. Sachliche Anforderungen, die ein Wahlrecht erfüllen muss, werden dabei häufig und mitunter wohl auch bewusst außer Betracht gelassen. Ich knüpfe an die Debatte zum vorhergehenden Tagesordnungspunkt an: Nicht sachgerecht ist es jedenfalls, die Diskussion allein unter fiskalischen Gesichtspunkten zu führen, wie es tendenziell zum Beispiel der Steuerzahlerbund auf Bundes- und Landesebene tut. Es stimmt, dass Abgeordnete Geld kosten. Am kostengünstigsten wäre sicher die Abschaffung der Demokratie. Ich gehe davon aus, dass das auch der Steuerzahlerbund nicht will.
Zweitens. Jedes Parlament braucht eine bestimmte Mindestgröße, um seine verfassungsmäßigen Aufgaben Gesetzgebung und Regierungskontrolle wahrnehmen zu können. Ein Landtag, der zu klein wird, würde mit abnehmender Abgeordnetenzahl zunehmend seine parlamentarischen Funktionen einbüßen. Dies wäre nach unserer Auffassung noch nicht der Fall bei der Reduzierung der Abgeordnetenzahl von regelmäßig 75 auf 69.
80.000 Einwohnerinnen und Einwohner, SchleswigHolstein würde bei etwa 40.000 zu vertretenden Einwohnerinnen und Einwohnern pro Abgeordneten landen, wenn wir 69 Abgeordnete hätten. Bei 75 Abgeordneten wären es etwa 37.000 Einwohnerinnen und Einwohner. Damit liegen wir im Mittelfeld. Wir würden praktisch von Platz 8 mit 89 Abgeordneten auf Platz 6 mit 69 Abgeordneten vorrücken, was die Zahl der zu vertretenden Einwohner angeht.
Der dritte Grundsatz lautet: Wahlkreise müssen betreubar bleiben. Das ist dann auch der letzte Grundsatz. Dieser Grundsatz ist jedenfalls einer, der im Interesse der größeren Parteien liegt. Wir werden mit der Verfassungsänderung auch eine Landeswahlgesetzänderung auf den Weg bringen, die mit einer Reduzierung der Zahl der Direktwahlkreise von 45 auf 40 enden wird. Damit wird das Element der demokratischen Persönlichkeitswahl automatisch eingeschränkt. Die künftig direkt gewählten nur noch 40 Abgeordneten werden erheblich größere Wahlkreise betreuen müssen. Schon jetzt sind einzelne direkt gewählte Landtagsabgeordnete für die Betreuung von 30 bis 40 oder mehr Gemeinden zuständig. Die SPDLandtagsfraktion hat immer darauf geachtet, dass für ihre direkt gewählten Abgeordneten bei Wahlrechtsänderungen auch in Zukunft eine angemessene Betreuung der Wählerinnen und Wähler möglich bleibt. Die kleineren Parteien können - wie mehrfach auch geschehen, insbesondere von der FDP-Fraktion - Anträge zur Abschaffung oder unangemessenen Vergrößerung von Wahlkreisen locker stellen oder unterstützen, weil sie keine Chance haben, jemals einen Wahlkreis direkt zu gewinnen.
(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD] - Günther Hildebrand [FDP]: Unser Wahlkreis ist das ganze Land!)
Es ist deshalb sinnvoll und vernünftig, dass heute die beiden größeren Parteien im Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer ortsnahen Volksvertretung dafür sorgen, dass die Wahlkreisbezogenheit der Landtagsabgeordneten aufrecht erhalten bleibt und dass Abgeordnete nicht zu Abgehobenen werden. Ich bitte um Zustimmung.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, auf der Tribüne neue Gäste zu begrüßen, und zwar die Damen und Herren der Deutschen Parkinsonvereinigung, Regio
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! SPD und CDU legen dem hohen Haus heute den am 13. Dezember 2002 angekündigten Antrag zur Änderung der Landesverfassung vor. Entsprechend dem Vorschlag der „Unabhängigen Sachverständigenkommission zu Fragen der Abgeordnetenentschädigung“ in Schleswig-Holstein wollen wir - Herr Kollege Puls, wir haben ja bei der Verfassungsänderung zwei Elemente - in Artikel 11 Abs. 3 unserer Landesverfassung zur allgemeinen Regelung über die angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Aussage zur Entschädigung der Abgeordneten einen Zusatz über den Kreis der Abgeordneten aufnehmen, die wegen ihrer besonderen parlamentarischen Funktion eine zusätzliche Entschädigung erhalten.
Wir folgen damit unmittelbar den Vorschlägen der so genannten Benda-Kommission und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Demnach erkennt das Bundesverfassungsgericht an, dass bei der Entschädigung von Mitgliedern der Landtage der maßgebliche Prüfungsmaßstab in erster Linie die jeweilige Landesverfassung ist. Die Kommission unter Leitung des ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts schlägt vor, dass der begrenzte Personenkreis der zukünftigen Zulagenempfänger in der Landesverfassung festgelegt wird. Wir folgen diesem Vorschlag, weil wir neben dem Kreis der vom Bundesverfassungsgericht definierten Zulagenempfänger - dies sind der Landtagspräsident, die Landtagsvizepräsidenten und die Fraktionsvorsitzenden - auch die parlamentarischen Geschäftsführer eindeutig rechtlich abgesichert zu diesen Zulagenempfängern definieren wollen. Dadurch ist laut Professor Benda sichergestellt, dass das Prinzip gewahrt ist, dass die Gewährung einer Funktionszulage sich auf die „zahlenmäßig begrenzten Spitzenpositionen im Parlament“ beschränkt. Über die vom Bundesverfassungsgericht hinaus definierten Funktionen ist somit auch die wichtige Funktion der parlamentarischen Geschäftsführer rechtssichernd als funktionszulagenberechtigter Kreis erfasst. Ich halte es für gut, dass das in dieser Diskussion noch einmal eingefügt wurde, weil wir hier Rechtssicherheit haben müssen.
rung der Zahl der Abgeordneten. In Artikel 10 Abs. 2 Satz 1 der Landesverfassung ist die Zahl der Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtages bisher mit 75 festgeschrieben. Vorher übrigens, bevor es in der Landesverfassung stand, ergab sich die Zahl der Abgeordneten aus dem Landeswahlgesetz und stand somit zur Disposition der einfachen Mehrheit im Landtag. Die Festlegung der Abgeordnetenzahl in der Landesverfassung soll dazu beitragen, dass diese Fragen aus der politischen Alltagsauseinandersetzung herausgehalten werden und im Interesse einer verfassungspolitischen Kontinuität die Abgeordnetenzahl der Disposition der jeweiligen Regierungsmehrheit entzogen wird.
SPD und CDU wollen mit Beginn der 16. Wahlperiode im Jahr 2005 die Zahl der Abgeordneten in der Landesverfassung auf 69 festlegen. Statt der bisher 45 wird es dann nur noch 40 Wahlkreise geben. Das werden wir noch gemeinsam erörtern. Das ist der richtige Weg, um dauerhaft einen kleineren Landtag zu gewährleisten und gleichzeitig die Präsens der Abgeordneten in ihren Wahlkreisen im Flächenland Schleswig-Holstein sicherzustellen. Das ist ein mutiger Schritt, auch das möchte ich hervorheben. Wenn heute 89 Landtagsabgeordnete darüber entscheiden, dass in zwei Jahren im Regelfall 20 Abgeordnete weniger im Landtag sitzen werden, dann muss jeder, der darüber entscheidet, schon ein Stück politischer Gradlinigkeit unter Beweis stellen - schauen wir einmal bei der Abstimmung später bei der zweiten Lesung, wer dazu bereit und in der Lage ist.
- Ja, es wäre schön, wenn wir das möglichst einstimmig verabschieden könnten, Herr Kollege Kubicki. Ich finde, auch an der Stelle kann man unter Beweis stellen, dass man es tatsächlich ernst meint.
Auch der Wegfall von fünf Wahlkreisen stellt in einem relativ dünn besiedelten Flächenland wie Schleswig-Holstein für die beiden großen Volksparteien eine große Herausforderung dar, weil wir uns als unmittelbare Ansprechpartner der Bürgerinnen und Bürger vor Ort verstehen. Diesen Anspruch muss oder besser noch kann man mit einer Partei mit drei oder fünf Abgeordneten nicht haben. Das ist auch nicht bös gemeint, sondern das ist eine andere Sichtweise, wie die politische Arbeit gestaltet wird. Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes halten wir es allerdings für richtig, dass hier auch eine Präsens der Abgeordneten sichergestellt wird.